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Ein Rückblick: David Moyes bei United – wie aus dem „Chosen One“ der „Wrong One“ wurde

13. Mai 2014 | Spotlight | BY Marius Merck

David Moyes wurde am 22.04.2014 bei Manchester United entlassen. Er hatte zur Saison 2013/2014 das Erbe von Sir Alex Ferguson angetreten, der den Klub von 1986 bis 2013 betreut hatte und dabei u. a. der Rekordmeister Englands wurde und 1999 das Triple holte. Sein letzter Meistertitel wurde paradoxerweise am 22.04.2013 bei einem 3:0 Sieg gegen Aston Villa vorzeitig perfekt gemacht. Am 08.05.2013 ließ Sir Alex die große Bombe platzen: am Saisonende ist nach über 26 Jahren Schluss! Neben den unzähligen Titeln stand bereits eine goldene Statue des Schotten vor dem Old Trafford und zu seinem 25jährigen Jubiläum war sogar eine Tribüne des Stadions nach ihm benannt worden. Wer immer dieses Erbe antreten sollte, würde das größte Trainererbe der modernen Fußballepoche antreten.

Im Sommer 2013 fand ein Trainerstuhlrücken statt, wie es der internationale Fußball selten gesehen hatte, u. a. besetzten außer United Vereine wie Bayern München, Real Madrid, Barcelona, Chelsea, Manchester City oder Paris ihre Trainerposten neu. Die bekanntesten Namen des internationalen Trainermarktes wurden von den Medien natürlich auch bei United gehandelt. Die Wahl fiel bereits einen Tag nach dem Rücktritt von Sir Alex auf einen weniger bekannten Coach: David Moyes verkündete am 09.05. seinen Abschied nach 11 Jahren bei Everton um das Sir Alex´ Erbe anzutreten. Ferguson persönlich hatte sich bei der Nachfolgersuche für den Schotten eingesetzt.

Die Wahl war schon damals für viele überraschend. David Moyes wurde zwar eine gute Arbeit bei Everton attestiert, allerdings hatte er keinen Titel vorzuweisen, außer einem Aufstieg in die First Divison mit Preston North End aus dem Jahr 2000. Nichts desto Trotz wurde er schon in den letzten Jahren von Ferguson bei United öfter als möglicher Nachfolger gehandelt, vor allem weil er bei Everton ähnlich wie Ferguson bei United für Fleiß und Kontinuität stand. Moyes wurde mit einem Sechsjahresvertrag ausgestattet und sollte eine neue Epoche bei United prägen.

Nicht einmal ein ganzes Jahr später ist diese Liaison bereits zu Ende. Wie es zu diesem schnellen Ende kam, soll im folgenden Teil chronologisch aufgezeigt werden.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

05.07.2013: David Moyes beginnt als Trainer bei Manchester United

„Willkommen zur ersten Trainervorstellung, die Manchester United seit 26 Jahren halten wird.“

So wird die erste PK von David Moyes eröffnet. Kapitän Nemanja Vidic sitzt neben ihm. Moyes sagt als erstes, das er „sich unglaublich privilegiert fühle“ und „Sir Alex sehr dankbar sei“. Er erzählt, wie Sir Alex ihn über seinen Rücktritt bereits eine Woche vorher informierte und ihm darauf gar keine Wahl zu lassen: „You are the next Manchester United manager.“

Weiter gibt es von Moyes gleich mal eine klare Ansage in Sachen Wayne Rooney, der sich mit Ferguson zerstritten hatte und von den Medien mit Chelsea in Verbindung gebracht wird: „Wayne steht nicht zum Verkauf! Er bleibt ein Manchester United Spieler!

Auf die Frage, ob Man Utd eine Rückkehr von Cristiano Ronaldo planen würde, antwortet der Schotte trocken, dass „der Verein immer an den besten Spielern interessiert sei.“

Es wird weiter bekannt gegeben, dass Jimmy Lumdsen, Chris Wood und Phil Neville Moyes´ Co-Trainer werden. Rene Meulensteen, der jahrelang als Co-Trainer unter Ferguson arbeitete, wurde ebenfalls gefragt, lehnte dies jedoch ab. Mit Ryan Giggs steht ebenfalls ein noch aktiver Spieler im Trainerteam. Der frisch zurückgetretene Paul Scholes lehnt eine Zusammenarbeit mit der neuen Staff (vorerst) ab um endlich Zeit mit seiner Familie verbringen zu können.

Eine weitere wichtige Veränderung im Verein ist der Abgang vom Vorstandsvorsitzenden David Gill. Dieser Posten wird durch den vormaligen Vizepräsident Edward „Ed“ Woodward besetzt, welcher die Glazer-Familie bei der Übernahme von United als Anlageberater beriet. Diese warben Woodward daraufhin von J. P. Morgan ab und gaben ihm einen Stelle im Finanzbereich bei United, wo sich Woodward bis 2013 primär um Werbeeinnahmen und Marketing kümmerte. In seinen neunen Aufgabenbereich fällt auch das Verpflichten von neuen Spielern.

Mit der Ankündigung von Moyes, dass es „bei diesem Verein nur um Trophäen gehe und er viele davon gewinnen möchte“, wird die PK beendet. Die Resonanz auf seinen ersten Auftritt von den britischen Medien ist durch die Reihe positiv.

13.07.2013: Singha All-Stars – Manchester United 1:0

Manchester United ist auf seiner alljährlichen Pre-Season-Tour in Asien unterwegs und bestreitet das Spiel gegen eine Auswahl der thailändischen Liga. Das Spiel geht mit 1:0 verloren. United kann sich gegen diese Auswahl kaum Torchancen erspielen. Obwohl man die Aussagekraft von Testspielen in der Frühphase der Vorbereitung nicht zu hoch hängen soll (vor allem unter tropischen Bedingungen bei über 40 Grad), wirkt der Auftritt blamabel. Die Startaufstellung im ersten Spiel unter Moyes: Amos – Fabio, Ferdinand, Evans, Buttner – Januzaj, Cleverley, Carrick, Anderson, Giggs – Welbeck.

In den Medien herrscht Einigkeit, dass der Transfer von Thiago Alcantara zu United beschlossene Sache sei.

09.08.2013: Manchester United – FC Sevilla 1:3 (Rio Ferdinand Testimonial)

Rio Ferdinands zehnjährige Vereinzugehörigkeit wird mit einem Testspiel gegen den FC Sevilla zelebriert. Knapp 40.000 Fans kommen an diesem Abend zu Moyes´ Heimpremiere im Theatre of Dreams und sehen einen völlig verdienten Sieg des FC Sevilla. Moyes deklarierte das Spiel als einen Test für das anstehende Ligapokal-Finale gegen Wigan Athletic. Der Kader hat bis dahin außer Wilfried Zaha (welcher jedoch noch von Sir Alex perfekt gemacht wurde) noch keine Verstärkung erfahren.

In den Medien wird mittlerweile am häufigsten über eine Verpflichtung von Cesc Fabregas für die schwache Mittelfeldzentrale spekuliert, nachdem Thiago Alcantara sich dem FC Bayern angeschlossen hat (Pep: „Thiago oder nix!“). In den sozialen Netzwerken wird der neue Geschäftsführer Ed Woodward bereits von den Fans verspottet (#whereisEd ?). Jose Mourinho wirbt weiter intensiv um Rooney, nachdem Moyes kund getan hat, dass man „Rooney brauche, falls sich Van Persie verletzt.“ Diese Aussage wird im Lager des englischen Stürmers mit wenig Begeisterung aufgenommen.

11.08.2013: Manchester United – Wigan Athletic 2:0 (FA Community Shield)

David Moyes gewinnt in Wembley seinen ersten Titel als Trainer. Durch einen Doppelpack von Robin Van Persie kann der Pokalsieger Wigan in einem durchwachsenden Spiel mit 2:0 besiegt werden. Moyes widmet diesen Titel Sir Alex: „Es war sein Team, dass mit 15 Punkten Vorsprung Meister wurde.“ Besonders Neuzugang Wilfried Zaha bekommt gute Kritiken, verletzt sich jedoch in diesem Spiel.

Auf dem Transfermarkt wird United weiter mit Fabregas in Verbindung gebracht. Auch Marouane Fellaini von Moyes Ex-Klub Everton ist im Gespräch, was jedoch von den meisten Medien als unrealistisch betitelt wird, da bei ihm eine Ausstiegsklausel am 31.07. abgelaufen ist und man für ihn nun deutlich mehr bezahlen müsse.

17.08.2013: Swansea City – Manchester United 1:4 (Premier League)

Ein gelungener Saisonauftakt in der Premier League. Bei den spielstarken Walisern hat der amtierende Meister gleich eine schwere Aufgabe zu bewältigen und löst diese mit Bravour. Obwohl Swansea gut spielt, schlägt United in den entscheidenden Momenten zu. Van Persie und Welbeck erzielen jeweils einen Doppelpack. Rooney wird eingewechselt und bereitet zwei Tore vor. In der Tabelle liegt United hinter dem Stadtrivalen City auf dem zweiten Platz. Die Presse lobt Uniteds Effizienz („typical United win“) und es sieht danach aus als hätte der Trainerwechsel in Sachen Cleverness wenig geändert.

Manchester United einigt sich derweil u. a. mit Bulovo, Apollo und Pepsico – allerdings sind dies keine trickreichen brasilianischen Rohdiamanten, sondern Hersteller von Uhren, Autoreifen, Snacks oder Soft Drinks. Ed Woodward´s Standing in der Öffentlichkeit wird zunehmend schlechter. Neuzugänge gibt es immer noch keine, obwohl weiterhin viele Namen gehandelt werden. Antonio Valencia hat die Nummer 7 abgegeben und wieder seine alte 25 genommen, was die United-Anhänger auf die Rückkehr eines gewissen Portugiesen hoffen lässt.

26.08.2013: Manchester United – Chelsea 0:0 (Premier League)

Das erste Heimspiel in der Premier League ist direkt ein absolutes Spitzenspiel. United empfängt Mourinho und Chelsea. Vor der Partie wird das heute eher berüchtigte „The Chosen One“ Banner aufgehängt. In einem an Höhepunkten schwachen Spiel verdient sich keines der beiden Teams einen Sieg und es kommt zu einem leistungsgerechten Unentschieden. Bester Mann auf dem Platz ist Wayne Rooney, der von Anfang an ran darf und von den Fans frenetisch gefeiert wird. Jose Mourinho sagt nach dem Spiel: „Die Fans von United sind etwas Besonderes. Ich glaube kaum, dass Rooney jetzt noch gehen will und bleiben wird.“ Moyes sagt, er sei mit dem Unentschieden nicht zufrieden. Er wird weiter gefragt, wieso man nicht in den Poker um Gareth Bale einsteige, dessen Transfer zu Real Madrid kurz vor dem Abschluss steht: „Wer hat gesagt, dass wir nicht in dem Poker involiviert sind?“

01.09.2013: Deadline Day

Arsenal holt Özil! Real holt (bereits einen Tag vorher) Bale! Und United? Blamiert sich bis auf die Knochen. Nachdem Thiago bei Bayern landete und mehrere Offerten für Fabregas von Barcelona zurückgewiesen wurden, hatte Moyes Ander Herrera von Bilbao als Verstärkung für die Zentrale ausgemacht. Bilbao besteht für den Basken auf die Ausstiegsklausel von 36 Mio €, was United nicht zahlen möchte. Der Spieler selbst möchte den Wechsel. Es kommt zu einer Reihe von Meldungen: „Der Wechsel sei so gut wie durch!“ „United hat Repräsentanten entsandt, welche die AK hinterlegen werden!“ „Die Mittelsmänner waren Betrüger!“ Letzten Endes kommt gar nichts zu Stande. Auch eine Leihe von Fabio Coentrao scheitert in letzter Sekunde, angeblich weil das entscheidende Fax zu spät kam.

Egal, wie viel Wahrheit letzten Endes in den Meldungen steckt: Die Außendarstellung des Vereins hat enorm gelitten. Ein Neuzugang wird dennoch präsentiert. Fellaini kommt von Everton für 32,4 Mio €. Einen Monat vorher hätte er für eine Ausstiegsklausel von 28,5 Mio € gehen können.

Ed Woodward hat unterdessen in der Sommerpause sage und schreibe mehr als zehn Sponsorendeals (u. a. auch für eine asiatische Tütensuppe), auf dem Gebiet von Spielertransfers scheint der frühere Investmentbanker jedoch kein Land zu sehen. David Moyes wird dieses Transferdesaster bis zu seiner Entlassung vorgehalten und kann aufgrund der negativen Grundstimmung, die von diesem Tag an bis heute bestand, als seine erste wirklich herbe Niederlage gesehen werden.

17.09.2013: Manchester United – Bayer Leverkusen 4:2 (Champions League)

Das erste CL-Spiel von Moyes ist eine gelungene Premiere. Auch wenn die Defensive nicht ganz sattelfest wirkt, wird Bayer verdient mit 4:2 geschlagen. Van Persie (2x), Rooney und Valencia treffen. Die Laune bei manchen United-Fans ist trotzdem nicht gut: Am Wochenende hatte Cristiano Ronaldo seinen Vertrag bei Real Madrid bis 2018 verlängert. Auch nicht gut sind dabei die Kommentare des ehemaligen Co-Trainers Mike Phelan, der behauptet, dass der Spieler ins Old Trafford zurückkehren wollte, wenn Sir Alex und sein altes Trainerteam im Amt geblieben wären.

22.09.2013: Manchester City – Manchester United 4:1 (Premier League)

Das erste Manchester Derby wird für Moyes zum Fiasko. Die Niederlage in Liverpool (1:0) einige Wochen zuvor, war zwar knapp gewesen, allerdings hatte man sich auf Augenhöhe präsentiert. Gegen den anderen verhassten Lokalrivalen ist man jedoch völlig chancenlos und liegt nach bereits 50 (!) Minuten mit 4:0 zurück. Wenn City nicht den Fuß von der Pedale genommen hätte, wäre mit Sicherheit eine noch höhere Niederlage dabei heraus gekommen. Vor allem Fellaini sieht gegen das pfeilschnelle City-Mittelfeld kein Land. Zum allem Überfluss verletzte sich auch noch Van Persie beim Warmmachen. United liegt nach dieser Niederlage mit nur 7 Punkten nach 5 Spielen auf Rang 8 der Premier League.

28.09.2013: Manchester United – West Bromwich Albion 1:2 (Premier League)

Auch in der folgenden Woche wird es nicht besser. Völlig ideenlos und uninspiriert verliert United das Heimspiel gegen WBA. Das Tor erzielt Rooney mit einem Freistoß, der eigentlich eine Flanke sein sollte – bezeichnend. Es ist die erste Heimniederlage gegen WBA seit 1978. Moyes sagt nach dem Spiel, dass er „enttäuscht über die Leistung sei“ und man „nicht gut genug gespielt habe“ um dieses Spiel zu gewinnen. Der Hashtag #moyesout wird in den sozialen Netzwerken ein immer größerer Trend. United rutscht auf Platz 12 in der Tabelle ab.

05.10.2013: AFC Sunderland – Manchester United 1:2 (Premier League)

Was für eine Erleichterung für Moyes! Dank zweiter Tore von Youngster Adnan Januzaj dreht United das Spiel beim Abstiegskandidaten. Sunderland hat vor allem in der ersten Hälfte große Chancen, doch David De Gea rettet mehrmals überragend. Der Ausgleich von Januzaj ist übrigens das erste Tor von United aus dem Spiel heraus seit Spieltag 1 (!) gegen Swansea. Nach dem Spiel wird Januzaj mit allen großen Vereinen in Verbindung gebracht, da sein Vertrag 2015 ausläuft. Auf Twitter entsteht das Gerücht, dass Moyes die Entdeckung der Pre-Season Zaha nicht berücksichtigt, da er eine Affäre mit seiner Tochter haben soll.

10.11.2013: Manchester United – Arsenal 1:0 (Premier League)

Die Welt sieht wieder besser in Manchester aus. Man ist seit der Niederlage gegen WBA ungeschlagen, man konnte den Vertrag mit Januazj verlängern und schlägt nun den bis dahin überragenden Tabellenführer aus Nordlondon. Van Persie erzielt das Tor des Tages gegen seine Ex-Kollegen. Auf der Tribüne jubelt der Sir persönlich mit. United liegt nach 11 Spielen wieder auf Platz 5 in der Tabelle, 5 Punkte hinter dem Tabellenführer Arsenal, 1 Punkt hinter Chelsea und 1 Punkt vor City. Moyes äußert sich nach dem Spiel folgendermaßen: „Der Sieg ist ein großartiges Resultat und wir müssen jetzt in der Tabelle weiter nach oben klettern! Unsere Aufholjagd ist noch nicht vorbei!“ Dieser Sieg blieb übrigens Moyes einziger gegen ein Topteam der Premier League.

24.11.2013: Cardiff City – Manchester United 2:2 (Premier League)

Nach der Länderspielpause verspielt United noch eine 2:1 Führung in einem zähen Spiel in Cardiff. Der Aufsteiger kommt in der 92. Minute durch Kim zum Ausgleich. United spielt nicht berauschend, hat jedoch viele Torchancen, welche nicht genutzt werden. Cardiff schlägt eiskalt in der Nachspielzeit zurück. Nach dem späten Ausgleich von Southampton im Oktober (1:1) ist dies bereits der zweite späte Gegentreffer, der dem Meister einen Dreier kostet. Es sollte nicht der letzte sein. Normalerweise war gerade United für seine Last-Minute-Tore bekannt.

04./07.12.2013: Manchester United – Everton/Newcastle United 0:1 (Premier League)

In der englischen Woche kassiert United zwei 0:1 Niederlagen zuhause die identischer nicht sein können. In beiden Spielen kann man sich kaum Torchancen erspielen und es wirkt auch nicht wirklich so, als würden sie Spieler versuchen die Rückstände zu drehen. Für Everton ist es der erste Sieg im Old Trafford seit 1992, für die Newcastle sogar seit 1972! Vor allem die Heimniederlage gegen seinen Ex-Klub Everton ist bitter. Die Fans der Toffees verhöhnen ihren Ex-Manager: „You´re gettin´ sacked in the morning!“ Auch in der Presse und den sozialen Netzwerken wird gespottet: „12 Jahre hat Moyes nie in Old Trafford mit Everton gewonnen, nun hat er es endlich geschafft!“ Gegen Newcastle kommt Zaha endlich zu seinem ersten Premier League Einsatz und hat mit einem schönen Schlenzer eine der besten Offensivszenen von United. Moyes wirkt angeschlagen: „Wir brauchen Tore für unser Selbstvertrauen!“ Immerhin wurde in der Champions League souverän die Gruppenphase überstanden, in der Liga ist man jedoch wieder auf Platz 9 abgerutscht.

28.12.2013: Norwich City – Manchester United  0:1 (Premier League)

Der Spielplan im Dezember bietet in der Premier League immer eine Menge Gelegenheiten zu punkten. United konnte dies seit den beiden Heimniederlagen zu Beginn des Monats nutzen. Das Siegtor von Welbeck sichert United seinen vierten Sieg in Folge, so viele Ligaspiele gewann Moyes vorher noch nie mit United hintereinander, danach allerdings auch nicht. In der Tabelle kletterte man auf Platz 6, nur zwei Punkte hinter dem CL-Platz 4, der zu dieser Zeit von Liverpool belegt wurde. In den Medien verdichten sich Spekulationen um Toni Kroos, dessen Vertrag bei Bayern nur noch bis 2015 läuft.

01.01.2014: Manchester United – Tottenham Hotspurs 1:2 (Premier League)

Die Siegesserie kommt am Neujahrstag zu einem abrupten Ende, als die Spurs mit ihrem neuen Coach Tim Sherwood in Old Trafford punkten können. Das Heimspiel ähnelt denen gegen Everton und Newcastle sehr. United hat viel Ballbesitz, kann sich jedoch kaum Torchancen erspielen und ist bei Kontern des Gegners sehr anfällig. Adebayor und Eriksen entscheiden das Spiel für die Spurs, Welbecks Anschluss kommt zu spät.

05.01.2014: Manchester United – Swansea City 1:2 (FA Cup)

United verliert auch das zweite Spiel im neuen Jahr. Dieses Mal gewinnt Swansea zum ersten Mal überhaupt in ihrer Geschichte gegen United. Bony erzielt in der Nachspielzeit das entscheidende Tor für die Swans. Für United ist damit im Pokal schon in der dritten Runde Schluss, etwas was Ferguson nur ein Mal in seiner Amtszeit passiert ist. Swansea war über das gesamte Spiel das bessere Team und hatte auch deutlich bessere Torchancen.

22.01.2014: Manchester United – AFC Sunderland 1:2/2:1 n.V., 1:2 n.E. (Captal One Cup)

Der schwarze Januar wird komplettiert durch das Ausscheiden gegen den Tabellenletzten aus Sunderland im Ligapokal. Das Elfmeterschießen ist ein absolutes Desaster: Außer Fletcher verschießen alle vier weiteren Schützen. Sunderland feiert den Einzug ins Capital One Cup Finale gegen Manchester City. Immerhin wirde nach der Partie bekannt gegeben, dass man Juan Mata von Chelsea für 48 Mio € verpflichten konnte, auch wenn Gary Neville bei Sky stänkert, dass „Mata kein typischer United-Spieler sei und man von seinem System nicht abrücken dürfe.“ Anderson zieht es derweil per Leihe nach Florenz, Fabio und Sommerneuzugang Zaha (per Leihe) schließen sich Cardiff City an.

09.02.2014: Manchester United – FC Fulham 2:2 (Premier League)

81 (!!!) Flanken segeln in dieser Partie in den Strafraum von Fulham, heraus kommt dabei selten etwas. Der Tabellenletzte geht früh in Führung, United rennt an und dreht das Spiel durch Tore von Van Persie und Carrick in der 80. Minute. Das Old Trafford bebt und auch Moyes zeigt viele Emotionen nach dem 2:1 Führungstreffer, es wirkt als breche vieles in diesem Moment aus ihm heraus. Es scheint 10 Minuten wie der mentale Befreiungsschlag, die Fans singen und peitschen ihre Mannschaft weiter nach vorne… Bis Darren Bent in der 94. Minute noch der Ausgleich gelingt. Fulham Trainer ist zu diesem Zeitpunkt niemand geringeres als Ex Co-Trainer Meulensteen, der nach Schlusspfiff etwas spöttisch in die Kameras spricht: „Es war einfach sich auf Man Utd einzustellen. Wir haben beschlossen hinten dicht zu machen, weil wir wussten, dass ihnen dann nicht viel einfallen würde mit ihrem eindimensionalen Spiel.“ Darüber hinaus wird bekannt gegeben, dass Kapitän Nemanja Vidic seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Für positive Nachrichten sorgt dafür die Vertragsverlängerung von Wayne Rooney bis 2019.

25.02.2014: Olympiakos Piräus – Manchester United 2:0 (Champions League)

In einem grandios besetzten Lostopf für das Champions League Achtelfinale bekam United im Dezember des Vorjahres ein vermeintlich leichtes Los. Ein Trugschluss, wie das Spiel zeigen wird. Olympiakos spielt United komplett an die Wand, welches seinen ersten Torschuss 10 Minuten vor Schluss (!) hat. Moyes bezeichnet diesen Auftritt „als schwächsten United-Auftritt in Europa“ und gab zu, dass er „diese Leistung nicht habe kommen sehen.“ Van Persie kritisiert indes offen das System: „Manche Spieler rücken in Räume in denen ich mich bewegen möchte. Es ist eine Schande!

Zum ersten Mal machen Gerüchte die Runde, dass Moyes das Vertrauen der Mannschaft verloren haben könnte. Shinji Kagawa soll wegen nächtlicher Feierei zu spät zum Abflug gekommen sein und konnte nur dank einiger United-Offizieller den Check-In noch rechtzeitig schaffen. Vizekapitän Patrice Evra ließ in der französischen Presse verlauten, dass er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde, da etwas in dem Verein vorgefallen wäre. Javier Hernandez kündigt geheimnisvoll auf Instagram an, dass „bald die Zeit zu sprechen gekommen sei.“ In der englischen Presse wird berichtet, dass ein Spieler von der Bank während des Spiels „Stell ihn runter!“ gerufen haben soll während sich Moyes mit dem vierten Offiziellen stritt. Die Spieler soll sich weiter darüber lustig gemacht haben, dass Moyes ein Buch über Management und Führungsstärke auf dem Flug nach Piräus gelesen haben soll…

16.03.2014: Manchester United – FC Liverpool 0:3 (Premier League)

Van Persie schwört zwar im Stadionheft, dass seine Beziehung zu Moyes hervorragend ist, helfen wird es nichts gegen den Erzrivalen. United wird von Liverpool komplett auseinander genommen. Steven Gerrard trifft zwei Mal vom Punkt und verschießt sogar noch einen dritten Elfmeter. David De Gea rettet mehrmals Weltklasse gegen Luis Suarez. Der gebürtige Liverpooler  Rooney bezeichnet die Pleite „als seinen schlimmsten Tag als Profifußballer.“ Moyes gibt nach dem Spiel zu, dass „Platz 4 sehr weit weg ist.“ United ist zum diesem Zeitpunkt Siebter und hat 12 Punkte Rückstand auf den Vierten City, die allerdings zwei Spiele weniger absolviert haben.

Nach dem Spiel werden Gerüchte laut, dass das Verhältnis zwischen Moyes und Giggs zerrüttet sein soll. So soll Giggs u. a. mehrere Sitzungen des Trainerteams nicht besucht haben, da seiner Meinung nach die beiden anderen Co-Trainer Round und Lumdsen wenig Fußballsachverstand besitzen würden.

19.03.2014: Manchester United – Olympiakos Piräus 3:0 (Champions League)

David Moyes gelingt seine erste europäische Aufholjagd. Von einem grandiosen Publikum angetrieben schaffen die Red Devils gegen Olympiakos die Wende und ziehen ins Viertelfinale der Champions League ein. Van Persie ist der Mann des Spiels und erzielt alle drei Tore. De Gea rettet in der ersten Halbzeit einmal spektakulär. Moyes wirkt nach dem Spiel sichtlich gelöst und applaudiert den Fans.

Im Viertelfinale bekommt United den Titelverteidiger FC Bayern zugelost. Sarkastische Fans bezeichnen dies als exzellente Gelegenheit Toni Kroos zu scouten und zu schauen, wie sich der „ausgeliehene“ Thiago Alcantara machen würde.

25.03.2014: Manchester United – Manchester City 0:3 (Premier League)

Die kleine Euphorie aus der Champions League sollte mit ins Stadtderby genommen werden. Dieses Vorhaben gelingt den Red Devils an diesem Tag keine ganze Minute, bereits nach 43 Sekunden erzielte Edin Dzeko die Führung für die Citizens. Am Ende gibt es ein völlig verdientes 0:3. Fellaini fällt in dieser Partie besonders negativ auf als er sich eine Tätlichkeit gegen Zabaleta leistet, die nur mit gelb geahndet wird. Moyes sagt nach der Partie, dass „City auf einem Level spielt, welches für United ein Ziel sein müsse.“ Ein solcher Vergleich war natürlich Wasser auf den Mühlen seiner Kritiker.

Während der Partie versuchen einige Fans das auf seine Art legendäre „Chosen One“ Banner abzureißen und wurden von Ordnern daran gehindert. Einige Fans greifen zu härteren Methoden um sich Gehör zu schaffen. Beim nächsten Heimspiel gegen Aston Villa fliegt ein Kleinflugzeug mit der Aufschrift „Wrong One – Moyes Out“ über das Old Trafford.

09.04.2014: FC Bayern München – Manchester United 3:1 (Champions League)

Nachdem sich die Red Devils im Hinspiel im Old Trafford ein 1:1 ermauern, bestehen gegen den großen Favoriten im Rückspiel tatsächlich Chancen auf die nächste Runde. Auch in der Allianz Arena mauert United 60 Minuten lang, bis Evra mit einem Traumtor die Führung gelingt. Jetzt ist die Sensation möglich… für genau eine Minute. Denn bereits dann trifft Mandzukic zum Ausgleich. Müller und Robben besiegeln das Aus für den englischen Rekordmeister. Moyes nennt nach dem Spiel die Fehler vor dem Ausgleich „kriminell“. Für United hat sich damit auch die letzte Chance auf einen Titel in dieser Saison erledigt.

20.04.2014: FC Everton – Manchester United 2:0 (Premier League)

Während die Champions League Qualifikation für den Titelverteidiger vor dem Spiel bereits nahezu unerreichbar ist, kämpft ausgerechnet Moyes Ex-Klub mit dem neuen Trainer Roberto Martinez mit Arsenal um Platz 4. In den ersten 30 Minuten macht ein Zuschauer verkleidet als der Sensenmann hinter Moyes´ Trainerpark Stimmung im Goodison Park. Das Spiel von United gleicht an diesem Tag wieder einmal der Inspiration dieses besagten Fabelwesens. Leighton Baines und Kevin Mirallas schießen Everton zu einem nie gefährdeten 2:0 Erfolg. Die Zuschauer skandieren: „Are you watching David Moyes?“ Durch diese Niederlage steht fest, dass die Champions League in der Saison 2014/2015 ohne die Red Devils statt findet. Auch die Europa League Qualifikation steht bei 6 Punkten Rückstand auf der Kippe. David Moyes sagt zum Verwundern vieler Zuschauer nach dem Spiel, das „United ganz gut gespielt habe. Jeder weiß, dass wir hier gerade einen Umbauprozess einleiten.“

Wie sich einen Tag später herausstellen sollte, wird dieser Prozess ohne ihn weiter geführt.

Fazit: Wieso hat es mit David Moyes nicht geklappt?

Dabei spielen mehrere Faktoren ihre eigene Rolle. Zunächst dürfte das Transferdesaster von 2013 eine anhaltende Negativstimmung um Old Trafford eingeleitet haben. David Moyes sprach über die gesamte Sommerpause von signifikanten Verstärkungen („best players“) und das man unbegrenztes Budget zur Verfügung dafür habe. Damit war man bei möglichen Verhandlungen schon mal direkt im Nachteil, da die Gegenpartei Mondpreise diktieren konnte. Weiterhin war der Abgang von dem erfahrenen David Gill von Nachteil, da sein Nachfolger Ed Woodward zwar in Werbebereichen sein Talent haben mag, jedoch in Spielertransfers keinerlei Erfahrung besaß. Werbepartner verhandeln mit dir, weil sie mit dir einen Deal wollen; andere Vereine sitzen in der Regel nicht mit dir an einem Tisch, weil sie einen Deal wollen. Da Moyes derjenige war, der Wasserstandsmeldungen in Sachen Transfers nach außen gab, war er auch nun mal derjenige, „dessen“ Gesicht für das sich anbahnende Transferdesaster stand.

Auch das Sportliche war über die ganze Saison gesehen niemals auf einem für den Kader adäquatem Niveau. Moyes sah am Ende, dass ein Umbau notwendig war, wenn man die Spieler betrachtet, die für die kommende Saison mit United in Verbindung gebracht werden, da einige aktuelle Spieler wirklich ihren Zenit überschritten haben. Allerdings blieb er im Sommer 2013 komplett untätig. Letzten Endes stürzte trotzdem eine Mannschaft auf Platz 7, die im Vorjahr mit 11 Punkten Vorsprung Meister wurde und mit Fellaini (2012/13 fast ins Premier League Team des Jahres gewählt wurde) sowie im Januar mit Juan Mata (2011/12 & 2012/13 Chelsea Spieler des Jahres) verstärkt wurde. Auch wenn die Spieler schlechte Leistungen zeigten, wirkte Moyes auf der Trainerbank zu wenig energisch und leidenschaftslos um dem Ganzen aktiv entgegen zu wirken. Die schlechten Spiele verfolgte er in der Regel teilnahmslos von Bank, was sein zu „weiches“ Image für diesen Klub keineswegs entkräftete.

Auch taktisch blieb Moyes einiges schuldig. Über die ganze Saison konnte man keinen Fortschritt geschweige denn einen gewissen Spielstil erkennen. Vielen Fans soll genau das der größte Dorn im Auge gewesen sein. Brendon Rodgers landete 2012/13 mit Liverpool auch nur auf Platz 7, aber man bekam ab der Rückrunde ein Gefühl was Rodgers dem Team einimpfen wollte. Dieses Gefühl hatte man bei Moyes nie.

Auch die Spieler tragen einen gewaltigen Anteil an der Misere. Im Bereich Leidenschaft ließ die Mannschaft dieses Jahr einiges vermissen. Gerade dafür stand die Mannschaft von Manchester United in früheren Zeiten. Selbst bei einer schlechten Leistung war man in der Lage zu punkten, weil die Spieler über Kampf und Leidenschaft ins Spiel kamen. Dies erklärt auch die relativ hohe Anzahl von späten Gegentoren in dieser Saison, weil bei fehlender Leidenschaft und Einsatzbereitschaft als logische Folge die Konzentrationsfähigkeit leidet. Letzten Endes ist der Trainer dafür verantwortlich die Motivation bei seinen Spielern hochzuhalten. Das diese Fähigkeit Sir Alex Ferguson wahrscheinlich besser als jeder andere Trainer (vor allem über einen langen Zeitraum) besitzt, dürfte dahingestellt bleiben. Trotzdem hätten die erfahrenen Spieler in diesem Team in der Lage sein müssen zusammen gegen diese sich einschleichende Lethargie anzugehen.

„Your Job now is to stand by your new manager.” (Sir Alex Ferguson während seiner Abschiedsrede im Old Trafford, 12.05.2013)

 

Mit großem Pathos verabschiedete sich Sir Alex Ferguson als Meister 2013 und forderte die Fans auf Moyes in guten wie in schlechten Zeiten zu unterstützen, so wie bei ihm der Fall war. Auch der Sir hatte einen schwierigen Start und gewann erst sieben Jahre nach seinem Antritt die Premier League. Allerdings ist 1986 nicht 2013. Zum Vergleich: seit 1986 hat United sage und schreibe 38 Titel auf seinem Briefkopf hinzufügen können, darunter 13 Meisterschaften und 2 Champions League Titel. Als Ferguson United um November 1986 übernahm stand der Klub auf Platz 21 in der Liga. Moyes übernahm United als mittlerweile alleinigen englischen Rekordmeister und -pokalsieger. Von daher waren die ständigen Vergleiche der Anfangszeiten zwischen Ferguson und Moyes unangebracht, weil beide zu völlig unterschiedlichen Perioden zu dem Klub gekommen sind. Das der Nachfolger von Ferguson so oder so Probleme haben würde aus diesem übermächtigen Schatten herauszutreten, war bereits seit Jahren klar. Das Ziel des Klubs aus Moyes quasi einen „Fergie 2.0“ zu machen, mag aus fußballromantischer Sicht ein schönes Ansatz gewesen sein, allerdings kann sich Manchester United als heutiger Global Player einen Misserfolg dieser Art, vor allem aufgrund der unzähligen Werbepartner und als börsennotierter Verein, kaum leisten. Ob sich Ferguson, der vom allem gegen Ende der 80er Jahre wegen Titellosigkeit heftig in der Kritik stand, als Newcomer bei einem ähnlichen Misserfolg 2013 im Amt hätte halten können, darf stark bezweifelt werden. Da der Verein über Jahre stets proklamiert hat seinen Erfolg hauptsächlich dem viel zitierten „United-Way“, welcher primär aus Kontuinität besteht, zu verdanken und die ständigen Trainerwechsel in der EPL belächelt hat, ist die Schadenfreude der dortigen Presse und der gegnerischen Fans natürlich umso größer, wenn das gefeierte Prinzip nicht mehr aufgeht. Dementsprechend waren Moyes und der Verein bereits seit Saisonbeginn übertrieben scharfer Kritik von den Medien ausgesetzt. Dass der Schotte hierbei stets die Contenance behielt, muss ihm positiv attestiert werden. Der unwürdige Dreizeiler über Twitter, mit dem der Verein die Entlassung des Schotten bekannt gab, schließt diesen Kreis in negativer Weise perfekt.

All die erwähnten Missstände haben ihren Teil zu Moyes´ Demission beigetragen. Möglicherweise hätte man Moyes noch eine zweite Saison geben sollen, um den Umbruch weiter voranzutreiben. Allerdings waren die negativen Höhepunkte so verheerend, dass der Verein das Risiko zu hoch sah, Moyes die immensen Geldsummen zur Verfügung zu stellen, die der Verein für Umbruch bereit ist auszugeben. Egal, von welcher Perspektive man es betrachtet: Das Projekt Moyes hat nicht zum erwünschten Erfolg geführt und die Mannschaft von Manchester United sowie der Verein als Ganzes haben dabei ein richtig schlechtes Bild abgegeben.

Marius Merck

Eine Autogrammstunde von Fritz Walter weckte die Leidenschaft für diese Sportart, die über eine (“herausragende”) Amateurkarriere bis zur Gründung von 90PLUS führte. Bei seinem erklärten Ziel, endlich ein “Erfolgsfan” zu werden, weiter erfolglos.


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