Er trifft und trifft und trifft… Atalanta-Torgarant Duván Zapata im Porträt

3. Mai 2019 | News | BY Manuel Behlert

Spotlight | Es gibt Fußballer, die eine steile Karriere hinlegen und bereits mit 18 oder 19 Jahren zu den Leistungsträgern ihrer Mannschaft gehören. Und es gibt Fußballer, die erleben eine Karriere mit Höhen und Tiefen und starten mit Mitte, Ende 20 so richtig durch. Dieses Phänomen lässt sich immer wieder beobachten, nicht selten bei Stürmern. Ein solcher Stürmer ist Duvan Zapata. 

Getroffen hat er immer

Im Sommer 2013 wechselte der Kolumbianer von Estudiantes de la Plata zum SSC Neapel in die Serie A. Dort wurde der wuchtige, 1,89m große Stürmer, langsam an die Mannschaft herangeführt und primär als Joker eingesetzt. Und Zapata hatte durchaus einen Effekt auf die Mannschaft, traf in 24 Spielen immerhin achtmal und bereitete zwei weitere Tore vor – all das in nur 890 Spielminuten. Den großen „Durchbruch“ schaffte er in Neapel aber nicht, auch nicht in der Folgesaison, als er zwar knapp 300 Spielminuten mehr sammelte, aber auch „nur“ 11 Torbeteiligungen aufweisen konnte. Er war eine sehr gute Ergänzung, wenn man neuen Schwung brauchte – aber eben aufgrund einiger, fußballerischer Defizite auch kein Spieler für die Stammbesetzung.

Es wurde deutlich, dass Zapata anderswo Spielpraxis sammeln muss – und so entschied man sich beim SSC Neapel den Spieler zu Udinese Calcio zu verleihen. Zwei Jahre spielte der Kolumbianer in Udine, 15/16 gelangen ihm 12 Torbeteiligungen in 27 Spielen, 2016/17 waren es 16 Torbeteiligungen in 39 Spielen. Es blieb dabei, Zapata hinterließ einen guten Eindruck, traf auch regelmäßig, aber hatte noch immer Luft nach oben, auch wenn sich seine Einsatzminuten sukzessive steigerten. 2017 ging es für Zapata zurück zum SSC Neapel, es folgte die nächste Leihe, diesmal zu Sampdoria. Für 3 Millionen Leihgebühr wurde der Angreifer nach Genua geschickt, für 17 Millionen Euro wurde er ein Jahr später fest verpflichtet. 11 Tore und 6 Vorlagen waren eine ordentliche Ausbeute für Zapata, den es aber schon 2018 wieder weiterzog. Diesmal ging es zu Atalanta Bergamo, einer aufstrebenden Mannschaft in der Serie A, erneut auf Leihbasis, erneut ist sein neuer Klub mit einer Kaufoption ausgestattet.

Plötzlich wird alles anders

Gian Piero Gasperini, der Trainer von Atalanta Bergamo, sah in Duvan Zapata die ideale Ergänzung für seine Offensive. Mit Josip Ilicic, der im offensiven Mittelfeld spielt und dem flexiblen Papu Gomez, der der Kapitän der Mannschaft ist und das Tempo bestimmt, harmoniert Zapata hervorragend. Doch das war nicht von Beginn an der Fall, denn in den ersten Wochen konnte man den altbekannten Zapata beobachten. Er war durchaus nicht schlecht in das Spiel von Atalanta integriert, war sehr bemüht, pendelte zwischen Startelf- und Jokereinsätzen. Seine Bilanz nach 13 Spielen: 1 Tor und 3 Torvorlagen. Am 14. Spieltag erzielte Zapata gegen den SSC Neapel bei der 1:2-Niederlage einen Treffer – und es begann eine irre Serie. Dieses Tor war, aus welchem Grund auch immer, eine Art Initialzündung.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

In den folgenden Wochen entwickelte sich das, was man als „Lauf“ bezeichnen kann. 3 Tore gegen Udinese Calcio, je eines gegen Lazio und Genoa, ein Doppelpack gegen Juventus, ein Treffer gegen Sassuolo und ein Viererpack (!) gegen Frosinone Calcio folgten in den Wochen nach dem Treffer gegen die Ancelotti-Elf. Natürlich ist diese Serie auch zu einem großen Teil durch das gestiegene Selbstvertrauen von Zapata persönlich und die gefestigte, stabile Mannschaft zu erklären, aber es gibt noch andere Gründe für die, im Vergleich zu den letzten Spielzeiten, hervorragende Bilanz mit 26 Toren und 8 Torvorlagen – in 43 Pflichtspielen.

Zapata passt perfekt in das System

Auch abseits der Zahlen ist eine klare Veränderung rund um Duván Zapata erkennbar. Gian Piero Gasperini (Amtsantritt 2016) und Atalanta Bergamo haben in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung durchlaufen. Der Klub verfügt nicht über die allergrößten finanziellen Mittel, tätigt aber kluge Transfers, verfolgt einen klaren Plan und weiß, welche Spieler zum System des Trainers passen. Und Gasperini hatte mit Zapata einen klaren Plan. Atalanta, das sehr heimstark ist, spielt in einer Art 3-4-1-2-System und während die bereits angesprochenen Ilicic und Papu Gomez oftmals ausweichen, auch auf den Außen zu finden sind und den Ball aus dem Mittelfeld nach vorne treiben, ist Zapata ein Spieler, der durch seine Wucht und seine Strafraumpräsenz besticht.

Zapata kann seine Qualitäten in Bergamo also gewinnbringend einsetzen, das aggressive Spiel, das Gasperini von seiner Mannschaft fordert, trägt ebenfalls zu seinem Erfolg bei. Nach den Ballgewinnen schaltet Atalanta schnell um und sucht sofort den Zug zum Tor, Zapata ist dabei nicht nur der Abschlussspieler, sondern kann mit seiner extrem guten Physis auch als erste Anspielstation dafür sorgen, dass der Ball behauptet und gehalten wird. Zapata ist nicht als technisch versierter Kombinationsspieler bekannt und als ein solcher muss er im System Gasperinis auch nicht fungieren, sodass diese Schwächen im technischen Bereich sehr gut kaschiert werden können.

 (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Zapata beschäftigt die Defensive permanent, ist effizient, bewegt sich im Angriffsdrittel sehr klug, schließt schnell ab, kann sowohl mit links als auch mit rechts Tore erzielen, ist überdies auch noch kopfballstark. Die Qualitäten, die er in dieser Saison und vor allem ab dem Herbst zeigt, besaß Zapata schon immer, konnte sie aber nicht oder nur zum Teil abrufen. Dass er jetzt mit 28 Jahren seine erste Saison auf diesem hohen Niveau mit diesen extrem guten Zahlen spielt, spricht für die überragende Einbindung in das Gasperini-System und die Tatsache, dass Angreifer nicht selten urplötzlich „explodieren“. Die Mischung aus dem kompletten, uneingeschränkten Vertrauen des Trainers, eben dieser Einbindung und dem Selbstvertrauen, das der Spieler in dieser Saison hat, sorgt dafür, dass Zapata einer der besten Offensivspieler der Serie A ist. Mit Atalanta kämpft er deswegen sogar um die Champions League, steht 4 Spieltage vor Schluss auf Platz 4.

Die große Zukunftsfrage

Natürlich stellt sich nach einer solchen Saison auch immer die Zukunftsfrage. Auch den größeren Klubs innerhalb und außerhalb der Serie A dürfte nicht entgangen sein, welch eine Quote Zapata hingelegt hat. Doch es gibt mehrere Gründe, warum es für ihn klug wäre in Bergamo „sesshaft“ zu werden, wenn die feste Verpflichtung nach Ablauf der Leihe 2020 erfolgt. Einerseits – und das sollte den ein oder anderen Topklub abschrecken – wird Zapata alles andere als günstig und hat, streng genommen, erst einige Monate konstant auf diesem hohen Niveau gespielt. Andererseits ist es sehr gut vorstellbar, dass der Spieler sich nachvielen Vereinswechseln endlich nach Kontinuität sehnt.

Und diese könnte er in Bergamo vorfinden. Trainer Gasperini ist seit 2016 im Amt und noch bis 2021 gebunden. Auch wenn es derzeit das ein oder andere Gerücht um die Zukunft des Trainers gibt, ist er dem Klub verbunden, hat sich etwas aufgebaut und die Möglichkeit in der kommenden Saison Königsklasse zu spielen. Die Einnahmen, die Atalanta für die Qualifikation erhalten würde, dürften zudem dafür sorgen, dass die Mannschaft auch in der Breite verstärkt werden und auch in der kommenden Saison konkurrenzfähig sein kann. Duván Zapata und Atalanta Bergamo passen zusammen wie die Faust aufs Auge – wenn der Spieler weiß, was er an dem Klub hat, könnte die Liaison langfristig weitergehen.

Manuel Behlert

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)




Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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