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Warum Kai Havertz noch ein Jahr bei Bayer Leverkusen bleiben sollte

23. April 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Kai Havertz ist einer der talentiertesten Fußballer Deutschlands. Der 20-Jährige Offensivspieler von Bayer 04 Leverkusen ist heiß begehrt – im In- und Ausland. Große Klubs wie der FC Liverpool und der FC Bayern haben den Spieler im Visier. 

Doch ist ein Wechsel für Havertz in diesem Sommer überhaupt sinnvoll? Die aktuellen Entwicklungen sorgen dafür, dass es mehr Argumente für einen Verbleib in Leverkusen gibt, als je zuvor. 

Kai Havertz und der nächste Schritt

Jungen und aufstrebenden Talenten wird häufig empfohlen, nach einer gewissen Zeit, in der man reifen kann, einen Schritt nach vorne zu machen. Und das ist auch richtig so. Im Fall von Kai Havertz, der schon seit 2010 für Bayer Leverkusen spielt und mittlerweile im Alter von nur 20 Jahren schon 110 Bundesligaspiele absolviert hat, trifft das auch zu. Real Madrid, Bayern München, FC Liverpool: Havertz scheint die Fußballwelt offen zu stehen.

Dass Havertz schon seit dem Herbst 2016 ein Teil der Bundesliga ist, erstaunt. Mit 20 Jahren hat der offensive Mittelfeldspieler schon viele Stadien seiner Karriere hinter sich gebracht. Debüts, hohe Niederlagen, Spiele, in denen er der Matchwinner war, kleine Konstanzdellen und Phasen, in denen er die Sterne vom Himmel spielte, nahezu nichts falsch machen konnte. All das kennt der in Aachen geborene Spieler bereits. 

(Photo by OSCAR DEL POZO/AFP via Getty Images)

Doch viel erlebt zu haben muss nicht zwangsläufig auf einen Abschied hindeuten. Der Vertrag von Kai Havertz läuft noch bis 2022, deswegen muss Bayer 04 Leverkusen den Spieler nicht im Sommer verkaufen. Durch die Coronakrise wird sich der Markt zumindest partiell verändern. Wer kann und will sich Havertz, der trotz herausragenden Anlagen noch ein wenig geformt werden muss, in diesem Sommer leisten? Nicht nur diese Ungewissheit spielt bei der Frage nach der Zukunft des Nationalspielers eine Rolle.

Was bringt ein weiteres Jahr in Leverkusen mit sich?

Doch vor der Zukunft muss der aktuelle Ist-Stand beurteilt werden. Kai Havertz spielte bis zur Unterbrechung eine sehr gute Saison für Bayer 04 Leverkusen – insgesamt betrachtet. Denn in der Hinrunde tat er sich häufig schwer, die Effizienz vergangener Tage auf den Platz zu bringen. Doch Havertz verzweifelte nicht, er arbeitete sich aus dem kleinen Tief, bei dem man auf hohem Niveau meckert, heraus. Und mehr noch: In der Rückrunde legte er wieder Tore auf, traf und spielte zeitweise sogar als Kapitän der Mannschaft. 14 Torbeteiligungen von Mitte Januar bis Anfang März, dabei entscheidende Momente in den Spielen der Europa League gegen den FC Porto, sprechen eine klare Sprache.

(Photo by MIGUEL RIOPA/AFP via Getty Images)

Kai Havertz ist wieder auf seinem höchsten Level angekommen, hilft der Mannschaft und diese unterstützt wiederum ihn. Mit Lucas Alario, Kevin Volland, Leon Bailey, Nadiem Amiri, Karim Bellarabi, Paulinho und Moussa Diaby verfügt die Werkself zudem über ein Potpourri an guten Offensivspielern. Für Havertz ist dies die perfekte Umgebung, um an seinem Spiel zu feilen, Spaß zu haben, zu kombinieren und vor allem Verantwortung zu übernehmen. Er ist der Schlüsselspieler bei einer Mannschaft, die den Anspruch und das Potenzial hat, in der Champions League zu spielen.

Ein weiteres Jahr in Leverkusen könnte eben das mit sich bringen: Die Champions League. Aktuell steht Bayer 04 zwar auf dem fünften Platz, der „nur“ zur Europa League berechtigt. Dennoch: Die Saison könnte unter Umständen noch beendet werden, die Top-4 sind nicht unrealistisch. Und ein weiteres Jahr als Stammspieler mit der Gelegenheit noch mehr in die Führungsrolle hineinzuwachsen und sich zu verbessern klingt nicht so verkehrt.

Bayer Leverkusen muss Havertz nicht verkaufen

Die Summe, die Bayer Leverkusen für Kai Havertz aufrufen soll, ist enorm hoch. Eine dreistellige Millionensumme muss es schon sein, so berichten verschiedene Medien. Das wäre für die genannten Klubs, die sich für den 20-Jährigen interessieren, unter normalen Umständen darstellbar, wenn auch nicht ohne Weiteres. Doch die Coronakrise sorgt dafür, dass sich auch die Topklubs zweimal überlegen müssen, welche Investitionen getätigt werden. Bayer Leverkusen muss den Preis für Havertz nicht anpassen. Erfüllt niemand die Forderung, muss auch nicht verkauft werden.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Das könnte ein entscheidender Vorteil in diesem Sommer werden. In Deutschland deutet sich an, dass selbst in dieser ungewissen Zeit ein Großteil der noch ausstehenden TV-Gelder fließt. Die Vereine hätten dadurch mehr Einnahmen, Bayer Leverkusen wäre ohnehin kein Klub, der akut, also bis zur Existenzbedrohung, von den Folgen der Coronakrise betroffen wäre. Die Verhandlungsposition ist also stark, zumal der Eindruck, den Havertz vor der Unterbrechung hinterlassen hat, ein sehr guter war.

Verlegung der Euro 2020 als Vorteil?

Natürlich besteht theoretisch die Gefahr, dass Havertz bei einem Verbleib im kommenden Saison mit nur einem Jahr Restvertrag von einem Topklub umworben wird, der versuchen will, ihn 2022 ablösefrei zu verpflichten. Doch in diesem Fall könnte Bayer 04 Leverkusen die Verlegung der Europameisterschaft 2020 in den Sommer 2021 entgegenkommen. In zweierlei Hinsicht.

Einerseits kann die Werkself darauf hoffen, dass Havertz – wenn er bleibt – bei dem Turnier gute Leistungen zeigt. Das würde bedeuten, dass viele Topklubs, die ihn ohnehin bereits im Visier haben, auf einen Transfer im Sommer 2021 drängen. Viele Bieter bedeutet automatisch auch, dass die Ablösesumme steigen kann. Einen großen Wertverlust muss Bayer 04 also nicht befürchten.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Und auch für Havertz selbst ist die Verlegung des Turniers ein Thema, mit dem er sich befassen muss. Wechselt Havertz, ist der Stammplatz weg und der Konkurrenzkampf eröffnet. Narrenfreiheit hat er in Leverkusen nicht, aber selbst während der schwierigen Phase der Saison 2019/20 durfte Havertz in fast jedem Spiel starten. Findet sich der Offensivspieler bei einem neuen Klub mit größerem Druck vermehrt auf der Bank wieder, so ist der Status in der Nationalmannschaft zumindest gefährdet. Das wird in den Gedanken der Spielerseite einen Einfluss auf die Entscheidung haben.

Bei der Frage nach der Zukunft von Kai Havertz ist derzeit vieles ungewiss. Die Klasse, um sich jetzt schon bei einem Topklub durchzusetzen, besitzt der 20-Jährige definitiv. Die aktuellen Umstände sorgen aber dafür, dass mehr Fragen gestellt als beantwortet werden. Ob er nun im Sommer wechselt oder nicht, wird auch von den finanziellen Verhältnissen der interessierten Klubs abhängig sein. Ein Verbleib in Leverkusen ist jedenfalls nicht nur wahrscheinlicher geworden, er wäre auch nicht die schlechteste Idee.

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(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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