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Die Enttäuschung als Chance

23. Mai 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Borussia Mönchengladbach, Schalke 04 und Bayer Leverkusen haben viele Dinge gemeinsam. Zum Beispiel gehören alle drei Klubs zum Inventar der Bundesliga. Sie alle waren in den letzten Jahren häufig international vertreten und haben auch in der Zukunft das Ziel im Europapokal für Furore zu sorgen. In der abgelaufenen Saison verpassten alle drei den Einzug in das internationale Geschäft. Doch das muss für die zukünftige Entwicklung nicht negativ sein. Was muss sich ändern, welche Entscheidungen müssen getroffen werden?

Vielleicht war es eine falsche Entscheidung zu viel. Vielleicht fehlen die letzten Schritte in der Weiterentwicklung und vielleicht hat man sich sogar etwas zu sehr auf dem nationalen Standing ausgeruht. Die Gründe für die derzeit auftretenden Probleme bei gleich drei potenziellen Topteams der Bundesliga sind vielschichtig. Klar ist auch, dass die Konkurrenz keinesfalls schläft.

Kontinuierliche Arbeit zahlt sich aus

Die Erfolge unter anderem von Hoffenheim, Freiburg, der konstant international platzierten Hertha und Köln zeigen, dass es möglich ist auch ohne die großen Ausgaben und ohne namhafte Transfers in Richtung des internationalen Geschäftes vorzustoßen. Während die Hoffenheimer Julian Nagelsmann noch früher als geplant ins kalte Wasser geworfen haben und damit ein – sicher kalkuliertes – Risiko eingingen, sind Köln und Freiburg Beispiele für Kontinuität. Die Hoffenheimer änderten ihre Ausrichtung, stabilisierten die Defensive, passten die taktischen Vorgaben an die individuellen Stärken der Spieler an und verstärkten sich clever. Es wurden die Spielertypen und Fähigkeiten im Kader dazugeholt, die bisher fehlten.

(Photo by AMELIE QUERFURTH/AFP/Getty Images)

In Freiburg treibt Christian Streich bereits seit Dezember 2011 eine permanente Weiterentwicklung voran. Er riskierte bei seiner Amtsübernahme das Einbinden zahlreicher junger Spieler, die er allerdings als A-Jugend-Trainer bestens kannte. Als Nachfolger von Marcus Sorg ging er einen neuen, innovativen Weg, ließ einen sehr laufintensiven und umschaltstarken Fußball spielen und hatte damit Erfolg. Selbst der zwischenzeitliche Abstieg wurde weggesteckt. In Köln hingegen spielt vor allem ein Duo eine Rolle. Peter Stöger und Jörg Schmadtke sind ein herausragend funktionierendes Gespann. Die Transfers sind durchdacht, die Außendarstellung ist nicht zu kritisieren und bei all der Euphorie, die in Köln traditionsgemäß recht früh herrscht, ist es umso beeindruckender, dass die Mannschaft die Ruhe bewahrt und sich im Endeffekt verdient direkt für die Europa League qualifiziert hat.

In diese Sphären wollen auch wieder die Teams aus Schalke, Mönchengladbach und Leverkusen vorstoßen. Bei allen drei Mannschaften stehen im Sommer teils weitreichende Veränderungen auf dem Programm. Köln, Hoffenheim, vielleicht Freiburg und auch die Hertha müssen ihren Kader auf Europapokalniveau hieven, dürfen aber unter der Woche die Spiele genießen. Doch genau hierbei entsteht eine Chance für die großen Namen. Schalke, Leverkusen und Gladbach – alle drei Teams können sich in der nächsten Saison Woche für Woche in Ruhe auf einen Gegner einstellen. Den Stress haben die Anderen. Vielleicht ist es genau das Umfeld, was es zu einem Umbruch, einer Umstrukturierung oder einer fälligen Weiterentwicklung benötigt.

Schalke – Umbruch ohne Unruhe

Die Situation auf Schalke ist, wieder einmal, kompliziert. Die Aufbruchstimmung, die das Duo Heidel/Weinzierl erzeugte, verflog bereits schnell. 5 Niederlagen in Folge zu Saisonbeginn waren ein katastrophaler Start. Dieser Negativserie liefen die Königsblauen im Endeffekt die ganze Saison hinterher. Am Ende fehlten zu Platz 7 „nur“ fünf Punkte. Den Schalker Verantwortlichen fällt es schwer, ein klares Saisonfazit zu formulieren. Und das ist es auch. Es war nicht alles schlecht, aber eben auch viel zu wenig gut. Die Ansprüche auf Schalke sind höher als das, was die Mannschaft abgeliefert hat.

Abgesehen vom Saisonstart spielten natürlich auch zahlreiche Verletzungen eine Rolle. Neuzugang Coke, der aus Sevilla kam, riss sich früh das Kreuzband und konnte erst in der Rückrunde mithelfen. Der erfahrene Rechtsverteidiger sollte mithelfen die Mannschaft zu führen und seine internationale Klasse in den Defensivverbund einbringen. Auch Abdul Rahman Baba und Breel Embolo konnten zusammen nicht einmal 2000 Minuten für die Königsblauen auflaufen. Kleinere und größere Blessuren, Ausfälle von Schöpf, Choupo-Moting, Huntelaar, Di Santo, Naldo und co. kamen hinzu, teilweise fehlte ein Großteil der Offensivabteilung, Markus Weinzierl musste die Mannschaft permanent umbauen, fand keinen Rhythmus.

Die Probleme des Markus Weinzierl

Markus Weinzierl stellte schnell fest, dass es einen Unterschied gibt, ob man in Augsburg oder auf Schalke Trainer ist. In Augsburg konnte er ohne den großen Druck arbeiten, vor allem eine Strategie wählen, die den Außenseiter, und das war der FCA häufig, begünstigt. Auf Schalke sah er sich plötzlich oftmals in der Favoritenrolle, musste neben guten Resultaten auch noch unterhaltsamen Fußball spielen lassen. Das Selbstverständnis, das es dazu benötigt, kam aber gar nicht erst auf. Es wäre von elementarer Bedeutung gewesen, dass sich zu Saisonbeginn eine Mannschaft einspielen kann, die den Vorstellungen Weinzierls entspricht. Doch nach und nach brachen die dafür vorgesehenen Spieler weg.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Weinzierl erkannte womöglich zu spät, dass er mit der von ihm anvisierten Dreierkette nicht mehr weiterkommt. Die Änderung hin zur Viererkette war aber auch nicht die endgültige Lösung. Schalkes Hauptproblem war die Konstanz. Viele junge Spieler mussten Rollen übernehmen, die sie (noch) nicht ausfüllen konnten. Natürlich war es auch eine Chance für Spieler wie Kehrer oder Avdijaj, aber gerade der vielversprechende Nachwuchsstürmer fehlte ebenfalls in vielen Phasen verletzungsbedingt. Besonders im Tagesgeschäft Bundesliga zeigte sich, dass Schalke einer größeren Fehlerkette zum Opfer fiel, an der eben auch Weinzierl beteiligt war. Die Leistungen in der Europa League waren weitgehend gut, das Ausscheiden im Endeffekt insbesondere durch das schwache Hinspiel in Amsterdam zu erklären. Weinzierl weiß, dass er auch sich selbst hinterfragen muss.

Was muss Schalke tun?

In erster Linie muss der Umbruch auf Schalke mit einer gnadenlosen Konsequenz durchgezogen werden. Spieler, die nicht in jedem Training mit voller Motivation dabei sind und auf dem Platz durch mangelnde Konstanz auffallen, müssen hinterfragt werden. Schalke verliert mit Kolasinac, Huntelaar, Aogo, Riether, Wellenreuther, Neumann und höchstwahrscheinlich Choupo-Moting sieben Spieler ablösefrei, ein Abgang von Max Meyer ist außerdem möglich. Schalke muss ein klares Konzept ausarbeiten, nach dem Spieler verpflichtet werden. Bentaleb und Konoplyanka werden fest verpflichtet, McKennie, Wright und wohl auch der junge Hemmerich werden zumindest teilweise mit den Profis trainieren. Sam, Platte, Giefer und Reese kehren vorerst planmäßig von ihren Leihgeschäften zurück, wie man mit ihnen weiter verfährt, ist unklar.

Der ein oder andere Euro ist definitiv noch vorhanden und Christian Heidel bewies schon in Mainz, dass er ein Händchen für gute Transfers hat. Zudem kann Schalke Spieler wie Coke und vor allem Embolo als Neuzugänge betrachten. Der Schweizer kann nach jetzigem Stand die gesamte Vorbereitung absolvieren und könnte schnell in seinen Rhythmus finden. Außerdem stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Leihe von Baba verlängert werden könnte. Auch mit Stafylidis als Kolasinac-Ersatz soll bereits gesprochen worden sein. Schalke 04 ist auch ohne den Europapokal in der Lage, vielversprechende Spieler zu locken. Auch das vorhandene Personal, allen voran Spieler wie Schöpf, Kehrer oder Avdijaj können den nächsten Entwicklungsschritt gehen.

Auf Christian Heidel und Markus Weinzierl kommt ein arbeitsintensiver Sommer zu. Es werden viele Gespräche geführt werden müssen und es sollten frühzeitig Transfers getätigt werden. Die Mannschaft muss in dieser Saison die Chance haben, sich so früh wie möglich zu finden. Weinzierl weiß genau, dass eine weitere derartige Saison, eine weitere Berg- und Talfahrt, nicht mehr mit dieser Ruhe hingenommen wird. Zwar äußerten die Fans teilweise ihren Unmut, wirkten punktuell sogar teilnahmslos, aber der große Krach auf Schalke blieb aus. Damit das so bleibt, muss jeder im Verein die bestmögliche Arbeit verrichten.

Der Faktor Goretzka

Abschließend geht es natürlich noch um Leon Goretzka. Die Verantwortlichen der Schalker teilten mit, dass Goretzka war das Gesicht des Umbruches sein soll, sagten aber ebenfalls, dass es noch keine intensiven Gespräche bezüglich einer Vertragsverlängerung gab. Der FC Bayern soll interessiert sein, bereits Kontakt mit dem Berater aufgenommen haben. Der Rekordmeister hält sich bedeckt, respektiert den Vertrag des Mittelfeldakteurs.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Derzeit lautet die Tendenz Wechsel 2018, was zumindest eine gewisse Gefahr für Schalke bedeutet, wie wir bereits vor Wochen berichteten. Schalke muss dafür sorgen, dass die Faktenlage rund um Goretzka so schnell wie möglich geklärt ist. Permanente Wasserstandsmeldungen, täglich neue Gerüchte und eine dadurch entstehende Unruhe wären absolut tödlich für die Schalker.

Leverkusen – Abgänge und neue Ausrichtung?

Platz 12 in der Endtabelle, kurzzeitige Abstiegssorgen, blamables Pokalaus. Auch auf die Verantwortlichen von Bayer 04 Leverkusen kommt in der Sommerpause viel Arbeit zu, Ruhe und Erholung wird es nicht lange geben. Dabei begann die Saison für Bayer doch ganz ordentlich. Mit Volland, Dragovic und Baumgartlinger wurde der Kader punktuell verstärkt, die Abgänge, unter anderem von Kramer und Öztunali hielten sich verhältnismäßig in Grenzen. Roger Schmidt hatte viel vor, wollte seinen Spielstil optimieren und in der Bundesliga angreifen. Der Saisonstart mit 10 Punkten aus 6 Spielen verlief nicht ideal, aber immerhin gab es in der Champions League in der Vorrunde Highlights, man gewann zum Beispiel bei Tottenham mit 1:0.

(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Dem gegenüber stand aber das Pokalaus in Lotte, die fehlende Konstanz in der Liga und immer wiederkehrende Defensivschwierigkeiten, die auch mit Schmidts riskantem Pressing zu tun hatten. Häufig bemängelte man an Roger Schmidt seine Sturheit, die Tatsache, dass er sein System als alternativlos ansah. Manche Bemerkungen des Trainers machten Fans und Medien stutzig, beispielsweise, dass man auf dem richtigen Weg sei, nicht so vieles schlecht war, nach einem 2:6 in Dortmund. Die Trennung im März erschien folgerichtig, kam für viele sogar zu spät.

Das Kapitel Tayfun Korkut

Rudi Völler hat vieles für Bayer 04 Leverkusen geleistet. Er durchlebte mit dem Verein Höhen und Tiefen und war sowohl für das Eine, als auch für das Andere mitverantwortlich. Seine Entscheidungen stießen nicht immer auf pures Verständnis, aber es zeichnete ihn aus, dass er dazu stand. Doch bei einer Entscheidung waren sich fast alle einig. Tayfun Korkut zu verpflichten, einen Trainer, der vorher nicht gerade mit herausragenden Erfolgen aufgefallen ist, und für ihn auch noch eine Ablösesumme zu bezahlen – das war nur schwer zu erklären.

Mit Korkut hielt man zwar im Endeffekt die Klasse und feierte dies auch, aber der Tenor bei seiner Verpflichtung war ein anderer. Man sollte noch einmal die europäischen Plätze angreifen. Dieses Unterfangen scheiterte kläglich. Auch fußballerisch entwickelte sich die Mannschaft nicht weiter. Zwar wurde ein anderer Stil eingeführt, aber eine Stabilisierung der Defensive oder eine Entwicklung hin zu einer ruhigen, kontrollierteren Spielweise fand nicht statt. 2 Siege seit Anfang März, das war die ernüchternde Bilanz der Leverkusener unter Korkut. Ein Missverständnis, das im Sommer bereits korrigiert wird.

Die Trainersuche

Der Druck, der auf Völler, Schade & co.lastet, ist hoch. Der nächste Schuss muss sitzen, das wissen alle Beteiligten. Dementsprechend muss die Entscheidung in Ruhe, mit der nötigen Cleverness getroffen werden. Leverkusen muss sich klar sein, was es will. Die Ausrichtung des Vereins muss intern besprochen werden. Geht man den Weg mit den jungen, aufstrebenden Henrichs, Havertz, Brandt, Volland weiter? Welcher Trainer eignet sich um die jungen Spieler zu entwickeln? Diese Fragen muss man sich vorab stellen. Rudi Völler betonte neulich im „Aktuellen Sportstudio“, dass man sich Zeit lassen wolle. Aber nicht zu viel Zeit, denn der neue Trainer muss in die Entscheidungen bezüglich des Kaders eingebunden sein, die Mannschaft und vor allem den Verein kennenlernen.

(Photo by Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

Zurzeit drängt auf jeden Fall nichts nach außen. Es gab noch keine konkreten Gerüchte, mit wem sich Bayer Leverkusen unterhält, wen der Verein auf der Liste hat. Es fielen zwar vereinzelt Namen, das waren aber lediglich Spekulationen der Medien. Ein Frank de Boer wurde genannt, auch um Thomas Tuchel wurde eine Geschichte konstruiert. Vor allem zwischenmenschlich muss es passen, Rudi Völler ist nicht immer ein einfacher Typ, gerne auch mal aufbrausend. Einen Hinweis gab er allerdings: Der neue Coach muss der deutschen Sprache mächtig sein. Das grenzt die Auswahl aber nur bedingt ein.

Umstrukturierung im Kader

Der Kader von Bayer wird auch einer Bestandsaufnahme unterzogen. Hakan Calhanoglu, zuletzt ein halbes Jahr wegen Vertragsbruches gesperrt, soll mit einem Wechsel liebäugeln. Auch Stürmer Chicharito, der in dieser Spielzeit mitunter etwas lustlos wirkte, scheint ein Kandidat für einen Wechsel zu sein. Zudem gibt es Fragezeichen bei Bellarabi und Kießling. Rudi Völler deutete an, dass der Kader ohne Teilnahme am internationalen Wettbewerb eher ausgedünnt wird. Bernd Leno wird umworben, auch Julian Brandt steht auf der Liste zahlreicher Teams, aber diese Spieler gibt man in Leverkusen nur ungern ab. Im Defensivzentrum geht bereits Toprak, Dominik Kohr wurde für das zentrale Mittelfeld aus Augsburg zurückgeholt.

Dass die jungen Spieler bei Leverkusen durchaus in der Lage sind Verantwortung zu übernehmen, zeigte vor allem Kai Havertz. Der 17-jährige lieferte trotz Abistress gute Leistungen, ließ durch seine Unbekümmertheit den Druck nicht an sich heran und steuerte starke 11 Scorerpunkte bei. Er könnte eines der Gesichter der Bayer-Elf der kommenden Jahre werden. Mit dem Geld aus weiteren Verkäufen könnte zusätzlich für eine homogene Mischung gesorgt werden. Ein ausgewogener Kader ist extrem wichtig, die Hierarchie muss stimmen. Zudem muss man unabhängiger von Kapitän Lars Bender werden, die Führungsstruktur optimieren. Der 28-jährige spielte aufgrund von zahlreichen Verletzungen in dieser Saison nur knapp über 800 Minuten für die Werkself. Es gibt also viele Dinge zu beachten.

Gladbach – An den Stellschrauben drehen

Die Saison 2015/16 begann für die Borussia denkbar schlecht. Eine Negativserie zum Auftakt, der Rücktritt von Lucien Favre und die schnelle, aus der Not geborene Beförderung von Andre Schubert zum Cheftrainer. Die turbulenten Wochen zu Beginn gerieten schnell in Vergessenheit. Schubert entwickelte eine gewisse Euphorie, die Mannschaft legte eine Siegesserie hin, hielt mit den großen Namen in der Königsklasse mit und qualifizierte sich am Ende wieder für die Champions League. In Gladbach glaubt man vielleicht, dass es so weitergehen würde. Doch das war ein Trugschluss.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Unter Schubert zeigte sich bereits in der Rückrunde der Saison 2015/16, dass es einige Dinge gibt, die weiter optimiert werden müssen. Das favresche Defensivkonstrukt, basierend auf Kontrolle, cleverem Verschieben und einer optimalen Eingespieltheit wurde auseinandergerissen. Schubert rotierte zu viel in der Abwehr, zerstörte gewisse Automatismen und musste sich bereits hier vereinzelt Kritik gefallen lassen. Eberl & co. verpassten zudem, den Kader nach den Abgängen von Xhaka und Nordtveit auf der Königsposition im defensiven Mittelfeld entsprechend zu verstärken. Die Problematik im zentralen Mittelfeld, die wir vor einigen Wochen analysierten, zeigte sich schnell.

Kontinuierliche Abwärtsspirale, logische Lösung

In der laufenden Saison hatte die Mannschaft der Borussia Probleme. Im Angriff fehlte weiterhin ein Spielertyp, der mit hoher Effizienz glänzt. Josip Drmic konnte die Erwartungen auch aufgrund von zahlreichen Blessuren und Verletzungen nicht erfüllen, die Kaderplanung war insgesamt nicht ganz optimal. Neben dem Mittelfeldzentrum fehlte auch eine weitere Alternative zu Drmic. Raffael, Hahn, Stindl, Hazard – all diese Spieler zeichnen andere Qualitäten aus. Vor dem Tor agierte man zu umständlich, die wiederkehrende Rotation der Defensive sorgte zudem für Mängel in der Balance. Gladbach taumelte in die untere Tabellenhälfte, ließ zudem viel Kraft in der Champions League liegen, belohnte sich aber dort nicht für engagierte Leistungen.

Der Trainerwechsel hin zu Dieter Hecking war ein Wechsel ohne großes Risiko. Hecking ist sicherlich kein Typ, der eine Mannschaft über Jahre hinweg entwickeln kann, sondern jemand, der vor allem wieder für eine klare Struktur sorgt, Fehler erkennt und diese auszulöschen versucht. Die Bilanz von Hecking ist zumindest ordentlich. Manche sagen, dass die Borussia mehr Risiko, mehr Innovation bei der Besetzung des Trainerpostens hätte zeigen können, aber zum Zeitpunkt der Schubert-Entlassung waren wohl nur wenige bis keine Kandidaten verfügbar, die in dieses Muster passten.

Saisonziel knapp verfehlt

Gladbach spielte in der Rückrunde mitunter sehr ordentlichen Fußball. Auch die Borussia hatte mit Verletzungen zu kämpfen, zudem natürlich die Doppelbelastung mit der Europa League. Das Halbfinale im DFB-Pokal zu erreichen war absolut in Ordnung, das Ausscheiden im Europapokal gegen Schalke unglücklich. Positiv in Erinnerung bleibt vor allem das Spiel in Florenz, als man Charakter zeigte und einen Rückstand noch umbiegen konnte. In der Liga hatte die Borussia mehrfach die Chance auf den internationalen Zug aufzuspringen, im Endeffekt gelang das nicht.

(Photo by Sascha Steinbach/Bongarts/Getty Images)

Max Eberl betonte häufiger, dass Gladbach durchaus in der Lage ist, eine Saison ohne internationalen Wettbewerb problemlos zu überstehen. Das ist wahrscheinlich auch der Fall, aber eine Qualifikation für die Europa League hätte bei einer etwaigen, jetzt unwahrscheinlichen Leihverlängerung von Christensen sicher positive Auswirkungen gehabt. Auch bei potenziellen Neuzugängen muss man sich nun vielleicht noch etwas kreativer umsehen. Immerhin scheint mit Grifo ein sehr flexibler Offensivmann zu kommen, der noch dazu sehr günstig zu haben ist.

Den Kader optimieren

In diesem Sommer geht es jetzt für die Borussia aus Mönchengladbach darum, den Kader so gut es geht zu optimieren. Unter anderem Andre Hahn, aber auch Spieler wie Korb, vielleicht auch Strobl könnten den Verein verlassen. Im Mittelfeldzentrum wird man mindestens noch einen Spieler verpflichten, abhängig davon, ob man Benes in der kommenden Saison schon eine tragende Rolle zutrauen wird. Ein Torjäger ist außerdem Pflicht. Auch die Rolle von Christensen muss wieder ausgefüllt werden, Winterneuzugang Kolodziejczak konnte bisher noch nicht überzeugen.

Die Borussia hat definitiv noch einiges an finanziellen Mitteln zur Verfügung. Max Eberl betonte, dass es „Unsinn“ sei, dass man 40 Millionen ausgeben werde. Transfers der Größenordnung Grifo (5 Millionen Ablöse) scheinen daher wahrscheinlicher zu sein. Ein Ersatz für Dahoud muss allerdings Priorität genießen. Grundsätzlich ist es wichtig im zentralen Mittelfeld mehr fußballerische, spielerische Klasse zu implementieren. Die Grundlage, die Basis der Gladbacher ist durchaus ansprechend. Es darf nur nicht erneut passieren, dass man Problemstellen außer Acht lässt. Das wird die größte Aufgabe für Hecking und Eberl in diesem Sommer sein.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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