Spotlight

Kommentar zur Brandt-Verlängerung: Der richtige Schritt – für beide Seiten

4. April 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Heute Vormittag vermeldete Bayer 04 Leverkusen, dass man den Vertrag mit Offensivtalent Julian Brandt (21) vorzeitig bis 2021 verlängern konnte. Der Spieler wurde in der Vergangenheit mehrfach mit einem Wechsel im Sommer in Verbindung gebracht, hatte dem Vernehmen nach eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag, fühlt sich aber in Leverkusen wohl und unterschrieb dementsprechend für drei Jahre. 

Ein Wechsel in diesem Sommer wäre sicherlich möglich gewesen, doch Brandt betonte mehrfach, dass er sich in Leverkusen wohlfühlt und dass er noch große Ziele mit der „Werkself“ hat. „Ich habe richtig Bock darauf, gemeinsam mit den anderen Jungs daran zu arbeiten Titel zu gewinnen und in diesem Team noch mehr Verantwortung zu übernehmen“, sagte Brandt selbst zu seiner Verlängerung.

Ein klarer Karriereplan

Als Julian Brandt in der Jugend des VfL Wolfsburg auf sich aufmerksam machte, zeigte der FC Bayern bereits Interesse am Offensivspieler. Mit 17 Jahren entschied sich Brandt aber für einen Wechsel zu Bayer Leverkusen. Der Druck war geringer als beim Rekordmeister, Spielzeit wahrscheinlicher und Leverkusen ist als Verein bekannt, der die Entwicklung junger Talente fördert. Brandt bekam in Leverkusen das Vertrauen und wurde schon früh in der Bundesliga eingesetzt, hat nicht umsonst bereits 126 Spiele in Deutschland höchster Spielklasse auf dem Konto.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Der 21-jährige scheint über einen klaren Karriereplan zu verfügen, der zum jetzigen Zeitpunkt eben vorsieht, dass die Entwicklung in Leverkusen noch einen Schritt weitergehen kann. Eben jene vom Talent zum etablierten Bundesligaspieler hat er gemeistert, nun will Brandt in seinem gewohnten Umfeld zu einem Führungsspieler reifen. Sollte dieses Kapitel erfolgreich beendet sein, könnte der nächste Schritt folgen. Dafür spricht auch die Verlängerung bis 2021 und nicht noch länger – Brandt weiß, dass er das Potenzial hat, um für einen größeren Klub zu spielen, er will aber nichts überstürzen.

Permanente Weiterentwicklung in Leverkusen

Als Brandt im Januar 2014 nach Leverkusen kam hätte sich kaum jemand vorstellen können, dass er in der Rückrunde bereits regelmäßig in der Bundesliga zum Einsatz kommen wird. Der damals 17-jährige wurde nach einer kurzen Akklimatisierungsphase sofort in das kalte Wasser geworfen, zunächst als Joker, später sogar von Beginn an. Und er zahlte das Vertrauen der Verantwortlichen zurück, erzielte zwei Tore und bereitete drei weitere vor – in weniger als 600 Minuten Einsatzzeit. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war jedem klar, dass sich Leverkusen ein Juwel geangelt hat.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

In der darauffolgenden Spielzeit absolvierte Brandt seine erste komplette Saison in der Bundesliga. Er spielte häufiger, sammelte erste Erfahrungen in der Königsklasse und hatte am Saisonende 9 Scorerpunkte (bei rund 1500 Einsatzminuten) auf seinem Konto. Brandt wurde langsam an das Stammspielerpensum herangeführt, was sich 2015/16 bereits auszahlen sollte. 10 Tore, 8 Vorlagen, über 2000 Spielminuten – Julian Brandt zählte zu den aufstrebendsten Talenten im deutschen Fußball, hob aber keinesfalls ab, sondern arbeitete weiter an sich, versuchte sein Spiel zu verbessern, effizienter zu werden.

Die vergangene Saison lief für Bayer Leverkusen alles andere als gut, was sich auch in den Leistungen von Julian Brandt bemerkbar machen sollte. Mit 20 Jahren konnte er noch kein Führungsspieler sein, die Mannschaft spielte selten wirklich gut, größere Formschwankungen waren die Folge. Trotzdem: 4 Tore und 11 Vorlagen sind eine zumindest solide Bilanz für einen jungen Spieler, der die erste größere Krise im Verein durchlebt. Auch in dieser Saison (bisher 9 Tore, 6 Vorlagen) ist Brandt ein wichtiger Bestandteil des Leverkusener Spiels, hat aber weiterhin Phasen, in denen er untertaucht. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass eine Verlängerung und eine Fokussierung auf die eigene Weiterentwicklung in Leverkusen ein kluger Schritt ist. Wenn er das Offensivspiel bei Bayer noch nicht regelmäßig „dominiert“, warum sollte er zu einem besseren Klub gehen?

Die nächsten Jahre werden wichtig

Zum jetzigen Zeitpunkt gehört Julian Brandt regelmäßig zum Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft, beim Confed-Cup im letzten Sommer sammelte er Turniererfahrung. In der DFB-Elf ist er zwar „nur“ Ergänzungsspieler, aber das ist für einen 21-jährigen akzeptabel, gerade bei der großen Konkurrenz. Brandt hat dort die Chance von den etablierten Spielern zu lernen, sich Tipps zu holen und gleichzeitig bei Bayer 04 Schritt für Schritt in die Führungsrolle hineinzuwachsen. Seine Anlagen sind fantastisch, er verfügt über eine gute Technik, eine saubere Ballbehandlung, antizipiert offensive Räume und ist in der Lage diese zu bespielen. Seine große Stärke ist nicht das Tempodribbling, im Gegenteil, denn im 1-gegen-1 kann sich Brandt noch verbessern, sondern das Raumverständnis und das Kombinationsspiel.

(Photo by ROBERT MICHAEL/AFP/Getty Images)

Der 21-jährige ist also eine Art Kreativspieler auf der Außenbahn, der eben auch in der Mitte eingesetzt werden und dort seine Qualitäten ebenso einsetzen kann. Brandt muss jetzt zeigen, dass er in der Lage ist seine Formschwankungen und Konstanzdellen auf ein Minimum zu reduzieren, wohlwissend, dass die großen Klubs in Europa seine Entwicklung weiterhin verfolgen werden. Zeitdruck hat der in Bremen geborene Brandt keinesfalls, aber in Leverkusen erwartet man sich einiges, das machen die Aussagen rund um die Verlängerung deutlich. Ein Vorteil dürfte sein, dass die „Werkself“ derzeit auf einem guten Weg ist und nach dem turbulenten letzten Jahr in der kommenden Saison zumindest in der Europa League vertreten ist. Denn Spieler dieser Qualität benötigen die internationale Bühne, man muss sich mit Topspielern messen, um noch besser zu werden.

Junges, offensives Team als Faktor

Das Umfeld in Leverkusen scheint, wie bereits angesprochen, zu stimmen. Mit Kai Havertz, Kevin Volland und Leon Bailey stehen weitere, hochtalentierte und vor allem junge Spieler im Aufgebot. Wenn es Bayer gelingt diese Offensive noch 1-2 Jahre zusammenzuhalten und klug zu verstärken, dann kann etwas sehr spannendes entstehen. Auch die Vertragsverlängerungen von Lars Bender und Jonathan Tah unterstreichen die Ambitionen in Leverkusen. Zwar steht gerade Leon Bailey auf der Liste zahlreicher Spitzenklubs, aber Rudi Völler wird den Offensivstar keinesfalls kampflos hergeben. Und günstig schon gar nicht.

(Photo by Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images)

Die Vorzeichen stehen also insgesamt sehr gut, die Basis ist geschaffen, damit Brandt den nächsten Schritt gehen kann. Ob es in seinem Vertrag bis 2021 eine Ausstiegsklausel gibt, wurde nicht kommuniziert. Es ist aber davon auszugehen, dass der Spieler selbst in den Verhandlungen seine konkreten Zukunftspläne geschildert hat. Und wenn für ihn persönlich alles optimal verläuft, dann dürfte Leverkusen in 2-3 Jahren eine Nummer zu klein sein. Doch das ist zum jetzigen Zeitpunkt Zukunftsmusik. Eines scheint jedenfalls sehr sicher zu sein: Julian Brandt wird keine unüberlegten Schritte unternehmen und sich und sein Potenzial weiterhin gut genug einschätzen können.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel