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Ein Trio setzt sich ab – Der Aufstiegscheck der 2. Bundesliga

20. Oktober 2022 | Spotlight | BY Hendrik Wiese

Spotlight | Nach mittlerweile zwölf Spieltagen sind erste valide Tendenzen hinsichtlich der Stärke der einzelnen Mannschaften in der 2. Bundesliga zu erkennen. Wie jedes Jahr kämpfen auch in der laufenden Spielzeit mehrere Mannschaften um den Aufstieg in die oberste deutsche Spielklasse. Wir schätzen die Chancen der besten fünf Klubs ein.

  • Hamburger SV bleibt der Favorit
  • Paderborn und Darmstadt – Die Gegensätze
  • Hannover 96 mit allen Chancen

An der Spitze thront – überraschenderweise – der SV Darmstadt 98. Gefolgt werden die „Lilien“ vom SC Paderborn, der punktgleich mit dem Hamburger SV auf Platz zwei steht. Die ersten Verfolger kommen mit dem 1. FC Heidenheim und Hannover 96 auf den Rängen vier und fünf.

SV Darmstadt – Langer Atem im Aufstiegskampf der 2. Bundesliga

Zwölf Spiele, 27 Punkte, 13 Punkte aus den letzten fünf Partien. Der SV Darmstadt 98 hat den knapp verpassten Aufstieg in der letzten Spielzeit gut weggesteckt und plant nun den nächsten großen Wurf. Die Mannschaft von Torsten Lieberknecht ist gefestigt und feierte mit dem Sieg gegen Borussia Mönchengladbach am vergangenen Dienstag den Einzug in das Achtelfinale des DFB-Pokals.

Die „Lilien“ bestechen dabei mit den einfachen Tugenden des Fußballs. 90 Minuten bedingungsloser Einsatz, hoher Fokus auf Standardsituationen und trotzdem eine Spur individueller Klasse sind die Erfolgsfaktoren des Klubs. Mit Patric Pfeiffer besitzt die Mannschaft vom Böllenfalltor den vielleicht besten Innenverteidiger der Liga. Der gebürtige Hamburger zeigt sich unheimlich zweikampfstark und gefährlich bei Standardsituationen. Mit seinen drei Saisontoren entschied er allein die Spiele gegen Hamburg, Düsseldorf und Karlsruhe.

In der Offensive ruhen die Hoffnungen auf dem Trio bestehend aus Marvin Mehlem auf der Zehn, Braydon Manu über den Flügel und Top-Torschütze Philipp Tietz als zentraler Stürmer. Im eigenen Ballbesitz wird schnellstmöglich umgeschaltet und der Weg nach vorne gesucht. Wie schon in der letzten Saison kann Darmstadt aber auch anspruchsvollen Fußball spielen. Die Mischung macht die Lilien so stark. Der SVD macht die einfachen Sachen sehr gut. Zudem beweist die Mannschaft häufig einen langen Atem und erzielt die spielentscheidenden Toren Richtung Spielende. Hält der SVD das über die ganze Saison durch, ist der Aufstieg drin.

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

SC Paderborn – Mit bezauberndem Fußball in die Bundesliga?

Mit 25 Punkten, dafür 32 erzielten Treffern steht der SC Paderborn auf Rang zwei der 2. Bundesliga. Nach einem starken Saisonstart trübten die Niederlagen gegen Fürth und Darmstadt die Euphorie, ein 3:0-Erfolg gegen den SV Sandhausen brachte die Mannschaft von Cheftrainer Lukas Kwasniok zurück in die Spur.

Der Sportclub spielt den wohl ansehnlichsten Fußball der ganzen Liga, nicht umsonst sprach Werder-Coach Ole Werner im Vorfeld des DFB-Pokalspiels vom „spielstärksten“ Verein ihrer Klasse. Aufbauend auf einer Dreierkette passt Kwasniok seine Startelf oft an den Gegner an. Mit Marvin Pieringer und Felix Platte besitzen die „Ostwestfalen“ zwei robuste Stürmertypen in der Offensive, die von Florent Muslija und Julian Justvan häufig kreativ in Szene gesetzt werden. Raphael Obermair, der vor der Saison vom FC Magdeburg kam, spielt auf links einen invertierten „Wing-back“, Robert Leipertz glänzt als Verwerter aus dem Rückraum.

Nach einem Übergangsjahr konnte Kwasniok die Mannschaft an seine Spielphilosophie anpassen. Lediglich in der Verteidigung fehlt Konstanz. Einzig Marcel Hoffmeier überzeugt auf ganzer Linie, mit Maximilian Rohr spielt sich zudem eine HSV-Leihgabe in den Fokus. Häufig fehlte bisher ein Akteur der Dreierreihe, die im Normalfall mit Jannis Heuer ergänzt wird, verletzungsbedingt.

Will der Sportclub ganz oben angreifen, dann müssen die Spiele gegen tiefstehende, kompakte Mannschaften gewonnen werden. Häufig fehlt dem SC in diesen Partien der Schlüssel. Im eigenen Wohnzimmer ist Paderborn hingegen eine Macht, mit sechs Siegen aus sieben Spielen in der „Home Deluxe Arena“ könnte die Grundlage für den Aufstieg geschaffen werden.

Reicht die individuelle Klasse dem HSV?

Punktgleich mit den „Ostwestfalen“ steht der Hamburger SV auf Platz drei der 2. Bundesliga. Die „Rothosen“ gaben die Tabellenführung aufgrund einer bitteren Punkteteilung gegen Kaiserslautern und einer 0:3 Derby-Klatsche gegen den FC St. Pauli ab. Auch das deutliche 0:4-Ausscheiden im DFB-Pokal gegen RB Leipzig unter der Woche schmerzt, vor allem, weil der Beginn in dieser Partie vielversprechend war.

Cheftrainer Tim Walter steht qua seiner Grundprinzipien für einen ansehnlichen Fußball, der in dieser Saison aber nicht immer auf das Feld gebracht werden kann. Ein wichtiger Faktor ist die Kopfballstärke und Wucht von Stürmer Robert Glatzel.  Der Stürmer wird häufig über die Flügelpositionen bedient. Der Hamburger SV besitzt den wertvollsten Kader der Liga und untermauerte die Mission Aufstieg mit einer Siegesserie von fünf Spielen.

Die nächsten Duelle werden zum großen Charaktertest. Nach drei enttäuschenden Spielen in Folge muss die Walter-Mannschaft den „Bock“ umstoßen und ihre Qualität wieder auf den Platz bringen. In der nächsten Woche steht das richtungsweisende Duell in Paderborn statt. Kommen die Hamburger nicht wieder auf die Siegerstraße, wird es sehr ungemütlich. Nichtsdestotrotz bleibt der HSV der große Favorit auf den Aufstieg.

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Heidenheim – Dieses Jahr gut genug?

6,8,3,5. Der 1. FC Heidenheim rauschte in den letzten Spielzeiten immer knapp am Aufstieg vorbei. Mit 20 Punkten steht die Mannschaft von Frank Schmidt auf dem vierten Tabellenplatz und besitzt fünf Punkte Rückstand auf die Aufstiegsplätze. Die Abgänge von Tobias Mohr, Oliver Hüsing und Robert Leipertz schmerzten, doch der FCH wäre nicht der FCH, wenn man diese Abgänge nicht kompensieren könnte. Das zeigten sie zuletzt regelmäßig.

Mit Jan-Niklas Beste kam der absolute Wunschspieler, der mit seinem starken linken Fuß den Abgang von Mohr vergessen machte. Der Fokus liegt dennoch natürlich einmal mehr auf Topstürmer Tim Kleindienst, der bereits fünf Saisontore vorweisen kann. Allerdings passt die Formkurve nicht unbedingt. Aus den letzten fünf Spielen resultierten lediglich sechs Punkte, Heidenheim musste den Aufwand erhöhen, um einen ähnlichen Ertrag in der Offensive hinlegen zu können.

Dafür ist das Programm bis zur WM-Pause mit Fürth, Magdeburg, Regensburg und Sandhausen vermeintlich einfach. Insbesondere das Herausspielen von Torchancen muss in diesen Spielen verbessert werden. Mit 1,42 expected goals pro Spiel steht der FCH nur im Mittelfeld der Tabelle. Das Top-Duell gegen den SC Paderborn rundet die wichtigen Wochen ab. Spätestens dann weiß man, wo man an der Brenz steht.

Hannover 96 – Nach schwachem Saisonstart endlich gefangen

Ebenfalls mit 20 Punkten steht Hannover 96 auf Platz fünf der 2. Bundesliga. Die Niedersachsen starteten mit großen Ambitionen in die neue Spielzeit, mit einem Punkt aus den ersten drei Spielen wurde der Start jedoch in den Sand gesetzt. Nach und nach wurde das neue Spielsystem von Cheftrainer Stefan Leitl sichtbar und die Ergebnisse wurden besser. Sechs Spiele blieb man ungeschlagen, davon gewann man gar fünf. Hannover kletterte nach oben und musste hinnehmen, wie Ransford Königsdörffer mit einem sensationellen Solo das Top-Spiel zugunsten des HSV entschied.

Im Anschluss war auch der 1. FC Heidenheim zu stark, ehe 96 Bundesliga-Absteiger Bielefeld in die Schranken verwies. Der Kader ist gut zusammengestellt, die Automatismen funktionieren immer besser. Auch gegen Dortmund im Pokal hielten die Niedersachsen gut mit, waren phasenweise besser. Im Winter könnten die letzten Bausteine für eine sportlich erfolgreiche Zeit gelegt werden. Hannover bastelt an der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga. Mit einer guten Form und mehr Spielglück könnte es bereits in der laufenden Saison funktionieren.

(Photo by Thomas F. Starke/Getty Images)

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

 

Hendrik Wiese

Aufgewachsen mit dem Spielstil von Bastian Schweinsteiger bevorzugt Hendrik spielerische Dominanz und technisch ansehnlichen Fußball. Seit Dezember 2019 ist er für 90PLUS unterwegs, bevorzugt im deutschen Oberhaus.


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