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Wayne Rooney – der schleichende Untergang einer Legende

23. September 2016 | Spotlight | BY neunzigplus


Trotz gelungenem Saisonstart herrscht bei Manchester United nach 3 Niederlagen plötzlich eine Krise. Ein „Sündenbock“ für viele: Wayne Rooney, die einstige große Hoffnung des englischen Fußballs. In seinem Debüt für 90PLUS betrachtet Andy die Karriere des Nationalspielers, Gründen für die sinkende Formkurve und die möglichen Konsequenzen.

Der Anfang

Eigentlich sah er viel mehr aus wie ein Boxer als wie ein Fußballer. Aber als Wayne Rooney mit zarten 17 Jahren sein Debüt für Everton machte, galt der Stürmer bereits als eine der größten Zukunftshoffnungen im englischen Fußball. Trotz Übergewicht und trotz eines hitzigen Gemüts konnte Rooney schon früh aufzeigen, welch enormes Potenzial in ihm steckt.

In zwei Saisons mit seinem Lieblingsverein hat Rooney 67 Spiele absolviert und dabei 15 Tore geschossen. Diese Leistungen haben das Interesse der großen Vereine geweckt. Obwohl Sir Alex Ferguson im Sommer 2004 mit einem Transfer eigentlich noch zuwarten wollte, musste der Schotte reagieren, als Newcastle United sich um die Dienste Rooneys bemühte.

(Photo by Alex Livesey/Getty Images)

Wechsel zu Manchester United

So wechselte der Liverpooler am Deadline Day 2004 für 25.6 Millionen Pfund von Everton ins Old Trafford. Die Ablösesumme ist für heutige Verhältnisse gerade lächerlich niedrig, stellte damals aber die höchste Ablöse dar, die je für einen unter 20-Jährigen gezahlt worden ist.

In Manchester ist der Sohn eines Boxers gleich eingeschlagen. Schon bei seinem Debüt, einem Champions-League-Spiel gegen Fenerbahçe, erzielte der Stürmer einen Hattrick. Besonders das positiv-arrogante Auftreten des Youngsters machte Eindruck bei den Fans. Trotz seiner gerade einmal 19 Jahre trat Rooney selbstsicher auf.

Rooneys Blütezeit

In den folgenden Jahren entwickelte sich Rooney neben Cristiano Ronaldo zu einem der wichtigsten Spieler des Vereins. Sir Alex Ferguson schaffte es, aus dem talentierten, aber übergewichtigen Hitzkopf einen athletischen Stürmer zu formen, der sein Temperament im Griff hatte.

Sensationelle Tore wie der 20-Meter-Volley gegen Newcastle United, der Fallrückzieher im Manchester-Derby oder der Weitschuss von der Mittellinie gegen West Ham haben dem Liverpooler einen Platz in Manchester Uniteds Geschichtsbüchern garantiert.

(Photo credit should read ANDREW YATES/AFP/Getty Images)

Die Saison 2009/2010 stellte dabei den Höhepunkt in der Karriere von Rooney dar. 34 Tore erzielte er in dieser Saison für die Red Devils in allen Wettbewerben. Obwohl Man United in dieser Saison nur den Ligapokal gewann, wurde Rooney mit der Spieler-des-Jahres-Auszeichnung in England geehrt.

Der Anfang vom Ende

Heute ist Rooney bald 31 Jahre alt, Rekordtorschütze Englands, nur noch wenige Treffer davon entfernt Rekordtorschütze Manchester Uniteds zu werden und nur noch ein Schatten seiner selbst.

Nach der Saison 2009/2010 hatte Rooney im Jahr 2011/2012 eine letzte herausragende Saison. Im Gegensatz zu seinem früheren Teamkollegen Ronaldo begann Wayne Rooney nämlich schon im vergleichsweise frühen Alter von 27 Jahren zu stagnieren.

Dies erkannte auch Sir Alex Ferguson, weswegen er Robin van Persie als neuen Stürmer verpflichtete und Wayne Rooney immer öfters an Stelle von Danny Welbeck auf der Bank Platz nehmen musste. Dies passte dem englischen Superstar nicht, weswegen er im Frühjahr 2013 Sir Alex zum zweiten Mal darum bat, Manchester United verlassen zu dürfen.

(Photo GRAHAM STUART/AFP/Getty Images)

Zu diesem Zeitpunkt wusste Rooney noch nicht, dass der Schotte nur wenige Wochen später seine Trainerkarriere beenden würde. Ferguson überließ die Entscheidung über einen Verbleib Rooneys seinem Nachfolger: David Moyes.

Moyes kannte Rooney von seiner Zeit bei Everton und wollte unbedingt am Stürmer festhalten, der sich eigentlich im besten Fußballeralter befand. Rooney sah nach Fergusons Abgang seine Chance, wieder zum Star des Teams zu avancieren und verlängerte seinen Vertrag.

Umfunktionierung vom Stürmer zum Mittelfeldspieler

Zwar war Rooney unter Moyes wie auch später unter Van Gaal wieder der erste Name auf dem Aufstellungsbogen, doch begann der Engländer weiter abzubauen. Er nahm wieder zu, was sich negativ auf seine Schnelligkeit und seine Ausdauer auswirkte. Immer öfter hatte er Probleme bei der Ballannahme, was es ihm schwieriger machte, sich Torchancen zu erspielen.

Die Trainer Moyes, Van Gaal und Hodgson drängten Rooney deswegen in eine defensivere Rolle. Doch auch die Rolle des Spielmachers schien Rooney nicht wirklich zu liegen. Zwar glänzte er als Spielmacher mit langen Bällen auf die Flügel, doch bekundete er reichlich Mühe mit den simplen Pässen. Seine Quote an erfolgreichen Pässe nach vorne kommt nicht an die eines Weltklassespielers heran. Besonders wenn das gegnerische Team Pressing spielt, ist Rooney im Mittelfeld überfordert.

Mit der Ankunft von José Mourinho im Old Trafford schien es, als wären Rooneys Tage im Mittelfeld gezählt. Der Portugiese verkündete an seiner ersten Pressekonferenz: „Vielleicht ist er keine Nummer Neun mehr, aber für mich wird er niemals eine Nummer Sechs sein. Er wird nicht 50 Meter vom Tor entfernt sein. Für mich wird er eine Neun oder eine Zehn sein, vielleicht eine Neuneinhalb, aber niemals eine Sechs, noch nicht einmal eine Acht.“

Schwacher Saisonstart: Zeit für die Ersatzbank?

Trotzdem wollte Mourinho in den ersten sechs Saisonspielen nicht auf seinen Captain verzichten. Rooney spielte als Nummer 10, war aber trotz eines Tores und zwei Vorlagen oft ein Passagier im Spiel der Red Devils. Eine hohe Fehlpassquote, Probleme bei der Ballannahme, kaum gefährliche Pässe: Rooney ist bisher einer der schwächsten Spieler in dieser Saison.

Dies ist besonders bedauernswert, weil Ander Herrera, Juan Mata und Neuzugang Henrickh Mkhitaryan alle ein höheres Potenzial auf Rooneys Position hätten. Schlechte Leistungen und große Konkurrenz auf seiner Position: Es wäre die Gelegenheit für José Mourinho, Rooney aus der Startelf zu nehmen, ohne es sich mit den Fans zu verscherzen.

Die Gründe für Rooneys frühem Leistungsabbau

Es bleibt die Frage, warum Wayne Rooneys Untergang bereits in einem so frühen Alter begonnen hat? Eine Möglichkeit ist sicher seine mangelhafte Fitness. Rooney war nie ein Topathlet, wie es zum Beispiel Ronaldo ist. Deswegen zollt sein Körper den hohen Belastungen des Profisports Tribut.

Ein zweiter Grund könnte der sein, dass Rooney bereits in einem frühen Alter in den Profibereich eingestiegen ist. Während andere Spieler erst mit 21 oder 22 Jahren ihren Durchbruch schaffen, war der Liverpooler bereits mit 17 Jahren ein wichtiger Bestandteil seiner Mannschaft. Er ist also bereits seit über 14 Jahren auf dem höchsten Level tätig.

Kein Raum für Sentimentalität

Rooney war ein genialer Fußballer. Er ist einer der besten Spieler in der Geschichte Englands und Manchester Uniteds. Er wird aller Voraussicht nach noch in dieser Saison Rekordtorschütze für United werden. Nach über zwölf Jahren bei den Red Devils erfüllt Rooney alle Kriterien einer Legende.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Aber es wäre ein Fehler, wenn Manchester United aus sentimentalen Gründen weiter auf Wayne Rooney in der Startaufstellung setzen würde. Er ist eine Legende am Ende der Karriere. Es ist an der Zeit kürzer zu treten und anderen das Feld zu überlassen.

Andy Cina


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