Spotlight

Marco Rose und die Entscheidungsfindung: Was spricht für Wolfsburg, was für Schalke?

23. März 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Noch ist Marco Rose Trainer bei RB Salzburg und steht dort auch noch bis 2020 unter Vertrag. Dass Rose aber heiß begehrt ist, vor allem in der deutschen Bundesliga, steht außer Frage. RB Salzburg würde ihn gerne halten, ein Abgang ist aber wahrscheinlicher. Doch wohin wird es Rose am Ende ziehen? Möglicherweise weiß er selbst noch nicht genau, was er will.

Hoffenheim-Zug abgefahren – Rose zögert

Lange galt Marco Rose, der in Salzburg sehr gute Arbeit leistet und mit den Österreichern in der Vorsaison das Halbfinale der UEFA Europa League erreichte, als Topkandidat auf die Nachfolge von Julian Nagelsmann bei der TSG Hoffenheim. Die Kraichgauer legten Rose ein Angebot vor und warteten auf dessen Antwort. Aber immer wieder wurden die Verhandlungen verzögert, eine Einigung rückte trotz beidseitigem Interesse nicht näher. Mit der Zeit wurde spekuliert, dass Marco Rose vielleicht auf eine andere Möglichkeit wartet und deswegen zögert. Es kristallisierte sich heraus, dass auch der VfL Wolfsburg und der FC Schalke 04 für die Saison 2019/20 auf der Suche nach einem Trainer sind oder sein könnten.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Hoffenheim wollte die Trainerfrage zeitnah erledigt haben um die Planungen für die kommende Saison aufzunehmen. Nachdem sich in der Personalie Rose aber keine schnelle Entscheidung anbahnte, handelten die Kraichgauer und verpflichteten Alfred Schreuder. Mittlerweile ist auch klar, dass sowohl Schalke 04 als auch der VfL Wolfsburg zur neuen Saison einen neuen Trainer verpflichten werden. Bei beiden Klubs ist die genaue Perspektive noch unklar, für beide dürfte die Personalie Rose sehr spannend sein, Medienberichte deuten darauf hin, dass beide ein Auge auf Rose geworfen haben, der Name vor allem in Wolfsburg „immer häufiger“ fällt. Was spricht für Schalke, was spricht für Wolfsburg?

Positive Entwicklung der „Wölfe“

Schon bevor klar war, dass Bruno Labbadia den VfL Wolfsburg am Saisonende verlässt, wurden Gerüchte rund um Marco Rose verbreitet. Für Marco Rose könnte ein Wechsel nach Wolfsburg durchaus sinnvoll sein, denn der Verein hat in dieser Saison einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nachdem die „Wölfe“ den eigenen Ansprüchen deutlich hinterherliefen und sich eher mit dem Abstiegskampf befassen mussten als zum Dunstkreis der Europapokalanwärter zu gehören, spielt man in dieser Saison eine gute Rolle in der Bundesliga. Bruno Labbadia, der den Klub in der vergangenen Saison in der Relegation gegen Holstein Kiel rettete, lässt mit Wolfsburg einen soliden Ballbesitzfußball spielen.

Doch auch die Kaderplanung des VfL ist auf einem höheren Level als zuvor, hier ist Jörg Schmadtke als belebendes Element zu nennen. Mit klugen, zur Spielidee passenden Transfers wie Roussillon oder Weghorst hat sich der VfL Wolfsburg einen soliden Kader zusammengestellt, der natürlich noch Luft nach oben besitzt, aber sicher eine solide Basis für die kommenden Transferperioden bilden kann. Die Mischung stimmt, junge Talente wie Brekalo oder Rexhbecaj sorgen für Schwung, erfahrene Spieler wie Mehmedi oder Guilavogui tun dem Gesamtgefüge gut.

Ein logischer Schritt – für beide Seiten

Aus einer soliden Basis heraus will der VfL Wolfsburg nun den nächsten Schritt machen. Wenn die Qualifikation für den Europapokal in der laufenden Saison nicht zustande kommt, soll dieses in der kommenden Saison angegriffen werden. Gelingt es in dieser Saison, will man sich auf den Europapokalrängen dauerhaft festsetzen. Zu diesen Ambitionen passt ein Trainer wie Marco Rose, der einen sehr kraftvollen Fußball spielen lässt, aber genau weiß, wie er eine Mannschaft in 3 Wettbewerben zu moderieren hat. Rose käme zudem mit einer neuen Spielidee, würde den Fußball in Wolfsburg weiterentwickeln, für ein aggressiveres Pressing sorgen und einen größeren Variantenreichtum etablieren.

(Photo by Trond Tandberg/Getty Images)

Außerdem verfügt man in Wolfsburg über die finanziellen Mittel um dem Trainer den ein oder anderen Wunsch hinsichtlich eines Spielertransfers zu erfüllen. In der aktuellen Saison investierte man beim VfL rund 40 Millionen Euro in neue Spieler, ähnliche, wenn nicht höhere Zahlen sind auch für den Sommer zu erwarten, insbesondere wenn man europäisch spielt. Für den VfL Wolfsburg ist klar, dass man sich die Chance auf einen hochbegabten Trainer nicht entgehen lassen sollte. Wenn Rose wirklich Interesse an Wolfsburg und der Weiterentwicklung dieser Mannschaft hat, sollten die Verantwortlichen alles Mögliche unternehmen, um einen Deal festzuzurren.

Schalke 04 und die Grundsatzfragen

Während man in Wolfsburg relativ gelassen in die Restsaison blicken kann ist die Situation auf Schalke durchaus problematisch. Die „Königsblauen“, die sich gerade rund um Jochen Schneider neu aufstellen, befinden sich mitten im Abstiegskampf. Für den Klub ist das vorrangige Ziel nun der Klassenerhalt und diesen möglichst schnell zu fixieren. Doch damit sind noch nicht alle Probleme gelöst, denn vor der laufenden Saison wurden bei der Kaderplanung Fehler begangen, die bereinigt werden müssen. Teile der Mannschaft scheinen nicht die nötige Identifikation mitzubringen, um langfristig Teil eines leidenschaftlichen FC Schalke 04 zu sein, zudem gibt es unzufriedene Spieler und Spieler, die im Falle des Verpassens der Europa League, die man mit einem Pokalsieg noch erreichen kann, andere Ambitionen haben.

Auf Schalke muss man sich Grundsatzfragen hinsichtlich der Ausrichtung des Klubs stellen. Welche Spielidee will man nachhaltig etablieren, welchen Trainer hält man für geeignet? Jochen Schneider ließ bereits durchblicken, dass er ein Befürworter eben jenes Stils ist, der Marco Rose auszeichnet. Rose würde also in Schneider einen Befürworter haben, würde auf Schalke natürlich aber andere Voraussetzungen vorfinden, als es in Wolfsburg der Fall wäre.

Chance auf ein langfristiges, großes Projekt

Auf den ersten Blick scheint die Aufgabe beim FC Schalke 04 für Marco Rose nicht zwingend lukrativ zu sein. Die Mannschaft ist in sich nicht stimmig, die Erwartungen sind hoch, die Leistungen der laufenden Saison sind schwach. Zudem ist, wenn man den internationalen Wettbewerb verpasst, nicht allzu viel Geld vorhanden um den Kader nach den Vorstellungen des Trainers umzubauen, auch wenn Abgänge durchaus ein wenig Geld in die Kassen spülen könnten. Allerdings ist der FC Schalke 04 weiterhin ein Name, der einen gewissen Reiz ausstrahlt. Gerade nach einer solchen Saison kann man als Trainer viel bewirken.

Schalke will die eigene Jugend fördern und Rose bewies in Salzburg bereits, dass er gut mit jungen Talenten umgehen, sie fordern und fördern kann. Spieler wie Diadie Samassekou, Amadou Haidara, Konrad Laimer oder Xaver Schlager konnten einen enormen Schritt nach vorne machen. Auch auf Schalke findet man zahlreiche junge Spieler, auch abgesehen von den bereits etablierten wie Weston McKennie. Ein Ahmed Kutucu ging in dieser Saison bereits erste Schritte und würde sicher davon profitieren, wenn er in einer homogenen Mannschaft und in einem passenden Umfeld Einsatzzeiten erhält. Marco Rose hätte beim FC Schalke 04 die Chance seine Philosophie zu etablieren und gleichzeitig etwas langfristiges aufzubauen. Im Vergleich zum VfL Wolfsburg, wo Rose aus einer soliden Basis weiterentwickeln könnte, wäre Schalke quasi ein Großprojekt, das extrem viel Hingabe erfordert.

Es geht um die Prioritätensetzung

Beide Klubs können Marco Rose also durchaus etwas bieten. Dass der 42-jährige RB Salzburg nach 2 Jahren im Sommer verlassen wird um den nächsten Schritt zu machen scheint mittlerweile klar zu sein. Welchen Weg er im Endeffekt einschlägt, sofern für ihn tatsächlich lediglich diese beiden Optionen in Frage kommen, hängt auch von der Prioritätensetzung ab. Wie wichtig ist Rose der Europapokal? Welche Entwicklungsmöglichkeiten sieht er mit dem vorhandenen Kader, wo sieht er bereits Ansätze, die zu seinem Konzept passen? Wie wichtig ist ihm die nötige Rückendeckung und Sicherheit und welcher Klub kann ihm diese eher zugestehen? Wenn Rose für sich diese Fragen beantwortet hat, dann dürfte eine Entscheidung fallen. Eine spannende Konstellation wird allemal entstehen.

(Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images )



Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel