Spotlight

Champions League Vorschau | Roma vs Porto – Kopf an Kopf

11. Februar 2019 | Vorschau | BY David Theis

Am Dienstag (21:00 Uhr, DAZN) gastiert der FC Porto beim AS Rom, um das Achtelfinale der Champions League auszutragen. Beide Teams duellierten sich erst 2016 (in der CL-Quali) – mit besserem Ausgang für die Portugiesen (0:3 & 1:1).

Vergleichbare Formkurven – auf dem Papier

Auf Seiten der Römer sind allerdings nur noch 2 Spieler der damaligen Paarung im Kader – bei Porto sind es immerhin 6. Einen Sonderfall stellt in diesem Kontext Roma-Verteidiger Iván Marcano dar: Der spanische Routinier bestritt zwar das letzte Duell – jedoch für den FC Porto.

Die vergangenen Wochen verliefen für beide Kontrahenten nicht gänzlich stolperfrei: Während die Roma eine Bilanz von 6 Siegen, 2 Unentschieden und 2 Niederlagen aus den letzten 10 Spielen (bei wilden 23 zu 17 Toren) vorzuweisen hat, stehen für Porto 6 Siege & 4 Unentschieden zu Buche (18 zu 6 Tore). Das Team von Trainer Sérgio Conceição führt derweil knapp die heimische Liga an – während Eusebio Di Francescos Truppe hart um den Wieder-Einzug in die Königsklasse kämpfen muss. „Harter Kampf“ ist denn auch die perfekte Beschreibung für deren knappes Überwinden der CL-Gruppenphase: 9 Punkte und ein enger zweiter Platz (gegen Gegner wie Pilsen und ZSKA) sind zu wenig für die Ansprüche der Römer. Freilich waren diese schon vor dem letzten Spieltag qualifiziert (was die 1:2 Niederlage gegen Pilsen teilweise erklärt), jedoch fehlte es generell an defensiver Stabilität und Disziplin (man lief in Pilsen mit der „ersten Elf“ auf – und verlor dennoch). Porto dagegen marschierte souverän als Gruppensieger ins Achtelfinale – bekam es dabei jedoch „nur“ mit Schalke, Galatasaray und Lok. Moskau zu tun – die Giallorossi spielten (auch) gegen ein gewisses Real Madrid.

Photo Credit: Paolo Bruno for Getty Images Sport

Roms hart umkämpfte Saison könnte sich jedoch noch als Vorteil erweisen: In der aktuellen Form (zuletzt unter anderem ein 1:7 gegen die Fiorentina) muss Di Francescos Team (auch) auf erfolgsmüde Portugiesen hoffen. Die Roma mag nämlich zuletzt nur 2 Punkte weniger eingespielt haben, als ihr kommender Gegner: Das Erringen besagter Punkte jedoch geschah weniger souverän, als es beim FC Porto der Fall war.

So steht das Team nicht nur unter dem Eindruck des schmachvollen 1:7 Ausscheidens im Pokal: Auch die Partien gegen Milan (ein spielerisch dürftiges 1:1 samt glücklichem Ausgleichstreffer), Atalanta (3:0-Führung gegen den direkten Liga-Konkurrenten verspielt) und Torino (auch hier wurde nach zunächst souveräner Leistung ein 2:0 beinahe verspielt) wirken noch nach. Ihre letzte wirklich souveräne Leistung zeigte die Roma im Jahr 2018 (2:0 gegen Parma). Zuletzt wechselten sich Momente spielerischer Brillanz allzu häufig mit Phasen mangelhafter Konzentration und Disziplin ab. Will die Roma auf der großen Bühne bestehen, muss das (wieder) besser werden.

Souveräner sieht das Bild aus, dass der FC Porto zurzeit abgibt: Nach zuletzt zwei Unentschieden gegen Teams aus dem oberen Tabellenmittelfeld ist der Vorsprung des Tabellenführer zwar auf 4 Punkte geschrumpft (Benfica hat ein Spiel weniger absolviert), doch der amtierende Meister liegt nach gefahrenlos überstandener CL-Gruppenphase und Monaten ohne Liga-Niederlage komplett im Soll. Einzig die angesprochene Fahrlässigkeit scheint derzeit gegen den FC Porto zu sprechen: Konnte man seine letzten beiden Pflichtspiele nicht gewinnen, so lag das vor allem an mangelnder Konsequenz. Denn Conceiçãos Elf verbuchte in beiden Spielen ein drückendes Übergewicht bei Ballbesitz, Passspiel, Zweikämpfen und Torchancen. Um letztere zu verwerten, fehlt es jedoch an etatmäßigen Stürmer – Portos Offensive ist derzeit stark ausgedünnt.

Roma: Angeschlagen ins Duell

(Photo by Paolo Bruno/Getty Images)

Nicht zum Vorteil gereichen wird der Roma ihre derzeitige Personalsituation: Neben Stürmer Patrik Schick (Verletzung des Beinbeugermuskels) fehlen wahrscheinlich auch Stammtorwart Olsen (Wadenverletzung), Diego Perotti (Wadenverletzung) sowie Supertalent Cengiz Ünder (Muskelfaserriss) und Vorjahres-Held Kostas Manolas (chronische Leistenprobleme). Vor allem Letzterer wird schmerzlich vermisst werden: Denn abseits seines Sensationstors aus dem CL-Vorjahr (Rom setzte sich gegen Barca mit 4:4 nach Auswärtstoren durch) ist der Grieche Di Francescos unumstrittener Abwehrchef – und ein dringend benötigter Stabilitätsfaktor, will die Roma ihre Defensivprobleme endlich in den Griff bekommen. Um die wird sich nun Federico Fazio kümmern müssen. Der hochgewachsene Argentinier ist in Manolas‘ Abwesenheit der wichtigste Mann im Defensivverbund – und bei offensiven Standardsituationen; einer der wichtigsten Stärken der Roma.

Die Lupi (nur einer der vielen Spitznamen der Römer) werden ihr Heil also (eigentlich!) in der Offensive suchen müssen. Dort macht sich beim großen Leistungsträger der letzten Jahre aber gerade das Alter bemerkbar: Edin Džeko (Bilanz der letzten beiden Jahre: 59 Torbeteiligungen aus 73 Spielen) hat im laufenden Spieljahr erst 5 Ligatore erzielt. Da Schick (ebenfalls erst 4 Tore) verletzt und kein weiterer Mittelstürmer von Rang und Namen im Kader ist, kommt es also allein auf den Bosnier an. Ohnehin sucht man in den Reihen der Römer vergeblich nach einem Goalgetter. Tempodribbler El Shaarawy steht mit 8 Toren ganz oben auf der Torschützenliste – auf Platz 2 folgt mit Kolarov (6 Treffer) ein Verteidiger (!). Doch die Roma hat diese Schwäche zumindest teilweise zur Stärke gemacht: Bereits 16 verschiedene Spieler trafen in dieser Saison für Di Francescos Team. Vor allem auf dem genannten El Shaarawy und Justin Kluivert ruhen nun die Hoffnungen. Letzterer ist jedoch noch nicht in Rom angekommen. 1 mickriges Tor (3 Vorlagen) und viele Teilzeit-Einsätze sprechen für sich. Doch der Sohn des berühmten Patrick muss nun (wohl) Ünders Kaderplatz ausfüllen – auf der ungeliebten „falschen“ Seite. Kluivert Jr. hat noch viel Zeit – doch das Duell mit Porto dürfte eine erste kleine Reifeprüfung für ihn werden. Sein Coach jedoch dürfte darauf hoffen, dass besagter Ünder noch kurzfristig fit wird.

Taktisch wird die Roma, auch aufgrund der fehlenden Spieler, wohl wenig im Vergleich zur Generalprobe gegen Chievo verändern: Di Francescos Elf trat bislang fast immer in einem 4-2-3-1 auf, das sich bei eigenem Ballbesitz zu einem 4-3-3 verschiebt. Den offensiveren Part im Mittelfeld übernimmt dabei der junge Zaniolo – seine aufsteigende Form ließ (inkl. Tor gegen Milan) in zuletzt gar an Juwel Pellegrini vorbeiziehen. Es wäre jedoch denkbar, dass Letzterer gegen Porto aufgrund seiner größeren Robustheit zum Einsatz kommt. Die Roma wird teamtaktisch (wie gewohnt) auf eine breite Grundformation, Zweikampfhärte, schnelle Steilpässe auf ihre Flügelstürmer sowie Standardsituationen zurückgreifen.

Erwartete Aufstellung: Mirante – Karsdorp , Fazio , Marcano , Kolarov – Zaniolo , N’Zonzi , Cristante – Kluivert , Dzeko , El Shaarawy

Das sagt Marius Soyke (transfermarkt.de)

Als die Partie gelost wurde, dachte ich: „Eigentlich Augenhöhe!“ Allerdings hat die Roma diese Saison mal wieder das typische Roma-Gen… auf gute Spiele folgt gern mal ein Totalausfall. Trainer di Francesco steht ja durchaus alle paar Wochen mal in der Kritik oder vor dem Rauswurf. Zuletzt nach der Pokalblamage gegen Florenz. Deshalb würde ich Porto eigentlich zum Favoriten ernennen, auch wenn in der Offensive wohl die besten Leute verletzt sind.
Bei der Roma galt dies zuletzt zb für Ünder und de Rossi. Ersterer soll wohl sein Comeback feiern. Bringt dem Team offensiv natürlich jede Menge Tempo und Kreativität. de Rossi hingegen wird jetzt wieder eingewechselt und man merkt dann mit ihm, dass das Spiel wesentlich stabiler und geordneter wird. Gerade die IV kommt mit einem ZM N’Zonzi/Cristante nicht so gut zurecht. Fazio ist lange nicht mehr so stark wie die letzten Jahre. Die Roma hat ihre Schwächen definitiv in der Defensive. Gerade wenn das Mittelfeld schnell überspielt wird. Mit einem de Rossi in guter Verfassung gleicht sich da aber vieles aus. Offensiv ist Dzeko ja diese Saison nur in der CL gut in Form. Er kann ein Spiel natürlich entscheiden und wird ein Faktor werden. Den zuletzt stark gehypten Zaniolo erwarte ich eher als Joker. Kann dann in der Schlussphase noch mal Tempo und Dynamik bringen.

Die Defensive ist das Prunkstück

(Photo by MIGUEL RIOPA / AFP)

Die gute Nachricht für Eusebio Di Francesco: Auch die Offensive des FC Porto hat mit Ausfällen zu kämpfen. Dort fehlen Jesús Corona (Sperre) sowie die beiden Topstürmer Aboubakar (Kreuzband) und Marega (Oberschenkelzerrung). Zwar hat der arbeitsame Stoßstürmer Soares sich zu einer guten Vertretung (9 Saisontore in der Liga) des Erstgenannten gemausert, doch gänzlich ersetzen kann er Aboubakar nicht. Zudem fehlen Trainer Conceição die Alternativen: Liefert Soares nicht ab, bleibt nur dessen brasilianischer Landsmann Fernando (bislang 4 Ligatore) – keine gleichwertige Alternative. Das Gleiche gilt für Coronas rechte Außenbahn: Hier ist Otávio die wahrscheinlichste Alternative. Der quirlige Brasilianer hat bereits 6 Vorlagen auf dem Konto, bringt jedoch nicht Coronas Schnelligkeit mit.

Portos Stärke, das verraten schon die obigen Torstatistiken, liegt klar in der Defensive: Mit Danilo hat Sérgio Conceição einen wuchtigen Sechser an der Hand, dessen Spiel entfernt an Reals Casemiro erinnert. Im Abwehrzentrum dominieren die Routiniers Pepe (ja, DER Pepe…) und Felipe in Boden- wie Luftkampf. Gerade Letzteres ist ein spannender Faktor: Denn auch die Roma ist souverän im Kopfballspiel – offensiv wie defensiv. Seine wohl besten Spieler hat Porto jedoch nicht im Abwehrzentrum, sondern auf dessen Flügeln: Éder Militão (21, rechte Seite) darf getrost zu den größten Abwehrtalenten der Welt gezählt werden. Seine sportliche Heimat liegt zwar im Abwehrzentrum, jedoch ist er nicht ganz so kräftig wie Pepe/Felipe. Dafür jedoch ist er schnell und passsicher – und weiß mit starken Leistungen in der „neuen“ Rolle zu gefallen. Sein Pendant auf der Gegenseite steht derweil in der Blüte seines Schaffens: Alex Telles, ebenfalls Brasilianer, erinnert an Alex Sandro (Juve) oder Marcelo (Real). Schnell, kräftig, konditionsstark, gut in der Defensive, aber noch besser in Technik und Offensiv – ein kompletter Außenverteidiger und fraglos ein Kandidat für die ganz großen Vereine.

Für Porto gilt, was auch für die Roma gilt: Auf der Bank wird es dünn. Dafür beherrschen die Portugiesen zwei Spielsysteme: Das 4-4-2 mit flacher 6 (Danilo als Abräumer, der starke Herrera daneben als Box-to-Box 8er) und das offensivere 4-3-3 (mit Óliver Torres als zusätzlicher Kreativabteilung), das man bislang in der Champions League praktizierte. Hierauf wird es auch gegen die Roma wieder hinauslaufen – denn es mangelt (eigentlich) an Stürmern für Conceiçãos Zwei-Spitzen-Formation.

Erwartete Aufstellung: Casillas – Éder Militão, Felipe, Pepe, Alex Telles – Herrera, Danilo Pereira, Óliver – Ótavio, Soares, Brahimi

Das sagt Ligakenner @einfach_sam:

Gegen Porto spricht, dass die Mannschaft im noch so jungen Jahr 2019 ungewöhnlich viel liegen lässt. In den letzten 5 Ligaspielen musste man sich 3 mal mit einem Unentschieden zufrieden geben, was überhaupt nicht typisch für den FC Porto ist. Dann die knappe Niederlage gegen die (glorreichen) Jungs von Sporting im Liga Pokal und das knappe Weiterkommen nach Verlängerung im Taça de Portugal gegen Zweitligist Leixoes. Man kann sagen bei Porto läuft es 2019 noch nicht rund.

Das betrifft vor allem die Offensive. Die Ausfälle von Moussa Marega und Aboubakar sind nur durch Soares schwer zu kompensieren. Womit wir zur Defensive und den Stärken kommen. Felipe und Pepe haben den Laden hinten einfach im Griff. Und das ist in meinen Augen auch die Grundvorraussetzung für die nächste Runde. Meine Prognose. Es wird eine ganz knappe Kiste. Es würde mich nicht wundern wenn wir sogar zwei torarme Unentschieden sehen (müssen). Hält die Defensive von Porto wie gewohnt, sehe ich sie dennoch im Viertelfinale.

Prognose zum Hinspiel:

Roms irre Torbilanz der jungen Vergangenheit dürfte zum Trugschluss werden: Für ein Offensivspektakel fehlt beiden Mannschaften derzeit das Personal, bzw. setzt Porto ohnehin eher auf seriöses Verteidigen. Di Francescos schnelle Außen werden es mit den denkbar schwersten Gegenspielern zu tun bekommen. Daher ist es durchaus denkbar, dass am Dienstag ein abwartendes Duell stattfindet, dessen brenzligste Situationen sich nach einem ruhenden Ball ergeben.

David Theis

War schon ein Fußball-Nerd bevor es Laptops gab. Schläft mit einer Ausgabe von "Der Schlüssel zum Spiel" unterm Kopfkissen. Seit 2017 bei 90PLUS.


Ähnliche Artikel