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Jamal Musiala beim FC Bayern: Mehr als nur „Versprechen eingelöst“

3. Mai 2021 | Trending | BY Manuel Behlert

Am 1. Spieltag der Saison 2020/21 erzielte Jamal Musiala sein erstes Tor in der Bundesliga. Schon früh wurde der technisch versierte Offensivspieler von allen Seiten gelobt. Als „Versprechen für die Zukunft“ betitelten nicht wenige den Teenager. Nicht einmal ein Jahr später hat er dieses Versprechen mehr als nur eingelöst. 

  • Jamal Musiala: Wichtiger Rotationsspieler für den FC Bayern
  • Technik, Finesse, Kreativität: Musiala vereint zahlreiche Komponenten
  • Der Youngster befindet sich erst am Anfang seiner Entwicklung

Jamal Musiala: Wie alles begann

18. September 2020, Allianz Arena. Der FC Bayern München führt komfortabel gegen Schalke 04. Hansi Flick gibt Jamal Musiala, dem vielversprechenden Youngster, eine Chance. Im weiteren Spielverlauf zeigt er seine Klasse. Übersteiger, kurzer Haken, Abschluss, Tor. Das 8:0 gegen überforderte Schalker war für den Spielstand und den Sieg nicht besonders wichtig. Für Musiala war es aber der erste entscheidende Schritt. Ein Schritt von vielen auf dem Weg nicht nur in den Profifußball, sondern in einer der besten Mannschaften der Welt.

Der in Stuttgart geborene Jamal Musiala wechselte 2010 nach England, schloss sich 2011 der Jugendakademie des FC Chelsea an. Dort lernte er enorm viel, entwickelte sich fußballerisch und persönlich weiter. Der FC Bayern wurde schließlich auf ihn aufmerksam, scoutete den Youngster intensiv und lotste ihn 2019 nach München. Auch hier spielte Musiala zunächst in der Jugend, später in der zweiten Mannschaft. Der Fußball der 3. Liga passte nicht besonders zum kreativen Feingeist, das hohe Niveau bei den Profis allerdings umso mehr. Nachdem Musiala im Training auf sich aufmerksam machte und Mitspieler wie Trainerteam begeisterte, feierte er am 33. Spieltag der Vorsaison gegen den SC Freiburg sein Debüt. Nur wenige Minuten. Aber diese Minuten bedeuteten viel, ebenso wie das bereits angesprochene erste Tor gegen Schalke.

Jamal Musiala etabliert sich im Profikader

Kurze Vorbereitung, viele überspielte Spieler, die ein oder andere Verletzung und ein extrem hoher Sieg: Dass Musiala gegen Schalke 04 ein wenig Spielzeit erhielt, war nicht besonders überraschend. Die Frage war: Bleibt das ein Einzelfall und wird der Offensivspieler langsam aufgebaut oder ist er tatsächlich regelmäßig eine Option? Die Mischung aus naturgegebenem Talent und einem offensichtlich sehr guten Trainingseifer beantwortete diese Frage. An den ersten fünf Spieltagen der Bundesliga kam Musiala immer zum Einsatz. Hier mal 15 Minuten, da mal 20. Jede Minute auf dem Feld half ihm weiter. In einem Team voller erfahrener Spieler lernte Musiala Schritt für Schritt dazu. Er wusste, dass er Fehler machen darf, dass diese dazugehören.

Und so jagte Musiala den verlorenen Bällen hinterher, wirkte zuweilen, als sei er kaum einzufangen. Ein Jungspund im Konzert der Großen – und noch dazu einer, der gut mit dem Ball umgehen kann. Denn trotz kleinerer Probleme in der Entscheidungsfindung, seiner zunächst noch sehr schmächtigen Statur und dem Respekt vor dem Profifußball und dem hohen Niveau wurde er immer besser. Das sah auch sein Trainer so: „Ich bin mit ihm zufrieden, weil er auch im Training immer wieder zeigt, was für eine Qualität er hat. Er ist ein junger Spieler, der es verdient hat, auch mal von Anfang an zu spielen“, hieß es nach dem Spiel in der Hinrunde gegen Werder Bremen.

Häufig gibt es Spiele in der Karriere eines jungen Spielers, die als eine Art Durchbruch zu werten sind. Bei David Alaba (28) war es einst ein Spiel in der Champions League bei der Fiorentina. Stadio Artemio Franchi, gefühlte Windstärke 10, viel Lehrgeld, viele positive Ansätze und ein Weiterkommen. Bei Jamal Musiala war dieses Erlebnis sicher das Heimspiel gegen RB Leipzig. Aufgrund einer Verletzung von Javi Martinez wurde der Youngster früh eingewechselt und stellte die Partie auf den Kopf. Das 1:1 erzielte er herrlich selbst und auch im weiteren Spielverlauf trieb er unbekümmert aber zielstrebig das Spiel des Rekordmeisters an. Allerspätestens jetzt war er angekommen und hatte sich einen Namen gemacht.

Musiala Leipzig

Photo by Imago

Beim FC Bayern nicht mehr wegzudenken

Im weiteren Verlauf der Saison spielte sich Musiala immer mehr in die erste Mannschaft. Startelf in der Champions League, erstes Tor in Europa gegen Lazio, immer dominantere Auftritte in der Bundesliga. Mit der Spielzeit wuchs auch das Vertrauen in die eigene Stärke. Hansi Flick förderte und forderte den jungen Spieler, setzte ihn zuweilen aber auch länger auf die Bank. All das ist Teil eines für ein Talent wichtigen Prozesses. Die Etablierung geht nicht planbar immer steiler nach oben, sondern es gibt Phasen, in denen man gebraucht wird und Phasen, in denen man häufiger zusehen muss.

Musiala arbeitete hart an sich, verbesserte seine Physis und traute sich auf dem Platz immer mehr zu. Der offensive Mittelfeldspieler steht nun bei gut 1200 Pflichtspielminuten in der Saison 2020/21. Dabei gelangen Musiala starke sieben Tore, zudem initiierte er zahlreiche gefährliche Angriffe und kreierte Torchancen. Als Spieler in der Startelf oder kreative Joker-Option auf mehreren Positionen: Der 18-Jährige, der schon für die deutsche Nationalmannschaft debütierte und sogar Chancen auf den Sprung in den EM-Kader hat, ist aus dem Kader des FC Bayern nicht mehr wegzudenken. Und allein diese Entwicklung ist für die erste Profisaison schon von enormer Bedeutung. 

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Jamal Musiala beim FC Bayern: Flexibilität ist Trumpf

Jamal Musiala bringt eine Vielzahl an Qualitäten mit, die er in dieser Saison im Trikot des FC Bayern unter Beweis stellen konnte. Allen voran ist seine Ballbehandlung hervorzuheben. Technisch bringt dieser Spieler nahezu alles mit. Er findet auf engstem Raum Lösungen, sei es mit einem klugen Pass in den freien Raum oder aber mit einem Dribbling. Insbesondere im letzten Drittel sind seine 1-gegen-1-Aktionen enorm wertvoll. Der Ball klebt zuweilen förmlich an den Schuhen des 18-Jährigen, der dadurch nicht nur Verwirrung stiftet, sondern mit einer solchen Aktion auch schon einen Torerfolg feiern konnte. So zum Beispiel in Wolfsburg, als Musiala den FC Bayern früh in Führung brachte und sich vorher durch den Strafraum der Niedersachsen schlängelte.

Die Eleganz in Verbindung mit einer immer besseren Zielstrebigkeit und Entscheidungsfindung lassen Musiala bereits sehr reif wirken. Sein Abschluss ist präzise, gegen Leipzig und Lazio traf er mit extrem platzierten Schüssen. Außerdem arbeitet der Youngster sukzessive an seinen Schwächen. Die bereits erwähnten Fortschritte in Sachen Physis sind dafür ein Indikator, überdies traf Musiala gegen Wolfsburg auch per Kopf. Just in dem Spiel, nachdem der Offensivspieler mit Co-Trainer Gerland am Kopfballpendel arbeitete.

Musiala

Photo by Imago

Talent, Selbstvertrauen und ein hohes Arbeitspensum sind eine sehr gute Mischung. Hinzu kommt, dass Musiala auch deswegen in den guten Phasen der Saison häufig zum Einsatz kam, weil er seine Qualitäten auf mehreren Positionen gewinnbringend einsetzen kann. Als spielstarker zentraler Mittelfeldspieler aus der Tiefe, als Spielmacher auf der „10“ oder als ballsicherer Dribbler auf der Außenbahn: Er findet sich überall zurecht. Eine Lieblingsposition mag er zwar haben, in diesem Stadium seiner Karriere ist Musiala aber einfach froh, wenn er auf das Feld darf.

Blick in die Zukunft: Nächster Schritt unter Nagelsmann?

Im Sommer sieht sich Jamal Musiala beim FC Bayern nun mit einem neuen Trainer konfrontiert. Julian Nagelsmann ist ein junger, aufstrebender Trainer, der sich in seiner Karriere bisher häufig mit der Entwicklung von jungen Spielern befasst hat. Als Leihspieler arbeitete Serge Gnabry in Hoffenheim mit Nagelsmann, machte entscheidende Fortschritte. Auch Musiala sollte in Zukunft davon profitieren, einen jungen, zielstrebigen und taktisch versierten Trainer wie Nagelsmann zu haben. Es sind viele Faktoren, die für eine positive Zusammenarbeit sprechen. Die Flexibilität von Musiala passt perfekt zum neuen Trainer, der mit seiner Mannschaft immer in der Lage sein will, mehrere Systeme zu spielen und Spieler zuweilen in einem Spiel mehrfach hin- und herwechseln lässt.

Der nächste Schritt für den Youngster ist es, noch mehr Spielzeit zu sammeln, noch häufiger einen großen Einfluss auf das Spiel zu haben. Leistungsdellen werden kommen, das ist in diesem Alter ganz normal. Doch auf lange Sicht setzt sich enorme Klasse immer durch. Und die bringt Musiala mit. Kurzum: Das Versprechen für die Zukunft hat er bislang mehr als nur eingelöst. Jetzt geht es darum, die Geschichte weiter zu schreiben.

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Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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