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Die etwas andere Karriere: Benficas Jonas im Porträt

23. September 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Die Karriere des 33-jährigen Angreifers Jonas Goncalves Oliveira ist vor allem eines: ungewöhnlich. Der in Bebedouro geborene Angreifer hat einiges erlebt, Höhen und Tiefen, bekam kuriose Auszeichnungen verliehen und scheint mittlerweile sein Glück gefunden zu haben. Bei Benfica funktioniert der Brasilianer sehr gut und ist ein essenzieller Bestandteil des Teams. Das war so nicht abzusehen. 

Jonas kam erst relativ spät zum Profifußball, wurde nicht in einer Akademie ausgebildet, ging auch nicht den frühen Schritt nach Europa. Mit 19 Jahren erst begann er seine Karriere bei Guarani FC, offenbarte dabei Schwächen in athletischer und taktischer Hinsicht, trotzdem waren Anlagen erkennbar. Der Schritt zum FC Santos sollte für ihn eine erste Bestätigung der eigenen Fähigkeiten gewesen sein, dorthin wechselte er 2006.

(Photo by PATRICIA DE MELO MOREIRA/AFP/Getty Images)

Wechsel, Leihe, kuriose Auszeichnung

Mit dem FC Santos gewann er die Staatsmeisterschaft in Sao Paulo, ehe er wegen einer Knieverletzung 6 Monate pausieren musste. In Santos ging es für ihn nicht weiter und so wechselte Jonas zu Gremio Porto Alegre, wo er für vier Jahre unterschrieb. Auch hier waren seine Defizite weiterhin erkennbar, zeitweise gehörter er nicht zum Kader, weil die Qualität offenbar nicht ausreichte. Gremio verlieh Jonas zu Portugiese, wo ihm in 25 Ligaspielen 10 Tore gelangen, was eine ordentliche Ausbeute war.

Ohnehin war der Spieler treffsicher, auch für Gremio erzielte er insgesamt 45 Treffer in 81 Ligaspielen, die ihm im Endeffekt den Wechsel nach Europa ermöglichten. Nach Ende des Leihgeschäftes kehrte er gestärkt und mit mehr Selbstvertrauen zu Gremio zurück, zeigte sich besser als zuvor und wurde Stammspieler. Im Rahmen der Copa Libertadores 2009 lieferte Jonas ein sehr unglückliches Spiel ab, als er gegen Boyaca Chico FC gleich drei riesengroße Torchancen hintereinander vergab. Daraufhin wurde Jonas von der spanischen Zeitung „Mundo Deportivo“ zum schlechtesten Stürmer der Welt gekürt.

Die Zeit beim FC Valencia

Diese Vorzeichen kannte man auch beim FC Valencia. Trotzdem verpflichtete man den Spieler 2011 für nur 1,25 Millionen Euro, ging also kein großes Risiko bei diesem Transfer ein. Im Gegenteil, gleich im ersten Spiel traf der Brasilianer beim 2:1-Sieg gegen Athletic Bilbao zum Endstand und trug somit maßgeblich zum Sieg bei. Insgesamt war seine Debütsaison fantastisch, Valencia setzte ihn sehr geschickt ein, seine athletischen Probleme bestanden nicht mehr, taktisch hatte Jonas deutlich aufgeholt und mittlerweile waren seine Leistungen auch durchweg konstant.

Banega und Topal respektive Tino Costa spielten im Mittelfeldzentrum, Soldado im Angriffszentrum. Genau zwischen diesen Spielern bewegte sich Jonas als eine Art hängende Spitze mit vielen Freiräumen und der Möglichkeit zu Vorstößen. Gleichzeitig konnte er sich die Bälle auch einmal aus der Tiefe holen, Räume schaffen und sogar auf den Flügel ausweichen. Diese Freiheiten in einer funktionierenden Mannschaft hatten in der ersten Saison 19 Tore und 12 Vorlagen zur Folge, bei 54 Pflichtspieleinsätzen. Jonas war ein Dauerbrenner, der quasi immer zumindest eingewechselt wurde.

(Photo by JOSE JORDAN/AFP/Getty Images)

Auch in der zweiten Saison konnte er diese Leistungen abrufen. 49 Pflichtspiele, 19 Tore und 6 Vorlagen – Jonas war ein guter Offensivspieler, der zwar nicht irgendetwas außergewöhnliches ausstrahlte, aber immer gefährlich war und der Mannschaft jederzeit weiterhelfen konnte. Ändern sollte sich das in der Saison 2013/14, als der Stürmer größere Probleme mit seiner Konstanz hatte, auf weniger Einsätze kam, Druck von Paco Alcacer verspürte und nach einem guten Saisonbeginn weniger zustande brachte als zuvor. 11 Tore und 1 Vorlage in 40 Spielen waren zwar nicht schlecht, allerdings erzielte er am 21. Spieltag seinen letzten Ligatreffer, danach begann eine Durststrecke.

Wechsel zu Benfica

Die Entwicklungen gingen eher in Richtung Abschied, sowohl der Verein als auch Jonas wollten eine Veränderung. Und so kündigte der Spieler im September 2014 seinen Vertrag und schloss sich einige Tage später Benfica an. Das Spiel in der portugiesischen Liga kam Jonas sofort entgegen. Er benötigte keine Zeit um sich zu akklimatisieren sondern war gleich bei seinem Debüt im Oktober erfolgreich. Benfica dominierte fast jedes Spiel, ein abschlussstarker Stürmer profitiert natürlich davon. Trainer Jorge Jesus wollte unbedingt einen solchen Spielertypen, wenn dieser dann auch noch nach der Transferphase ablösefrei zu haben ist, muss man zuschlagen.

Die Erfolgsgeschichte begann. Die Saison 14/15 wurde von Jonas mit 31 Toren und 8 Vorlagen in 35 Spielen abgeschlossen. In einer Offensive mit Lima, Gaitan, Salvio und Talisca fühlte sich Jonas pudelwohl, der Rechtsfuß sammelte Titel, darunter zweimal die Meisterschaft in der Primeira Liga. Die Zahlen blieben gut, 2015/16 schoss Jonas 36 Tore und bereitete 18 vor (48 Spiele), in der abgelaufenen Saison musste er längerfristig aufgrund einer Knöchelverletzung pausieren, dennoch schoss er 18 Tore und legte 6 weitere auf, bei 28 Spielen. Die Saisonvorbereitung verlief gut, Jonas ging topfit in die laufende Saison.

Die derzeitige Form? Überragend!

In der laufenden Saison geht im Prinzip alles so weiter wie bisher. 9 Pflichtspiele sind absolviert, Jonas erzielte 8 Tore und bereitete zwei weitere vor, ist Stammspieler und läuft häufig mit einem ebenso abschlussorientierten Mitroglou auf. Der Vertrag des Brasilianers läuft noch bis 2019, seine Ausstiegsklausel liegt bei 20 Millionen Euro. Ein Wechsel ist nicht denkbar, eine Vertragsverlängerung zum jetzigen Zeitpunkt aber auch nicht.

(Photo by MIGUEL RIOPA/AFP/Getty Images)

Klar ist, dass der Spieler in Portugal seine beste Zeit erlebt und als portugiesischsprachiger Spieler fühlt man sich dort ohnehin sehr wohl. Was im Endeffekt mit seinem Vertrag passiert, wird man wohl in der letzten Saison sehen. Nach Ablauf des derzeitigen Kontrakts ist Jonas 35, denkt vielleicht ans Aufhören. Zum jetzigen Zeitpunkt denkt er jedenfalls nicht daran. Er will mit Benfica Titel sammeln und seine Sammlung noch etwas erweitern. Und er will natürlich treffen. So viel wie möglich. Auch als ehemals schlechtester Stürmer der Welt.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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