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Die große Bundesliga-Vorschau (2/6): Dortmund, Bremen und Nürnberg

20. August 2018 | Vorschau | BY 90PLUS Redaktion

Am Freitag, den 24. August startet endlich auch die Bundesliga in die neue Spielzeit. Der amtierende Meister FC Bayern München empfängt zum Auftakt in der heimischen Allianz Arena die TSG 1899 Hoffenheim, vorab liefern wir zu allen 18 Mannschaften die obligatorische ausführliche Vorschau auf die neue Saison. 

 

Im zweiten Teil unserer Vorschau beschäftigen wir uns mit Borussia Dortmund, dem SV Werder Bremen und dem 1. FC Nürnberg! 

Hier geht es zu Teil 1 mit Schalke, Freiburg und Leverkusen!

 

Borussia Dortmund

(letzte Saison: 4. Platz)

Die Borussia steht nach zwei turbulenten Jahren vor einem richtungsweisenden Umbruch. 4 Trainer, 19 Spieler-Zugänge und 24 Spieler-Abgänge stehen beim BVB seit Mai 2017 zu Buche – und dabei wird es nicht bleiben. Die Innenverteidigung und das Mittelfeldzentrum wurden runderneuert – die so wichtige Stürmerposition soll noch folgen. Gleichzeitig versucht der Verein das Verhältnis zu seinen Fans zu kitten und einer von Misserfolgen (und dem Mordanschlag von 2017) verunsicherten Mannschaft wieder zu der Siegermentalität vergangener Jahre zu verhelfen.

Die Transfers des Sommers

Zugänge:  Abdou Diallo (FSV Mainz, 28 Mio.), Thomas Delaney (Werder Bremen, 20 Mio.), Axel Witsel (TJ Quanjian, 20 Mio.), Marius Wolf (Eintracht Frankfurt, 5 Mio.), Marwin Hitz (FC Augsburg, ablösefrei), Eric Oelschlägel (Werder II, ablösefrei), Achraf Hakimi (Real Madrid, Leihe)

Abgänge: André Schürrle (FC Fulham, Leihe), Andriy Yarmolenko (West Ham United, 20 Mio.), Sokratis (FC Arsenal, 16 Mio.), Mikel Merino (Newcastle United, 7 Mio.), Gonzalo Castro (VfB Stuttgart, 5 Mio.), Erik Durm (Huddersfield Town, ablösefrei), Dominik Reimann (Holstein Kiel, ablösefrei), Felix Passlack (Norwich City, Leihe), Roman Weidenfeller (Karriereende)

Mehr Physis, mehr Charakter, mehr Spielkultur

Dem BVB fehlte es letzthin sowohl an schnellen und physisch starken Zentrumsspielern, als auch an einem produktivem Offensivspiel. Während Ersteres mit den Zugängen von Akanji, Diallo, Witsel und Delaney grundsätzlich erledigt sein sollte, dürfte die Re-Installation von präzisen, strukturierten und vor allem intelligenten Angriffs-Abläufen wohl ein längerer Prozess sein. Jedoch hat der Verein mit der Verpflichtung Lucien Favres nicht nur Risikobereitschaft, sondern auch Augenmaß bewiesen: Dortmunds „knuffiger Kauz“ (Kicker) gilt (unter anderem) als Passspiel-Guru und kreativer Taktiker.

Entsprechend groß waren die optischen Verbesserungen, die BVB-Fans während der Vorbereitung unter ihrem neuen Trainer bestaunen durften. So präsentierte sich das Team bislang merklich sortierter im Spiel gegen und merklich handlungsschneller im Spiel mit dem Ball. Auch konnte Dortmunds Neu-Trainer bereits erste Fan-Zweifel an seiner Spielphilosophie ausräumen: Die bisherige Vorliebe, den Ball erst sehr nah am eigenen Tor er-pressen zu lassen, scheint der Schweizer z. B. abgelegt zu haben. Favre muss dennoch zu viele Baustellen (und zu viele neue Bausteine) bewältigen, um bereits euphorisch zu werden. Sein halbfertiger BVB-Kader benötigt Zeit… die er eigentlich gar nicht hat.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

 

Zwischen Geduld und Champions League Ambitionen…

Es steht außer Frage, dass die Borussia ein erneutes Last-Minute-Rennen um die CL-Qualifikation vermeiden muss, um Ruhe in ihr zuletzt unfreundschaftliches Umfeld zu bekommen. Dass das nicht leicht wird, zeigen die letzten Wochen: So hat Michael Zorc gleich zwei Leader fürs Mittelfeld (Delaney/Witsel), einen umworbenen Innenverteidiger (Diallo) sowie eine kluge Back-up Lösung für Urgestein Piszczek (Hakimi) verpflichtet und gleichzeitig für sportlich (bestenfalls) verzichtbare Spieler z.T. stattliche Ablösen erwirtschaftet. Doch ein günstiger 30-Tore-Stürmer mit Entwicklungspotenzial ist noch nicht gefunden – und schon rumort es wieder im BVB-Fanlager. Das einst unerschütterliche Vertrauen in die Urteilsfindung von Watzke & Zorc hat merklich gelitten. Und der Verein muss aufpassen, dass die Gräben nicht zu tief werden. Mehr als ein Spieler (Bürki, Schürrle) beklagte zuletzt, von anhaltenden und aggressiven Schmähungen des eigenen Anhangs durchaus beeindruckt zu sein.

Glücks- und Fehlgriffe wechselten sich in den vergangenen Jahren ab, wenn der BVB auf dem Transfermarkt aktiv wurde. Für jeden Ousmane Dembélé gab es einen Andriy Yarmolenko, für jeden Manuel Akanji einen Sebastian Rode. (Constantin Eckner, Spielverlagerung)

So viel gesunden Respekt wie die Borussia vor den Launen der eigenen Fans hat, hat sie offenkundig auch vor den Launen der Mannschaft. Die Installation von Sebastian Kehl als eine Art CDO (Chief-Disciplinary-Officer; eigene Wortschöpfung) spricht dahingehend Bände. Werte wie Arbeitseinstellung, Zusammenhalt und Identifikation sollen das Tagesgeschäft des Ex-Kapitäns sein. Und in der Tat: Der BVB täte gut daran, wieder mehr Harmonie und Respekt in seinen Arbeitsalltag installieren – sonst bleibt das auf die Binnenbeziehungen gemünzte Vereinsmotto womöglich bald so manchem im Halse stecken. Trägt Favres Arbeit nicht sehr bald Früchte, könnte das schon in Kürze der Fall sein.

Player to watch: Maximilian Philipp

Hier käme eigentlich der halbe BVB-Kader infrage, denn viele Schwarzgelbe könnten (und müssen) unter Favre wieder zu alter Stärke finden. Ein besonderer Fokus liegt dennoch auf dem Ex-Freiburger. Der 24-jährige zählte zu den klügeren Transfers der letzten Jahre und war in der vergangenen Saison trotz langer Verletzung einer der besten Dortmunder Offensivspieler. Unabhängig davon, ob seinem Arbeitgeber noch der Transfer eines (dringend benötigten) Zielstürmers gelingt, wird sehr Vieles davon abhängen, wie „Mili“ sich weiterentwickelt.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Denn während für Witsel oder Delaney im Zweifel Weigl, Şahin, Dahoud, Götze oder Kagawa bereitstehen, ist der BVB im Sturm nur eine Reus-Verletzung oder ein Sancho-Formtief davon entfernt, mit einer sehr dünnen Personaldecke gegen Schalke, Leipzig oder Leverkusen anspielen zu müssen. Grade Philipps Vielseitigkeit könnte also einer der Schlüssel zu einer erfolgreichen Übergangssaison sein.

Die 90PLUS-Saisonprognose

Passt Delaney wirklich zu einem Trainer, der in präzise Ballaktionen vernarrt ist? Ist Witsel wirklich ein Führungsspieler mit Identifikationspotenzial? Ist Wolf wirklich gut genug für den BVB? Bleibt Reus dieses Jahr fit? Ist Götze endlich zurück? Kann Dahoud endlich reifen? Ist die Außenverteidigung wieder nicht gut genug? Wird Zorcs Risikobereitschaft bei der Stürmersuche belohnt? Der BVB ist unglaublicherweise eine noch größere Ansammlung von Fragezeichen, als vor der letzten Saison. Dennoch bietet der derzeit 29-köpfige A-Kader genügend Klasse und taktische Optionen für einen Trainer vom Format Lucien Favres. Es müsste schon Vieles schief laufen, damit der BVB das internationale Geschäft verpasst. Ob es jedoch tatsächlich wieder für Platz 4 reicht, hängt (bei der Größe des Mitbewerberkreises) stark von der Fitness und Entwicklung einiger Schlüsselspieler (Philipp, Reus, Götze, Pulisic) ab.

 

Werder Bremen

(letzte Saison: 11. Platz)

Die Fans des viermaligen deutschen Meisters müssen sich im Herbst seit einigen Jahren wie in einem Deja-Vu vorkommen. Jedes Mal steckt der Verein in unmittelbarer Abstiegsnot und der aktuelle Trainer wird dann durch einen der Trainer aus der eigenen Jugend ersetzt, welchem zunächst Heilsbringer-Status attestiert wird, bevor er dann im nächsten Oktober/November der nächste in dieser Entlassungskette ist. So geschehen bei Viktor Skripnik, so geschehen bei Alexander Nouri – und bei Florian Kohfeldt? 

 

Die Transfers des Sommers

Zugänge: Davy Klaassen (Everton, 13,5 Mio), Yuya Osako (1. FC Köln, 4,5 Mio), Felix Bejimo (Djurgardens, 3 Mio), Martin Harnik (Hannover 96, 2,25 Mio), Stefanos Kapino (Nottingham, 300.000), Jan-Niklas Beste (Borussia Dortmund, 200.000), Kevin Möhwald (1. FC Nürnberg, ablösefrei), Claudio Pizarro (1. FC Köln, ablösefrei)

Abgänge: Thomas Delaney (Borussia Dortmund, 20 Mio), Jerome Gondorf (SC Freiburg, 1,3 Mio), Ulisses Garcia (Young Boys Bern, 800.000), Laszlo Kleinheisler (FC Astana, 750.000), Leon Guwara (Utrecht, 600.000), Sambou Yatabare (Antwerpen, 200.000), Robert Bauer (1. FC Nürnberg, Leihe), Lennart Thy (Erzurumspor, ablösefrei), Justin Eilers (Smyrnis, ablösefrei), Zlatko Junuzovic (RB Salzburg, ablösefrei), Fallou Diagne (Konyaspor, ablösefrei), Niklas Schmidt (Wehen Wiesbaden, Leihe)

 

Historisch schlechter Herbst, historisch guter Frühling

Zugegeben: Die Trennung von Nouri, welcher in der Saison 2016/17 mit wirklich ansehnlichen Offensiv-Fußball fast noch in der Europa League gelandet wäre, war im letzten November wohl absolut notwendig. Wenige Wochen vor Beginn der Adventszeit hatte Werder gerade einmal fünf (!) Punkte gesammelt. Doch schon im zweiten Spiel unter Kohfeldt gelang der erste Dreier (4:0 gegen Hannover). Der erstmalige Sprung weg von den Abstiegsplätzen sollte aber erst nach der Winterpause folgen: Bremen stand vom 2. bis zum 20. Spieltag unter den letzten Drei. Doch eindrucksvolle Auswärtssiege in Dortmund oder auf Schalke (jeweils 1:2) sorgten für eine Wende. Im Kalenderjahr 2018 verlor die Mannschaft nur noch drei (!) Mal, holte alleine in diesem Zeitraum herausragende 27 Punkte. In der Tabelle konnte somit immer weiter geklettert werden, am letzten Spieltag sprangen Kohfeldt und seine Truppe noch auf den elften Rang, was auch gleichzeitig die beste Platzierung in der abgelaufenen Spielzeit war. Eben jenen Platz belegte man ironischerweise auch am ersten Spieltag. Durch die starke Rückrunde konnte zudem die wirklich prekäre Situation aus dem Herbst vergessen gemacht werden, als man tabellarisch sehr nahe beim 1. FC Köln stand. Während die Kölner vergeblich über Wochen auf eine sportliche Wende gehofft hatten, trat diese bei den Bremern auch tatsächlich ein. Wäre dies nicht geschehen, so hätte die Saison durchaus ein fatales Ende nehmen können, wie es eben bei den Kölnern der Fall war. Sind Kohfeldt und seine Männer für diesen Herbst besser gerüstet?

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

 

Qualitative Aufwertung des Kaders

Gleich zwei entscheidende Pfeiler aus dem zentralen Mittelfeld haben Bremen im Sommer den Rücken gekehrt: Mit Zlatko Junuzovic fand man über Monate keine Einigung in den Vertragsverhandlungen, die Trennung deutete sich nach sechs Jahren schon länger an. Den Österreicher zog es im Sommer dann ablösefrei nach Salzburg. Bei Thomas Delaney war das Angebot aus Dortmund indes zu lukrativ, um es ablehnen zu können. Jener Delaney-Betrag wurde von Manager Frank Baumann clever verwendet, um der Kader qualitativ aufzuwerten. Hier ist vor allem die Verpflichtung von Davy Klaassen hervorzuheben. Der Niederländer wechselte noch im letzten Sommer für fast 30 Millionen Euro von Ajax zu Everton, bekam in England allerdings überhaupt kein Bein auf Boden. Klaassen dürfte nach dem Seuchen-Jahr entsprechend motiviert sein, wieder an sein altes Leistungsvermögen anzuknüpfen und eine Rückkehr in die niederländische Nationalmannschaft zu schaffen. Ob er tatsächlich den für die Mannschaft unglaublich wichtigen Delaney ersetzen kann, wird sich erst zeigen. Für den gleichen Mannschaftsteil konnte zudem mit dem ablösefreien Transfer von Kevin Möhwald eine weitere Alternative gewonnen werden.

(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Auch der Angriff erfuhr durch die Nezugänge Yuya Osako und Martin Harnik ein Upgrade. Mit Osako gewinnt der Klub einen vielseitigen Stürmer, welcher in verschiedenen taktischen Szenarien einsetzbar ist. Dem Japaner ging in Köln allerdings häufig die notwendige Effizienz vor dem gegnerischen Gehäuse ab. Diese Qualität konnte man hingegen im letzten Jahr vor allem bei Martin Harnik in Hannover feststellen, welcher mit seinen Toren maßgeblich für den Klassenerhalt der Niedersachsen verantwortlich war. Die Rückkehr „des verlorenen Sohnes“ geschah vor allem zu einem aus Werder-Sicht hervorragenden Preis. Eine emotionale Komponente hatte die Verpflichtung von Vereinslegende Claudio Pizarro: Der erfolgreichste ausländische Stürmer der Bundesliga-Geschichte soll vor allem die jungen Stürmer ein wenig führen und dürfte eine Art Schnittstelle zwischen Trainerteam und erster Mannschaft einnehmen. Weniger hat sich dagegen in der Defensive getan, dort sticht vor allem die Verpflichtung von Talent Felix Bejimo heraus, welcher den seit Jahren gesetzten Theodor Gebre Selassie Druck machen soll. Viel wichtiger als etwaige Neuzugänge sind in diesem Mannschaftsbereich sowieso die Verlängerungen der Stützen Jiri Pavlenka und Ludwig Augustinsson. Pavlenka gehörte bereits in der vergangenen Runde zu den besten Torhütern im deutschen Oberhaus, Augustinsson zog durch eine gute Saison und eine ordentliche Weltmeisterschaft zahlreiche Interessenten an. Hier hat Baumann äußerst vorausschauend und clever agiert.

Insgesamt muss man dem Werder-Manager für diesen Sommer ein gutes Zeugnis ausstellen. Die Verluste von wirklichen Leistungsträgern konnten bis auf die zwei Ausnahmen begrenzt werden, daneben wurden die Einnahmen gut eingesetzt, um die qualitative Breite zu verbessern. Zudem konnte der in den letzten Jahren in der Regel etwas aufgeblähte Kader entschlackt werden, mehrere Spieler ohne realistische Einsatzmöglichkeiten wie z. B. Laszlo Kleinheisler oder Sambou Yatabare finden sich nicht mehr auf der Gehaltsliste wieder.

 

Player to watch: Johannes Eggestein

Dem 20-Jährigen wird schon seit Jahren ein überragendes Potential nachgesagt. Doch während sich sein Bruder Maximilian schon zu seinem integralen Bestandteil des ersten Teams entwickelt hat, wartet der jüngere Eggestein noch auf seinen Durchbruch bei den Profis. Die Konkurrenz im Angriff ist zwar enorm, doch ein Spieler, welcher in der A-Jugend Bundesliga in 26 Spielen 33 Mal traf, sollte die Qualität haben, um auf seine Einsatzzeiten zu kommen. Mit Kohfeldt hat er zudem seinen ehemaligen Förderer als Trainer, welcher um die Qualitäten Eggesteins Bescheid weiß. Der Start in die neue Runde verlief gleich vielversprechend: In der ersten Runde im DFB-Pokal traf der Youngster in Worms als Einwechselspieler und erzielte damit endlich seinen ersten Treffer in einem Pflichtspiel bei den Profis.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

90PLUS-Prognose

Werder kann trotz der Abgänge von Junuzovic und Delaney auf den ersten Blick auf einen gelungenen Sommer zurückblicken. Die Neuzugänge (gerade im offensiven Bereich) erhöhen die taktischen Möglichkeiten Kohfeldts und dürften im Normalfall auch direkt weiterhelfen. Wenn man die Form aus der Rückrunde einigermaßen konservieren kann und ausnahmsweise gut aus den Startlöchern kommt, dann dürften die jährlichen Chaos-Wochen im Herbst in dieser Saison ausbleiben. Die Bremer sind jedenfalls gut genug, um einen einstelligen Platz in der Tabelle zu erreichen. Bei einem günstigen Lauf und der ein oder anderen unerwarteten Konkurrenten-Schwäche (was jedes Jahr vorkommt) könnte man sogar auf die Europa League-Plätze schielen.

 

1.FC Nürnberg

(letzte Saison: Aufstieg in Liga 1)

Der 1. FC Nürnberg ist wieder zurück in der Bundesliga und die Euphorie bei den Franken ist grenzenlos! Nach einer starken Saison in der 2. Bundesliga mit der Einbindung einiger junger Talente war der Aufstieg am Ende hochverdient. Der FCN stellte die zweitbeste Offensive der Liga (61 Treffer) und die beste Defensive (39 Gegentreffer), fuhr am Ende 60 Punkt sein, verlor nur 8 Spiele. Als Aufsteiger geht es für die Franken natürlich nur um den Klassenerhalt, gerade weil man im Transferfenster finanziell nicht den allergrößten Spielraum hatte, sich mit jungen, günstigen Ergänzungen oder Leihen helfen musste. Trainer Michael Köllner, der vor der letzten Saison das Amt des Cheftrainers übernahm, scheint aber der richtige Mann zu sein, um den Club durch diese sehr schwierige und anstrengende Saison zu navigieren. 

 

Die Transfers im Sommer

Zugänge: Christian Mathenia (500.00 EUR, Hamburg), Törles Knöll (ablösefrei, Hamburg), Timothy Tillman (Leihe, FC Bayern), Kevin Goden (ablösefrei, Köln U19), Patric Klandt (ablösefrei, Freiburg), Robert Bauer (Leihe, Werder Bremen), Yuya Kubo (Leihe, KAA Gent)

Abgänge: Miso Brecko, Laszlo Sepsi, Enis Alushi (Vereinslos), Ulisses Garcia, Tobias Werner, Lucas Hufnagel, Marvin Stefaniak (Leihende), Kevin Möhwald (ablösefrei, Bremen), Thorsten Kirschbaum (ablösefrei, Leverkusen)

 

Eingespieltheit über Neuzugänge

Einerseits war der 1. FC Nürnberg auf dem Transfermarkt nicht überaus aktiv, weil die Mittel dazu gefehlt haben. Aber Michael Köllner setzt überdies auf eine eingespielte Elf mit den dazugehörigen Automatismen, die man bereits vor der letzten Saison generiert hat. Die Offensivspieler Tillman und Knöll könnten sich als sehr gute Ergänzungen herausstellen. Tillman zeigte bereits in der Jugend des FC Bayern seine Klasse, könnte vor allem als technisch versierter Rotationsspieler oder Joker in Erscheinung treten. Knöll ist ein abschlussstarker Mittelstürmer, der unbekümmert auftritt und in der Vorbereitung bereits Pluspunkte sammeln konnte.

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Für Michael Köllner ist es wichtig, dass Spieler verpflichtet werden, die in das Gesamtgefüge der Mannschaft passen. Mathenia wurde für das Torhüterteam geholt um den Konkurrenzkampf zu beleben, am Ende hat Bredlow aber den Vorzug erhalten und geht als Nummer 1 in die Saison. Wichtig ist, dass Mathenia sich davon nicht beirren lässt und auf seine Chance lauert, Bredlow permanent unter Druck setzt, allen voran mit guten Trainingsleistungen. Robert Bauer wird vor allem wegen seiner Flexibilität geschätzt, soll Spielpraxis sammeln und wird definitiv auf seine Einsätze kommen.

Der Faktor Yuya Kubo

Bei all der transfertechnischen Zurückhaltung des 1. FC Nürnberg darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Club alles versucht hat um zumindest eine gute Offensivergänzung zu verpflichten. Nach dem Abgang von Kevin Möhwald in Richtung Bremen klaffte hier eine Lücke, ein flexibel einsetzbarer, technisch versierter Spieler mit Abschlussqualitäten wurde gesucht. Und gefunden. Zwar reichten die finanziellen Mittel nicht für einen Kauf, auch weil sich die Belgier aus Gent nicht gerade gesprächsbereit zeigten. Ein Leihgeschäft wurde am Ende vereinbart und die Nürnberger bekamen ihren wohl wichtigsten Neuzugang.

Denn Kubo bringt einiges mit. Er kann als Mittelstürmer und als hängende Spitze agieren, gerade im Dreiermittelfeldzentrum des FCN eine wichtige Rolle einnehmen. Er bringt viele Qualitäten ein, die auch Kevin Möhwald hatte, ist richtig eingesetzt vielleicht sogar noch effizienter. Kubo ist laufstark, technisch sehr gut ausgebildet und in der Lage einen tödlichen Pass zu spielen. Außerdem spricht der Japaner deutsch, weil er langfristig in der Schweiz unter Vertrag stand. Die Vorzeichen stimmen also, Kubo kann zum Königstransfer avancieren.

 

Viele junge Leistungsträger

Schaut man sich den Kader des FCN im Detail an, dann fällt auf, dass viele Stammspieler und Leistungsträger verhältnismäßig jung sind. Das zeigt auch die Philosophie der Franken, den jüngeren Spielern soll die Möglichkeit gegeben werden Spielpraxis auf hohem Niveau zu sammeln. Die Topspieler könnten in Zukunft gutes Geld einbringen, dabei kalkuliert man das Risiko, dass diese Spieler auch einmal Fehler machen, unkonstante Phasen haben, bewusst ein. In der letzten Saison gab es diese Phasen zwar nur ganz selten, allerdings wächst der Druck in Liga 1 natürlich, die Mannschaft sieht sich mit dem Abstiegskampf konfrontiert, das wird auch mental nicht einfach.

(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Stammtorhüter Bredlow ist 23 Jahre alt, Innenverteidiger Lukas Mühl 21, der offensivstarke und zuletzt auch umworbene Linksverteidiger Leibold 24. Eine weitere Stütze in der Defensive, der Mittelfeldspieler Löwen, ist ebenfalls 21, Erras 23, Kerk 24. Der ein oder andere erfahrene Spieler wie Kapitän Behrens sorgt für eine gute Mischung. Ohnehin ist Behrens ein enorm wichtiger Spieler, eine feste Größe im Mittelfeld und ein absoluter Anführer. In der Offensive hakte es zuletzt noch etwas, auch im DFB-Pokalspiel beim SV Linx, das mit 2:1 gewonnen wurde, fehlten die Ideen. Solch ein Spiel gegen eine aufopferungsvoll kämpfende, aber individuell unterlegene Mannschaft, darf aber auch nicht überbewertet werden. Die nächste Runde wurde erreicht, die Liga kann nun kommen.

 

Player to watch: Eduard Löwen

Seit 2016 steht der 21-jährige Mittelfeldspieler beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag, wechselt damals aus Saarbrücken zur 2. Mannschaft der Franken. Seitdem geht seine Entwicklung steil nach oben, Löwen, der mittlerweile auch dreimal für die U21-Nationalmannschaft Deutschlands spielte, verlängerte erst im Juni seinen Vertrag in Nürnberg, ist nun bis 2022 den den Club gebunden. In der abgelaufenen Zweitligasaison entwickelte er sich im Mittelfeld zu einem absoluten Schlüsselspieler, war an neun Treffern direkt beteiligt und wurde auf verschiedenen Positionen eingesetzt.

Löwen spielte häufig in der Innenverteidigung, auf verschiedenen Positionen im zentralen Mittelfeld, wo er am stärksten ist, und kam sogar punktuell auf der Außenbahn zum Einsatz. Mit seinen 21 Jahren kann man ihn bereits als einen kompletten Fußballer bezeichnen, der individuell wohl fast jeden anderen Spieler in diesem Kader überragt. Nun wird es für Löwen darum gehen diese Vorschusslorbeeren aus der letzten Saison in der Bundesliga zu bestätigen. Das Niveau ist höher, der Druck steigt, mit Möhwald ist ein wichtiger Spieler für den Mittelfeldverbund gewechselt. Löwen dürfte also noch mehr im Fokus stehen, alleine weil die Erwartungen ganz andere sind als in der vergangenen Saison. Die Qualität um diese Erwartungen zu bestätigen, hat er aber allemal.

 

90PLUS-Saisonprognose

Wie bereits in der Einleitung erwähnt: Für den 1. FC Nürnberg wird es nur um den Klassenerhalt gehen. Der Club hat einen soliden Kader, der eingespielt ist und auf der ein oder anderen Position durchaus über viel Qualität verfügt, allerdings konnte natürlich nicht in der obersten Schublade eingekauft werden, auch wenn sich gerade die Leihe von Yuya Kubo als großer Gewinn entpuppen könnte. Der FCN muss die Ruhe bewahren, auch wenn man auf den Abstiegsrängen steht, denn Michael Köllner ist ein Fachmann, der zum Verein passt und in der Lage ist das Optimum herauszuholen. Trotzdem, wenn man die Erwartungen nicht komplett übertrifft, wird es eine Saison, in der die Franken wohl bis zum Schluss zittern müssen.


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