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Der 1. FC Köln vor dem Aufstieg: Nachdenklich am Ziel

6. Mai 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight |  Als der 1. FC Köln in der Saison 2017/18 als Europapokalteilnehmer abstieg und viele Spieler ihr Vorhaben bekundeten auch in der 2. Liga für den Effzeh zu spielen, war die Euphorie groß. Mit Markus Anfang wurde zudem ein Trainer verpflichtet, der mit Holstein Kiel durch die 2. Liga fegte und für Furore sorgte, dem fast der Durchmarsch gelang.

Kein normaler Zweitligist

Wenn man mit Spielern wie Timo Horn, Jhon Cordoba, Simon Terodde oder Jonas Hector in die 2. Bundesliga starten kann und gleichzeitig noch Spieler wie Drexler, Schaub, Czichos oder Sobiech dazuholt, dann muss man konstatieren, dass der 1. FC Köln kein normaler Zweitligist ist, sondern über den besten Kader der Liga verfügt. Das sorgt nicht nur für eine Favoritenrolle, sondern auch für entsprechende Ansprüche.

Dem 1. FC Köln soll also nicht nur der direkte Wiederaufstieg gelingen, er soll seine Fans auch begeistern, einen Fußball spielen, der dominant ist, der torreich ist, der schön ist und der einen gewissen Wiederekennungswert hat. Dass dies in der 2. Liga keine Selbstverständlichkeit ist und man häufig auch für seine Punkte arbeiten muss, sollte nicht nur der Effzeh, sondern auch der Hamburger SV, der ebenfalls abstieg, schnell feststellen. 

Euphorie, Terodde und der erste Durchhänger

Zum Auftakt gewann der 1. FC Köln mit 2:0 in Bochum, es folgte ein 1:1 Zuhause gegen ein starkes Union Berlin, ehe Simon Terodde ab dem 3. Spieltag beschloss, so richtig für Furore zu sorgen. Vom 3-8. Spieltag erzielte Terodde in 6 Spielen sage und schreibe 12 Treffer, führte den 1. FC Köln – trotz einer zwischenzeitlichen 3:5-Niederlage gegen Paderborn – auf Platz 1 in der Tabelle. Der Grundtenor in Köln war positiv, die Probleme in der Defensive, so dachte man, werden sich schon irgendwann in Luft auflösen, wenn man weiter hart arbeitet. Doch das war nicht der Fall.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Die Euphorie, die man in Köln erlebte, wich erstmals. Nach dem besagten 8. Spieltag folgten vier sieglose Spiele in Folge, darunter das 0:1 beim Hamburger SV, das den Absturz auf Platz 3 bedeutete. Erstmals fand das Team von Markus Anfang über mehrere Spiele hinweg keine Lösungen, wirkte nicht besonders kreativ und verließ sich vielmehr auf die individuelle Klasse. Doch dieser Durchhänger sorgte noch nicht für größere Probleme, denn die Reaktion hatte es mit 5 Siegen in Folge bei 21:2 Toren in sich. Die Schwächephase konnte also auch eine Art Initialzündung sein, so dachte man. Doch das erste Rückrundenspiel, das noch 2018 stattfand, wurde gegen Bochum verloren, mit gemischten Gefühlen ging es in die Winterpause. 

Höhen und Tiefen, kritische Stimmen, Unruhe im Umfeld

Nach der Winterpause wollte der Effzeh sofort angreifen, verlor aber prompt bei Union Berlin. Und auch wenn in der folge viele Spiele gewonnen wurden, einen besonderen Glanz versprühte der 1. FC Köln, der sich auch noch mit Anthony Modeste verstärkte, nicht wirklich. Die Spiele wurden häufig durch die individuelle Klasse gewonnen, ein besonderes Spielsystem war nicht zu erkennen. Und so kam es wenig überraschend, dass es erneut kritische Stimmen rund um die Personalie Markus Anfang gab, die nicht gerade zur Ruhe im Klub beitrugen. Unruhe war ohnehin vorhanden, denn rund um den Modeste-Wechsel gab es einige Ungereimtheiten und Ärger mit dessen Ex-Klub aus China. 

Und auch intern rumorte es. Geschäftsführer Armin Veh beklagte schon im März die Unruhe im Verein, Rücktrittsgerüchte um seine Person kamen auf. Dabei war es auch Veh, der – nicht zum ersten Mal in seiner Karriere – selbst für eine solche Unruhe sorgte. Veh sprach Probleme innerhalb des Vereins an und zeitweise konzentrierte man sich eher auf das Umfeld als auf die Geschehnisse auf dem Platz. 

Anfang-Entlassung, neuer Trainer, Saison zu Ende bringen

In den letzten Wochen verschlechterte sich die sportliche Situation und der 1. FC Köln kann von Glück sagen, dass die Konkurrenz die Angebote der Domstädter nicht nutzte. Das Remis gegen den Hamburger SV war in Ordnung, die Pleiten gegen Dresden und Darmstadt aber inakzeptabel. der 1. FC Köln handelte, entließ Markus Anfang, dem es auch in der Rückrunde nicht gelang die Mannschaft weiterzuentwickeln und installierte Andre Pawlak als Cheftrainer bis zum Saisonende. Es waren nicht die einzelnen Patzer, die Anfang zum Scheitern brachten, sondern vielmehr die Tatsache, dass er die hohen Erwartungen, die man an den Verbund aus Trainer und Kader hatte, nicht erfüllen konnte.

(Photo by Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images)

Und selbst hierbei wäre ihm wohl etwas zugestanden worden, wenn wenigstens eine sukzessive Weiterentwicklung sichtbar gewesen wäre. Doch Köln wirkte in manchen Spielphasen ideenlos, zu hektisch, ließ sich mehrfach auf einen offenen Schlagabtausch ein ohne die Defensive im Griff zu haben. Platz 1 täuscht ein wenig über die Probleme beim 1. FC Köln hinweg, mit denen man in der Bundesliga möglicherweise von Beginn an in akute Nöte geraten könne. Aufgrund der Ergebnisse der Konkurrenz (keiner der Verfolger konnte auch nur einen einzigen Punkt einfahren) reicht dem 1. FC Köln in Fürth am heutigen Abend ein Zähler für den Aufstieg in die Bundesliga. Nach einer Saison, die ordentlich begann, aber nach und nach immer chaotischer wurde, wäre man am Ziel, das man im Sommer ausgab, angelangt.

Vor ungewisser Zukunft – keine idealen Vorzeichen

Dennoch wird es nicht nur Jubelszenen geben, wenn der 1. FC Köln die Rückkehr in die Bundesliga fixiert hat. Es wird auch die Erleichterung sichtbar sein, dass man trotz einiger Widrigkeiten zumindest das Resultat, das sich alle gewünscht haben, eingefahren hat. Gefeiert werden darf und wird ganz sicher, aber die Verantwortlichen des Vereins müssen sich einige Fragen stellen und diese möglichst schnell beantworten. Denn die Wunschvorstellung, dass man mit Anfang durch die 2. Bundesliga fegt, mit einem ein Jahr lang einstudierten System, das sattelfest ist, und individuell guten Spielern in die Bundesliga zurückkehrt und dort gleich entsprechende Ambitionen vertritt, ist nicht eingetroffen. Vielmehr stellt sich die Frage nach dem „was jetzt?“.

Noch steht nämlich nicht fest, welcher Trainer den 1. FC Köln in der kommenden Saison betreuen wird. Das hat zumindest einen Einfluss auf die Kaderplanung, denn jeder Trainer verfügt über eine Wunschausrichtung, ein Wunschsystem und somit auch über Wunschspieler, eine bevorzugte Zusammenstellung des Kaders. Diese Fragen klärt man als Verein immer gerne frühzeitig, um entsprechende Handlungen vorzubereiten, das Scoutingsystem zu Rate zu ziehen und keinen allzu großen Druck zu haben. Zumal es auch Spieler geben wird, bei denen es sich erst nach der Vorbereitung herauskristallisiert, ob sie eine Zukunft beim Verein haben werden.

Doch es ist nicht nur die Zusammenstellung des Kaders, die einen neuen Trainer, der nach dem Aufstieg installiert wird, vor Probleme stellt. Es ist auch die Tatsache, dass er sein System und seine Vorstellungen erst einmal etablieren muss, das vielleicht Zeit benötigt. Der 1. FC Köln muss also gut überlegen, welche Entscheidungen er im Sommer trifft. Denn trifft man die falsche Wahl, könnte man schnell wieder in einer Situation sein, die man vermeiden wollte. Doch erst einmal muss der finale Schritt gegangen werden.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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