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Tanguy Ndombélé – Auf dem Weg zur absoluten Weltklasse

22. Juli 2019 | Spotlight | BY Nico Eidner

Spotlight| Er ist einer der modernsten Achter im heutigen Weltfußball. Auf dem Platz – ein Kämpfer, ein Gladiator, der meist nur mit unfairen Mitteln zu stoppen ist. In diesem Sommer wechselte er für eine Ablöse von rund 60 Millionen Euro auf die Insel in Richtung Tottenham. Doch wer ist dieser Spieler, den die Spurs zu ihrem Rekordtransfer machten? Die Rede ist von Tanguy Ndombélé.

Es ist das Achtelfinale in der UEFA Champions League, Lucas Tousart spielt Ndombélé einen Pass nahe der Mittellinie zu. Er ist sich bewusst, dass sein Teamkollege direkt von dem Weltklasse-Sechser Sergio Busquets angelaufen wird, dennoch vertraut er den Fähigkeiten seines Mitspielers.

Ndombélé steht mit dem Rücken zu Busquets und somit vor einer eher bescheidenden Ausgangssituation. Doch nach einer schnellen Bewegung zieht der Franzose rechts am Spanier vorbei und weicht somit dem Tackling elegant aus. Er lässt den Abräumer des FC Barcelonas wortwörtlich einfach so links liegen. Darauf folgt eine Situation, welche seine Spielweise ideal widerspiegelt. Der 22-Jährige kommt etwas aus dem Gleichgewicht, dennoch fängt er sich kurz vor dem Fallen ab und zieht an Philippe Coutinho vorbei. Schließlich bringt er den Ball zu Nabil Fekir und krönt seine Einzelaktion damit, bevor Arthur entscheidend einschreiten kann.

Es sind genau diese Situationen, die Ndombélé auszeichnen. Nicht viele Spieler würden sich in einen solchen „Dreikampf“ wagen und diesen zudem noch gewinnen. Mancher hätte dann doch lieber das Foul entgegengenommen. Doch genau diese durchaus riskanten Aktionen sind dauerhafter Bestandteil seiner Spielweise. Einer Spielweise, mit der er auf dem Platz Stärke ausstrahlt, seine Mitspieler mitreißen kann.

(Photo credit should read LLUIS GENE/AFP/Getty Images)

Und genau diese Einstellung hat Ndombélé dahin gebracht, wo er jetzt steht. Selbstverständlich hat es eine gewisse Zeit gedauert, bis er sein spielerisches Niveau entwickeln konnte. Doch wo hat der Franzose seine Karriere begonnen? Und zu welchem Zeitpunkt zeichnete sich sein Talent ab?

Der Weg bis zum Ausnahmespieler

Im Alter von 15 Jahren wagte Ndombélé den Schritt in die Jugendakademie von EA Guingamp. Der Verein war schon damals für seine tolle Jugendarbeit bekannt, da namhafte Spieler wie Didier Drogba und Florent Malouda die ansässige Akademie durchliefen.

In seinem neuen Verein brachte er sein spielerisches Niveau auf die nächste Stufe. Dies war umso beeindruckender, da seine Teamkollegen teilweise zwei Jahre älter waren als der junge Franzose. Doch der Altersunterschied war kaum zu bemerken, denn Ndombele bestach durch seine enorme Athletik und hat besonders im körperlichen Bereich keinerlei Defizite.

Nach zwei Jahren zog er weiter er zum SC Amiens. Bei seinem neuen Klub verbrachte er ein Jahr im B-Team des Vereins, bevor er in die erste Mannschaft berufen wurde. Dies sollte der wegweisende Schritt seiner Karriere werden. Ndombélé stieg direkt in seiner ersten Saison als Profi mit dem Klub in die Ligue 1 auf. Dabei war der Franzose ein unverzichtbarer Bestandteil der Mannschaft. Dies zeigt sich in den 30 Saisonspielen, die er bestreiten konnte. Dabei stand Ndombélé in 21 Spielen in der Startformation. Durch seine Leistungen weckte der damals 20-Jährige das Interesse des französischen Spitzenklubs Olympique Lyon.

Lyon lieh ihn in der Saison 2017/18 vorerst ein Jahr aus. Ndombélé etablierte sich direkt als Stammspieler, weshalb ein fester Transfer nach zwölf Monaten folgen sollte. Vor allem das zweite Jahr bei OL verlief für ihn großartig, er überzeugte derart, dass er am 11.10.2018 sein Länderspiel-Debüt für die „Équipe Tricolore“ gegen Island feiern durfte. Außerdem erreichte er mit Lyon den dritten Platz in der Ligue 1 und qualifizierte damit sich für die Champions League.

(Photo credit should read FRANCK FIFE/AFP/Getty Images)

Unter seinem Coach Bruno Genesio konnte sich Ndombélé hervorragend entwickeln. So wurde die Saison 2018/19 zu seiner qualitativ besten Spielzeit, er konnte seinen Wert erneut beträchtlich steigern und kam in der Liga auf ganze 2692 Minuten und spielte 26 Partien komplett durch. In der Champions League-Gruppenphase konnte sich Lyon ungeschlagen für die Endrunde qualifizieren. Doch als der große FC Barcelona im Achtelfinale wartete, mussten sich die Franzosen geschlagen geben (0:0 ; 1:5).

Welche Qualitäten bringt Ndombélé mit zu Tottenham?

Ndombélé kann sowohl im defensiven Mittelfeld, wie auch in einer offensiveren Variante eingesetzt werden. Da sein neuer Coach Mauricio Pochettino bevorzugt auf ein kompaktes und dichtes setzt, wird der Franzose seine Stärken im Zentrum sehr gut einbringen können. Die Dynamik, die Lautstärke und die Spielintelligenz machen ihn zu einem idealen Spieler für den Argentinier. Denn Ndombélé besitzt die Fähigkeit das Spiel zu lesen. Freie Räume erkennt er schnell und seine Passstärke macht ihn zu einem wichtigen Faktor, auch im Aufbau. Er besitzt zudem ein großes Repertoire an Pässen. Immer wieder spielt er lange Bälle hinter die Verteidigung des Gegners, doch auch sein Kurzpassspiel ist sehenswert. In Situationen, in denen er hohem Druck ausgesetzt ist, behält er meist die Ruhe und findet häufig die richtige Anspielstation.

Ndombélé sucht immer wieder den schnellen Weg nach vorne. So kann der Franzose Konter gut einleiten. Mit Heung-min Son und Lucas Moura hat Tottenham zwei Spieler in den eigenen Reihen, die durch seinen Spielstil enorm profitieren könnten, da beide die benötigte Schnelligkeit für Konter besitzen.

Er hat ein präzises Passspiel und ein gutes Dribbling. Ich mag keine Vergleiche, allerdings könnte Ndombélé ein neuer Pogba werden.

Ex-Coach Genesio via Tuttosport

Genesio hat mit diesem Statement vollkommen recht. Denn genauso wie Pogba ist der 22-Jährige äußerst dribbelstark. Mit seinem ersten Kontakt kann er bereits zwei Spieler hinter sich lassen, da er über ein gutes Ballgefühl verfügt. Daher ist er in Dribblings schwer zu verteidigen. Weitere Gründe dafür sind seine körperliche Stärke sowie seine Schnelligkeit, die ihm ebenso in der Verteidigung ebenso zugute kommt.

 (Photo by Francisco LEONG / AFP)

Räume kann der Mittelfeldspieler durch sein gutes Defensivpressing schnell schließen. Auch für die Balleroberung leistet er einen signifikanten Beitrag durch seinen ausgeprägten Kampfgeist. Ndombélé ist ein Arbeitstier, das keinen Zweikampf aufgibt. Trotz seiner gesunden Menge an Aggressivität sind seine Tacklings in der Regel fair. Doch ein Manko lässt sich durchaus finden, denn mit einer Körpergröße von 1,81m hat er nicht die besten Voraussetzungen für ein starkes Kopfballspiel. Auch der Abschluss gilt nicht als seine Stärke. Sein Ex-Trainer erwartet, dass er acht bis zehn Tore in der Saison erzielen muss, um diese Schwäche abzulegen und ein kompletter Spieler zu werden.

Ndombélé steht jetzt wohl vor der größten Herausforderung in seiner bisherigen Karriere. Nun muss er an seinen bisherigen Leistungen anknüpfen. Denn wenn man als Rekordtransfer den Fans präsentiert wird, steigen die Erwartungen an jenen Spieler ins fast Unermessliche. Doch wenn jemand diesem Druck standhalten kann, dann ist dies Tanguy Ndombélé.

 (Photo credit should read PASCAL GUYOT/AFP/Getty Images)


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