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Vor dem Spitzenspiel: Warum Gladbach die Mittel hat, um Bayern zu schlagen!

6. Dezember 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight | Am Wochenende steht das Topspiel in der Bundesliga zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern an. In diesem Jahr sind die Vorzeichen aber etwas anders als sonst, denn der Rekordmeister kommt als Viertplatzierter in den Borussia-Park, Gladbach ist derzeit der Spitzenreiter und hat vier Punkte Vorsprung auf den Gast aus München.

Gladbach geht mit Vorfreude in das Spiel

Und das ist kein Zufall. In den letzten Wochen funktionierte das Spiel der Borussia unter Marco Rose immer besser, die anfänglichen strukturellen Probleme sind mittlerweile behoben. Der Aufbau wurde sukzessive verändert und verbessert, die Laufwege sind mittlerweile für jeden Spieler logisch nachvollziehbar und werden entsprechend umgesetzt, die Bewegungen in der Offensive sind fluide. Und: Die Tiefenläufe der Offensivspieler und die entsprechende Einbindung durch dynamische oder passstarke Mittelfeldspieler erfolgt regelmäßig – und ist erfolgreich.

(Photo by ERWIN SCHERIAU / APA / AFP)

Auch die Reaktion auf den Rückschlag beim Spiel gegen Union Berlin war gelungen, gegen Freiburg wurden die Fehler minimiert, auch wenn defensiv noch immer die ein oder andere Lücke sichtbar war. Die Borussia ist unter Marco Rose insgesamt schwerer auszurechnen, hat viele Teilelemente in ihrem Spiel verbessern können und freut sich auf das Topspiel vor heimischer Kulisse, in dem man alles, nur nicht chancenlos ist.

Bayern mit den Lehren aus dem Leverkusen-Spiel

Nach vier Spielen, vier Siegen und 16:0 Toren musste der FC Bayern im Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen einen kleinen Rückschlag hinnehmen. Doch wirft das 1:2 den Rekordmeister wirklich zurück? Davon ist nicht unbedingt auszugehen, denn bis auf einige, kleinere Elemente wie der Hektik und Ungenauigkeit in der Offensive und der mangelnden Konterabsicherung spielte der FC Bayern wirklich gut. Viele Chancen, viel Pech und die eben angesprochene fehlende Genauigkeit im letzten Drittel waren schlussendlich entscheidend.

Nun hatte man in München eine Woche Zeit, um die Lehren aus dem Leverkusen-Spiel zu ziehen. Der Rekordmeister sollte sich weiter auf die Elemente besinnen, die unter Flick zu den Stärken gehörten. Die Gier auf den Ballgewinn und Umschaltmomente sind wichtig, aber die Kontrolle darf auch nicht fehlen. Die Balance ist also wichtig für den FC Bayern, möglicherweise wird Hansi Flick dafür auch den ein oder anderen Wechsel vornehmen. Zuletzt verzichtete er gegen Leverkusen auf Thiago, doch der Spanier könnte dem sehr engagierten und umtriebigen Kimmich unter die Arme greifen. Die Erhöhung der Pressingresistenz ist ein zusätzlicher Faktor, der für Thiago spricht, zudem ist auch seine Arbeit gegen den Ball ein Faktor.

Gefestigt, flexibel, individuell stark: Das ist das neue Gladbach

Doch auch wenn der FC Bayern sein Spiel optimiert und einen guten Tag erwischt, gehört die Borussia zu den Mannschaften, die den Rekordmeister schlagen kann. Marco Rose – und das ist beeindruckend – hat der Mannschaft ein neues Gesicht verliehen und aus der soliden Hecking-Basis einiges weiterentwickelt. Doch es sind nur die taktischen Komponenten, die aus Gladbach einen sehr harten Gegner machen, sondern auch die individuelle Klasse wurde erhöht.

Das zeigt sich beim Blick auf die Offensive. Marcus Thuram entpuppte sich im Laufe der Saison als das Puzzleteil, das der Borussia fehlte. Zusammen mit Embolo oder Plea harmoniert der großgewachsene Angreifer hervorragend. Die Mischung aus Größe, Physis, Spielintelligenz und Geschwindigkeit machen Thuram zu einem Spieler, den man kaum aus dem Spiel nehmen kann. Seine cleveren Offensivbewegungen sorgen zudem dafür, dass andere Angreifer ihrerseits in Lücken stoßen können, wovon wiederum Herrmann profitiert, der in dieser Saison hervorragende Leistungen zeigt.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Auch die Breite im Kader ist sehr gut, denn wenn Herrmann, Embolo und Thuram von Beginn an auflaufen, haben die „Fohlen“ mit Stindl, Raffael und Plea noch drei sehr gute Optionen auf der Bank. Das intensive Spiel von Marco Rose kann so noch besser durchgezogen werden, denn man weiß, dass immer die Möglichkeit besteht entsprechend nachzulegen. Das macht es auch für den Gegner schwer, sich auf Mönchengladbach vorzubereiten.

Gladbach gegen Bayern: Hier wird das Spiel entschieden

Es bleibt also festzuhalten, dass Gladbach über genau die Kombination aus Dynamik, Kreativität und Geschwindigkeit in der Offensive verfügt, um Bayern die Probleme zu bereiten, die Leverkusen ihnen bereitete. Der gute Spielaufbau ist überdies ein entscheidender Punkt, um das wieder verbesserte Pressing des Rekordmeisters zu überspielen und für Entlastung zu sorgen. Diese Entlastung fehlte Leverkusen häufig – und deswegen musste man so viele brenzlige Situationen überstehen. Gladbach ist sogar zuzutrauen, das Spiel über weite Strecken ausgeglichen und offen zu gestalten.

Vor dem Spiel ließen sich beide Trainer nicht in die Karten schauen, was die Aufstellung angeht. Während bei Gladbach relativ wenige Fragen offen sind, weil die generelle Aufgabenverteilung meistens ähnlich ausschaut, stellen sich beim Rekordmeister doch noch einige Fragen. Verändert man die Defensive, um zu verhindern, dass die Räume entstehen, die Leverkusen nutzte oder versucht man mit der gleichen Besetzung konzentrierter und besser abgestimmt zu agieren? Setzt man in der Offensive mit Gnabry und Coman auf viel Tempo oder eine Mischung aus Tempo und Kreativität, also mit einem dieser Spieler plus Coutinho und Müller?

Auch der Faktor Thiago kann für das Spiel entscheidend sein. Das Mittelfeldduell wird ohnehin sehr spannend sein, wer hier mehr Zweikämpfe für sich entscheidet, sich geschickter aus dem Gegnerpressing löst und ballsicherer ist, der könnte einen elementaren Vorteil erhalten. Für den Ausgang des Spiels sehr wichtig sein dürften darüber hinaus – unabhängig der Anfangsformation – überdies auch die Anpassungen, die beide Trainer während der 90 Minuten vornehmen.

(Photo by INA FASSBENDER / AFP)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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