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Weißt du noch? 01.04.2014 – Diegos Sensationstor ebnet den Weg für Atletico

22. November 2018 | Weißt du noch...? | BY Manuel Behlert

Am Wochenende treffen Atletico Madrid und der FC Barcelona im Wanda Metropolitano in der spanischen Liga zum Topspiel aufeinander. Beide Teams befinden sich ganz oben in der Tabelle und gehören seit Jahren zu den absoluten Topteams in Spanien. Im Jahr 2014 fand das Duell beider Teams auch im Viertelfinale der UEFA Champions League statt. Wir blicken zurück auf ein spannendes Hinspiel in Barcelona – und auf ein unfassbares Tor von Diego. 

 

Die Vorzeichen

Die Saison 2013/14 war bis zu diesem Zeitpunkt vor allem in der spanischen Liga geprägt von einem erbitterten Dreikampf um die Tabellenspitze. Nach 30 Spieltagen, also unmittelbar vor dem Duell in der Champions League, führte Atletico Madrid mit Trainer Diego Simeone die Tabelle an. Atletico hatte 73 Punkte auf dem Konto, der amtierende Meister aus Barcelona 72 und Real Madrid befand sich mit 70 Punkten in Lauerstellung. Atletico war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur der unangenehme Außenseiter, gegen den man nicht gerne spielt. Diego Simeone hatte diese Mannschaft basierend auf einer herausragenden Defensive zu einem Topteam geformt, dass Lösungen fand – gegen jeden Gegner.

Die Transfers, die Atletico in dieser Saison tätigte, waren nicht spektakulär, aber sie sorgten dafür, dass die Maschinerie unter Simeone weiterlaufen konnte. Der Verlust von Falcao war durchaus bitter, ansonsten verließen Spieler wie Pizzi, Martin Demichelis oder Joel Robles den Klub. Mit Roberto, David Villa, Diego, José Sosa, Toby Alderweireld oder Joshua Guilavogui wurde Qualität hinzugehört, auch in der Breite wurden die „Rojiblancos“ stärker. Sehr wichtig – wenn auch für die folgenden Jahre – sollte die Verpflichtung von José Gimenez sein. Zudem wurden Saul Niguez, Javier Manquillo und Oliver Torres aus der eigenen Jugend zur Profiabteilung beordert. An den nötigen Stellschrauben wurden also gedreht.

Auch beim FC Barcelona tat sich etwas. Thiago Alcantara wurde für 25 Millionen Euro zum FC Bayern abgegeben, David Villa wechselte, wie angesprochen, zu Atletico. Zudem verließen Fontas und Abidal den Klub, Bojan, Deulofeu und Rafinha wurden verliehen. Auf der Zugangsseite tat sich nicht viel. Zwar wurden einige Spieler wie Sergi Roberto oder eben Rafinha und Deulofeu permanent zum Profikader berufen, ansonsten wurde lediglich ein Transfer getätigt. Dieser hatte es aber in sich. Neymar wechselte für annähernd 90 Millionen Euro vom FC Santos zu den Katalanen, sollte die Offensive auf ein noch höheres Level heben.

Der Weg durch die Champions League

Atletico Madrid bekam es in der Gruppe G der UEFA Champions League mit Austria Wien, dem FC Porto und Zenit St. Petersburg zu tun. Der Auftakt gegen Zenit wurde mit 3:1 gewonnen und legte bereits den Grundstein für eine erfolgreiche Gruppenphase. In der Folge gewann man mit 2:1 beim FC Porto, schlug die Wiener Austria mit 3:0 und 4:0 und patzte lediglich beim 1:1 in St. Petersburg. Mit 16 Punkten war der Gruppensieg schnell fixiert. Im Achtelfinale sollte der AC Mailand auch noch nicht zu einem besonders harten Prüfstein werden. Atletico setzte sich mit 1:0 und 4:1 durch und zog locker in das Viertelfinale ein.

(Photo by Denis Doyle/Getty Images)

Der FC Barcelona wurde zum AC Mailand, Ajax Amsterdam und Celtic in die Gruppe H gelost und hatte ebenfalls keine großen Probleme. Zum Start schlug man Ajax mit 4:0 und Celtic mit 1:0, gegen die Italiener wurden 4 Punkte in den zwei Spielen eingefahren. Eine Niederlage im Amsterdam am 5. Spieltag ließ zwar zwischenzeitlich noch einmal Restzweifel am Gruppensieg aufkommen, diese wurden aber durch das 6:1 zuhause gegen Celtic beseitigt. Auch der FC Barcelona absolvierte die Prüfung im Achtelfinale souverän, schlug Manchester City mit 2:0 und 2:1. Im Viertelfinale sollte es also für beide zu einer extrem schweren Herausforderung kommen.

 

Die Statistiken

FC Barcelona: José Pinto – Dani Alves, Gerard Pique (12. Marc Bartra), Javier Mascherano, Jordi Alba – Sergio Busquets, Xavi Hernandez, Cesc Fabregas (68. Alexis Sanchez) – Andres Iniesta, Lionel Messi, Neymar

Bank: Oier Olazabal – Adriano, Sergio Roberto, Alexandre Song, Pedro

Trainer: Gerardo Martino

Schiedsrichter: Dr. Felix Brych

Atletico Madrid: Thibaut Courtois – Juanfran, Miranda, Diego Godin, Filipe Luis – Gabi, Tiago, Arda Turan (77. Cristian Rodriguez), Koke – David Villa (70. José Sosa), Diego Costa (29. Diego)

Bank: Daniel Aranzubia – Toby Alderweireld, Emiliano Insua, Mario Suarez

Trainer: Diego Simeone

Tore: 0:1 Diego (56.) – 1:1 Neymar (71.)

Gelbe Karten: Jordi Alba, Andres Iniesta – Koke, Gabi, Arda Turan, Juanfran, Diego, José Sosa

 

Aggressive Gäste und Piqué-Schock

Gerade in den Anfangsminuten machten die Gäste von Trainer Diego Simeone deutlich, dass sie im Camp Nou zumindest nicht von der ersten Sekunde an mauern wollen. Atletico setzte gleich Nadelstiche und hatte bereits nach 2 Minuten eine Schusschance durch David Villa. Auch in der Folge wirkte eher der FC Barcelona nervös. Nach einem groben Fehler von Torhüter Pinto hatte erneut Villa eine gute Gelegenheit, scheiterte aber. Die erste Annäherung der Katalanen gab es, überraschenderweise, durch Lionel Messi. Dessen Freistoß landete aber in der Mauer. Nach 8 Minuten kam Barca-Verteidiger Piqué nach einem Zweikampf mit Diego Costa unglücklich auf und lief zunächst etwas unrund.

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Dieser Zweikampf sollte noch Folgen haben, denn wenige Minuten später musste Piqué verletzungsbedingt ausgewechselt und durch Marc Bartra ersetzt werden. Das gewohnt sichere Kurzpassspiel der Gastgeber wurde von Atletico früh unterbunden. Die „Colchoneros“ griffen extrem aggressiv an, versuchten immer wieder den Aufbau zu stören und hatten damit Erfolg. Nach gut 20 Minuten gelang es dem FC Barcelona sich sukzessive zu befreien, mehr Kontrolle auszuüben. Atletico presste nicht mehr so hoch, setzte mehr auf Kompaktheit und die ersten strukturierten Angriffe der Gastgeber wurden gespielt. Neymar testete Courtois, ein Schuss von Iniesta wurde von Godin geblockt.

Costa-Aus und der Geniestreich von Diego

Nach einer halben Stunde verlor auch Atletico einen wichtigen Spieler: Diego Costa. Eine alte Verletzung brach wieder auf und Diego, der aus Wolfsburg nach Madrid wechselte, wurde von Simeone eingewechselt. Dadurch veränderte sich die Statik des Spiels, im Angriffszentrum ging Physis verloren. Trotz einiger Ballbesitzphasen war es erstaunlich, wie wenig Torgefahr der FC Barcelona im Endeffekt kreierte. Halbchancen, geblockte Schüsse, gute Ansätze. Mehr war nicht zu sehen. In der Phase, in der Barcelona sich mehr um Struktur bemühte, versuchte, Angriffe zu initiieren, setzte Atletico auf mehr Fouls, das Spiel wurde ruppiger, war häufiger unterbrochen.

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Das setzte sich auch zu Beginn der 2. Halbzeit fort. Atletico foulte clever, nicht gerade in Strafraumnähe und zerstörte den Rhythmus komplett. Und vorne lauerte man auf seine Chancen. Eine solche ergab sich dann, quasi aus dem Nichts, nach 55 Minuten. Aus halbrechter Position entschloss sich der eingewechselte Diego sein Glück zu versuchen und zog aus circa 25 Metern einfach mal ab. Der Brasilianer traf den Ball perfekt und das Spielgerät flog ins kurze Eck und schlug im Winkel ein. Pinto, der bisher nicht gut aussah, konnte diesem Ball nur hinterherfliegen. Ein absolutes Traumtor von Diego!

 

Neymar-Antwort – und sonst?

Atletico hatte sein Ziel erreicht! Die defensivstarken „Rojiblancos“ hatten ihr Auswärtstor erzielt! Der FC Barcelona erhöhte sukzessive den Druck, zu Großchancen kam man aber nicht. Ansätze waren weiterhin vorhanden, aber die Gäste verteidigten noch kompakter, standen noch tiefer und öffneten keine Räume. Kurz nach der Auswechslung von David Villa, der durch José Sosa ersetzt wurde, kassierte Atletico aber doch den Ausgleich. Einer der wenigen Fehler wurde umgehend genutzt, Iniesta bediente Neymar – und der ließ sich aus kurzer Distanz nicht lange bitten und erzielte das 1:1.

(Photo by Clive Rose/Getty Images)

Nun übernahm Andres Iniesta das Kommando auf dem Platz. Der FC Barcelona wurde noch dominanter, versuchte Lücken zu finden und suchte immer wieder den überragenden Antreiber. Atletico hatte mehr und mehr Mühe überhaupt für ein wenig Entlastung zu sorgen und igelte sich noch mehr hinten ein. Die Hausherren kamen zwar nicht zu absoluten Großchancen, dennoch musste Courtois noch das ein oder andere Mal eingreifen. Am Ende hielt das Bollwerk von Simeone dem katalanischen Dauerdruck aber stand und Atletico feierte ein ganz wichtiges Resultat.

 

Das Rückspiel: Ein Tor genügt

Die Ausgangssituation für Atletico war also herausragend. Doch der FC Barcelona wusste, dass man bei einer guten Defensivleistung nur ein einziges Tor benötigt um das Weiterkommen fixieren zu können. Überraschenderweise legte Atletico los wie die Feuerwehr, schnürte „Barca“ in der Defensive ein und traf schon nach 5 Minuten zur verdienten Führung durch Koke. Die Anfangsphase zeigte, wozu die „Rojiblancos“ auch offensiv punktuell fähig sind. In der Folge wurde die Partie zu einem typischen Barca-Spiel. 650:260 Pässe, 71 % Ballbesitz – und Atletico vertraute auf die eigene Defensivstärke.

(Photo by JAVIER SORIANO/AFP/Getty Images)

Und das sollte sich als die richtige Lösung erweisen. Denn selbst mit dem geringen Ballbesitzanteil schaffte es Atletico mehr Schüsse in Richtung Pinto abzufeuern als der FC Barcelona in Richtung Courtois. Ja, der FC Barcelona dominierte und spielte geduldig, aber die endlosen Ballstaffetten führten zu häufig zu einer Halbchance, Großchancen blieben weitgehend aus. Atletico setzte einzelne Nadelstiche, vergab sogar zweimal die lukrative Chance auf das 2:0. Insgesamt setzten sich die Defensivstrategen von Diego Simeone also nicht unverdient durch.

Was kam danach?

Die überragende Saison sollte für Atletico Madrid in der Liga einen absoluten Höhepunkt finden. Diego Simeone konnte mit seinem Team am Ende nämlich den Titelgewinn feiern. 90 Punkte in 38 Spielen und nur 26 Gegentore sorgten dafür, dass man das Duo aus dem FC Barcelona und Real Madrid um 3 Punkte distanzieren konnte. Und auch in der Champions League sah es für Atletico so aus als könnte man dem großen Rivalen aus der eigenen Stadt ein Bein stellen, nachdem Godin Atletico in der 1. Halbzeit in Führung brachte.

Erst in der 3. Minute der Nachspielzeit erzielte Sergio Ramos den Ausgleich für Real, das in der Verlängerung mit drei weiteren Toren den Sack zumachen konnte. Trotzdem blickte Atletico auf eine absolut herausragende Saison zurück, in der man fast das absolute Maximum erreicht hätte. Das Remis in Barcelona und das Sensatinstor von Diego waren dafür auch eine Art Initialzündung.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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