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Vier Prognosen zum Bundesliga-Restart

15. Mai 2020 | Spotlight | BY Simon Lüttel

Am Samstag ist es so weit, die Bundesliga wird nach einer zweimonatigen Corona-Pause wieder den Betrieb aufnehmen. Der Restart ist eine ungewohnte Situation für alle Beteiligten und bringt viele Veränderungen mit sich. Wir haben uns Gedanken über die Auswirkungen gemacht und vier Prognosen zum ersten Geisterspieltag der Bundesliga-Historie aufgestellt.

Prognose 1: Das Spielniveau in der Bundesliga wird sinken!

Alle 18 Bundesligisten teilen sich das Schicksal, in den vergangenen zwei Monaten aus dem Spielbetrieb gerissen worden zu sein. Im März stellten alle Bundesliga-Klubs den Trainingsbetrieb bis auf Weiteres ein und die Spieler bekamen die Anweisung, sich im „Home-Office“ fit zu halten. Im April konnten die Mannschaften dann auf den Platz zurückkehren – zum Training in Kleingruppen. Zwischen dem 5. und dem 8. Mai nahmen die Klubs das Mannschaftstraining wieder auf, weniger als zwei Wochen vor dem neu angesetzten 26. Spieltag.

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Die Aussetzung des Spielbetriebs dauerte länger an, als die jährliche Winterpause. Nun folgt die Aufnahme des Spielbetriebs – und zwar ohne wochenlange Vorbereitung inklusive Trainingslagern und Testspielen, wie es im Normalfall nach längeren Phasen ohne Fußball auf Wettbewerbsniveau üblich ist. Aufgrund der mangelnden Trainings- und Wettkampfpraxis wird man von den Teams am ersten Spieltag nach der Zwangspause keinen Fußball auf Topniveau erwarten dürfen, schließlich ist die Fortsetzung des Spielbetriebs eine Not- und keine Ideallösung.

Prognose 2: Die Resultate werden überraschen

Durch die Corona-Krise entstehen neue und ungewohnte Abläufe. Alte Routinen und Gewohnheiten vor den Spielen werden durch neue ungewöhnliche Maßnahmen und Vorschriften ersetzt und beeinträchtigt. Dass die Spielvorbereitung mit einer Quarantäne beginnt, ist ein absolutes Novum. Für die Spieler wird es darum gehen, sich mit der Situation zu arrangieren.

Die Vorbereitung der Klubs lief verschieden ab, so hatte der FC Augsburg gegenüber den anderen Bundesligisten den Vorteil als erster Verein bereits am 23. März das Kleingruppentraining wieder aufnehmen, währenddessen mussten sich der 1. FSV Mainz 05, Werder Bremen und der SC Freiburg bis zum 7. April gedulden. Der Fitnessstand der Teams ist vermutlich nicht einheitlich, die Unterscheide sind vielleicht größer als im normalen Spielbetrieb.

Nach der zweimonatigen Pause könnten besonders die Vereine profitieren, die früher ins Training einsteigen konnten. Zudem gestaltet sich Gegneranalyse vor den Partien schwierig. Seit dem letzten Spieltag im März haben sich die Personalsituationen aller Klubs verändert, die Karten werden somit neu gemischt, Überraschungen sind möglich.

Prognose 3: Der Heimvorteil wird kleiner!

Die Existenz des Heimvorteils, im englischen als Homefield Advantage bekannt, lässt sich statistisch belegen. Es ist der Regelfall, dass eine Mannschaft heimischen Stadion auf Dauer erfolgreicher ist, als bei Auswärtsspielen. Die Bundesliga stellt hier keine Ausnahme dar, so konnten in der laufenden Bundesliga-Saison mit Werder Bremen, Hertha BSC und dem VfL Wolfsburg nur drei der achtzehn Vereine mehr Auswärts- als Heimsiege einfahren.

Kevin Stöger
(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Dass sich die Zuschauer positiv auf die Spieler und ihr Handeln auf dem Platz auswirken, ist sicher. Doch diese Unterstützung, dieser positive Push für den Adrenalinspiegel fehlt einfach. Im Profifußball kam es bisher nur in Ausnahmefällen zu Geisterspielen, eine langfristige Erhebung derartiger Statistiken, die die Auswirkung von Spielen ohne Zuschauer thematisiert, existiert noch nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass der Heimvorteil ohne Fans geringer ausfällt und es somit häufiger zu Problemen oder negativen Resultaten für die Heimteams kommen wird.

Prognose 4:  Das DFL-Hygienekonzept wird Diskussionsthema bleiben

Das Hygienekonzept der DFL zum Restart der Bundesliga mag in der Theorie viele sinnvolle Punkte aufweisen, doch ob die Umsetzung wie erwünscht gelingt, ist eine andere Frage. Zuletzt zeigte Salomon Kalou in aller Deutlichkeit, dass nicht jeder Profi das Hygienekonzept verinnerlicht hat. Positiv hervorzuheben ist, dass die Causa Kalou und die darauffolgende Suspendierung des Ivoreres wie eine Warnung an alle Profis wikt, die das Thema noch auf die leichte Schulter nehmen. Das Verhalten der Akteure auf dem Fußballplatz ist jedoch nicht immer konform mit den rationalen Gedanken außerhalb des Platzes. So kommt es im Profifußball immer wieder zu Affekthandlungen, oft in Form von Rangeleien oder sogar Tätlichkeiten. Der Fußball während der Corona-Pandemie wird ein anderer und voraussichtlich ruhigerer sein, doch es ist unwahrscheinlich, dass alle der neun Partien am kommenden Spieltag ohne Störfälle ablaufen werden.

Und selbst dann, wenn die Umsetzung gelingt planmäßig funktionieren sollte, werden die Zweikämpfe, die während einer Pandemie auf dem Fußballplatz geführt werden, für weitere Diskussionen sorgen. Am kommenden Spieltag macht der Fußball einen Spagat zwischen „Kontaktsport“ und „Zwei Meter Abstand“. Wie gut dieser gelingt wird sich zeigen.

(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)


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