Bundesliga | Bayern hat den Punch, der Frankfurt fehlt – Die Einzelkritik zum Topspiel

27. Februar 2022 | News | BY Victor Catalina

News | Über 94 Minuten entwickelte sich ein äußerst umkämpftes Topspiel des 24. Bundesliga-Spieltags zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern. Letztlich machte Joker Leroy Sané den Unterschied. Die Akteure in der Einzelkritik.

Joker Sané erlöst überlegenen FC Bayern in Frankfurt

Es war ein hochunterhaltsames, in der Anfangsphase sogar spektakuläres Topspiel des 24. Bundesliga-Spieltags. Der FC Bayern war über 94 Minuten die feldüberlegene Mannschaft. Allerdings hielt Frankfurt – wie im Hinspiel (2:1) mit geschicktem Abwehr- und Zweikampfverhalten dagegen. Diesmal allerdings gingen die drei Punkte nach München. Leroy Sané kam in Minute 67 von der Bank. Dreieinhalb Minuten später stand er schon auf der Anzeigetafel. Die Einzelkritik zum Spiel.

 



 

Eintracht Frankfurt: Trapp und Kostić glänzen, Offensive fällt etwas ab

Kevin Trapp: Einmal mehr MVP seiner Mannschaft. In München teilweise überirdisch. Auch diesmal entschied er das Privatduell gegen Robert Lewandowski klar für sich. War in Minute 24 gegen den scharfen Schuss von Kingsley Coman im bedrohten kurzen Eck. Zeigte fünf Minuten vor der Pause eine weitere unfassbare Parade aus kürzester Distanz gegen den Franzosen und riskierte dabei eine blutige Nase. Auch Joshua Kimmich konnte ihn nicht aus der Distanz bezwingen. Acht Saves sprechen am Ende eine klare Sprache. Note: 1,5.

Tuta: Blockte in der Anfangsphase Jamal Musiala aus aussichtsreicher Position ab. Über das gesamte Spiel hinweg äußerst aufmerksam. Entschärfte zudem einige gefährliche Hereingaben in der Schlussphase gekonnt. Note: 3,0.

Martin Hinteregger: Ein Spiel, das dem Österreicher nach den vergangenen Performances guttun wird. Noch nicht wieder so dominant von hinten heraus, wie er sein kann. Aber er hielt die Abwehr zusammen, wenngleich er es war, der sich beim Siegtreffer von Leroy Sané aus der Position ziehen ließ. Note: 3,0.

Evan N’Dicka: Entschärfte kurz nach der Pause eine Freistoßvariante der Münchener gut einen Meter vor der Torlinie gekonnt. Hatte in Minute 64 selbst noch die Chance zur Führung. Wie seine beiden Nebenleute äußerst solide. Note: 3,0.

Danny Da Costa: Hatte seinen großen Auftritt zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit, als er zuerst Kingsley Coman vernaschte und anschließend noch den Zidane-Trick gegen Lucas Hernández auspackte. Ansonsten ausschließlich defensiv gebunden – und dort mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Note: 3,5.

Ajdin Hrustić (bis 83′): Rückte für den gelbgesperrten Kristijan Jakić ins Team. An seinen letzten Startelfauftritt in Stuttgart, als er Frankfurt per Doppelpack im Alleingang zum Sieg schoss, konnte er jedoch nicht anknüpfen. 20 Minuten vor Schluss bekam er den Ball nicht sauber genug auf Filip Kostić durchgesteckt, sodass ein aussichtsreiches Vier-gegen-Drei ungenutzt blieb. Im direkten Gegenzug fiel der Treffer. Auch seine Zweikampfquote von 38 Prozent ist eher ausbaufähig. Machte sieben Minuten vor Schluss Platz für Sam Lammers. Note: 4,0.

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Photo by DANIEL ROLAND/AFP via Getty Images

Djibril Sow: Wie der Rest seiner Mannschaft in erster Linie in der Defensive beschäftigt. Dass der FC Bayern vor allem nach der Pause den Druck sukzessive erhöhen konnte, spricht nicht zwingend für eine gelungene Performance des Mittelfeldkerns. Note: 3,5.

Christopher Lenz (bis 78′): Seine auffälligste Szene hatte der Linksverteidiger, der heute als wingback unterwegs war, in Minute 32, als er und Lucas Hernández mal kurz Telefonnummern austauschten. Wurde von seinen Mitspielern häufig in der Spieleröffnung gesucht, was ab und zu auch gut funktionierte, letztlich aber eine zu hohe Streuung hatte. Bisweilen auch mit ordentlichen Vorstößen in die Offensive. Musste in der Schlussphase für Jens Petter Hauge weichen. Note: 3,5.

Ansgar Knauff (bis 67′): Gab in diesem Topspiel sein Startelfdebüt für Frankfurt. Für ihn kein wirklich neues Gefühl eingedenk der Tatsache, dass ihn Edin Terzić vergangene Saison im Etihad (1:2) ebenfalls von Beginn an brachte. Viele Offensivszenen waren der BVB-Leihgabe nicht vergönnt. Dafür ging er immer wieder mutig ins Pressing, was Oliver Glasner sicherlich auch positiv registriert haben dürfte. Die Schlussphase durfte er sich von der Bank aus ansehen. Rafael Santos Borré kam für ihn. Note: 3,0.

Filip Kostić: Große Überraschung, wenn Frankfurt gute Offensivszenen hatte, dann war meistens ihre Nummer 10 daran beteiligt. In der 7. Minute spitzte er den Ball nur knapp am langen Eck vorbei. Nach einer Viertelstunde zwang er Sven Ulreich zu einer unkonventionellen Parade. Hätte nach einer Stunde auch den eigenen Abschluss aus spitzem Winkel suchen können, statt das uneigennützige Zuspiel. Auch defensiv über die gesamten 94 Minuten sehr fleißig und zuverlässig. Note: 2,0.

Jesper Lindstrøm (bis 82′): Aufgrund seines Pace von Oliver Glasner als einzige Spitze aufgeboten. Steckte in der 7. Minute kreuzgescheit für Filip Kostić durch. Konnte sich ansonsten zu selten gegen die physisch robuste Defensive des FC Bayern durchsetzen. War er vor der Winterpause noch einer von Frankfurts zuverlässigsten Torschützen, scheint ihm nun etwas der Saft auszugehen. Wartet mittlerweile seit Mitte Dezember, dem Siegtreffer gegen Mainz 05, auf ein Pflichtspieltor. Note: 3,5.

Einwechslungen von Eintracht Frankfurt

Rafael Santos Borré (ab 67′): Kam für Ansgar Knauff und verlieh der Frankfurter Offensive gleich etwas mehr Punch. Zur wirklichen Hochkarätern kam er selten, ließ die Bayern-Abwehr allerdings seine Präsenz spüren und forderte ihnen einige Klärungsaktionen im letzten Moment ab. Note: 3,0.

Jens Petter Hauge (ab 78′): Ersetzte in der Schlussphase Christopher Lenz und konnte die SGE-Offensive etwas beleben. Fünf Minuten vor Schluss steckte er für Borré durch, der allerdings zu früh startete und auch noch von Lucas Hernández abgegrätscht. In der Nachspielzeit dribbelte er sich nochmal an die Grundlinie durch, konnte dann das Zuspiel nicht mehr anbringen. Note: 2,5.

Daichi Kamada (ab 82′): Kam für Jesper Lindstrøm ins Spiel. Wirkliche Akzente konnte er qua mangelnder Spielzeit kaum setzen. Ohne Bewertung.

Sam Lammers (ab 83′): Wurde von Oliver Glasner gebracht, um noch mehr physische Präsenz für die Schlussphase zu haben. Allein, die Hereingaben kamen kaum oder zu unpräzise. Ohne Bewertung.

Oliver Glasner: Entschied sich für Lindstrøm als einzige Spitze. Eine Maßnahme, die sich in der Theorie sinnvoll anhörte, dem FC Bayern mit Tempo beizukommen. Praktisch funktionierte es eher semigut, der Eintracht ging nach der wilden Anfangsviertelstunde der Punch abhanden. Erst in der Schlussphase, nach den Einwechslungen von Borré, Kamada oder Hauge wurden die Frankfurter mutiger. Dann allerdings spielten die Münchener den Vorsprung bereits sicher nachhause. Defensiv machte es seine Mannschaft über die gesamte Spielzeit jedoch hochanständig. Note: 3,0.

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Sven Ulreich: Grundsolide Partie des Neuer-Vertreters. Vor allem in der Anfangsphase gefordert. Parierte nach einer Viertelstunde gegen Filip Kostić. Ansonsten sicher in der Strafraumbeherrschung und im Spielaufbau. Note: 2,5.

Dayot Upamecano: Schwankte zuletzt sehr zwischen Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Auf dem Auftritt in Frankfurt lässt sich definitiv aufbauen. Lief seine Gegenspieler gut ab, brachte dabei auch seine Physis optimal ins Spiel. Auch im Aufbau mit einigen guten Ideen. Note: 2,5.

Niklas Süle: Was für Upamecano gilt, gilt auch für ihn. Drängte in der 2. Minute Lindstrøm ab und verhinderte so einen Blitz-Rückstand. Vor allem in den defensiven Eins-gegen-Eins-Duellen zuverlässig. Klärte und köpfte nahezu jede Frankfurter Chance weg. Note: 2,5.

Lucas Hernández: In den vergangenen Wochen wurde die Mentalität des FC Bayern des Öfteren kritisiert. Der Auftritt von Lucas Hernández steht sinnbildlich dafür, dass an der These nicht viel dran ist. Sprintete über das gesamte Feld, um Benjamin Pavard zu verteidigen, holte sich dabei allerdings Gelb ab und wird so gegen Leverkusen fehlen. Klärte in der Schlussphase im allerletzen Moment gegen Borré und ließ sich dafür zurecht von Joshua Kimmich feiern. Machte in der Schlussphase auch Da Costas Zidane-Trick zunichte. In dieser Verfassung bereit für die großen Spiele. Note: 2,0.

Benjamin Pavard: Gehört schon seit Wochen zu den stärksten Verteidigern des FC Bayern. In Frankfurt musste er erneut als Rechtsverteidiger ran. Machte seinen Job sehr ordentlich. Verbuchte in der 3. Minute die erste Topchance seiner Mannschaft und bot immer wieder ansprechende Offensivläufe an. Note: 2,5.

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Joshua Kimmich: Ein Spiel wie gemacht für Bayerns aggressive leader. Fünf Torschussvorlagen, 19 Balleroberungen, 13 Kilometer Laufstrecke. Verputzte das Frankfurter Mittelfeld zum Abendessen und lieferte auch noch die entscheidende, perfekt getimte Vorlage für Leroy Sané. Der beste Spieler auf dem Platz. Note: 1,0.

Marcel Sabitzer (bis 67′): Durfte in Abwesenheit von Corentin Tolisso im Mittelfeld ran und fiel im Vergleich zu Joshua Kimmich ab. Und zwar relativ deutlich. Seine gelungenen Aktionen lassen sich an einer Hand abzählen. Zudem immer wieder mit einfachen Ballverlusten, die seine Mannschaft in Schwierigkeiten brachte. Hat den Sprung von Leipzig nach München noch immer nicht geschafft. Wich gut 20 Minuten vor Schluss für Siegtorschütze Leroy Sané. Note: 5,0.

Kingsley Coman (bis 89′): 2015 stellte er sich mit den Worten „Ich bin ein Mann für die großen Spiele“ vor. Nach schwierigen Jahren voller Verletzungen inzwischen gesetzt und absoluter Leistungsträger. Auch in Frankfurt über die linke Seite kaum zu halten, zeigte sich ein ums andere Mal kreativ, was das Eins-gegen-Eins angeht und hatte aus der Distanz (24′) sowie frei vor Trapp (40′) zwei gute Torgelegenheiten. Note: 2,0.

Serge Gnabry: Ordentliches Spiel über die rechte Seite. Nicht ganz so dauerpräsent wie Coman, dafür mit einigen sehr starken Szenen, als er beispielsweise den Ball in eine noch gar nicht offene Lücke zu Lewandowski chippte (60′) oder die noch gerettete Torschussvorlage für Joshua Kimmich neun Minuten später. Traf allerdings auch zu oft die falsche Entscheidung. Hätte neun Minuten vor Schluss selbst abschließen müssen, statt nochmal Lewandowski mitzunehmen. Note: 2,5.

Jamal Musiala (bis 82′): Tat sich schwer, an seinem 19. Geburtstag wirkliche Akzente zu setzen. Wurde von der Frankfurter Defensive fast durchgehend doppelt gedeckt, sodass er seine Stärke in engen Räumen gar nicht erst ausspielen konnte. Hatte in Minute 71 trotzdem noch seinen goldenen Moment, als er den Ball festmachte und Joshua Kimmich mitnahm, der letztlich Leroy Sané bediente. Trotzdem muss in den nächsten Wochen mehr von Bayerns Toptalent kommen. Note: 4,0.

Robert Lewandowski: Setzte bereits vor Anpfiff ein starkes Zeichen, als er sich dazu entschied, einen Trauerflor in den ukrainischen Landesfarben zu tragen. Seine Performance als Kapitän konnte sich ebenfalls sehen lassen, auch ohne eigenen Treffer. Arbeitete enorm viel für die Mannschaft, leitete Chancen im Mittelfeld ein, holte sich die Bälle tief ab und machte sie auch vorne mit seiner Wucht und Technik fest. Es wäre ein Frevel elefantösen Ausmaßes, sollte Sportvorstand Hasan Salihamidžić seinen Vertrag nicht verlängert bekommen. Note: 2,0.

Auswechslungen des FC Bayern

Leroy Sané (ab 67′): Wie gut kann man wechseln? Gerade einmal drei Minuten und 44 Sekunden nach seiner Einwechslung für Marcel Sabitzer stand Leroy Sané schon auf der Anzeigetafel. Verlieh Bayerns Spiel per sofort die in dieser Partie dringend benötigte Geradlinigkeit. Ein Jokerauftritt aus dem Lehrbuch. Note: 2,0.

Marc Roca (ab 82′): Ersetzte in der Schlussphase Jamal Musiala, um für noch mehr Stabilität und Ruhe im Mittelfeld zu sorgen. Wirklich auszeichnen konnte er sich allerdings nicht mehr. Ohne Bewertung.

Eric Maxim Choupo-Moting (ab 89′): Kam für Kingsley Coman in die Partie und hatte tatsächlich noch seine große Gelegenheit, aus der er zu wenig machte. Ohne Bewertung.

Julian Nagelsmann: Feierte seinen zweiten Bundesligasieg in Frankfurt und den ersten gegen Oliver Glasner. Die Revanche dafür, dass Glasner ihm seine erste Pflichtspielniederlage als Bayern-Trainer zugefügt hat, ist damit geglückt. Entschied sich abermals für eine Viererkette, diesmal mit einem physisch äußerst robusten Ansatz. Die Zweikampfquote von 65,7 Prozent ist Höchstwert für eine Bundesligapartie in dieser Saison. Man kann nicht sagen, dass es Nagelsmann in seiner Debütsaison besonders einfach hat: COVID, das Chaos bei der Jahreshauptversammlung, zähe Vertragsverhandlungen, ein Stammspieler der ablösefrei zum größten Konkurrenten wechselt und eine Achse, die zum ungünstigsten Zeitpunkt wegbricht. Trotzdem meisterte er bisher jede Herausforderung souverän und ist auf dem Weg, den FC Bayern auch aus dem Formtief nach dem 2:4 in Bochum zu führen. Note: 2,0.

Florian Badstübner: Souveräne Leistung. Nachvollziehbares Maß in der Zweikampfbewertung, das er durch die gesamte Partie hinweg durchzog. Bei der Rudelbildung um Christopher Lenz und Lucas Hernández reagierte er ruhig und angemessen. Ansonsten kam es kaum zu wirklich strittigen Szenen. Note: 2,0.

Spielnote: Die Partie legte los wie die Feuerwehr, mit gut zwei, drei Großchancen auf jeder Seite in der Anfangsviertelstunde, war danach allerdings eher von Kampf und Intensität geprägt. Je länger das Spiel dauerte, desto überlegener wurde der FC Bayern. Nichtsdestotrotz gelang es der Eintracht, immer wieder Nadelstiche zu setzen, sodass es bis zum Ende spannend blieb. Gab es in dieser Saison spektakulärere Partien? Ja. Gab es in dieser Saison hochklassigere Partien? Auch ja. War das Topspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern dennoch sehenswert? Abermals: Ja. Note: 2,5.

Photo by Alex Grimm/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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