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Arminia Bielefeld: Plötzlich Aufstiegsfavorit

13. März 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Hannover 96, VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg, Hamburger SV: Die Liste der Aufstiegsanwärter mit großem Namen war vor Saisonbeginn in der 2. Bundesliga lang. Mittlerweile führt Arminia Bielefeld die Tabelle souverän an und hat sehr gute Chancen, in der kommenden Saison wieder in Deutschlands höchster Spielklasse zu starten. Doch wie kam es dazu?

Es war der 34. Spieltag der Saison 2008/09, Arminia Bielefeld spielte zuhause gegen Hannover 96 nur 2:2. Ein Eigentor von Mario Eggimann und ein später Ausgleich von Artur Wichniarek reichten am Ende nicht für den Klassenerhalt, durch die Ergebnisse der Konkurrenz stieg Bielefeld in die 2. Liga ab. Bis heute war dies das letzte Spiel von Arminia in der Bundesliga. Doch eine Rückkehr bahnt sich an!

Bielefeld: Uwe Neuhaus’ gute Arbeit zahlt sich aus

Derzeit stehen die Bielefelder mit 51 Punkten aus 25 Spielen auf dem ersten Rang in der 2. Bundesliga. Der Abstand auf Platz zwei beträgt bereits sechs Punkte, der Relegationsplatz ist schon sieben Punkte entfernt. Am Montag konnte Arminia mit einem 1:1 gegen den VfB Stuttgart seine Position behaupten, die Zeichen stehen weiterhin auf Aufstieg. 

Der Architekt des Erfolgs ist dabei Uwe Neuhaus. Der Trainer, der in der Vergangenheit unter anderem beim FC Union sehr gute Arbeit leistete, übernahm das Amt bei Arminia im Dezember 2018, drehte sukzessive an den notwendigen Stellschrauben. Schritt für Schritt wurde die Mannschaft besser und punktete konstanter.

(Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Vor der aktuellen Saison wurden zudem einige kluge Anpassungen getätigt. Mit Neuzugängen wie Joakim Nilsson oder Marcel Hartel wurde die Kaderbreite verstärkt, wichtige Stammmspieler konnten außerdem gehalten werden. Vor der Saison war die Hoffnung auf eine gute Spielzeit groß, die bisherigen Resultate und auch die Leistungen übertreffen aber die Erwartungen deutlich.

Patzer von Hamburg und Stuttgart ausgenutzt

Gute Arbeit und kluge Anpassungen sorgten also für die Basis, doch eine Garantie für den Erfolg ist das noch lange nicht. Doch auch die anderen Rahmenbedingungen stimmen bei Arminia Bielefeld und vor allem die Konstanz der Mannschaft: Nach dem sechsten Spieltag gab man die Position unter den ersten drei Teams der Liga nicht mehr ab. Bielefeld ist ungemein schwer zu bezwingen, verlor sowohl zuhause als auch auswärts nur einmal.

Zusätzlich zur eigenen Stärke profitierte Arminia Bielefeld im bisherigen Saisonverlauf auch davon, dass die Konkurrenz häufig patzte. Hannover 96 und der 1. FC Nürnberg spielten schon zu Saisonbeginn desolat und müssen eher in Richtung 3. Liga schauen, Teams wie Heidenheim, Darmstadt oder Fürth absolvieren zwar eine sehr gute Saison, verfügen aber nicht über die Qualität, um an schlechten Tagen die nötigen Punkte einzufahren. Und die Favoriten aus Hamburg und Stuttgart? Der HSV spielt eine ordentliche Runde und bewahrt vor allem die Ruhe, hatte aber bereits kleinere Dellen zu verkraften. Der VfB wechselte sogar bereits den Trainer und ließ ebenfalls mitunter – teils sehr unnötig – Punkte liegen.

All diese Faktoren zusammengenommen führen zur aktuellen Tabellensituation. Die Fehler der Konkurrenz spielen natürlich eine Rolle, im Vordergrund steht aber ein sehr konstantes und stabiles Arminia Bielefeld. Die Elf von Neuhaus lässt sich auch von vereinzelten Rückschlägen oder schwächeren Phasen in einem Spiel nicht aus der Ruhe bringen. Zudem deutet sich auch kein Einbruch an: 2020 hat die Mannschaft noch überhaupt nicht verloren, selbst ein schleichender Formverlust ist nicht ansatzweise erkennbar.

Arminia und der unbeirrte Weg in die Bundesliga

Ein weiterer, positiver Faktor für Arminia Bielefeld ist, dass man im Klub vollends entspannt bleibt. Niemand redet davon, dass der Aufstieg ob der aktuellen Situation Pflicht sei. Man konzentriert sich vielmehr auf die nächsten Aufgaben, zieht den eigenen Spielstil Woche für Woche durch und Neuhaus arbeitet weiter akribisch an kleinsten Mosaiksteinen im Spiel der Mannschaft.

 (Photo by Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images)

Insgesamt stimmt beim aktuellen Tabellenführer so gut wie alles. Bisher wurden – wie schon erwähnt – nur zwei Spiele verloren, Arminia stellt mit 24 Gegentoren die beste Defensive der Liga und mit 50 eigenen Treffern die beste Offensive. Fabian Klos führt mit 16 Toren zudem die Torschützenliste an. Eine Abhängigkeit vom Torjäger besteht allerdings dennoch nicht, mit Andreas Voglsammer (zehn Tore) existiert ein weiterer zuverlässiger Torschütze, Marcel Hartel und Jonathan Clauss mit neun respektive sieben Vorlagen spielen ebenfalls eine großartige Saison.

Das bedeutet, dass einzelne Ausfälle oder schwache Spiele von eigentlichen Schlüsselspielern leichter kompensiert werden können. Überdies verfügt Bielefeld jederzeit über gute Alternativen auf der Bank. Sven Schipplock als wuchtiger Stürmer, Cebio Soukou als schnelle Option für die Außenbahn, Tom Schütz oder Nils Seufert als laufstarke Antreiber für das zentrale Mittelfeld – Neuhaus kann auf allen Positionen nachlegen und nach Bedarf rotieren.

Für Arminia Bielefeld wird es nun weiterhin darauf ankommen, die Ruhe zu bewahren. Die nächsten Gegner sind nun Osnabrück, Hamburg, Dresden und Kiel, auch danach drohen unter anderem mit Darmstadt und Heidenheim sehr unangenehme Aufgaben. Das Restprogramm ist also nicht einfach, zudem wird die Mannschaft irgendwann an einen Punkt gelangen, an dem sie realisiert, dass sie etwas verlieren kann. Die Einflussnahme des Trainerteams wird an genau diesem Punkt entscheidend sein, doch Neuhaus sollte erfahren genug sein, um zu wissen, was zu tun ist.

Aktuell scheint es jedenfalls nur schwer vorstellbar zu sein, dass sich die Ostwestfalen nicht für diese hervorragende Saison belohnen. Die Rückkehr in die Bundesliga ist nicht nur denkbar, sondern wahrscheinlich.

(Photo by Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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