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Julian Weigl: Schwierige Zeiten beim BVB

14. Dezember 2018 | Spotlight | BY Damian Ozako

Borussia Dortmund ist aktuell Tabellenführer in der Bundesliga, wurde Gruppensieger in der Champions League und steht im Achtelfinale des DFB-Pokals. Der Umbruch unter Lucien Favre läuft bis jetzt sehr gut, aber es gibt natürlich auch Spieler, die dabei etwas auf der Strecke bleiben. Einer davon ist Julian Weigl.

Erster Einsatz für Weigl seit einem Monat

Im letzten Spiel der Gruppenphase der Champions League kam Julian Weigl (23) zum ersten Mal seit einem Monat zum Einsatz. Beim Sieg (2:0) gegen das erschreckend schwache und zu dem Zeitpunkt bereits ausgeschiedene Monaco durfte der ehemalige Nationalspieler über die volle Distanz spielen. Dies war sein erster Einsatz seit einem Monat. Zuletzt stand er Mitte November gegen Bayern München in der Startelf und war der vermutlich schwächste Spieler auf dem Platz. Zur Halbzeit wechselte ihn Favre aus und Weigl war seitdem erstmal außen vor.

Gegen Monaco zeigte Weigl eine ordentliche Leistung, aber es war keinesfalls eine Empfehlung für einen Platz in der ersten Elf. Weigl, der eigentlich den Anspruch hat Verantwortung zu übernehmen und diese Mannschaft zu führen, hatte einige Unsicherheiten in seinem Spiel und würde dem BVB in einem wichtigen Spiel aktuell keinen wirklichen Mehrwehrt bieten.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Weigl war für Borussia Dortmund ein Glücksfall

Noch vor nicht allzu langer Zeit war dies undenkbar. Als der Mittelfeldspieler aus der zweiten Liga von 1860 München zum BVB gewechselt ist, konnte er sich unter Thomas Tuchel direkt durchsetzen und war gesetzt. Der mittlerweile 23-Jährige hat sich damals ins Herz der Anhänger gespielt und war lange Zeit unantastbar. Weigl lenkte das Spiel der Borussia und verteilte geschickt die Bälle im Mittelfeld. Er war der Spieler, der die Defensive mit der Offensive verbunden und geholfen hat die Gegner teilweise mit Ballbesitz zu erdrücken. Der BVB war in der ersten Saison unter Tuchel sehr spieldominant und Weigl kam dies sehr entgegen.

Er durfte sogar mit zur EM 2016 fahren und es schien so als würde einer großen Karriere nichts mehr im Wege zu stehen. Doch schon in der darauffolgenden Saison hat er mehr Probleme bekommen. Insgesamt konnte Weigl immer noch überzeugen, aber die Gegner nahmen ihn deutlich mehr in den Fokus und setzten ihn immer stärker unter Druck. Er hat außerdem mit Ilkay Gündogan (28) seinen wichtigsten Partner im Mittelfeld verloren. Die Mannschaft spielte generell ein wenig chaotischer und Weigl hatte zunehmend damit zu kämpfen.

Unter Peter Bosz hat er dann seine erste größere Krise beim BVB erlebt. Nachdem er zu Saisonbeginn noch verletzt war, musste er sich zurück in die Mannschaft kämpfen und wurde vom Niederländer in eine ungewohnte Rolle gesteckt. Er sollte nun deutlich offensiver agieren. In einer Mannschaft, die zunehmend ohne richtige Absicherung spielte, wurde Weigl mit der Zeit immer unsicherer und zeigte teils sehr schwache Leistungen. Unter Peter Stöger wurde es dann zwar etwas besser, aber auf dem Platz sahen die Fans nicht mehr den aufstrebenden jungen Spieler, den sie unter Tuchel schätzen gelernt haben.

(PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images)

Borussia Dortmund brauchte mehr Physis

Deshalb dürfte nicht nur er froh gewesen sein, dass mit Lucien Favre wieder ein Trainer übernimmt, der dafür bekannt ist ein sehr gut durchdachtes System spielen zu lassen. Allerdings kam man in der Sommerpause bei Borussia Dortmund auch zum Entschluss, dass es im Mittelfeld mehr physische Präsenz braucht. Zu oft ließ sich der BVB in der Vergangenheit einfach niederkämpfen und wehrte sich dagegen kaum. Deshalb verpflichtete man Thomas Delaney (27) und Axel Witsel (29). Beide Verpflichtungen haben sich bislang gelohnt und vor allem der Belgier überzeugt auf ganzer Linie. Der erhoffte Neustart unter Favre ist für Weigl dadurch gründlich misslungen.

Für den 23-Jährigen ist es derzeit extrem schwierig eine Position im Mittelfeld zu übernehmen. Delaney und Witsel sind die Stammbesetzung und an dritter Stelle kommt Mo Dahoud (22). Erst danach kommt Julian Weigl. Dies hat verschiedene Gründe. Für den defensiveren Part im Mittelfeld ist momentan Axel Witsel zuständig und es gibt absolut keinen Grund ihn rauszurotieren. Der Belgier ist einer der wichtigsten Spieler für den BVB und vereint Spielfreude mit defensiver Robustheit, wie sonst kein anderer Akteur im Kader der Schwarzgelben. Er verliert kaum Bälle und ist immer anspielbar. Schon nach wenigen Monaten ist er der Chef auf dem Platz. Eine Rolle, die Weigl momentan nicht erfüllen kann.

(PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images)

Julian Weigl ist für das Spiel von Borussia Dortmund zu eindimensional

Für die etwas offensivere Rolle fehlt Weigl schlichtweg die Dynamik und die Qualität. Er könnte nicht so ins Gegenpressing gehen wie Delaney oder mal ein paar Gegenspieler stehen lassen und sich mit dem Ball in Richtung des gegnerischen Strafraums bewegen wie Dahoud. Das ist nicht das Spiel eines Julian Weigls. Der 23-Jährige hat einen riesigen Nachteil gegenüber seinen Konkurrenten: er ist nicht mal ansatzweise so vielseitig einsetzbar wie Witsel, Dahoud oder Delaney. Weigl kann nur als alleiniger Sechser richtig aufblühen. Nur so kann er ein Spiel vernünftig ordnen. Wird er nicht so eingesetzt, bekommt er direkt Probleme und momentan wäre es schlichtweg unlogisch das System so umzustellen, sodass Weigl funktioniert. Das Team ist erfolgreich und eingespielt.

Im ersten Champions-League-Spiel gegen Brügge stand Weigl zusammen mit Witsel in der Startelf und man konnte gut beobachten, wie sich beide im selben Raum bewegt haben und sich mehr oder weniger im Weg standen. Besteht das Mittelfeldduo aus Weigl und Dahoud, fehlt im Spiel der Dortmunder ein wenig die defensive Stabilität. Wenn Monaco am Dienstag nicht so wahnsinnig ungefährlich gewesen wäre, hätte das Mittelfeld für große Probleme sorgen können. In Ansätzen war dies schon deutlich zu erkennen.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

In der Theorie müsste sich Weigl mit Delaney an seiner Seite sehr wohl fühlen. Der Däne könnte den dynamischen Part im Mittelfeld spielen, während sich Weigl fallen lässt um das Spiel von hinten aufzuziehen. Allerdings befindet sich Weigl in einem Formtief und lässt jegliche Sicherheit in seinem Spiel vermissen. Es ist also ein Modell, das momentan nur in der Theorie funktionieren könnte. Es ist verständlich, dass Favre hier keine Experimente anfängt.

Hat Julian Weigl eine Zukunft beim BVB?

Witsel ist nicht zu verdrängen und Dahoud und Delaney haben Qualitäten, die gerade mehr gefragt sind und Weigl so nicht hat. Diese Konstellation resultiert in wettbewerbsübergreifend nur sieben Einsätzen für Weigl. Viermal stand er dabei in der Startelf und nur zweimal spielte er über die volle Distanz. In den Medien wird schon fleißig darüber spekuliert, ob der ehemalige Shootingstar den BVB schon im Winter verlassen könnte.

Ja, er befindet sich momentan nicht in seiner früheren Glanzform. Ja, Dortmund hat momentan deutlich bessere Alternativen. Aber abgeschrieben ist Weigl noch längst nicht. Sollte sich Witsel verletzen, dürfte Weigl die erste Alternative für ihn sein. In Topform ist er deutlich besser geeignet für die klassische Sechserposition als Delaney oder Dahoud. Dortmund braucht ihn um eine gute Kadertiefe zu behalten. Ein Verkauf im Winter ist definitiv ausgeschlossen. In der Zukunft dürfte er auch weiterhin eine spannende Option sein, wenn er sich als Spieler ein wenig weiterentwickelt. Es muss nicht mal seine Physis sein, sondern lediglich seine Systemkompatibilität. Derzeit kann er nur in einer bestimmten Rolle glänzen. Ändert sich das in den kommenden Monaten, hat er auch weiterhin eine Zukunft beim BVB. Sollte sich hingegen nichts an seiner Situation verändern, ist eine Trennung im Sommer nicht ausgeschlossen.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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