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FC Bayern | Bei James-Abgang: Diese Szenarien sind vorstellbar

5. Mai 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight | Die Zukunft von James Rodriguez, der gegenwärtig von Real Madrid an den FC Bayern verliehen ist und für den der Rekordmeister eine Kaufoption in Höhe von 42 Millionen Euro besitzt, ist weiter ungewiss. Die Zeichen stehen auf Abschied, aber eine Entscheidung ist entgegen anderslautender Medienberichte noch nicht gefallen. Welche Optionen hat man beim FC Bayern, wenn man die Option für den Kolumbianer nicht zieht? Wir stellen mehrere Szenarien vor!

Die aktuelle Situation rund um James

James Rodriguez pendelte zu Saisonbeginn häufig zwischen der Bank und der Startelf, ehe ihn eine Knieverletzung wochenlang außer Gefecht setzte. In der Rückrunde wurde der Kolumbianer zunächst langsam aufgebaut, absolvierte im Februar und März aber zahlreiche Spiele von Beginn an und zeigte überwiegend gute Leistungen, beispielsweise beim 6:0 gegen Mainz, als er dreimal traf. Immer wieder wurde aber im Saisonverlauf in den Medien von einer Unzufriedenheit James‘ berichtet, auch Undiszipliniertheit wie das Zuspätkommen zum Training kamen ans Tageslicht. Der FC Bayern kommentierte die Zukunft von James immer zurückhaltend, verwies darauf, dass man viel Zeit habe um eine finale Entscheidung zu treffen. Lediglich Karl-Heinz Rummenigge war grundsätzlich voll des Lobes und schwärmte regelmäßig vom Offensivspieler.

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

In den letzten Wochen spielte James wieder seltener, saß gegen Dortmund 90 Minuten auf der Bank, wurde gegen Düsseldorf nur 10 Minuten eingewechselt, musste gegen Nürnberg nach 15 Minuten wieder ausgewechselt werden. Vor wenigen Tagen berichtete die spanische „Marca“, dass der FC Bayern die Klausel für James Rodriguez nicht ziehen wird, auch die „Bild“ meldete in Folge dessen, dass die Zeichen schon seit geraumer Zeit auf Abschied stehen, der Spieler selbst intern bereits mitgeteilt haben soll, dass er den Verein verlassen wird. Am Wochenende wollte man dies beim FC Bayern im Rahmen des Spiels gegen Hannover 96 nicht bestätigen. Karl-Heinz Rummenigge teilte mit, dass entsprechende Gespräche noch geführt werden müssen, Hasan Salihamidzic sagte, dass noch immer keine Entscheidung gefallen sei und man sich noch die nötige Zeit nimmt um eine solche zu treffen.

Doch wie genau ist das einzuordnen? Wären alle Parteien, sprich die Verantwortlichen des FC Bayern, Trainer Niko Kovac und James Rodriguez selbst von einem Verbleib in München überzeugt, dann hätte man die Spekulationen beenden und die Klausel bereits ziehen können. Es ist also davon auszugehen, dass mindestens eine der Parteien nicht überzeugt von einer langfristigen Zusammenarbeit ist. Das bedeutet, dass eine Aktivierung der Kaufoption – zumindest unter diesen Vorzeichen – unwahrscheinlich und Abgang im Sommer die Folge ist. Doch wie geht es dann mit dem FC Bayern weiter, welche Möglichkeiten der Besetzung dieser Position hat man?

Eine Frage der Ausrichtung

Die Besetzung des 10er-Raumes beim FC Bayern wird von James Rodriguez und Thomas Müller unterschiedlich interpretiert. James ist eher der spielmachende Typ, der häufig auf der 8er-Position zu finden ist, die Angriffe mitinitiiert. Thomas Müller hingegen taucht im Angriffsdrittel nahezu überall auf, ist ein Unruhestifter, der häufig auch im Strafraum zu finden ist. Der FC Bayern muss sich mehrere Fragen stellen, wenn er einen Ersatz für James Rodriguez verpflichtet.

Welchen Spielertypen möchte man verpflichten? Sucht man einen Spieler, der eher abschlussorientiert ist oder jemanden, der die spielmachenden Elemente eines James einbringt, technisch auf höchstem Niveau agiert? Und wenn man sich für Option A entscheidet, wird man das Mittelfeldzentrum „eine Position weiter hinten“ mit einem zusätzlichen spielmachenden Akteur verstärken, um Thiago zu entlasten? Möglicherweise zögert man in München auch deswegen mit einer finalen Entscheidung, weil die Zukunftausrichtung der gesamten Offensive mit der Besetzung dieser Position zusammenhängt. Man muss vorausschauend handeln und versuchen eine Ideallösung zu finden.

Möglichkeit 1: All-In bei Kai Havertz

Wenn man nach jungen Offensivspielern sucht, die in das Beuteschema des FC Bayern München passen dürften, dann sollte der Name Kai Havertz so ziemlich als erstes fallen. Denn Havertz spielt in der Bundesliga, ist deutscher Nationalspieler und überdies einfach ein hervorragender Fußballer. Havertz (19) trug in der Vergangenheit nicht selten fast alleine das Offensivspiel der „Werkself“, war einer der wenigen Spieler, die sich von den großen Formschwankungen der Mannschaft wenig bis überhaupt nicht beeindrucken ließen. Rudi Völler betonte zuletzt mehrfach, dass er sich keine Gedanken über einen Abgang Havertz‘ im Sommer machen würde und versicherte, dass der Youngster auch 2019/20 für die Werkself spielen wird.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern soll Medienberichten zufolge zu den Interessenten für Havertz zählen, beim Blick auf dessen Qualitäten ist das kein Zufall. Der 19-jährige ist ballsicher, bringt sich häufig in das Kombinationsspiel von Bayer ein, bringt den nötigen Zug zum Tor mit und liefert vor allem jetzt schon seine Leistungen auf konstant hohem Niveau ab. Mit 17 Toren und 7 Vorlagen bei 37 Pflichtspieleinsätzen spielt Havertz eine grandiose Saison – und er besitzt das Potenzial für mehr. Aus ihm kann in den kommenden Jahren ein absoluter Weltklassespieler werden, diese Chance sollte man sich in München nicht entgehen lassen.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass Havertz extrem flexibel einsetzbar ist, sich die gefährlichen Räume sucht und auch über die nötige Geschwindigkeit verfügt um auf der Außenbahn direkte Duelle zu gewinnen. Der Haken ist, dass die Worte von Völler enorm eindeutig waren und man davon ausgehen kann, dass Havertz erst 2020 auf den Markt kommt. Und selbst dann wird eine enorm hohe Summe notwendig sein, um Havertz zu verpflichten.

Möglichkeit 2: Hoffen auf Dybala

Die Gerüchteküche rund um James Rodriguez brodelt bekanntermaßen, zu den Interessenten für den Kolumbianer soll vor allem Juventus Turin gehören. Die Italiener verfügen über die finanziellen Möglichkeiten um Real Madrid ein entsprechendes Angebot vorzulegen und James nach Turin zu locken. Das könnte dafür sorgen, dass der Argentinier Paulo Dybala im Sommer auf den Markt kommt. In italienischen Medien ist ohnehin die Rede davon, dass Dybala sich Gedanken um seine Zukunft macht und Juventus ihn als möglichen Abgang in Erwägung zieht um Einnahmen zu generieren, die für die Neustrukturierung der Mannschaft benötigt werden. Karl-Heinz Rummenigge gilt indes als großer Fan des 25-jährigen, der in dieser Saison für Juventus in 39 Pflichtspielen an 16 Treffern beteiligt war, aber auch häufiger auf der Bank sitzen musste.

Auch Dybala steht, wie Havertz, noch bis 2022 bei seinem Klub unter Vertrag, könnte aber, wenn James oder ein anderer Offensivspieler verpflichtet wird, der im Zentrum einsetzbar ist, einfacher zu verpflichten sein. Die Qualitäten eines Paulo Dybala sind allgemein bekannt, er ist kein klassischer Spielmacher und kein Spieler, der für seine enorm große Defensivarbeit bekannt ist, sondern jemand, der sich im Offensivdrittel seine Freiheiten nimmt und dort jederzeit ein Spiel entscheiden kann. Dybala verfügt über eine gute Technik, kann den entscheidenden Pass spielen, das Hauptaugenmerk liegt aber auf seinem sehr guten Abschluss. Der 25-jährige handelt oftmals instinktiv, ist kaum aus dem Spiel zu nehmen und schießt überdies noch sehr gefährliche Standards. Sollte er in der Tat auf den Markt kommen, muss man sich in München mit ihm beschäftigen.

Möglichkeit 3: Allround-Spieler Ziyech

Auch Ajax-Offensivspieler Hakim Ziyech soll ein Kandidat beim Rekordmeister sein. Mehrere ausländische Medien bringen den FC Bayern mit Ziyech in Verbindung, auch wenn die Medien hierzulande, wie der „Kicker“ und die „SportBild“ berichten, dass man in München kein Interesse an Ziyech habe. Dennoch sollte Ziyech bei vielen Topklubs auf der Liste stehen, denn seine kontinuierliche Entwicklung in Amsterdam ist absolut beeindruckend. Der 26-jährige ging nicht überstürzt den nächsten Schritt, ist nun aber definitiv bereit für eben diesen. Und: Ziyech wäre im Vergleich zu Havertz und Dybala die günstigste Option, könnte zudem nicht nur das Zentrum, sondern auch die Flügelpositionen abdecken. Seine Zahlen lesen sich in dieser Saison beeindruckend, 41 Torbeteiligungen in 45 Spielen sprechen eine klare Sprache. Ziyech ist ein Spieler, der über seine Dynamik kommt, den Ball nach vorne treibt und ein wichtiger Bestandteil im ajaxtypischen Kombinationsspiel. Entwicklungen hinsichtlich seiner Zukunft wird es aber vermutlich nicht vor dem Saisonende geben.

Möglichkeit 4: Abdeckung durch Werner/Goretzka

Eine weitere Möglichkeit, die vor allem dann in Betracht gezogen werden könnte, wenn der Wunschtransfer nicht realisierbar ist oder man sich auf eine Verpflichtung von Kai Havertz 2020 verlässt, wäre eine Lösung mit Leon Goretzka und Timo Werner, sofern dieser von RB Leipzig kommt. Goretzka spielte in der laufenden Saison unter Niko Kovac bereits häufiger auf der offensiveren Position im Mittelfeld und Timo Werner soll man in München, so berichtete der „Kicker“ vor wenigen Wochen, eher als einen Spieler rund um Robert Lewandowski herum sehen und nicht als Sturmspitze.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Die Zeichen bei Werner stehen definitiv auf Abschied im Sommer, verschiedenen Medienberichten zufolge sollen nach dem Saisonende Gespräche zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig stattfinden. Werner kann in der Offensive auf mehreren Positionen eingesetzt werden und ist aufgrund seiner Qualitäten sicher überall integrierbar, aber die ideale Position oder eine ideale Einbindung des Nationalstürmers ist zumindest auf den ersten Blick schwer vorstellbar, denn bei all seinen Qualitäten und seinen guten Zahlen herrschen besonders im technischen Bereich und im Bereich der Entscheidungsfindung Defizite, bei denen man nicht sicher sein kann, ob diese mit der Zeit abgestellt werden.

Fazit

Auch wenn noch keine Entscheidung gefallen ist, muss der FC Bayern für den Fall eines James-Abgangs einen Plan in der Hinterhand haben und frühzeitig daran arbeiten den Spieler zu ersetzen. Dabei spielt natürlich die Frage eine Rolle, wie man in der kommenden Saison Fußball spielen und welche Spielertypen man im Kader haben möchte. Sucht man einen Spieler, der wie James häufiger im 8er-Raum zu finden ist, dann könnten Ziyech oder Havertz Optionen sein, sucht man einen Spieler, der sich deutlich mehr als hängende Spitze sieht, könnten Dybala oder Werner Optionen sein. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass keines der von uns vorgestellten Szenarien in die Realität umgesetzt wird, denn die Personalie James ist nicht nur einzeln zu betrachten, sondern auch Teil der Gesamtkonstellation im Kader, sodass auch die Verpflichtung auf dem Flügel, die noch getätigt werden muss, eng mit dem James-Ersatz verknüpft ist. Alles in allem kann man festhalten, dass der Sommer für die Verantwortlichen des FC Bayern München, wenn die Entscheidung James nicht fest zu verpflichten feststeht, noch einmal arbeitsintensiver wird, als es ohnehin schon der Fall ist.

Manuel Behlert

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)



Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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