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EXKLUSIV INTERVIEW: Uwe Hünemeier – Der Traum von der Premier League

20. August 2016 | Spotlight | BY Chris McCarthy


Im Sommer 2015 wechselte Uwe Hünemeier vom SC Paderborn in die englische Championship, zu Brighton & Hove Albion. Letzte Saison verpasste er nur knapp den großen Sprung in die Premier League. Im Exklusiv-Interview mit 90PLUS spricht der heimatverbundene Verteidiger über den Fußball auf der Insel, seine Zeit in England, seine Ziele, aber auch über seine Ex-Clubs aus Paderborn und Dortmund.

 

 

Herr Hünemeier, Sie sind nun seit genau einem Jahr beim englischen Zweitligisten Brighton & Hove Albion unter Vertrag! Haben Sie sich eingelebt, wie gefällt ihnen das Land und die Stadt Brighton?

Ich fühle mich sehr, sehr wohl hier und habe mich schnell und gut eingelebt. Die Saison ist natürlich unglaublich gut gestartet, ich habe viel gespielt und wir haben viele Spiele gewonnen. Brighton ist eine sehr schöne Stadt, die auch meiner Familie gut gefällt, wenn sie zu Besuch ist. Ich haben diesen Schritt bisher zu keinem Zeitpunkt bereut. 

 

Wie entstand der Kontakt zu Brighton? Der Wechsel kam ja doch etwas überraschend.

Ich bin eigentlich mit der Ambition, in Paderborn zu spielen, in die Zweitligasaison 2015/2016 gestartet. Zum Start der Spielzeit habe ich dann erfahren, dass ich beobachtet werde. Dass es für mich noch einmal so eine Chance geben würde, damit hatte ich ehrlich gesagt auch nicht mehr gerechnet. Es war natürlich keine einfache Entscheidung, auch weil klar war, dass die Familie in Deutschland bleiben und ich alleine nach England gehen würde. 

Bisher hat das glücklicherweise sehr gut funktioniert und es freut mich natürlich sehr, dass ich noch einmal diese Gelegenheit bekommen habe. 

(Photo by Stephen Pond/Getty Images)

Bis zu ihrer Adduktoren-Verletzung waren sie Stammspieler und spielten eine klasse Saison mit Brighton. Wie läuft die Reha, wann können die Fans wieder voll mit Ihnen rechnen?

Die Reha läuft sehr gut. Ich habe nun das erste Mal mit der U-23 trainiert und hoffe spätestens nach der Länderspielpause Anfang September wieder richtig einsteigen zu können. Bis dahin versuche ich die Intensität zu steigern, durch einige Testspiele Spielpraxis zu sammeln und dann letztendlich wieder topfit zu sein. 

 

Was haben sie auf der Insel bisher dazu gelernt? In welchen Bereichen hat sich, Ihrer Ansicht nach, ihr Spiel verbessert?

Gerade die physische Art des Spiels und die größere Intensität bedeuten eine größere Belastung für den Körper. Es war natürlich eine extreme Umstellung, die mir aber insgesamt schnell gelungen ist. 

In Brighton spielen wir mit der Viererkette deutlich höher und mutiger als in meinen bisherigen Mannschaften, sodass man etwas mehr auf der Hut sein muss. In der Hinsicht habe ich mich sicherlich taktisch verbessern können. Generell lernt man, gerade im Ausland, natürlich ständig dazu und ich habe in meinem ersten Jahr schon einiges mitnehmen können. 

 

In der vergangenen Saison erlebte Brighton einen großen Aufschwung. Nach Platz 20 in der Spielzeit zuvor, wurde man letztendlich etwas überraschend Dritter! Im Playoff-Halbfinale war dann leider Schluss!

Auch wenn es wohl kaum das Saisonziel war: Wie groß war die Enttäuschung, die Premier League so knapp verpasst zu haben? 

Das ursprüngliche Saisonziel war schon unter die Top-6 zu kommen. Dass es dann so gut lief, konnte sicherlich keiner erwarten und das haben uns auch die wenigsten zugetraut. Natürlich war am Ende der Saison die Enttäuschung groß, erst recht weil wir den direkten Aufstieg nur um zwei Tore verpassten (und sechs Punkte Vorsprung auf den späteren Aufsteiger Hull; Anm. d. Red)

Im Playoff Halbfinal-Hinspiel hatten wir mit vielen Verletzungen zu kämpfen, sodass wir das Spiel sogar in Unterzahl beenden mussten. Im Rückspiel hätten wir es noch drehen können, aber es sollte einfach nicht sein. 

 

Was halten Sie von dem Playoff-System in der Championship? Wäre das auch etwas für die 2. Bundesliga?

Es gibt natürlich immer Vor- und Nachteile für dieses System. Für uns persönlich war es letzte Saison natürlich sehr unglücklich, da wir in der regulären Saison deutlich besser waren, als die anderen Playoff-Teams. Für die Teams die gerade so in die Playoffs kommen, ist es natürlich eine große Chance doch noch aufzusteigen.

In England hat sich das System natürlich bewehrt, sodass es in Zukunft sicher hierbei zu keinen Veränderungen kommen wird. Ob das was für die zweite Bundesliga in Deutschland wäre, weiß ich nicht. Wir haben hier schon regulär 46 Saisonspiele und bekommen durch die Playoffs – im besten Fall- noch drei dazu. In Deutschland ist der Spielplan ebenfalls schon eng, vor allem wegen der Winterpause. Das ist aber auch sinnvoll und sollte, meiner Meinung nach, auf jeden Fall beibehalten werden. Weitere Spiele würden den Spielplan eigentlich nur aufblähen. 

 

In Kapitän Gordon Greer, Bobby Zamora, Andrew Crofts und Iñigo Calderón haben die Seagulls einige Routiniers verloren. Mit Steve Sidwell und Glenn Murray kam etwas Premier League Erfahrung in den Kader. Sonst gab es keine Neuverpflichtungen. Kann Brighton die klasse Saison wiederholen? (Mit den Premier League Absteigern Newcastle, Norwich und Aston Villa sind ja ein paar Hochkaräter dazugekommen!)

Natürlich werden wir versuchen wieder eine tolle Saison zu spielen, auch wenn das mit den Absteigern sicherlich nicht einfach wird. Newcastle ist für mich der absolute Top-Favorit und die anderen beiden haben, wie jeder Absteiger aus der Premier League, natürlich auch automatisch das Ziel wieder aufzusteigen. Wir wollen natürlich eine gute Rolle spielen, nachdem wir letztes Jahr so knapp gescheitert sind. Der Verein tut alles daran, seine besten Spieler zu halten, sodass wir auch die Möglichkeit haben wieder oben mitzuspielen. Das ist auch unser Ziel für diese Saison. 

 

Sie haben nun Erfahrungen in der deutschen und der englischen zweiten Liga gemacht. Viele bezeichnen die Championship sogar als die schwerste zweite Liga der Welt. Neben den finanziellen Ressourcen: Was sind die Hauptunterschiede zwischen den beiden zweiten Ligen? 

Ein großer Unterschied ist zum einen natürlich die Anzahl der Spiele, die man in England hat – 12 mehr als in der 2. Bundesliga. Dadurch hat man in der Saison ca. 10 – 12 englische Wochen. Das ist eine enorme Belastung. Hinzu kommt, dass das Spiel, wie bereits gesagt, viel physischer und intensiver ist.

Was die Zuschauer angeht ist es ziemlich gleich, die Besucherzahlen sind in beiden Ligen ja ziemlich gut. Allerdings gibt es in der Championship zahlreiche Traditionsclubs, die fast alle nach dem Aufstieg streben. Jede Saison gibt es von den 24 Teams ca. 12-14 Vereine, die auch ganz oben mitspielen wollen. Das ist sicherlich auch ein Unterschied zur 2. Bundesliga, in der meistens nur 6,7 Teams um den Aufstieg spielen.

 

Wie Sie selbst über die sozialen Medien das ein oder andere Mal durchblicken lassen, verfolgen Sie noch intensiv den SC Paderborn. Wie beurteilen Sie nach dem doch überraschenden Abstieg in die 3. Liga die aktuelle Lage bei ihrem Ex-Club?

Natürlich verfolge ich den SC Paderborn sehr intensiv, weil mich nach wie vor sehr viel mit dem Verein verbindet und ich auch aus der Region komme. Wann immer es möglich ist, schaue ich auch mal vorbei.

Der Verein hat mir auch die Möglichkeit gegeben, meine Reha im Sommer in der Heimat fortzuführen, was nicht selbstverständlich und eine tolle Geste ist. 

Es war klar, dass es nach dem Abstieg einen großen Umbruch in der Mannschaft geben würde. Ich denke der Verein hat eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern gefunden. Auch aus der Jugend wurden einige Spieler hochgezogen, was natürlich etwas der Situation geschuldet ist, dass man jetzt in der 3.Liga spielt, aber auch eine große Chance für den Verein ist.

Ich habe mir das Spiel gegen den MSV Duisburg angeschaut, welches leider unglücklich mit 1-0 verloren wurde. Ich hoffe, dass die Mannschaft sich jetzt schnell findet, um in der 3. Liga anzukommen, was sicherlich nicht einfach ist, und letztendlich eine ordentliche Runde spielen kann. 

 

Ein weiterer Ex-Club von Ihnen durchlebt gerade ein fulminantes Transferfenster. Was sagen Sie zum Umbruch in Dortmund? Wird der BVB auch in der kommenden Saison der größte Konkurrent der Bayern sein?

Natürlich haben sie einen größeren Umbruch hinter sich, gleichzeitig aber auch sehr interessante und namhafte Spieler verpflichtet, sodass der BVB sicherlich wieder eine absolute Top-Mannschaft vorzuweisen hat. Es wird entscheidend sein, wie schnell sich das Team finden kann. Die Testspiele lassen vermuten, dass es gut aussieht und Dortmund wieder eine hochkarätige und gerade offensiv, eine sehr schnelle Mannschaft hat, die meiner Meinung nach der größte Konkurrent für den FC Bayern sein wird. 

 

Als 30-jähriger Innenverteidiger haben sich sicherlich noch einige gute Jahre vor sich. Ihr aktueller Vertrag geht bis 2018. Was wollen Sie sportlich noch erreichen, wo soll die aktive Karriere im Idealfall enden? Auch in Hinblick auf ihr privates Leben: England oder Deutschland?

Nach meiner langen Verletzung ist für mich das erste Ziel wieder gesund zu werden und möglichst schnell auf den Platz zu kommen.

Die meisten hoffen bis zum 34. oder 35. Lebensjahr spielen zu können, da habe ich hoffentlich noch einige Jahre vor mir. Ich glaube, dass ich jetzt im besten Fußballeralter bin und spiele in einer sehr, sehr guten Liga mit der Aussicht vielleicht noch einmal in einer der besten Ligen der Welt spielen zu können.

Das Karriereende ist schwer zu planen, mein Lebensmittelpunkt wird aber immer in der Nähe von Paderborn bleiben. Dort wird es mich auch wieder hinziehen. 

 

Haben Sie Pläne für die Zeit nach dem Kicken?

Da ich die meiste Zeit ohne meine Familie hier bin und neben dem Training relativ viel Zeit habe, habe jetzt angefangen parallel zu studieren und mich mit Fußball-Management zu befassen. Es ist eine gute Gelegenheit, mich nebenbei etwas weiterzubilden und zu schauen, ob das vielleicht etwas für mich ist. Es ist nicht einfach, aber bisher läuft es ganz gut und es macht auch Spaß! 

 

Vielen Dank für Ihre Zeit und viel Glück in der kommenden Saison!

Übrigens: Auch diese Saison legte Brighton einen beachtlichen Saisonstart hin. Nach drei Spielen befinden sich die Seagulls mit sieben Punkten und einem beachtlichen Torverhältnis von 6:0 auf Platz 1 der Tabelle. 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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