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Borussia Dortmund: Watzke und Zorc stehen in der Verantwortung

24. November 2019 | Spotlight | BY Damian Ozako

Spotlight | Man wollte Meister werden und jetzt steckt man seit Wochen in der Krise. Zuletzt zwei desolate Vorstellungen in München und gegen Paderborn. Trainer Lucien Favre steht heftig in der Kritik und vor dem Aus. Die Fehler der Vereinsführung hingegen sind merkwürdigerweise kaum im Fokus der Öffentlichkeit. 

Favre nicht mehr zu halten

Überzeugende Auftritte vom BVB gab es äußerst selten. Eine Entwicklung, die nicht erst in dieser Saison zu beobachten war. Schon die vergangene Rückrunde war durchwachsen. Favre zu entlassen, scheint mittlerweile notwendig zu sein. Verantwortliche und Spieler betonen zwar, dass der Misserfolg nicht an ihm liege, aber die Leistungen sind derart desolat, dass man nun handeln muss. Man merkt wie sehr Favre an seinem Job hängt und das Ruder unbedingt rumreißen will, aber es reicht einfach nicht. Dass man ihn ungerne entlässt, ist verständlich, aber Sympathien dürfen ab diesem Punkt kein entscheidender Faktor mehr sein. Borussia Dortmund im Jahr 2019 ist behäbig, defensiv sehr anfällig und kann nicht vernünftig pressen. 

Das eigentliche Problem ist, dass es mit einem Trainerwechsel nicht besser werden wird. Erstens ist der Markt alles andere als ergiebig gerade. Pochettino ist zwar verfügbar, aber lediglich Wunschdenken. Der Argentinier wird sich als nächstes einem absoluten Topverein anschließen. Das ist der BVB momentan nicht. Es wird vorerst jemand kommen, der die Mannschaft stabilisieren soll. Man sollte erst gar nicht davon träumen, dass alle Probleme schlagartig verschwinden. Denn diese sind vielschichtig. 

(Photo by Daniel Kopatsch/Bongarts/Getty Images)

Borussia Dortmund: Kader nicht gut zusammengestellt

Die Stimmung rund um den Verein ist schlecht und in der Mannschaft scheint es auch nicht zu 100% zu stimmen, wenn Führungsspieler wie Marco Reus und Mats Hummels nach schlechten Leistungen den Fokus so extrem stark auf die Spieler richten, wie sie es zuletzt taten. Sportdirektor Michael Zorc nahm Favre auch bewusst aus der Schusslinie nach der Niederlage in München. Auf der Mitgliederversammlung sprach Hans-Joachim Watzke dem Schweizer das Vertrauen aus, mit dem Zusatz, dass Fußball sich letztendlich über Ergebnisse definiere. Dass der Trainer, trotz seiner offensichtlichen Schwachpunkte, im Endeffekt auch Leidtragender einiger Dynamiken ist, die schon vor seinem Amtsantritt stattfanden und weiter vorhanden sind, ist nicht zu leugnen.

Michael Zorc ist für die Kaderplanung verantwortlich und die ist seit Jahren ein Problem. Mal davon abgesehen, dass es offensichtlich zwischenmenschlich dort nicht zu stimmen scheint und man seit Jahren immer wieder in mentale Schwierigkeiten gerät, ist auch die sportliche Zusammenstellung ein Schwachpunkt. Seit der zweiten Tuchel-Saison findet regelmäßig ein Umbruch statt. Jedes Mal dachte man sich, dass langfristige Lösungen gefunden worden sind und so war es auch dieses Jahr. Die Verantwortlichen kündigten an, dass es nach der Bosz/Stöger-Saison zwei Sommertransferphasen bräuchte, um den Umbruch zu vollziehen. Und trotzdem hat der Kader aktuell einige Baustellen und es werden nach der Saison noch viel mehr. 

BVB: Noch mehr Übergangsjahre 

Dass Borussia Dortmund neben dem verletzungsanfälligen Paco Alcácer und dem nicht allzu torgefährlichen Mario Götze noch einen richtigen Stürmer hätte verpflichten müssen, war lange ersichtlich. Die Verantwortlichen erkannten dies erst nach Saisonbeginn. Eine absurde Fehleinschätzung. Einen Stürmer, der auch sofort Stamm spielen könnte und dabei nicht komplett überteuert ist, zu finden, wird sehr schwierig. Darüber hinaus muss man sich noch um Außenverteidiger bemühen. Lukasz Piszczek wird seine Karriere beenden, Achraf Hakimi wird zu Real Madrid zurückkehren und dahinter klafft eine riesige Lücke. Mateu Morey kommt, wie so viele andere Youngster, gar nicht zum Zug unter Favre und Nico Schulz fühlt sich auf der linken Seite in einer Viererkette nicht sonderlich wohl. Dies war vorher auch schon bekannt, aber wurde von den Verantwortlichen gekonnt ignoriert. 

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Mario Götzes Vertrag läuft aus und Gespräche werden erst im Januar stattfinden. Ein Abgang gilt als wahrscheinlich, auch weil auf seinen Positionen nachgerüstet wurde und wird. Mahmoud Dahoud und Dan-Axel Zagadou werden den Verein wahrscheinlich auch verlassen wollen. Beide zeigten immer wieder vielversprechende Leistungen, um danach wochenlang ignoriert zu werden. Insbesondere beim Franzosen ist es absolut unverständlich, dass er so selten spielt. Mit ihm wird ein anderer Verein in Zukunft sehr viel Spaß haben. In Dortmund stellen ein formschwacher Akanji und ein Mittelfeldspieler wie Julian Weigl anscheinend bessere Optionen dar. Dass mit Leo Balerdi ein weiterer Innenverteidiger und sogar argentinischer Nationalspieler im Kader steht, dürften die meisten bereits wieder vergessen haben. Warum er überhaupt gekauft wurde, bleibt ein Rätsel. Dass Sancho, der unzufrieden sein soll, auch nach der Saison weg ist, wird immer wahrscheinlicher. Bruun Larsen wird Borussia Dortmund ebenfalls verlassen.

Zorc und Watzke in der Verantwortung

Also was muss passieren? Es müssen wahrscheinlich mindestens ein Innenverteidiger, ein Stürmer, ein dynamischer 8er, zwei Außenverteidiger und zwei Flügelspieler verpflichtet werden. Stand jetzt, rund drei Monate nach dem vermeintlichen Ende des großen Umbruchs. Dazu kommt noch, dass dann höchstwahrscheinlich ein neuer Trainer das ganze koordinieren muss und die Hierarchie innerhalb des Kaders wieder komplett durcheinander ist. Ansprüche und Realität liegen derzeit weit auseinander bei Borussia Dortmund. Das liegt nicht allein an Favre, auch wenn sich das vielleicht so mancher Fan wünscht. Es wäre ja auch nur allzu schön, wenn man alle Probleme mit einer Handlung lösen könnte. Es gibt tiefgreifende Schwierigkeiten beim BVB. Und das seit Jahren. Dafür tragen insbesondere Michael Zorc und Hans-Joachim Watzke die Verantwortung. 

(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Sie haben in den letzten Jahren immer wieder Fehler begangen und kriegen es nicht hin, dass die Mannschaft konstant gut performt. Schon in der letzten Saison unter Klopp gab es offensichtlich Schwierigkeiten im Kadergefüge und am Ende ging der Erfolgstrainer, um einen Umbruch einzuleiten. Bis heute folgten noch mehrere und Konstanz sucht man vergeblich. Mit Matthias Sammer als externen Berater, Sebastian Kehl als Leiter des Lizenzbereichs, diversen Neuzugängen und immer wieder neuen Trainern versuchte man frischen Wind in den Verein zu bringen. Alles vergeblich und großartige Besserung ist nicht in Sicht. 

Watzke und Zorc müssen dringend ihre eigene Arbeit hinterfragen. Der ganze Verein arbeitete zu oft schlecht in der jüngeren Vergangenheit und sie waren es, die hinter jeder Personalie standen und offensichtliche Fehler begingen. An ihnen liegt es, langfristig wieder erfolgreich zu werden und das Potenzial endlich abzurufen. Sie müssen den Klub stabilisieren und ihre Herangehensweise ändern. Wie Watzke schon sagte: „Fußball definiert sich über Ergebnisse“ und das gilt nicht nur für Trainer und Spieler.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Damian Ozako

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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