Missbrauchsskandal erschüttert englischen Fußball

30. November 2016 | News | BY neunzigplus


England: Kaum eine Woche vergeht ohne handfesten Skandal. Andy Cina fasst die Geschehnisse zusammen

Am 16. November brachte der 43-jährige Ex-Fußballer Andy Woodward eine Lawine ins Rollen, die mittlerweile ungeheure Ausmaße angenommen hat. Der ehemalige Profifußballer sprach in einem Interview mit dem Guardian zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit darüber, dass er als Nachwuchsspieler von Crewe Alexandra sexuell missbraucht worden ist.

 

 

Perfides Vorgehen des Nachwuchscoaches

Der Täter damals war Barry Bennell. Der Nachwuchstrainer, der unter anderem auch für Stoke und Manchester City gearbeitet hatte, wurde 1998 wegen sexuellen Handlungen mit sechs minderjährigen Jungen zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.

(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Bennell hat sich nach Woodwards Aussagen die mental schwächeren Nachwuchsspieler für seine Zwecke ausgesucht. Die Spieler mussten unter Vorwänden in seinem Haus übernachten, wo Bennell die Jungen zuerst sexuell berührt und später immer wieder vergewaltigt hat. Mit fiesen Drohungen und Erpressungen sorgte der Peiniger dafür, dass seine Opfer sich nicht an andere Mitmenschen wandten. Woodward war zum Zeitpunkt des Missbrauchs neun Jahre alt.

 

Weitere Opfer wenden sich an die Öffentlichkeit

Andy Woodward vermutet auch, dass es noch viele weitere Opfer vom heute 62-Jährigen gibt und dass es in der englischen Fußballwelt möglicherweise „hunderte“ weitere Missbrauchsopfer gibt. Tatsächlich wagten sich nur wenige Tage nach Woodwards Interview mit dem Guardian auch weitere Profis mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit zu gehen. Steve Walters, David White, Jason Dunford und Chris Unsworth sind weitere ehemalige Profis, die von Bennell missbraucht worden sind und sich nun an Medien gewandt haben.

Der Verband professioneller Fußballspieler PFA in England hat eine Hotline eingerichtet, bei der sich Betroffene anonym melden können. Der Präsident der PFA Gordon Taylor berichtete kurz darauf, dass sich bereits über 20 Spieler gemeldet hätten.

Gerüchte sehen zudem einen Zusammenhang zwischen dem Selbstmord 2011 vom walisischen Spieler und Trainer Gary Speed, der ebenfalls in Barry Bennells Haus übernachtet hat. Speeds Vater betonte aber gegenüber den Medien, dass sein Sohn „zu clever“ war, um ein Opfer von des Nachwuchscoaches geworden zu sein.

Bennell musste am Freitag ins Spital eingeliefert werden, nachdem er bewusstlos in seinem Hotelzimmer aufgefunden worden ist.

Mittlerweile wurde er von der Staatsanwaltschaft Großbritanniens wegen sexueller Übergriffe gegen einen Jungen unter 14 Jahren in acht Punkten angeklagt.

 

(Photo by Carl Court/Getty Images)

Fußballverband und Gesellschaft reagieren geschockt

Die Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs auf die Jugendspieler ist immens. Woodward litt während seiner Karriere an Depressionen und Angstzuständen. „Das Monster“, wie der 43-Jährige die Erinnerungen an den Missbrauch beschreibt, hätte ihn während seiner gesamten Laufbahn gejagt. In einem Spiel hat er eine Verletzung vorgetäuscht, weil er eine seiner regelmäßigen Panikattacken hatte. Ungefähr zehnmal in seinem Leben hätte Woodward sich das Leben nehmen wollen.

Heute will Andy Woodward Stärke beweisen und anderen Opfern zeigen, dass man den Horror überwinden kann. Aus diesem Grund hat er sich nun an die Öffentlichkeit gewandt. Der englische Fußballverband versprach, die Probleme ernst zu nehmen und Maßnahmen zu treffen. Auch die englische Polizei ermittelt in verschiedenen Fällen. Die Opfer erfahren aus allen Ecken der Gesellschaft Unterstützung, was die Hoffnung auf eine rasche Aufklärung und Beseitigung der Missstände hoffen lässt.

 

Von Andy Cina 


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