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Der „kleine“ Busquets aus Villarreal: Rodrigo Hernandez im Porträt

10. Januar 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

In der Jugend spielte er für Atletico Madrid, im Sommer 2013 wechselte er in die U19 des FC Villarreal. Dort spielte er zwei Jahre, ehe er für die B-Mannschaft eingesetzt wurde. Seit 2016 ist Rodrigo „Rodri“ Hernandez nun Bestandteil der 1. Mannschaft in Villarreal – und beeindruckt durch eine enorme Konstanz. Seine Leistungen sind so gut, dass Atletico Madrid ihn offenbar wieder zurückholen will. Wir stellen den defensiven Mittelfeldspieler vor.

Nicht nur aufgrund seiner Größe von 1,90m erinnert Rodrigo an den 102-fachen spanischen Nationalspieler Sergio Busquets. Auch seine Art Fußball zu spielen und zu verstehen ist dem seit Jahren überragenden Busquets, der zu den absolut besten defensiven Mittelfeldspielern der Welt zählt, nicht unähnlich.

Langsamer und behutsamer Aufbau

Seine erstes Spiel in der Saison 2016/17 absolvierte Rodri im Oktober 2016 gegen Delta Vigo, als er eingewechselt wurde. Man führte ihn langsam an das Niveau der Profis heran, gerade in der Europa League durfte er länger spielen, während er in der Liga eher zum Rotationsmaterial gehörte und die arrivierten Kräfte entlastete. Insgesamt spielte Rodri in seiner ersten Profisaison etwas mehr als 1300 Minuten, ein Wert, den er in der aktuellen Spielzeit schon längst überboten hat: Gut 2000 Minuten stand Rodri bisher auf dem Platz.

(Photo by Fotopress/Getty Images)

Er ist kein Spieler, der sich regelmäßig als Scorer hervortut, sondern er spielt mannschaftdienlich, spult sein Pensum herunter, ohne dabei große Fehler zu produzieren. Mittlerweile ist der 21-jährige unangefochtener Stammspieler, sein Vertag läuft noch bis 2022, wurde zuletzt im Dezember verlängert, wobei auch seine Ausstiegsklausel von zunächst 10 Millionen Euro erheblich angehoben wurde. Dennoch berichtete die „Marca“ Ende des vergangenen Monats, dass Atletico ihn im Sommer zurückholen will und es bereits eine Einigung über einen Transfer mit einer Ablösesumme in Höhe von 25 Millionen Euro für den Sommer geben würde. Bestätigt ist das bisher nicht.

Keine signifikanten Schwächen

Bevor man auf die Stärken den U21-Nationalspielers kommt, zunächst einmal das beeindruckendste: Rodri hat keine sichtbaren Schwächen! Er gehört sicherlich nicht zu den schnellsten Spielern, bringt sich aber auch einfach nicht in Situationen, in denen er eine gewisse Schnelligkeit unbedingt benötigen würde. Er spielt so clever, antizipiert gefährliche Situationen, löst viel mit seinem guten Auge. Auch hier erkennt man wieder Parallelen zu Busquets, auch wenn ein Vergleich mit einem solch überragenden Spieler zum jetzigen Zeitpunkt nur zu Ungunsten des Youngsters ausfallen kann.

(Photo by Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)

Für einen defensiven Mittelfeldspeler ist Rodri sehr fair, begeht im Schnitt nicht einmal 2 Fouls pro Spiel (Quelle: Whoscored). Und selbst wenn er foult, ist es zumeist notwendig und clever, zum Beispiel bei gefährlichen Umschaltsituationen des Gegners. Seine Gegenspieler kommen nur selten an ihm vorbei, er weiß seinen großen Körper gut einzusetzen und ist sehr stark im Kopfballspiel und wenn es darum geht, gegnerische Abschlüsse oder Flanken zu blocken. Er antizipiert häufig nicht nur das Spiel, sondern auch den Bewegungsablauf seines direkten Gegenspielers.

Passsicher, stark im Tackling

Doch Rodri besitzt nicht nur die Fähigkeit das Spiel zu lesen und Kopfbälle zu gewinnen. Er ist überdies extrem stark im Tackling, sein Timing ist beeindruckend und er ist immer in der Lage einen gewonnen Ball schnell und zielsicher zu einem Mitspieler zu passen. Der 21-jährige spielt im Schnitt 67 Pässe pro Spiel, über 90 % davon kommen an. Der tödliche Pass ist nur selten dabei, aber die extreme Genauigkeit gibt der gesamten Mannschaft Sicherheit. Jeder weiß, dass er auf der sicheren Seite ist, wenn er Rodri anspielt, denn er kann das Risiko sehr gut abwägen, weiß ganz genau, wann er einen „unsicheren“ Pass spielen kann, der das Team nicht in Bedrängnis bringt.

Die Statistiken wurden in seinem Karriereverlauf immer besser, die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Der nächste Schritt könnte die A-Nationalmannschaft sein, auch wenn die Konkurrenz im Mittelfeldzentrum sehr groß ist. Gerade nach der Weltmeisterschaft im Sommer besteht für Rodri eine gute Chance. Denn: Busquets wird nicht jünger, zudem steht im defensiven Bereich sonst nur Illarramendi im Aufgebot, während Koke, Thiago, Saul und Iniesta (der ohnehin auch nicht mehr lange für die Spanier spielt) offensiver eingesetzt werden.

Mögliche Rolle bei Atletico

Natürlich könnte Rodri auch noch 1-2 Jahre bei Villarreal bleiben, denn die Voraussetzungen bei den submarinos amarillos sind keinesfalls schlecht. Der 39-jährige Trainer Javier Calleja, der im Sommer übernahm, hinterlässt einen guten Eindruck, steht mit dem Team auf Platz 6 und es sieht durchaus so aus, als würde die Qualifikation für den Europapokal wieder gelingen. Zudem ist die Mannschaft mit Spielern wie Fornals, Trigueros, Bacca, Castillejo oder Victor Ruiz sehr gut besetzt. Trotzdem muss sich Rodri mit dem Interesse von Atletico beschäftigen. Und das hat mehrere Gründe.

(Photo by Alex Caparros/Getty Images)

Einerseits zeigt Rodri schon jetzt Leistungen auf einem extrem hohen Niveau ohne eine signifikante Konstanzdelle gehabt zu haben, andererseits kommt er für Atletico Madrid genau zum richtigen Zeitpunkt. Der Vertrag von Gabi läuft nur noch bis 2019, der Kapitän ist mittlerweile 34 Jahre alt und soll behutsam ersetzt werden. Zudem dürfte Augusto Fernandez (31) den Verein verlassen, auch bei Thomas Partey ist ein Verbleib nicht gesichert. Koke ist etwas offensiver ausgerichtet, Saul Niguez spielt unter Diego Simeone ohnehin deutlich offensiver. Im Sommer 2018 wäre also Platz für Rodri da.

Und: Er hätte keinen übergroßen Druck, denn Gabi steht noch ein Jahr zur Verfügung und die Mannschaft ist schon jetzt homogen zusammengestellt, was den Einstand erleichtern dürfte. Rodrigo Hernandez könnte das fehlende Puzzleteil sein, das dem Atletico-Mittelfeld über Jahre hinweg die nötige Balance verleiht. Dazu ist sein Qualitätsspektrum derart vielseitig, dass er unabhängig der Zukunft von Trainer Simeone zu den „Rojiblancos“ passen würde, denn er vereint Kampf, Technik, Ballsicherheit und im Endeffekt auch eine gewisse Eleganz. Wie Busquets eben. Nur noch nicht so lange.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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