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Der Überflieger aus Bordeaux: Malcom im Porträt

3. Dezember 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Im Januar 2016 verpflichtete die Girondins aus Bordeaux den jungen Brasilianer Malcom für 5 Millionen Euro von den Corinthians aus Sao Paulo. Knapp 2 Jahre später ist klar, dass dieser Transfer ein absolutes Schnäppchen war. Malcom, mittlerweile 20, ist einer der interessantesten Offensivspieler in Europa und dürfte entsprechend heiß begehrt sein. Doch was macht diesen Spieler so besonders?

Geboren und aufgewachsen ist der Offensivspieler in Sao Paulo, absolvierte seine Jugendzeit bereits bei den Corinthians, ehe er 2014 in die erste Mannschaft befördert wurde, sich sofort einen Namen machte. Schon früh in seiner Karriere wurden erste Erfolge gefeiert, 2015 wurde er Meister mit seinem Klub, wurde überdies Vizeweltmeister mit der U20-Nationalmannschaft.

 

Akklimatisierung in Frankreich

Für junge Spieler aus Südamerika ist es immer wichtig, dass sie in ein möglichst homogenes Umfeld kommen, wenn sie den Schritt nach Europa wagen. Viele Spieler wechseln deswegen aufgrund der kulturellen und sprachlichen Ähnlichkeit nach Spanien oder vor allem Portugal. Malcom entschied sich für den Wechsel nach Frankreich, zu Trainer Willy Sagnol, der damals bei der Girondins im Amt war, zwei Monate später aber bereits entlassen wurde. Die Rückrunde der Saison 2015/16 war nicht einfach für Malcom, doch er kam bereits auf seine Einsätze.

(Photo by JEFF PACHOUD/AFP/Getty Images)

In 13 Pflichtspielen war er an 3 Treffern beteiligt, insgesamt spielte er aber nicht einmal 600 Minuten, wurde weitgehend als Joker eingesetzt. Als im Sommer 2016 Jocelyn Gourvennec als neuer Trainer installiert wurde, sollte sich die Situation von Malcom auch verbessern. Er absolvierte eine gute Vorbereitung im Sommer, kannte die Mannschaft, hatte sich in der neuen Umgebung eingelebt und hatte das Ziel durchzustarten.

 

Formanstieg und konstante Entwicklung

Gourvennec schaffte ein System, in dem sich Malcom wohlfühlte. Der Flügelspieler wurde auf der rechten Außenbahn eingesetzt und überzeugte auf Anhieb. Im Auftaktspiel gegen St. Etienne erzielte der Brasilianer seinen ersten Saisontreffer, wenige Wochen später war er gegen den damaligen Tabellenführer aus Lyon maßgeblich am Sieg beteiligt. Malcom legte körperlich zu, das Selbstvertrauen stieg und er war aus der ersten Mannschaft nicht mehr wegzudenken.

(Photo by CHARLY TRIBALLEAU/AFP/Getty Images)

Die gute Saison der Girondins, die im Endeffekt Platz 6 bedeutete, und vor allem die gute Entwicklung von Malcom sorgten dafür, dass einige Topklubs den Brasilianer zumindest in das Blickfeld aufnahmen. Gerade bei jungen Flügelspielern müssen potenzielle Interessenten schnell sein und früh Kontakt herstellen, denn diese Spieler sind besonders begehrt und der Markt gibt nicht viel her. Auch für den FC Bayern lohnt es sich, gerade im Hinblick auf die „Robbery“-Problematik, frühzeitig auf Spieler wie Malcom oder auch Justin Kluivert zu schauen. Die Konkurrenz auf dem internationalen Markt ist groß.

 

2017? Die nächste Steigerung

Nach 9 Toren und 7 Vorlagen in der vergangenen Saison legte Malcom noch einmal zu. Zwar hat der Verein einige Probleme, steht in einer sehr ausgeglichenen Liga eher im unteren Mittelfeld (11. Platz, 20 Punkte), aber der Offensivstar geht seinen Weg unbeirrt weiter, ist mitunter Alleinunterhalter in der Offensive, schießt teils irre Tore, wie am vergangenen Freitag bei der Niederlage in Dijon. 

(Photo by JEFF PACHOUD/AFP/Getty Images)

Es spricht für den Charakter des 20-jährigen, aber bestätigt auch seine Entwicklung, dass er auch in einer instabileren Mannschaft zu Höchstleistungen fähig ist, das Offensivspiel mitunter alleine trägt. Der Vertrag von Malcom wurde im September erst verlängert, läuft nun bis 2021. Über eine Ausstiegsklausel ist nichts bekannt, aber ein frühzeitiger Abgang ist nicht ausgeschlossen, gerade wenn die Stagnation der Girondins nicht aufzuhalten ist. Möglichkeiten dürfte er jedenfalls genügend haben.

 

Überragender Abschluss, gutes Dribbling

Zu den Stärken von Malcom gehört definitiv der Abschluss, vor allem aus der Distanz. 5 Tore und 4 Vorlagen in 14 Spielen in der laufenden Saison sprechen eine klare Sprache. Malcom verfügt über einen extrem guten linken Fuß, mit dem er hart und präzise abschließen kann. Seine Geschwindigkeit ist gut, die Ballführung in vielen Fällen sehr eng und sicher. Der Antritt ist stark, die Flanken mit links sind brandgefährlich, die Übersicht für den besser positionierten Mitspieler hat er in vielen Situationen.

(Photo by NICOLAS TUCAT/AFP/Getty Images)

Zudem ist er ein Instinktfußballer, weiß gerade in Drucksituationen gut, wie er eben jene lösen muss. Mit 20 Jahren bereits der Star in einer Traditionsmannschaft wie Bordeaux zu sein und mit diesem enormen Druck so gut umzugehen, ist außerdem ein wichtiger Punkt. Der Schritt nach Frankreich war der richtige, die Entwicklung ist so verlaufen, wie es sich Spieler und Klub vorgestellt haben. Doch auch er muss noch an vielen Dingen arbeiten.

Der rechte Fuß fällt beispielsweise gegenüber dem linken noch deutlich ab, hier wird er im Passspiel mitunter ungenau, Flanken sind nicht so präzise, gleiches gilt für den Abschluss. Die Defensivarbeit ist solide, auch hier muss er sich aber im Laufe der kommenden Jahre noch etwas steigern. Für den nächsten Schritt in der Spielerentwicklung wäre ein Wechsel im Sommer, spätestens aber 2019 sinnvoll. Sollte Bordeaux, wonach es derzeit aussieht, das internationale Geschäft verpassen, wird man sich im Umfeld des Spielers aber wohl definitiv Gedanken machen. Bestätigt er seine Leistungen, so kann er sich bis dahin für die Topklubs in Europa empfehlen.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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