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U21-EM | Schlüsselspieler im Angriff: Luca Waldschmidt im Fokus

8. Juni 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight | Der Kader der deutschen U21-Nationalmannschaft für die Europameisterschaft in Italien und San Marino ist komplett. Eine starke Auswahl wurde vom Trainerteam getroffen, im Tor steht mit Alexander Nübel ein sehr spannender Spieler im Aufgebot, in der Abwehr ragen Spieler mit Erfahrung in der Königsklasse hervor, im Mittelfeld stehen zahlreiche Spieler von Topklubs zur Verfügung.

Wenn man einen Mannschaftsteil als „Sorgenkind“ bezeichnen müsste, dann wäre das wohl der Angriff. Über einen absoluten Topstürmer verfügt die U21-Nationalmannschaft nicht. Mit Lukas Nmecha, Johannes Eggestein und Luca Waldschmidt wollen aber dennoch drei Angreifer für Furore sorgen – und vor allem letzterem ist eine Menge zuzutrauen.

Der Sprung nach vorne in Freiburg

Luca Waldschmidt ist nicht der erste Spieler, der beim SC Freiburg in einer ruhigen Umgebung und mit dem nötigen Vertrauen durchstartet. Begonnen hat seine Profikarriere bei Eintracht Frankfurt, später zog es Waldschmidt zum Hamburger SV, weil er bei den Hessen keine allzu gute Perspektive hatte. In Hamburg zeigte Waldschmidt ordentliche Ansätze, erzielte im Abstiegskampf ein enorm wichtiges Tor, wurde aber nicht so häufig berücksichtigt, wie er sich das vorstellte, wünschte sich mehr Kontinuität.

Die gab es dann in Freiburg. 5 Millionen Euro Überwies der Klub aus dem Breisgau an den Hamburger SV und lotste den mittlerweile 23-jährigen Waldschmidt nach Freiburg. 9 Tore und 3 Torvorlagen in der Bundesliga bedeuten nicht nur einen Bestwert für Waldschmidt, diese Bilanz ist gemessen an rund 1700 Pflichtspielminuten mehr als nur ordentlich. Ein weiterer wichtiger Aspekt in Freiburg ist die taktische Ausbildung, die Waldschmidt unter Christian Streich genießt. Die Freiburger sind laufstark, spielen ein aggressives Pressing und haben auch im Abstiegskampf den Anspruch immer wieder fußballerische Elemente in ihr Spiel einfließen zu lassen.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Und genau das ist ein Punkt, der Waldschmidt, auch wenn er in der Qualifikation für die U21-Europameisterschaft nur 4 Spiele absolvierte, in den Fokus rücken ließ. Konkurrenten wie Serra oder Teuchert, der im DFB-Trikot überzeugend traf, wurden aus dem Kader gestrichen – und Waldschmidt genießt das Vertrauen. Zusammen mit Lukas Nmecha und Johannes Eggestein, der eher hängend oder auf dem Flügel spielt, bildet er das Angriffstrio im Kader der U21.

Plötzlich bei der U21 im Fokus

Luca Waldschmidt ist kein dominanter Angreifer und auch kein Spielertyp, der aus wenig Chancen viele Tore macht. Er ist eher ein laufstarker, technisch recht versierter Angreifer, der Lücken reißt, viel für das Spiel unternimmt und sehr fleißig ist. Seine Ballbehauptung ist gut, er setzt die gegnerische Abwehr unter Druck und fühlt sich – auch aufgrund der Flexibilität von Christian Streich – in mehreren Systemen wohl. Diese Flexibilität ist für seinen Erfolg in der U21 nicht ausschlaggebend, wohl aber die hervorzuhebende läuferische Komponente. Denn einigermaßen treffsicher sind alle Kandidaten im Offensivbereich. Stefan Kuntz entschied sich aber für Waldschmidt, weil er mittlerweile Qualitäten im Abschluss mit taktischem Verständnis und der Einsatzbereitschaft vereint.

Zu Beginn der Qualifikation für die Europameisterschaft absolvierte Waldschmidt wenige Spiele, nur in 2 der ersten 8 Partien stand er auf dem Platz. In den letzten beiden Spielen gegen Norwegen und Irland konnte Waldschmidt aber einen guten Eindruck hinterlassen – und plötzlich baute Stefan Kuntz regelmäßig auf ihn. In den Freundschaftsspielen gegen starke Gegner wie die Niederlande, Italien (Doppelpack), Frankreich (eine Vorlage) oder England stand Waldschmidt immer auf dem Platz und spielte sich allmählich fest, war längst mehr als nur ein Konkurrent für Teuchert, Serra & co. Diese Entwicklung setzte sich fort, auch die Leistungen in Freiburg waren – auch wenn der SCF eine schwächere Phase hatte – weiter weitgehend ansprechend. Kuntz weiß, was er an Waldschmidt hat. Und seine Qualitäten sollen nun im Turnier gewinnbringend eingesetzt werden.

Waldschmidt im System der U21 – eine runde Sache

Die deutsche U21-Nationalmannschaft spielt in der Regel in einem variablen 4-3-3/4-5-1-System. Das Aushängeschild ist dabei Adas Mittelfeldzentrum. Eggestein, Dahoud, Neuhaus oder Maier – wer auch immer spielt verfügt über eine enorme Klasse. Und gerade Eggestein und Neuhaus sind Spielertypen, die es gerne nach vorne zieht, die mit Wucht und Dynamik in Räume vorstoßen und selbst ihrerseits für Präsenz im Strafraum sorgen können. Diese Räume soll Waldschmidt öffnen, indem er weite Wege geht und einen Verteidiger aus dem Defensivverbund zieht.

Neben der enormen Laufbereitschaft zeichnet sich Waldschmidt auch durch seine Spielintelligenz aus. Dementsprechend wichtig ist er im Konterspiel, was durch seine Sprintstärke noch einmal unterstrichen wird. Im System von Stefan Kuntz kann Waldschmidt eine wichtige Rolle einnehmen, die Erfahrungen aus den letzten Freundschaftsspielen unterstreichen das. Kuntz ist ein Trainer, der nicht nur auf vorausgegangene Leistungen oder individuelle Fähigkeiten achtet, sondern auch im Blick hat, welchen Wert ein Spieler für das Gesamtgefüge hat. Und Waldschmidt vereint diverse Qualitäten, die Stefan Kuntz als wichtig erachtet. Nach der positiven Entwicklung der Saison 2018/19 kann dieses Turnier für den endgültigen Durchbruch Waldschmidts sorgen.

 (Photo by Dan Istitene/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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