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Was wurde eigentlich aus? Teil 6: Robert Vittek

26. Oktober 2017 | Was wurde aus...? | BY Manuel Behlert

Nach einem Jahr auf Leihbasis kam er im Jahr 2004 für 1,3 Millionen Euro zum 1. FC Nürnberg. Bei den Franken blieb er 4 Jahre, vor allem die Rückrunde 2005/06 hat sich bei den Fans langfristig im Gedächtnis verankert, als er traf wie am Fließband. In seiner Karriere absolvierte der slowakische Stürmer über 300 Pflichtspiele, konnte über 150 Scorerpunkte generieren. Doch was macht Robert Vittek heute?

Geboren wurde Vittek am 1. April 1982 in Bratislava, begann seine Karriere in der Jugend bei Slovan Bratislava, wo er sofort einen guten Eindruck hinterließ und als eines der größten Offensivtalente der Slowakei galt. Als Jugendspieler unterschrieb er sogar einen Vorvertrag bei Real Madrid, der Wechsel kam aber aufgrund einer schweren Knieverletzung nie zustande.

Leihgeschäft und Bundesligaaufstieg

Im August 2003 wechselte Vittek auf Leihbasis von Slovan Bratislava zum 1. FC Nürnberg in die 2. Bundesliga. Am 5. Spieltag gab er gegen Erzgebirge Aue sein Debüt, sofort gelang ihm eine Torvorlage. Seinen ersten Treffer konnte der Slowake am 12. Spieltag beim 3:0-Heimsieg gegen Union Berlin erzielen, bis zum Winter stand er bei 2 Toren und 7 Vorlagen, hier entwickelte sich bereits eine Harmonie mit dem sogenannten „Tor-Phantom“ Marek Mintal, der die Offensive beim „Club“ über Jahre prägte und von Vittek profitieren konnte.

(Photo by Sandra Behne/Bongarts/Getty Images)

In der Rückrunde steuerte Vittek noch 7 Tore und 3 Vorlagen zum Erfolg des 1. FC Nürnberg bei, am Ende gelang der Aufstieg in die Bundesliga. Nach dem Aufstieg konnte er diese Quote in der Bundesliga nicht halten, auch wenn er eine solide Saison 2004/05 spielte. Am Ende gelangen ihm 6 Pflichtspieltore und 4 Torvorlagen, in der Offensive stand er aber ein wenig im Schatten von Marek Mintal, der seine Form aus der 2. Liga tatsächlich mit in die Bundesliga nehmen konnte.

Die zwei Gesichter der Saison 2005/06

In der Hinrunde der Saison 2005/06 lief es nicht nur für den „Club“, sondern auch für Robert Vittek nicht besonders gut. Aus den ersten 4 Spielen holte man lediglich einen Punkt, am 8. Spieltag wurde erst der erste Saisonsieg eingefahren und bei 2 der drei Siege in der Hinrunde war der Slowake nicht einmal im Kader. Der 82-fache Nationalspieler musste häufig auf den Flügel ausweichen, wo er zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich gut zurechtkam. Doch in der Rückrunde sollte sich plötzlich alles ändern. Der 1. FC Nürnberg manövrierte sich auch dank Vittek aus der Krise.

Der abschlussstarke Instinktfußballer erzielte am 19. Spieltag gegen Hannover sein 1. Saisontor, bereits 2 Wochen später gegen den FC Bayern legte er nach. Zur Hochform lief er ab dem 24. Spieltag auf. Beim 3:0 gegen Duisburg erzielte er alle drei Treffer, beim 4:3-Sieg gegen Köln gelang ihm erneut ein Dreierpack. Doch damit noch nicht genug, eine Woche später gegen Werder Bremen markierte er erneut zwei Treffer, bereitete ein weiteres Tor vor. Am Ende schoss der Slowake fantastische 16 Tore in der Rückrunde, weitere 5 konnten vorbereitet werden. Er hatte einen maßgeblichen Anteil daran, dass der 1. FC Nürnberg am Ende einen Platz im Mittelfeld belegen konnte.

Konstanzprobleme, Pokalsieg, Verletzungssorgen

In der Saison 2006/07 gewann der 1. FC Nürnberg überraschend den DFB-Pokal unter Hans Meyer, aber an die Leistungen der vorherigen Rückrunde konnte Vittek nicht anknüpfen. 27 Pflichtspiele absolvierte der slowakische Angreifer, dabei erzielte er 5 Tore und bereitete 8 weitere vor, im Pokalendspiel gegen den VfB Stuttgart fehlte er. Dieses Highlight seiner Karriere konnte er also nur von der Tribüne verfolgen, auch danach ging es eher nicht bergauf.

(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

2007/08 startete er durchwachsen in die Saison, bekam am 4. Spieltag seinen ersten Platzverweis in der Bundesliga gegen Energie Cottbus und musste kurz darauf operiert werden. Bei diesem Eingriff stellte man einen Knorpelschaden fest, Vittek fehlte bis über die Winterpause hinaus, konnte nach seinem Comeback nur noch einen Treffer erzielen und den Abstieg in die 2. Bundesliga am Saisonende nicht vermeiden.

Der Wechsel nach Lille

Zu Beginn der Zweitligasaison stand Vittek noch für den 1. FC Nürnberg auf dem Platz, ehe ein Angebot des OSC Lille hereinflatterte. Am 1. August 2008 wurde der Wechsel für 4 Millionen Euro vollzogen, in Frankreich wollte der Angreifer einen Neuanfang starten. Mit 26 Jahren lag ein nicht gerade geringer Teil seiner Karriere vor ihm, Vittek wurde in eine Offensive mit Cabaye, Hazard, Bastos und de Melo eingebaut, absolvierte in der ersten Saison 26 Ligaspiele, erzielte 6 Tore und legte 5 weitere vor. Er war also schnell in Frankreich angekommen, am Ende landete man auf Platz 5.

(Photo by FRANCOIS LO PRESTI/AFP/Getty Images)

Doch nur ein halbes Jahr später war es vorbei mit der Herrlichkeit. Vittek, der nach seiner Zeit in Nürnberg Probleme damit hatte, sich bei einem Klub langfristig zu etablieren, wechselte schon im Winter auf Leihbasis zu Ankaragücü in die Türkei, die ihn im Sommer 2010 auch gleich fest verpflichteten. Die guten Ansätze in Frankreich waren letztlich vergebens, Pierre-Alain Frau, Gervinho, Obraniak, Salibur und auch Hazard als Konkurrenz waren im Endeffekt zu viel, es kam Unzufriedenheit auf, die Kontinuität ging verloren, der Wechsel war der „einfache“ Ausweg für den Slowaken.

Es wird turbulent

In der Türkei wollte Vittek eigentlich noch einmal Fuß fassen. Doch nach nur einer Saison bei Ankaragücü wechselte der Slowake für 600.000 Euro zu Trabzonspor, wo er auch nur 1 1/2 Spielzeiten verbringen konnte. Die häufigen Vereinswechsel nahmen ihm den Rhythmus, ehe er sich bei einem Verein akklimatisieren konnte, war er schon wieder weg, obwohl seine Torjägerqualitäten eigentlich nicht litten, wie er immer noch in der Nationalmannschaft zeigen konnte. Im Nachhinein ist es natürlich leicht das zu sagen, aber die ein oder andere Entscheidung während seiner Karriere war sicherlich nicht ideal.

Nachdem sich Vittek im Februar 2013 von Trabzonspor kommend Istanbul Basaksehir anschloss, ging auch diese Liaison bereits nach 5 Monaten zuende. Nach zweimonatiger Vereinslosigkeit kehrte er dann, früher als ursprünglich geplant, in sein gewohntes, heimatliches Umfeld zurück. Vittek unterschrieb bei Slovan Bratislava, wo seine Karriere schon im Jugendalter begann – und blieb zunächst für drei Jahre. Im Sommer 2016 endete der Vertrag, Vittek war erneut vereinslos und wechselte nach 3 Monaten nach Ungarn, zu Debrecen. Im Oktober unterschrieb er dort, im Dezember wurde der Vertrag bereits wieder aufgelöst. Ein erneutes Kapitel im Ausland, das der Spieler schnellstmöglich vergessen will.

Und heute?

Mit heute 35 Jahren hat Robert Vittek zum dritten Mal bei Slovan Bratislava unterschrieben. Seit dem 21. Februar steht er dort unter Vertrag, der Kontrakt endet nach dieser Saison. Womöglich macht Vittek dann komplett Schluss. In dieser Saison läuft er vor allem als Edeljoker auf, konnte im Ligaspiel gegen Zilina einen Treffer erzielen, sorgt zumindest immer für Unruhe, wenn er auf dem Platz steht und will noch einmal die Meisterschaft in der Slowakei gewinnen. Nach 13 Spielen steht Slovan zwar auf Platz 2 in der Tabelle, der Rückstand auf Spartak Trnava beträgt aber schon 8 Punkte.

(Photo by Samuel Kubani/EuroFootball/Getty Images)

Wenn Robert Vittek am Ende seiner Karriere auf seine Stationen zurückblickt, wird neben seinem Heimatklub in Bratislava wohl vor allem die Zeit in Nürnberg positive Erinnerungen hervorrufen. Hier hatte er seine beste Phase, zerschoss in einer Rückrunde die halbe Bundesliga und gewann den wohl wichtigsten Titel in seiner Laufbahn. Aber auch die Intermezzi in Frankreich, der Türkei und Ungarn haben dazu beigetragen, dass der Slowake der Spieler und vor allem der Mensch ist, der er heute nunmal ist. Und trotz fehlender Kontinuität kann der Slowake auf eine ereignisreiche Karriere zurückblicken, gespickt mit Erfahrungen, die ihm keiner mehr nehmen wird.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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