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Exklusiv-Interview: 90PLUS meets Benjamin Henrichs

2. November 2016 | Spotlight | BY Chris McCarthy


Die Saison verlief für Bayer Leverkusen bisher eher suboptimal. Doch es gibt einen Lichtblick! Die unglaubliche Entwicklung des deutschen Junioren-Nationalspielers Benjamin Henrichs. Im 90PLUS-Interview berichtet der Gewinner der Fritz-Walter-Medaille von seinem rasanten Aufstieg!

 

 

90PLUS: Herr Henrichs, Sie erlebten zuletzt einen Senkrechtstart wie er im Buche steht, sind seit Ende letzter Saison eigentlich nicht mehr aus der Stammelf wegzudenken. Hinzu kommen die Entwicklung in den Juniorennationalmannschaften und natürlich die Fritz-Walter-Medaille in Gold. Hatten Sie bei der Unterschrift Ihres ersten Profivertrags im April 2015 auch nur ansatzweise mit solch einem Durchbruch gerechnet?

 Benjamin Henrichs:  Vielleicht insgeheim gehofft, aber nicht damit gerechnet. Vor allem die Geschwindigkeit hat mich überrascht.

90PLUS: Ihr Trainer Roger Schmidt bezeichnete Sie als einen „unglaublichen Spieler“, Rudi Völler sagte „seine Entwicklung ist außergewöhnlich“. Trotz des Lobs & der Erfolge wirken Sie extrem bodenständig, ruhig und professionell. Das ist nicht alltäglich für einen 19-jährigen. Wie kommt’s?

BH: So bin ich eben. Meine Familie und auch meine Freunde würden es definitiv nicht zulassen, wenn ich Gefahr laufe abzuheben. Die würden mich schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen… (lacht)

(Photo by Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images)

90PLUS: In der Jugend spielten Sie vorrangig im offensiven Mittelfeld. Roger Schmidt schulte Sie nun zum Außenverteidiger um. Wie genau kam es dazu und warum klappte das so reibungslos? Welche Rolle spielte dabei der Trainer?

BH:  Ömer Toprak hat mir schon früh prophezeit, dass ich als Verteidiger auflaufe. Da ich als Mittelfeldspieler keine große Torgefahr ausgestrahlt habe, hat er immer geflachst, ich würde bald eh in die Abwehr versetzt. Und so ist es dann auch gekommen. Der Trainer hat mich im Trainingslager in Orlando zur Seite genommen und mich in seinen Plan eingeweiht. Ich habe es als Außenverteidiger versucht und es hat geklappt. Dafür bin ich Roger Schmidt sehr dankbar. Nur so war es möglich, dass ich jetzt so viele Pflichtspiele bei den Profis absolviert habe.

 

 

90PLUS: Wie ging es Ihnen bei ihren ersten Bundesliga-Minuten und Spielen? Die vielen Zuschauer, das Tempo, das technische Level, die Tatsache, dass man gerade mit und gegen Vollprofis spielt… Wie verarbeitet man diese, sicher überwältigende, Eindrücke um sich auf seinen Job konzentrieren zu können?

BH: Natürlich wird einem schon etwas mulmig zumute, wenn man in ein ausverkauftes Bundesliga-Stadion kommt. Doch wenn das Spiel einmal läuft, dann vergisst du das ganze Drumherum. Dann konzentrierst du dich darauf, die Vorgaben des Trainers umzusetzen und eine gute Leistung zu zeigen.

90PLUS: Viele ziehen nun aufgrund Ihrer Flexibilität Parallelen zu Philipp Lahm oder Jonas Hector. Sie selbst sagen, dass Sie gerne da spielen, wo der Trainer Sie aufstellt.

Jetzt mal Hand auf’s Herz, welche Position macht Ihnen am meisten Spaß und wo sehen Sie sich in der Zukunft?

(Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

BH: Ich bin 19 Jahre alt und spiele regelmäßig als Außenverteidiger in der Bundesliga, in der Champions League und in der U-21. Das hätte ich als Mittelfeldspieler sicherlich nicht so schnell erreicht. Wenn mir das einer vor einem Jahr gesagt hätte, hätte ich ihn wahrscheinlich für verrückt erklärt. Deshalb ist es nicht so wichtig, auf welcher Position ich mich in Zukunft sehe. Ich will der Mannschaft helfen. Das steht für mich immer im Vordergrund.

90PLUS: Sie konnten sowohl als Links- aber auch als Rechtsverteidiger überzeugen, gelten als beidfüßig. War das schon immer so oder haben Sie sich das irgendwie antrainiert?

PS: Auf welcher Seite fühlen Sie sich wohler?

BH:  Das wurde uns in den unteren U-Mannschaften bei Bayer 04 beigebracht. Die Trainer haben großen Wert auf Beidfüßigkeit gelegt. Deshalb fühle ich mich auch auf beiden Abwehrseiten wohl. Es dauert immer nur einen kurzen Moment, bis ich mich umgestellt habe.

90PLUS: Im Schnitt bestritten Sie diese Saison 4,4 Tacklings pro Spiel, mehr als jeder andere Spieler in der Bundesliga. Haben Sie das gewusst? Hatten Sie diesen „Biss“ schon immer , also auch als offensiver Mittelfeldspieler?

BH: Die konkrete Zahl kannte ich jetzt nicht. Aber Zweikämpfe habe ich schon immer gerne bestritten … und gewonnen (schmunzelt).

(Photo by Ronald Wittek/Bongarts/Getty Images)

90PLUS: Sie sind noch am Beginn ihrer Karriere. Welche Aspekte ihres Spiels wollen Sie gezielt verbessern?

BH: Grundsätzlich sollte man immer an sich arbeiten – sowohl an den Stärken als auch an den Schwächen. Gezielt werden wir sicherlich noch an meinem Stellungsspiel arbeiten – und natürlich an der Torgefährlichkeit. Dann muss ich mir von Ömer keine Sprüche mehr anhören… (lacht).

90PLUS: Welcher Gegenspieler hat Ihnen in ihrer noch sehr jungen Karriere bisher die größten Probleme bereitet?

BH: Ibrahima Traoré von Borussia Mönchengladbach. Der ist unglaublich schnell und wendig. Und er zieht oft nach innen. Man muss höllisch aufpassen.

90PLUS: Seit der F-Jugend spielen Sie nun bei Bayer Leverkusen. Was bedeutet es für Sie, in „ihrem“ Verein den Sprung zum Profi geschafft zu haben. Was sind Ihre persönlichen Ziele mit der Werkself?

 

BH: Ich spiele seit der U8 bei Bayer 04, die Familie ist extra nach Leverkusen gezogen und ich fühle mich in dieser Stadt sehr wohl. Für mich ist ein Traum in der Erfüllung gegangen, als ich zum ersten Mal in der BayArena aufgelaufen bin. Mit der Mannschaft wollen wir natürlich den maximalen Erfolg, alles andere kommt von alleine.

90PLUS: Wir von 90PLUS berichtet über den internationalen Fußball. Welche Teams und Ligen verfolgen Sie privat gerne? Welche Spieler sind Ihre Vorbilder?

BH: Wenn internationaler Fußball im Fernsehen läuft, schaue ich zu. Es gibt aber keine Liga, die ich besonders aufmerksam verfolge. Mein großes Vorbild als Jugendspieler war Ronaldinho.

An dieser nochmal vielen Dank an Bayer Leverkusen und Benjamin Henrichs! 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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