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Einfluss aus Fernost – wie geht es weiter in China?

10. Januar 2017 | Spotlight | BY Jannik Schluter

Immer mehr Spieler wechseln für das ganz große Geld in die chinesische Super League, obwohl sie auch Angebote von Top-Klubs aus Europa haben. Wenn China so weiter macht, verdienen Mittelklasse-Spieler wie Renato Augusto oder Gervinho bald mehr als die Stars in England, Spanien und Deutschland. Wird die Chinesische Liga zum Problem oder bricht sie zusammen?

(Photo by Lintao Zhang/Getty Images)

Europäischer Spitzenclub, eine der großen Ligen in Europa, Champions-League gegen die besten der Welt? Axel Witsel hat sich dagegen entschieden. Anstatt dem Angebot von Juventus Turin zu folgen, wechselt der Belgier nun in die chinesische Super League. Er folgt dem Geld. Ein Weg, den er nicht alleine geht.

 

(OLGA MALTSEVA/AFP/Getty Images)

Stars wie Oscar, Jackson Martinez oder Didier Drogba haben sich ebenfalls für ein Gastspiel in China entschieden. Doch gibt es einen Unterschied, ob ein Spieler wie Drogba zum Ende seiner Karriere nochmal ein wenig für die Zukunft aussorgen will, oder ob vielversprechende Spieler, die inmitten ihrer aktiven Laufbahn sind, dem Fußball auf allerhöchstem Niveau den Rücken zuwenden. Witsel ist einer von ihnen. Mit 27 Jahren ist der zentrale Mittelfeldmann im besten Fußballer-Alter. Schon vor knapp vier Jahren machte der Belgier eher einen Karriererückschritt, als er für satte 40 Millionen Euro zu Zenit St. Petersburg wechselte, anstatt zu einem der Top-Clubs in Europa zu gehen. Immerhin ist er ehrlich:

„Es war eine sehr schwere Entscheidung. Auf der einen Seite ein Top-Klub wie Juventus und auf der anderen ein Angebot, das ich für meine Familie nicht ablehnen konnte.“ [via Spox]

Kein Wunder, bei 18 Millionen Euro jährlich plus Zwei Millionen Boni. Wer würde da nicht schwach werden? Oscar jedenfalls nicht.
Für die völlig übertriebene Summe von 70 Millionen, das doppelte des Marktwertes, verpflichtete Shanghai IPG den Brasilianer, obwohl er bei Chelsea nicht mal mehr Stammspieler war. Sein Motiv für den Wechsel ist aber scheinbar nicht das Geld:

(Photo credit should read STR/AFP/Getty Images)

„Es war immer ein Traum für mich, für einen Klub wie Shanghai zu spielen. Ich erinnere mich, als ich in São Paulo aufgewachsen bin, habe ich auf unserem kleinen Familien-Fernseher immer die Spiele der Red Eagles verfolgt. Ich bin so glücklich, meine Karriere bei einem solch prestigeträchtigen Klub fortzusetzen. Es wird der beste Klub sein, für den ich je gespielt habe.“ [Sky Sports]

 

Mit ca. 21,5 Millionen Euro jährlich wäre er aber immer noch nicht der bestbezahlte Fußballer der Welt, den Titel darf sich Carlos Tevez geben, der knapp 32 Millionen Euro im Jahr verdienen wird. Den Vogel hätte bei einem Wechsel der beste Fußballer der Welt abgeschossen. 100 Millionen Euro Jahresgehalt standen für Ronaldo im Raum. Unvorstellbar.

(Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)

Am Anfang hielten viele das ganze noch für einen Scherz, ähnlich wie bei Trump, doch als die Chinesen mit Spielern wie Drogba und Anelka nicht mehr zufrieden waren, fingen sie an, immer bessere und immer jüngere Spieler aus Europa mit dem großem Geld zu locken. In der Winterperiode 2016 kauften die chinesischen Clubs für mehr als 337 Millionen Euro Spieler ein, selbst die sonst so wahnwitzigen Engländer schafften nur 250 Millionen. Darunter zum Glück noch keine Top-Talente unter 25.  Teixera (50 Millionen), Martinez (42 Millionen), Ramires (28 Millionen), Gervinho (18 Millionen) und auch für einheimische Spieler wird teilweise das zehnfache des Marktwertes bezahlt. Die Wintertransferphase 2017 ist noch jung, aber allein Shanghai IPG hat schon mehr als 120 Millionen Euro in Oscar und Hulk investiert. Selbst Anthony Ujah war dem chinesischen Club Liaoning 11,5 Millionen Euro wert, Bremen sagt danke.

 

(GEORGES GOBET/AFP/Getty Images)

Mal sehen wer in dieser Transferperiode noch der Verlockung des Geldes folgt, Adrian Ramos und Lukas Podolski sind da heiße Kandidaten. Zum Vergleich: Der teuerste Spieler, der in dieser Transferperiode bisher verkauft wurde, war Ezequiel Lavezzi, der erst vergangenes Jahr gekommen war. Drei Mal dürfen Sie raten wer ihn sich für 5,5 Millionen Euro geschnappt hat: Hebai China Fortune, aus China.

 

 

 

Doch die entscheidende Frage ist: Wird die chinesische Liga in Zukunft neben den europäischen Ligen zur absoluten Weltklasse gehören, schlummert sie weiter vor sich hin, oder bricht sie in sich zusammen?

 

Die drei Szenarien

Szenario 1 – „Supermacht“

Wenn die Chinesen weiterhin so viel Geld in den Fußball und Spieler aus Europa pumpen, dann ist zu befürchten, dass Fernost in naher Zukunft eventuell den Fußball dominieren wird, zunächst im Vereinsfußball, dann irgendwann vielleicht sogar auf Länderebene. 2030 will China die Weltmeisterschaft im eigenen Land austragen, und gewinnen. Andere Länder schließen sich dann möglicherweise an, und plötzlich sind die besten Fußballnationen der Welt nicht mehr Brasilien, Spanien und Deutschland, sondern China und Katar. Nicht ohne Grund sagte der China-Experte Christian Stecher gegenüber der Berliner Zeitung, dass China in zwanzig Jahren im Fußball eine Supermacht sei. Dass die Finanzierung der Klubs durch chinesische Unternehmen auch noch vom Präsidenten Xi Jinping gefördert wird, denn er hat erwirkt, dass Unternehmen, die in den Fußball investieren, statt 25 Prozent nur noch fünfzehn Prozent Steuer abführen müssen, ist selbst für die Premier League und seine wahnsinnigen Fernsehgelder nicht zu stemmen.

 

Szenario 2 – „Weiter wie bisher“

Die jüngeren Spieler wie Oscar oder Witsel werden merken, dass sie das gewünschte Leistungsniveau in China nicht erreichen können und die Lust vergeht allmählich. Akteure wie Didier Drogba oder Nicolas Anelka ging es, in etwas fortgeschrittenem Alter, ähnlich. Beide Stürmer wollten das große Geld in China verdienen, doch sie hielten es nur wenige Monate aus. Dieses Szenario werden viele Spieler, die zuvor in Europa gespielt haben, hier ebenfalls erleben. Klubs aus China kaufen sich Spieler für viel Geld aus Europa, diese spielen dann ein bis zwei Jahre im fernen Osten, und kehren dann entweder zurück oder beenden ihre Karriere. Das Einzige was sich verändern wird: mehr Mittelklasse-Kicker werden nach China gehen, mehr ältere Superstars werden nach China gehen, doch die Top-Akteure, mit noch drei, vier Jahren auf höchstem Niveau, werden nur selten den Schritt nach Asien wagen. Auch bei Offerten um die 150-250 Millionen für Spieler wie Aubameyang oder Lewandowski und unvorstellbaren Gehältern, werden sie die Top-Stars nicht bekommen, zumindest nicht, bevor sie über 30 sind.

 

Szenario 3 – „Zusammenbruch“

 China trumpft langsam im Fußball auf, doch hat die Volksrepublik sein Pulver bald bereits verschossen. Die chinesischen Minister stemmen sich gegen die astronomischen Ausgaben, ein Regierungssprecher des Sports sagt:

„Wir werden den Kauf ausländischer Spieler einschränken und die Einkommen der Spieler auf eine angemessene Höhe begrenzen. Die jetzigen Investitionen sind irrational.“

Wenn die Leistungsträger aus Europa nicht mehr ihre Jahresgehälter im zweistelligen Millionenbereich bekommen, sind diese schneller wieder weg, als Klubs wie Shanghai IPG neues Spielermaterial verpflichten können. Die Liga verliert also ihren einzigen Anreiz, sodass sie alsbald auf das alte, unterklassige Niveau zurückfällt. Die chinesische Liga wird zwar immer noch Spieler aus Europa locken können, denn der Geldfluss bei den chinesischen Klubs ist immer noch deutlich höher als in manchen europäischen Ligen. Bei den Transfers wird es sich dann aber nur um Mittelklasse-Spieler handeln. So schnell die Chinesen im Fußball aufgetaucht sind, so schnell werden sie auch wieder verschwinden.

Richtig zusammengefasst hat es Uli Hoeneß, er schießt  in einem Interview mit Sky Sport News HD scharf gegen Chinas Transferausgaben: „Das ist nur noch krank“. Zudem findet er, dass man die Preise vor allem wegen der Fans nicht in die Höhe treiben sollte. Das Problem mit China ist allerdings, dass die Vereine die Ticketpreise weiter niedrig halten können, während in Europa Ticketpreise eine entscheidende Einnahmequelle sind. Am Ende ist die Zukunft der chinesischen Super-League eine Frage des Geldes. Wenn der Staat sich gegen die Investitionen in den Fußball stellt, dann wird das Modell mit Weltstars nicht lange überleben. Sollte allerdings weiterhin so viel Geld in die Hände genommen werden, ist die entscheidende Frage, in wie weit sich Spieler verleiten lassen und vor allem, wie die europäischen Ligen damit umgehen.

 

Was denkt ihr?

Wie wird es mit der chinesischen Liga weitergehen?


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