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Mattéo Guendouzi: Ambitioniertes Wachsen

21. Februar 2019 | Spotlight | BY Chris McCarthy

So uninspirierend die jüngsten Entwicklungen des FC Arsenal unter Unai Emery auch sind, der Verein möchte zurück in die Königsklasse. Im Mittelpunkt dieser Pläne: Ein 19-jähriger, dessen Ambitionen vor wenigen Monaten noch ziemlich übertrieben schienen…

Überambitioniert?

Müsste man die Spielweise von Mattéo Guendouzi mit einem Wort beschreiben, dann wäre es „selbstbewusst“. Genauso selbstbewusst war seine Entscheidung, im Sommer die Einladung des französischen Verbands zur U-19-EM abzulehnen. Regelrecht überambitioniert schien der Hintergrund dieser Entscheidung.

Ein 19-jähriger wollte, fünf Jahre nachdem er von Paris Saint-Germain als nicht gut genug befunden wurde, aus dem erweiterten Stamm des französischen Zweitligisten Lorient direkt in die erste Elf des FC Arsenal. Dort tummelten sich auf seiner Position im zentralen Mittelfeld immerhin etablierte Kaliber wie Granit Xhaka, Aaron Ramsey oder 30-Millionen-Euro-Neuzugang Lucas Torreira herum. Der sieben Millionen Euro teure Lockenkopf schien daher eher ein Kandidat für die Zukunft zu sein, gab es doch selbst in Lorient Zweifel an seiner Tauglichkeit für die Stammelf. Das hatte allerdings weniger mit seinem Können, sondern eher mit seinem Temperament zu tun.

Immer wieder musste Guendouzi gebremst werden. „Er glaubt so sehr an sich, dass er regelrecht empört ist, wenn ihn jemand nicht auf dem selben Level sieht, wie er es tut“, sagt Ex-Lorient-Präsident Alex Hayes. „Er ist kein schlechter Junge, er hat nur diesen angeborenen, tiefen Glauben an sich selbst“.

(Photo LOIC VENANCE/AFP/Getty Images)

Neben seinen beeindruckenden Auftritten in der Vorbereitung war es genau dieser Glaube, der einen bleibenden Eindruck bei Unai Emery hinterließ.

„[…]Seine große Entscheidung, im Sommer nicht für Frankreich zu spielen, weil er bleiben, mit uns arbeiten und uns sein Können demonstrieren wollte. Er hat sich die Möglichkeit verdient, Startelfeinsätze zu erhalten.“

Unai Emery [Evening Standard]

Und so zahlte sich Guendouzis ambitionierte Entscheidung aus. Zum Auftakt der Saison und damit der Ära Emery stand er im ausverkauften Emirates Stadium gegen den amtierenden Meister Manchester City auf Anhieb in der Startelf.

Arsenal verlor verdient mit 0:2, doch der Neuling imponierte. Unbeeindruckt von der großen Bühne oder der Qualität seiner Gegenspieler bot er trotz einiger Fehler eine äußerst vielversprechende Leistung.

Schlüsselspieler

Bis heute setzt Emery auf Guendouzi und erhofft sich dabei spielerische Akzente im mittlerweile so statischen Offensivspiel. Ohne die Kreativität eines Mesut Özil – auf den Emery umstrittenerweise verzichtet – und ohne die erhoffte Unterstützung von den Flügeln, ruht hierbei eine große Last auf den jungen Schultern des Franzosen.

Überfordert ist er damit keinesfalls. Selbst aus der Tiefe liefert der spielfreudige Franzose dank seiner Antizipation, seines Auges und seines beachtlichen Passradius Woche für Woche kreative Impulse. In den Momenten, in denen der spielöffnende Pass nicht von ihm ausgeht, beeindruckt der dynamische Achter mit Durchsetzungsvermögen, außergewöhnlicher Pressingresistenz und technischem Geschick. Guendouzi weiß sich stets spielerisch zu befreien und lässt sich oftmals nur durch Fouls bremsen.

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

Über all seine hervorragenden spielerischen Qualitäten ragt dabei immer wieder sein grenzenloses Selbstbewusstsein hervor. Besonders sichtbar wurde das beim Auswärtsspiel gegen Manchester City am 25. Spieltag. In Mitten einer eingeschüchterten und teilweise lethargischen Arsenal-Elf, war es immer wieder dieser fast schon aufmüpfige 19-Jährige, der mit breiter Brust voranging und versuchte, das Spiel an sich zu reißen.

Zeitweise ist die jugendliche Naivität Guendouzis noch zu erkennen. Das ist völlig normal, ebenso wie sein Hang überzukompensieren oder seinen Gegenspieler aus dem Auge zu verlieren. All das sollte sich durch Erfahrung und gezieltes Training in den Griff bekommen lassen. All das nimmt Emery in der Zwischenzeit gerne in Kauf, denn Guendouzis Mehrwert für die Mannschaft ist nicht von der Hand zu weisen.

Er ist binnen sieben Monaten von einem Perspektiv- zu einem Schlüsselspieler des FC Arsenal avanciert. Seine 34 Pflichtspieleinsätze werden lediglich von Lucas Torreira übertrumpft, seine 2.260 Spielminuten nur von Pierre-Emerick Aubameyang.

Gemeinsam wachsen?

„Seine Anpassung war sehr schnell. Seine Entwicklung ist sehr gut. Er ist ein junger Spieler mit einer sehr guten Gegenwart “ lobt ihn Emery und betont: „Aber seine Ambition ist es, mit uns zu wachsen“.

Wachsen bedeutet für Guendouzi, dass er mit zunehmender Erfahrung seine Fehler abstellt und somit sein extrem großes Potential restlos erfüllt. Für den FC Arsenal bedeutet wachsen, dass man seine Ziele realisiert. Die Gunners möchten zurück in die Champions League, langfristig sicherlich auch ein ernstes Wörtchen bei der Meisterschaft mitreden. In diesen Plänen spielt nun auch der 19-jährige Guendouzi eine zentrale Rolle.

Betrachtet man sich jedoch die aktuelle Stagnation der Emery-Elf und die stetige Entwicklung Guendouzis, stellt sich womöglich bald die Frage, ob der FC Arsenal auch schnell genug wachsen wird, um mit Guendouzis erfahrungsgemäß großen Ambitionen Schritt halten zu können…

(Photo by Henry Browne/Getty Images)


Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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