Spotlight

Schalke zwischen Krisenbeginn und Europapokaleuphorie

17. September 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Das Wort „Krise“ wollte man beim FC Schalke 04 am Wochenende noch nicht in den Mund. Doch nach drei Niederlagen zum Auftakt in der Bundesliga schrillen die Alarmglocken zumindest schon hörbar. Die Situation auf Schalke ist keinesfalls dramatisch, aber es müssen Resultate folgen. Es ist also eine Ausgangsposition entstanden, die man kurz vor dem Auftakt in der Champions League gegen den FC Porto gerne vermieden hätte, die Vorfreude vermischt sich derzeit nämlich mit einem größer werdenden Erfolgsdruck.

 

Fehlstart in der Bundesliga

Der FC Schalke 04 verlor alle drei Bundesligapartien – und zwar gegen Gegner, die man nach dem eigenen Selbstverständnis der „Königsblauen“ allesamt hinter sich lassen sollte. In Wolfsburg und Gladbach wäre man sicher mit 3-4 Punkten zufrieden gewesen, die Heimniederlage gegen die Hertha ist besonders schmerzhaft. Und nach dem Spiel gegen den FC Porto kommt der Tabellenführer aus München. Es wird also nicht einfacher zu den ersten Punkten zu kommen.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Nun haben Konkurrenten wie Bayer 04 Leverkusen, die TSG Hoffenheim oder RB Leipzig auch noch keinen famosen Saisonstart hingelegt und befinden sich noch in Reichweite, verpasst wurde allerdings die Chance sich schon früh von diesen Teams abzusetzen. Die Leistungen zum Auftakt waren ebenfalls nicht gut, lediglich in Mönchengladbach sah Domenico Tedesco gute Ansätze, sprach von Fortschritten, die Tendenz gehe „in die richtige Richtung“. Klar ist aber trotzdem, dass eine Leistungssteigerung folgen muss, sonst wird die Situation in Kürze deutlich prekärer sein – egal, ob man sie nun „Krise“ nennt oder nicht. 

Wo liegen die Gründe? 

Es liegen verschiedene Gründe für die aktuelle Situation der Schalker vor. Eine Argumentation wie „Schalke verliert nun eben die Spiele knapp, die man in der letzten Saison knapp gewonnen hat“ ist zu einfach. Zwar sind es bisher Nuancen, die dafür verantwortlich sind, dass die Resultate ausbleiben, aber es sind relativ viele. Einige Rädchen passen noch nicht ineinander, die Chancenverwertung ist ein großes Manko, das auch in Gladbach wieder sichtbar wurde. Uth schob den Ball verhältnismäßig zentral freistehend weit am Tor vorbei, eine Überzahlsituation im Konter wurde von Di Santo kläglich vergeben. Doch das ist nur das Ende der Fahnenstange. 

Die Ursachenforschung beginnt in der Abwehr. Kehrer wurde abgegeben, Oczipka ist verletzt, aber mit Nastasic, Naldo und Sané steht eine formidabel besetzte Dreierreihe zur Verfügung, Baba und der junge Mendyl sind auf der linken Seite nicht die schlechtesten Optionen. Das Problem ist, dass die Selbstverständlichkeit, mit der Schalke in der vergangenen Saison eine strukturierte, aufeinander abgestimmte und sich taktisch hervorragend verhaltende Defensivformationen auf den Platz brachte, abhanden gekommen ist. Individuelle Fehler sind ebenso an der Tagesordnung wie gesamtmannschaftliche Verfehlungen, ein Beispiel ist die nicht funktionierende Raumdeckung beim Tor zum 1:0 der Gladbacher. 

Veränderungen auf der „Königsposition“

Doch nicht nur die Defensive bereitet den Schalkern zurzeit Sorgen. Die Veränderungen im Mittelfeldzentrum, auf der sogenannten „Königsposition“ im Fußball, benötigen noch Zeit. Mit Goretzka wurde ein wichtiger Spieler abgegeben, mit Max Meyer ein Kandidat auf dessen Nachfolge. Diese Lücke versucht man zu stopfen, aber McKennie befindet sich zu Saisonbeginn in keiner guten Verfassung, Rudy kam erst kurz vor dem Ende der Transferperiode, kurz: Die Automatismen sind noch nicht generiert, die Mannschaft braucht noch mehr Zeit. 

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Ein gut eingespieltes und Kontrolle ausübendes Mittelfeld würde die Defensive entlasten, eine stabile und schwer zu überwindende Defensive würde dem Mittelfeld weiterhelfen. Beide Baustellen gleichzeitig zu beheben ist nicht einfach, auch weil parallel im Offensivspiel keine Weiterentwicklung im Vergleich zur vergangenen Saison zu sehen ist. Es besteht also Handlungsbedarf in allen Mannschaftsteilen – und das ist schwierig zu bewerkstelligen. Tedesco muss nun versuchen die Abläufe auf dem Platz Schritt für Schritt zu verbessern, die positiven Ansätze gegen Gladbach als Grundlage dafür sehen. 

Über Stabilität zum Erfolg

Die wenigen Trainingstage bis zum Spiel gegen den FC Porto werden natürlich nicht reichen um alle Baustellen zu beseitigen. In den kommenden englischen Wochen muss der FC Schalke 04 kleine Schritte nach vorne machen, zunächst einmal die Defensive stabilisieren und im Mittelfeldzentrum auf eine Besetzung bauen, die einen Großteil dieser Spiele zusammen absolviert. Mit der Besetzung aus Rudy und Bentaleb dürfte man die Aufgaben, die bewältigt werden müssen, eigentlich gut abdecken, dahinter muss konsequenter und aufmerksamer verteidigt werden. Schalke 04 benötigt die Sicherheit, die man auch in der vergangenen Saison an den Tag legen konnte, denn die Durchschlagskraft in der Offensive ist noch nicht vorhanden. 

Kassiert man kein Gegentor, so kann man auch nicht verlieren. Und eine Niederlage sollte in der Königsklasse unbedingt vermieden werden. Gegen den FC Porto wird der FC Schalke 04 also gut beraten sein kein allzu großes Risiko zu gehen, ein schönes Spiel sollte dementsprechend nicht erwartet werden. In der Offensive kann sich immer etwas entwickeln, Embolo deutete bei seinem Treffer am Wochenende an, dass er über die individuelle Klasse verfügt um aus wenig viel zu machen. Zudem müssen die eigenen Standards mehr in den Fokus rücken, alle Innenverteidiger der „Königsblauen“ sind kopfballstark, hier könnte man den FC Porto durchaus knacken. 

Der Ausblick für die kommenden Wochen ist relativ einfach: Feiert Schalke Erfolge und stimmen die Resultate, so ist zumindest zunächst die Art und Weise zweitrangig. Spielt Schalke aber weiter auf dem bisherigen Level und die Ergebnisse bleiben aus, wird die Kritik an der Mannschaft, an Heidel und an Tedesco wachsen, der Druck steigen. Auch wenn Christian Heidel jegliche potenzielle Unruheherde bislang souverän wegmoderiert hat – eine erste ernsthafte Krise unter Domenico Tedesco wird für Unruhe sorgen, egal wie die Kommunikation intern ausfallen wird. Dafür sind die Medien rund um den Klub bekannt, das wird auch Christian Heidel nicht ändern können. Eines darf man aber nicht vergessen: Schalke ist wieder zurück in der Champions League. Und das darf man auch mit diesem Saisonstart im Rücken genießen. 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel