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Die halbe Bundesliga 19/20 mit neuem Trainer: Das verändert sich, das kann passieren

16. April 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight | Das Niveau in der Bundesliga ist nicht erst seit dieser Saison ein Thema, das diskutiert werden muss und auch bereits diskutiert wird. International erkannte man in dieser Saison einige Probleme, mit Eintracht Frankfurt ist nur noch ein Team im Europapokal vertreten. Einige Klubs haben sich in der laufenden Saison dazu entschieden, den Trainer zu wechseln, andere wiederum wollen zur kommenden Saison einen Tapetenwechsel vornehmen. Was kann sich tun, wer sitzt fest im Sattel?

Kreativität statt Schema A

Auffällig ist, dass in der Bundesliga, wenn es zu Trainerwechseln kommt, häufig sofort die Kandidaten gehandelt wurden, die woanders gescheitert sind oder bei ihren letzten Stationen zumindest Defizite zu verzeichnen hatten. Es ist kein Zufall, dass Trainer wie Norbert Meier, Tayfun Korkut oder Thomas Doll immer wieder einen neuen Job erhalten. Die Vereine, so scheint es, scheuen das Risiko. Und wenn das Risiko eingegangen wird, einen neuen, jungen, modernen Trainer zu installieren, dann fehlt häufig die Geduld. Nun ist Fußball immer auch ein Ergebnissport und in lange anhaltenden Krisensituationen sind die Vereine – siehe Schalke 04 bei Domenico Tedesco – gut beraten etwas zu verändern und der Trainer ist häufig der erste, der gehen muss, aber man handelt sich als Verein auch schnell den Ruf ein, dass man schnell am Trainerstuhl sägt. Unser Redakteur Manuel Behlert forderte bereits vor kurzem, dass mehr Kreativität bei der Besetzung der Trainerposition herrschen soll.

Nun ist eine solche Forderung schnell formuliert, die Umsetzung hängt aber von vielen Faktoren ab. Eine solche Lösung muss von allen Verantwortlichen getragen werden, zudem noch verfügbar und auf einer Wellenlänge mit den Entscheidungsträgern sein. Das ist nicht einfach, aber die Bundesliga scheint in Teilen bereits zu liefern. Denn bei den Trainerstellen, die zuletzt fix besetzt wurden, tauchten eben nicht nur die altbekannten Namen auf. Doch werfen wir einen Blick auf die Saison 2019/20.

Fest im Sattel: Streich, Favre & co.

Einige Trainer sitzen garantiert fest im Sattel. Zu nennen wäre dabei vor allem Christian Streich, der beim SC Freiburg mittlerweile eine Institution ist. Streich baut viele junge Spieler ein, fördert diese und versucht einen aggressiven, schnellen und laufintensiven Fußball zu spielen – was nicht immer gelingt. Dennoch holt Streich aus begrenzten Mitteln einiges heraus. Fest im Sattel sollte auch Sandro Schwarz sitzen, der mit einer jungen Mainzer Mannschaft die Klasse hält und einen Schritt nach vorne machen konnte, auch wenn die Saison auch einige Schwächephasen hatte. Noch beeindruckender war die Leistung von Friedhelm Funkel, der schon am 29. Spieltag rechnerisch mit Fortuna Düsseldorf den Klassenerhalt feiern durfte. Als Aufsteiger!

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Auch in Bremen ist man sehr zufrieden mit der Entwicklung unter Florian Kohfeldt. Er lässt modernen, sehr flexiblen Fußball spielen, besitzt eine Mischung aus jungen und aus erfahrenen Spielern und ist erst am Anfang seiner Trainerlaufbahn. Eine gute erste Saison erlebte auch Lucien Favre mit Borussia Dortmund. Ja, das Pokalaus kam für die eigenen Ansprüche zu früh, in der Liga musste man eine schwächere Phase überstehen, hat aber noch immer alle Chancen auf den Titel. Adi Hütter, Trainer von Eintracht Frankfurt, hat seinerseits mit der SGE die ganz große Chance sogar in die Champions League zu kommen – und die Europa League vielleicht sogar zu gewinnen! Fester im Sattel sitzen kann man eigentlich nicht.

Hier könnte sich etwas tun: Dardai, Weinzierl – und Kovac?

Während Peter Bosz, der seine Aufgabe bei Bayer 04 Leverkusen als Nachfolger von Heiko Herrlich erst im Winter begann, trotz schwankender Leistungen noch recht sicher in seinem Job ist, gibt es einige Wackelkandidaten. Dass Thomas Doll bei Hannover 96, das so gut wie abgestiegen ist, noch eine Zukunft hat, darf bezweifelt werden. Auch ist weiterhin offen, wie der 1. FC Nürnberg – unabhängig der Ligazugehörigkeit – mit Boris Schommers verfährt. Die Ansätze sind da, im Klub scheint man zufrieden zu sein, die Zeichen stehen auf Verbleib. Offiziell kommuniziert ist aber noch nichts. Brisanter ist die Lage derzeit anderswo, beispielsweise in Stuttgart und Berlin.

(Photo by Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images)

Der VfB Stuttgart steht derzeit auf dem Relegationsplatz, eine Trennung von Markus Weinzierl scheint in der laufenden Spielzeit sehr unwahrscheinlich. Thomas Hitzlsperger stärkte dem Trainer zuletzt den Rücken, doch was passiert, wenn der VfB in die Relegation muss oder gar direkt absteigt, weiß man nicht. Einen Abstieg dürfte Weinzierl nicht überstehen, soviel steht wohl fest. Und auch sonst liest sich die Bilanz des Trainers sehr ernüchternd.

Bei Hertha BSC deutet sich außerdem eine Veränderung an. Zuletzt wurde berichtet, dass der Hauptstadtklub für den Sommer nach einem neuen Trainer sucht. Die ernüchternden Ergebnisse der letzten Wochen und die fehlende Konstanz in der Gesamtentwicklung sind dabei ausschlaggebend. Entschieden ist noch nichts, aber die Zeichen stehen auf Abschied. Und dann ist da noch Niko Kovac. Der Trainer des FC Bayern steht seit geraumer Zeit in der Kritik, wäre im Herbst wohl schon beinahe entlassen worden. Uli Hoeneß stärkte ihm den Rücken, Karl-Heinz Rummenigge teilte mit, dass man „mit dem Druck umgehen“ müsse und in der restlichen Saison das Double das angestrebte Ziel ist. Gelingt das, dann dürfte Kovac wohl weitermachen. Wenn man gar titellos bliebt, brennt in München ohnehin der Baum…

Schreuder, Rose & co.: Neuanfang mit neuen Gesichtern

Spannend wird es in der Bundesliga allemal, auch weil, rechnet man den FC Augsburg mit, gleich sechs Mannschaften definitiv einen neuen Trainer verpflichten werden. Die Augsburger handelten erst kürzlich und trennten sich vor dem 29. Spieltag von Manuel Baum, installierten Martin Schmidt, der prompt in Frankfurt gewann. Schmidt will einen offensiveren Spielstil implementieren und wird die Mannschaft im Sommer nach seinen Vorstellungen verändern. Der Klassenerhalt scheint nach dem Sieg in Frankfurt durchaus sehr realistisch zu sein, den Schwung will und muss man dann mit in die neue Saison nehmen. Relativ einfach ist die Situation bei RB Leipzig. Schon früh kristallisierte sich heraus, dass Julian Nagelsmann den Job als Nachfolger von Ralf Rangnick übernehmen wird. Nagelsmann erlebt gerade mit der TSG Hoffenheim eine Hochphase und führt den Klub möglicherweise noch in den Europapokal, ist also keinesfalls als „lame duck“ einzuordnen. Auf den ersten Blick passt dieses riesengroße Trainertalent jedenfalls sehr gut zu den Ambitionen von RB.

(Photo by Ronny Hartmann/Bongarts/Getty Images)

Wenn Julian Nagelsmann die TSG Hoffenheim verlässt, dann ist es nur logisch, dass die Kraichgauer einen neuen Coach verpflichten müssen. Lange baggerte die TSG an Marco Rose, im Endeffekt verpflichtet man aber recht überraschend Alfred Schreuder. Der Niederländer, der eine TSG-Vergangenheit besitzt, ist gegenwärtig Co-Trainer von Erik ten Hag bei Ajax Amsterdam und gilt als absoluter Fachmann. Schreuder soll in Hoffenheim das Werk von Nagelsmann fortführen, die Mannschaft weiterentwickeln. Den begehrten Marco Rose sicherte sich hingegen Borussia Mönchengladbach – und zwar als man gut postiert in der Tabelle zumindest etwas überraschend bekannt gab, dass man sich im Sommer von Dieter Hecking trennen wird. Rose, der in Salzburg großartige Arbeit leistet, dürfte für den von Max Eberl angesprochenen Neuanfang stehen und ähnlich wie schon in Salzburg eine junge, spielfreudige und -starke Mannschaft aufbauen.

Übrig bleiben noch zwei Mannschaften, der VfL Wolfsburg und Schalke 04. Während die „Wölfe“ wie die „Königsblauen“ auch zu den Interessenten für Marco Rose gehörten, hat man im Gegensatz zu den Schalkern derzeit einen klaren Plan auf der Trainerposition, zumindest kommuniziert man diesen nach Außen. Auch Wolfsburg scheint eine kreative Lösung zu forcieren, befindet sich Medienberichten zufolge in Gesprächen mit Oliver Glasner (LASK) und Andre Villas-Boas (zuletzt unter anderem Chelsea, Zenit, Shanghai). Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen, die Gespräche befinden sich aber auf der Zielgeraden, ließ Jörg Schmadtke zuletzt verlauten. Auf Schalke tappt man derzeit im Dunkeln, zumindest dringt nichts nach Außen. Roger Schmidt sagte ab, Huub Stevens wird keinesfalls weitermachen, Bruno Labbadia, derzeit noch in Wolfsburg tätig, wurde lose mit dem Klub in Verbindung gebracht. Eine zeitnahe Entscheidung deutete sich dort momentan nicht an.

Fazit: Neue Gesichter, neuer Schwung?

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Tendenz schon in eine richtige Richtung zu gehen scheint. Die Bundesligavereine wissen, dass sie finanziell nicht mit den großen Klubs aus dem Ausland mithalten können, deswegen müssen neue Wege her – auch auf der Trainerposition. Mit Alfred Schreuder, Marco Rose und dem neuen Trainer des VfL Wolfsburg, sofern es einer der beiden Topkandidaten wird, begrüßt die Bundesliga gleich drei neue Gesichter in der kommenden Saison, die durchaus vielversprechend sind/wären. Je nachdem wen der FC Schalke 04 noch präsentiert und welche Entwicklungen es unter anderem in Berlin gibt, könnte die Bundesliga einen Qualitätsschub erlangen. Zumindest wenn die Vereine die Geduld behalten und den neuen Gesichtern auch die nötige Zeit zugestehen um Veränderungen durchzuführen..

Manuel Behlert

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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