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„Endlich Nachwuchs“ – Portugals Innenverteidigerhoffnung Ruben Dias im Porträt

3. Mai 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Portugals Fußballnationalmannschaft besaß in der Vergangenheit mehrere Generationen mit hervorragenden Spielern, doch zu einem Titel reichte es erst im Jahr 2016 bei der Europameisterschaft in Frankreich. Ein Mitgrund dafür ist, dass es in Portugal zwar immer tolle Fußballer gab, bestimmte Mannschaftsteile aber häufig qualitativ abfielen und so die letzten Prozentpunkte fehlten. 

Genau das droht derzeit in der Innenverteidigung. Ein Generationenwechsel steht an, der Nachwuchs gibt aber vor allem technisch versierte Mittelfeldspieler oder Angreifer her. Doch es gibt mit Ruben Dias durchaus einen Hoffnungsträger – und der könnte schon zur kommenden Weltmeisterschaft im Aufgebot stehen.

Die Situation – das vorhandene Personal

Zurzeit gibt es fünf Kandidaten neben Dias, die gute Chancen auf eine Teilnahme am Turnier im Sommer haben. Anführer in der Innenverteidigung ist der 35-jährige Pepe, der zurzeit für Besiktas spielt und in der Rückrunde häufig verletzt fehlte. Eine WM-Teilnahme ist nicht in Gefahr, in Topform wird er aber nicht zum Turnier fahren. Gleiches gilt für José Fonte (34), der im Winter nach China wechselte und in den letzten beiden Spielen nicht zum Aufgebot zählte.

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Weitere Kandidaten sind Luis Neto (29), derzeit bei Fenerbahce tätig, Rolando (32), der mit Olympique Marseille in dieser Saison Erfolge feierte und der 36-jährige Bruno Alves, zurzeit in Diensten der Rangers. Die Altersstruktur ist durchaus ein Problem, zudem ist die individuelle Qualität eben nicht herausragend. Frischer Wind ist notwendig, in der U21 stehen derzeit mit Jorge Fernandes, Ferro und Ivanildo Fernandes keine Spieler von adäquater Klasse zur Verfügung.

Ruben Dias – erstes Profijahr? Egal!

Übrig bleibt Ruben Dias. Der 20-jährige spielt gerade seine erste Saison auf Profiniveau und stieß während der Sommervorbereitung zur Mannschaft. Seit 2008 spielt der Rechtsfuß in der Jugend von Benfica, debütierte im September für die U21, scheint dieser aber bereits entwachsen zu sein. Trotz der geringen Erfahrung auf Profiniveau (28 Spiele, 4 Tore) gilt er als Hoffnungsträger, aber schon jetzt lastet ein hoher Erwartungsdruck auf Dias. Er wird als der Spieler angesehen, der das Defensivzentrum der Nationalmannschaft im Idealfall über Jahre anführen kann.

(Photo by CARLOS COSTA/AFP/Getty Images)

Der 1,87m große Ruben Dias legte in dieser Saison einen steilen Aufstieg hin, hätte sich wohl selbst nicht träumen lassen, dass er in seiner ersten Saison zum Stammpersonal gehört. Allerdings profitierte Dias auch von der Personalnot bei Benfica. Neben Luisao (37) und Jardel (32) ist er der einzige Innenverteidiger im Kader. Trainer Rui Vitoria vertraut seinem talentierten Verteidiger, der Fehler machen darf. Dias lernte von seinen beiden Erfahrenen Mitstreitern im Zentrum und wurde immer selbstsicherer. Auch in der Nationalmannschaft könnte die problematische Lage nun dafür sorgen, dass Dias schnell zum wichtigen Personal zählt.

Hervorragende Anlagen

Dias bringt mit seinen 20 Jahren bereits sehr viel mit um sich zu einem absoluten Topverteidiger zu entwickeln. Seine Passquote liegt bei über 85 %, dabei scheut er auch nicht das Risiko im Aufbau. Gerade in der heimischen Liga spielt er teilweise unbekümmert, testet seine Fähigkeiten, versucht den Spielaufbau so variabel wie möglich zu gestalten. Zudem spielt er bereits jetzt verhältnismäßig konstant, antizipiert zahlreiche potenziell gefährliche Situationen, gewinnt wichtige Defensivzweikämpfe und schaltet sich bei ruhenden Bällen immer wieder in die Offensive ein.

(Photo by PATRICIA DE MELO MOREIRA/AFP/Getty Images)

Es gibt aber auch noch einige Elemente in seinem Spiel, die man verbessern muss. Nach dem kometenhaften Aufstieg ist natürlich Nachhaltigkeit sehr wichtig, Dias muss über mehrere Jahre zeigen, dass er auf Toplevel mithalten und sich verbessern kann. Im Stellungsspiel hat er mitunter Schwierigkeiten, ebenso wirkt er teilweise etwas schlaksig. Ein Spieler in diesem Alter muss hart an sich arbeiten um besser zu werden – und er muss sich mit den besten Spielern messen. Bei einer WM-Teilnahme hätte Ruben Dias sogar Chancen auf Einsätze, alleine die Erfahrung in einem solchen Turnier würde extrem weiterhelfen.

Langfristiger Vertrag – kurzfristiger Wechsel?

Ebenfalls ein Thema ist die Zukunft. Wie geht es für den Spieler weiter, unabhängig davon, ob er mit nach Russland fährt? Der Vertrag des Innenverteidigers läuft noch bis 2022, dementsprechend müsste ein potenziell interessierter Verein viel Geld für Dias hinlegen. Gerüchten zufolge sollen ihn mehrere Teams aus England, darunter der FC Arsenal, bereits gescoutet haben. Wichtig ist, dass Dias nicht irgendwo auf der Bank sitzt, dementsprechend stehen die Chancen auf einen Verbleib, zumindest noch für eine weitere Saison, nicht schlecht, gerade weil der Vertrag von Kapitän Luisao nach dieser Spielzeit ausläuft. Verläuft die Entwicklung des 20-jährigen aber weiterhin so positiv und schafft er es auch in der portugiesischen Nationalmannschaft regelmäßig zum Einsatz zu kommen, dann wird Benfica diesen Spieler allerdings nicht halten können und ein Wechsel wird in absehbarer Zeit erfolgen.

 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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