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Hoffenheims Neuzugang Nordtveit: Flexibel und erfahren

22. Juni 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Die TSG 1899 Hoffenheim spielte unter ihrem jungen Coach Julian Nagelsmann eine hervorragende Saison 2016/17. Eine Saison, die Begehrlichkeiten weckte. Zwar konnte man mit dem begehrten Nadiem Amiri verlängern, aber ein Abgang von Uth steht im Raum, Kramaric ist begehrt und mit Süle und Rudy sind zwei Leistungsträger bereits sicher weg. Die Kraichgauer befinden sich in einer nicht ganz einfachen Lage, wissen aufgrund von Platz 4 nicht, ob sie in der kommenden Saison in der Europa League oder in der Champions League spielen, was die Planungen erschwert.

Deswegen ist es umso cleverer von den Verantwortlichen, dass man mit Havard Nordtveit einen bundesligaerfahrenen und vor allem flexiblen Spieler verpflichtet hat. Nordtveit, der bei Borussia Mönchengladbach spielte und nach nur einem Jahr bei West Ham United wieder in die Bundesliga zurückkehrt, muss sich nicht akklimatisieren, kennt die Liga und hat Erfahrungen im Europapokal, könnte zudem ideal in das Konzept von Nagelsmann passen.

Nordtveits Karriere

Der mittlerweile 27-jährige Norweger Nordtveit bringt viel Erfahrung mit. Ausgebildet wurde er in Norwegen beim FK Haugesund, ehe er in die Reserveabteilung des FC Arsenal wechselte. Nordtveit wurde mehrfach verliehen, spielte unter anderem für den UD Salamanca, Lilleström oder den 1. FC Nürnberg. In Nürnberg konnte er die Verantwortlichen der Gladbacher Borussia überzeugen, die sich die Dienste von Nordtveit 2011 ablösefrei sicherten. In Gladbach konnte Nordtveit reifen, sich in Ruhe weiterentwickeln und erlebte abwechslungsreiche 5 Jahre, bevor er die Borussia für sein nächstes Abenteuer, die Premier League verließ.

 (Photo by Alexander Scheuber/Bongarts/Getty Images)

Bei West Ham United hatte Nordtveit keine einfache Zeit, er musste häufig auf der Bank sitzen, spielte nur etwas über 1400 Minuten und wurde auf den Positionen hin- und hergeschoben, fehlte sogar häufiger ganz im Kader. Nordtveit hatte sich sein Engagement in der Premier League anders vorgestellt und war offenbar schnell interessiert, als sich die TSG Hoffenheim bei ihm gemeldet hat. Für West Ham war das Geschäft insgesamt trotzdem nicht schlecht. Der Klub aus London verpflichtete Nordtveit ablösefrei, verkauft ihn nun im Sommer für 7 Millionen Euro. 171-mal lief Nordtveit in der Bundesliga auf, für ihn ist der Wechsel nach Deutschland eine Rückkehr in die „zweite Heimat“.

Defensiv variabel einsetzbar

Der Kauf von Nordtveit ergibt nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Blick Sinn. Der Norweger kommt als gestandener Fußballprofi mit einigen Erfahrungswerten, kann jungen und gerade reifenden Spielern so unter die Arme greifen, wie es ihm als junger Spieler selbst widerfahren ist. Der Neuzugang spricht außerdem gut deutsch, es müssen keine besonderen Integrationsmaßnahmen getroffen werden. Der 32-fache norwegische Nationalspieler hat zudem 23 Europapokalspiele „auf dem Buckel“ und kennt die Mehrfachbelastung. Der 27-jährige war ein Wunschspieler von Julian Nagelsmann, der gerne auf flexible Spieler setzt, die eine breite Palette an Qualitäten mitbringen.

Und genau so ein Spieler ist Nordtveit. Er kann in einer Viererkette auf der Außenposition eingesetzt werden, kann im defensiven und zentralen Mittelfeld verschiedene Aufgaben übernehmen und, was vielleicht besonders interessant für Hoffenheim ist: Nordtveit ist zuzutrauen, eine gute Rolle in der Dreierkette der TSG zu übernehmen. Nagelsmann sieht den Norweger wohl im Zentrum, aber sowohl im Mittelfeld, als auch in der Verteidigung. Und dabei hätten die Kraichgauer zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Mit Rudy im Mittelfeld und Süle in der Abwehr sind gleich zwei elementare Kräfte weggebrochen, Nordtveit kann beide Positionen spielen und so kann sich der junge Justin Hoogma in seinem Rücken entwickeln, hat keinen besonders hohen Leistungsdruck zu Beginn.

(Photo by PAUL FAITH/AFP/Getty Images)

Außerdem wird Nordtveit für den Spielstil von Nagelsmann wichtig werden. Der Norweger ist laufstark, gewinnt viele Zweikämpfe und schaltet sich überdies auch noch regelmäßig in der Offensive ein. In seinen besten Spielzeiten in der Bundesliga erreichte er immerhin 5 Torbeteiligungen. Beeindruckend war in der Vergangenheit auch die Konstanz des Defensivspielers. Natürlich schwankten seine Leistungen manchmal, aber nur auf einer sehr geringen Ebene. Wenn man den Norweger aufstellt, weiß man, was man bekommt. In Hoffenheim könnte er nun über Jahre hinweg glücklich werden, die Basis für kontinuierliche, gute Leistungen ist vorhanden. 7 Millionen Euro Ablöse sind ein ordentlicher, aber marktgerechter Preis für den zweiten Neueinkauf der TSG. Weitere werden noch folgen.

Weitere Planungen

Natürlich beobachten die Hoffenheimer den Markt weiterhin. Zudem drohen weitere Abgänge. Adam Szalai ist mit seiner Situation wohl nicht ganz zufrieden, Mark Uth wird vom 1. FC Köln beobachtet. Gerade bei Uth ist ein Abschied denkbar, auch wenn die Hoffenheimer derzeit nicht bereit sind, den Spieler abzugeben. Möglich ist, dass die TSG noch den ein oder anderen Euro mehr verdienen möchte, zudem extern nach einem Ersatz fahndet. Julian Nagelsmann und sein Team wollen eine ausgeglichene Mannschaft, die in mehreren Wettbewerben bestehen kann – und dabei weiterhin auf junge, flexible, entwicklungsfähige Spieler setzen.

Hoffenheim ist bei der Qualifikation zur Champions League nicht gesetzt, das heißt, dass durchaus ein Brocken auf die TSG lauern könnte. Neben dem FC Liverpool ist auch ein Duell mit Dynamo Kiew, Ajax Amsterdam, dem FC Sevilla oder dem SSC Neapel möglich. Das erschwert natürlich die Planungen, eine Teilnahme an der Gruppenphase der Königsklasse würde weitere Geldmittel ermöglichen, die man im Falle des Scheiterns eben nicht hätte. Das passt nicht zur Hoffnung eines jeden Trainers, seine Mannschaft möglichst früh beisammen zu haben. In Hoffenheim wird man also noch abwarten müssen, bis man die finalen Entscheidungen treffen kann. Der ein oder andere Neuzugang könnte trotzdem vorher noch vorgestellt werden.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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