Beraterstreit und Dubiositäten um den Dembélé-Transfer

25. Januar 2017 | News | BY Christoph Albers

Er gilt als eines der größten Talente im Weltfußball und sorgt seit seinem Wechsel zu Borussia Dortmund für Furore. Doch eben jener Wechsel sorgte damals wie heute für Schlagzeilen, denn es sind neue Details aufgetaucht. Wir haben uns das mal näher angesehen.

 

Im vergangenen Sommer wechselte der junge Franzose für eine Ablösesumme von 15 Millionen Euro von Stade Rennes zu Borussia Dortmund. Für den BVB ein großer Erfolg, hatte man sich doch ein hochgehandeltes Talent geangelt. Zudem bekundeten auch Schwergewichte wie der FC Barcelona, Manchester United, Liverpool, Arsenal und der FC Bayern ihr Interesse. Da verwunderte die verhältnismäßig geringe Ablösesumme doch ein wenig.

Ein Grund soll eine fragwürdige Ausstiegsklausel gewesen sein. Dembélé hatte sich 2015 bei der Vertragsunterschrift in Rennes eine Ausstiegsklausel über 5 Millionen Euro zusichern lassen. Eine solche Klausel ist in Frankreich aber, durch den Verband, verboten. Davon soll aber weder er, noch seine damaligen Berater Kenntnis gehabt haben. Die Rechtsgültigkeit eines auf dieser Klausel beruhenden Transfers wäre also äußerst fraglich gewesen. Der BVB wollte dieses Risiko nicht eingehen und erklärte sich bereit, 15 Millionen Euro auf den Tisch zu legen. Im Vergleich zu den 5 Millionen Euro durch die „Klausel“, für Stade Rennes immer noch relativ viel.

Doch das sollte noch nicht alles sein. Das Berater-Chaos um Ousmane Dembélé resultiert nun in einem Rechtsstreit. Der Entdecker des BVB-Juwels, Badou Sambagué, meldet sich in der L’Équipe zu Wort und droht seinen ehemaligen Schützling anzuklagen.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Die Vorgeschichte

Der ehemalige malischer Nationalspieler Badou Sambagué und Ousmane Dembélé wuchsen in der selben Gegend auf und lernten sich dort kennen. 2011 brachte der Entdecker das damals 14-Jährige Talent zum Training von Stade Rennes. Dembélé konnte überzeugen und bekam einen Vertrag als Jugendspieler. Der Linksfuß hoffte schnell den Sprung ins Profiteam zu schaffen, ein Einsatz ließ jedoch auf sich warten. Inzwischen waren aber auch einige Vereine aus dem Ausland auf ihn aufmerksam geworden, es gab unter anderem Angebote von Red Bull Salzburg (wo er mit seinem Kindheitsfreund Dayot Upamecano, inzwischen RB Leipzig, hätte spielen können) und Manchester City. Dembélé wollte den Sprung wagen, also baten Sambagué und sein Geschäftspartner, der registrierte Spielerberater Martial Kodjia, um Vertragsauflösung. Dieses Gesuch lehnte Rennes aber ab, der Beginn langer Verhandlungen.

(Photo credit should read FRANCK FIFE/AFP/Getty Images)

2015 unterschrieb Dembélé schließlich seinen ersten Profivertrag bei Rennes. Spieler und Berater bestanden jedoch auf eine Ausstiegsklausel in Höhe von 5 Millionen Euro, die allerdings, wie schon erwähnt, in Frankreich nicht zulässig ist. Sambagué sagt, er sei schon damals nicht länger beim Klub willkommen gewesen, die Vertragsunterschrift erfolgte daher in einem Hotel. In der folgenden Saison kam der heutige Nationalspieler dann zu seinen Profi-Einsätzen und sorgte für Aufsehen. Viele Top-Klubs wurden auf den Franzosen aufmerksam und stellten Kontakt zu seinen Beratern her. Ab da, so sagt es Sambagué dem Guardian, habe der Klub „alles versucht, um einen Krieg anzuzetteln“.

Rennes habe laut Sambagué versucht mithilfe eines Spielerberaters, Moussa Sissoko (nicht Tottenhams Mittelfeldspieler), Dembélé dazu zu drängen einen neuen Vertrag ohne Ausstiegsklausel zu unterschreiben. Zeitgleich sollte er sich von seinen Beratern (Sambagué und Kodjia) zu trennen. Der gefragte Teenager kam den Wunsch seines Vereins tatsächlich nach, da er, so sagt es Sambague, fürchtete, dass der Verein einen Transfer sonst blockieren würde. Rennes soll seinem Juwel darauf hin 5 Millionen Euro angeboten haben, wenn er einem neuen Vertrag zustimmt und Rennes ihn in Zukunft vertreten dürfe – das ist illegal. Der Verein dementiert und auch Sissoko weist sämtliche Vorwürfe von sich.

Der Flügelspieler blieb aber auch in der Folge mit Sambagué und Kodjia in Kontakt. Ende März 2016 soll er sich dann mit Jürgen Klopp bezüglich eines Wechsel zum FC Liverpool getroffen haben. Auch Manchester United sei in der Zeit stark interessiert gewesen. Dann kam der BVB ins Spiel…

 

Der BVB-Transfer

Francois-Henri Pinault ist der Besitzer von Stade Rennes und Teilhaber von Puma. Der deutsche Sportartikelhersteller ist wiederum Sponsor und Aktionär beim BVB. Laut Sambagué wollte Stade Rennes einzig und allein mit dem BVB verhandeln, „der auch bereit gewesen wäre mehr als die Ausstiegsklausel zu bezahlen“. Ein Angebot über 8 Millionen Euro war erfolglos, die folgende Offerte in Höhe von 15 Millionen Euro wurde akzeptiert.

Zur Vertragsunterschrift in Dortmund erschien Dembélé jedoch mit Martial Kodjia! Der Teenager hatte einen Tag zuvor einen neuen Vertrag mit seinem Entdecker abschlossen, damit er und Sambagué die Früchte ihrer langjährigen Arbeit ernten konnten, so der Guardian. Der BVB wollte sich darauf nicht einlassen. Kodjia merkte erst bei der Vertragsunterschrift, dass sein Name nicht in den Papieren auftauchte.

Daraufhin legten Kodjia und Sambagué gegen Sissoko und Stade Rennes beim französischen Fußballverband Beschwerde ein. Die langjährigen Vertrauten des Top-Talents verlangen eine Entschädigung in Höhe von 3 Millionen Euro – der genaue Betrag der Transfer-Kommission. Eine im November angebotene Vergleichszahlung in Höhe von 1,5 Millionen Euro wurde von Kodjia und Sambagué bisher nicht akzeptiert. Weitere Gespräche sollen in Kürze folgen. Das Duo überlegt zudem seinen einstigen Schützling, der bisher keinen Kommentar abgab, wegen Vertragsbruch anzuklagen. Es gilt laut Guardian als wahrscheinlich, dass Ousmane Dembélé im aktuellen Rechtsstreit zumindest als Zeuge aussagen muss.

 

Randgeschichte

Die „Sport Bild“ berichtete in der Vergangenheit, dass Michael Reschke, Technischer Berater des FC Bayern, mit dem falschen Berater verhandelt habe und somit keine Chance auf die Verpflichtung Dembélés hatte. Bei dem ganzen Chaos fast schon verständlich.

 

Einschätzung

Diese Affäre ist behaftet mir einer Vielzahl an Dubiositäten und Ungereimtheiten. Insbesondere die verbotene Ausstiegsklausel wirft große Fragen auf. Für einen in Frankreich registrierten Spielerberater sollte dies zum Grundwissen gehören. Die Positionen und Absichten von Stade Rennes, Besitzer Picaul und Moussa Sissoko sind dabei im Übrigen nicht gerade transparenter als die von Sambagué und Kodjia. Die weitere Entwicklung bleibt in jedem Fall abzuwarten, wir sind gespannt…

 

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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