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Bayern gewinnt zum Auftakt: Der Beginn, den man wollte

14. Januar 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Es war kein furioses Spiel des FC Bayern München, der zum Rückrundenauftakt mit 3:1 in Leverkusen gewann. Aber es musste auch keines sein. Für den FC Bayern, für Bayer 04 Leverkusen, aber auch für den Rest der Liga lieferte dieses Spiel wichtige Erkenntnisse. Bayer konnte die guten Ansätze nicht konstant über 90 Minuten auf den Platz bringen, Bayern ist noch nicht da, wo man im Endeffekt sein will.

Doch der große Vorsprung in der Liga sorgt dafür, dass man weiter in Ruhe an den Feinheiten arbeiten, Dinge einstudieren und Spieler in Form bringen kann. In der Bundesliga droht keine große Gefahr von der Konkurrenz, die nächsten Aufgaben im DFB-Pokal und der Königsklasse sind unangenehm, aber durchaus zu bewältigen. Und das ist der Vorteil des FCB.

Punktuelle Nadelstiche zu wenig

Es sah zu Beginn nicht schlecht aus für Heiko Herrlich und sein Team. Leverkusen begann aggressiv, versuchte Bayern so wenig Zeit wie möglich zu geben und außer 1-2 guten Ansätzen mit ein wenig Raum und einem nicht ideal zuende gespielten Konter über Arjen Robben kam zu Beginn nicht viel vom Rekordmeister. Das Problem: Bayer musste sehr viel arbeiten, um den FC Bayern weitgehend aus dem Spiel zu nehmen, die Folge war, dass Sven Ulreich wenig zu tun bekam. Leverkusen setzte natürlich punktuell Nadelstiche, war aber über den gesamten Spielverlauf etwas zu ungefährlich.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Insgesamt wurden das Tempo eines Bailey oder Volland oder die technischen Qualitäten von Havertz und Brandt zu wenig ausgenutzt, Bayern gewann viele Zweikämpfe (rund 58 %) und konnte so selbst nach und nach etwas mehr Struktur in das Spiel bekommen. Das 0:1 war ein hereingearbeitetes Tor, das 0:2 ein blitzsauberer Gegenangriff, bei dem Tah etwas hüftsteif gegen Ribery wirkte. Beim 1:2 zeigte Volland seinen Willen, der Schuss war abgefälscht und fand so den Weg ins Tor. Das 1:3 kurz vor dem Ende war dann eine herausragende individuelle Aktion.

Leverkusen fehlte in manchen Situationen die letzte Konsequenz. Der FC Bayern absolvierte ein ordentliches Auswärtsspiel und gewann, ohne groß zu glänzen. Ribery dribbelte sich zu oft fest, Robben wurde lange Zeit aus dem Spiel genommen, Müller spielte ebenfalls unglücklich. Umso besser, dass der Kolumbianer James Rodriguez das Spiel immer mehr an sich riss, neben vielen klugen Pässen auch durch seinen Einsatz überzeugte. Natürlich hatte Bailey einen gefährlichen Lattentreffer, Ulreich musste den ein oder anderen Ball halten und auch bei Alario fehlte nicht viel, insgesamt reichten diese Bemühungen aber eben nicht für einen soliden FCB.

Langsam der Topform nähern

Doch was bedeutet das nun für die kommenden Wochen des Heynckes-Teams? Zunächst einmal nur, dass man mit einem guten Gefühl in die Rückrunde startet. Das ist besonders wichtig, weil die englischen Wochen erst nach dem Bundesligaspiel am 3. Februar beginnen. Bayern kann sich auf die wichtigen Inhalte im Training konzentrieren, wenn die Ergebnisse weiterhin positiv sind. Es folgen zwei Heimspiele gegen Bremen und Hoffenheim, ehe es in der ersten englischen Woche gegen Mainz (auswärts), Paderborn (auswärts) und Schalke (zuhause) geht. Bis dahin liegt noch Arbeit vor dem FC Bayern, aber ein Grundstein ist gelegt.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Heynckes und das Trainerteam des FCB müssen viele Dinge unter einen Hut bekommen. Eine ausgewogene Rotation, dabei trotzdem auf die richtige Balance und den Rhythmus der Spieler achten, überdies natürlich auch die Spieler, die zuletzt verletzt waren, langsam wieder heranführen. Das gilt für Bernat, Robben und Ribery. Auch Hummels, Lewandowski und Kimmich werden jetzt erst wieder peu a peu näher an die 100 % kommen. Gelingt das gut und die Resultate sind weiterhin gut, hat der FCB beste Voraussetzungen, um im März seine beste Phase in dieser Saison zu erreichen, zumal bis dahin Thiago wieder dabei sein dürfte und eine Neuer-Rückkehr absehbar ist.

Hintergrundgeräusche ausblenden

Im Hintergrund gibt es weitere, wichtige Entscheidung. Die Trainerfrage ist Thema und weiterhin ungeklärt, zudem stehen Vertragsverlängerungen (oder eben auch nicht) an, der Umbruch muss weiterhin vorangetrieben werden. Diese Themen müssen so souverän wie möglich gelöst werden um die Mannschaft nicht damit zu belasten. Vorschnelle Entscheidungen sind sicherlich nicht gut, zu viel Zeit sollte man sich aber auch nicht lassen. Gerade die Personalien Ribery und Robben sind in den Medien ein Dauerthema, Nachfragen gibt es Woche für Woche.

Der Sieg in Leverkusen sollte ein Zeichen an die Konkurrenz sein. Bayern spielt zurzeit zwar nicht die Sterne vom Himmel, wirkt aber eben nicht mehr so schlagbar, wie es zu Anfang der Saison war, bis zur Übernahme von Heynckes. Die Gegner müssen alles investieren und Bayern permanent vor Herausforderungen stellen, um diese Mannschaft mit dieser deutlich verbesserten defensiven Stabilität zu bezwingen. Das gilt einerseits für die Liga, aber vor allem auch für die Pokalwettbewerbe. Im DFB-Pokal ist der FC Bayern der Favorit, in der Königsklasse zumindest ein Team, das mit den anderen Kandidaten mithalten und diese an sehr guten Tagen auch schlagen kann.

Gesamtmannschaftliche Baustellen

Bayern wirkt stabiler, ausbalancierter und formstärker als unter Carlo Ancelotti. Dass der Weg aber trotzdem noch lang ist, ist auch klar. Das haben einerseits die Spiele vor der Winterpause gezeigt, die extrem zäh anzusehen waren, andererseits gibt es immer noch zu viele Phasen, in denen eben keine totale Kontrolle generiert werden kann. Fällt Kimmich aus, kommen von den Außenverteidigern insgesamt noch zu wenig konstruktive Elemente nach vorne, auch wenn gerade Alaba langsam Fortschritte macht. Javi Martinez und James sind elementar wichtig für die Struktur im Spiel, Rudy muss seine Formdelle überwinden, Vidal steuert wohl auf seine letzte Halbserie in München zu.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Hinzu kommt, dass Ribery und Robben eben nicht mehr jedes Spiel absolvieren können, wenn sie fit sind. Und schon gar nicht über 90 Minuten. Der Franzose konzentriert sich noch zu häufig auf seine zurzeit eher erfolglosen Dribblings, sollte sich mehr im kombinativen Bereich hervortun, gerade mit James ist dafür der ideale Spieler zur Unterstützung vorhanden. Auch die Kräfte von Arjen Robben müssen eingeteilt werden. Mit Kingsley Coman steht glücklicherweise ein Spieler zur Verfügung, der in der Hinrunde an den Dreitagesrhythmus herangeführt wurde und immer abgeklärter spielt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der erste Schritt gemacht wurde – mehr aber auch noch nicht. Bayern muss viele Dinge beachten und darf sich wenig Fehler in der Rückrunde erlauben, damit am Ende in allen drei Wettbewerben zufriedenstellende Resultate eingefahren werden können. Die Mannschaft wirkt aber zurzeit sehr fokussiert, der Spagat zwischen Konzentration, Ernsthaftigkeit aber auch der nötigen Lockerheit gelingt weitgehend gut. Bis zum Saisonende sind es noch gut 4 Monate. Geht die Entwicklung positiv weiter, wird die Saison auch ein (sehr) gutes Ende nehmen.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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