Das „falsche“ Finale – Derbi madrileño im Kampf um die Supercopa
12. Januar 2020 | Vorschau | BY Christoph Albers
Vorschau | Wenn am Sonntagabend Atlético und Real Madrid um die Supercopa de España spielen, trifft der Vize-Meister auf einen Pokal-Halbfinalisten. Eine Final-Paarung, die den eigentlichen Sinn des Superpokals, ein Kräftemessen zwischen dem Meister und dem Pokalsieger, ad absurdum führt. Aber der neue Modus macht es möglich…
Anpfiff der Partie ist am Sonntag, 19 Uhr (MEZ).
Real Madrid
Die“Königlichen“, die sich nur aufgrund der besseren Pokal-Historie im Vergleich zu Real Betis für die Supercopa qualifiziert haben, zogen ziemlich souverän ins Endspiel ein. Beim 3:1-Sieg über den FC Valencia im ersten Halbfinale, ließ die Mannschaft von Zinedine Zidane mal gar nichts anbrennen. Toni Kroos brachte seine Farben bereits nach 15 Spielminuten mit einer direkt verwandelten Ecke in Führung, bevor Isco (39.) und Modric (65.) den Deckel drauf machten. Parejo konnte in der Nachspielzeit zwar noch für ein bisschen Ergebniskosmetik sorgen, mehr war für die harmlosen „Fledermäuse“ an diesem Abend aber nicht drin.
Souverän ins Finale
Valencia schien sich ingesamt zwar etwas unter Wert verkauft zu haben, doch trotzdem verdient das stark ersatzgeschwächte Real Madrid, das auf Benzema, Bale und Hazard verzichten musste, Anerkennung für diesen reifen Auftritt.
Überraschend war allerdings, dass Trainer Zidane eine Mannschaft mit mehr oder weniger fünf zentralen Mittelfeldspielern aufbot. Casemiro spielte als tiefer „Sechster“, Kroos und Valverde auf den Halbpositionen davor und Isco und Modric in offensiverer Rolle hinter dem einzigen Stürmer Luka Jovic. Und das obwohl er mit Vinicius Junior und Rodrygo sogar zwei gelernte Flügelstürmer zur Verfügung hatte, die beide nicht einmal eingewechselt wurden.
Die zentrale Bedeutung des Zentrums
Eine Wiederholung dieser Taktik am Sonntag ist, aufgrund des Erfolgs am Mittwoch, nicht ausgeschlossen, wobei mit Atlético ein ungleich stabilerer Gegner auf Zidane und seine Mannschaft wartet (Valencia kassierte in der Liga bisher 25 Gegentore, Atlético gerade mal 12). In der Liga-Partie Ende September im Wanda Metropolitano trennten sich beide Teams mit einem 0:0-Unentschieden. Damals setzte Zidane auf zwei echte Flügelspieler, die nicht unbedingt für Gefahr sorgen konnte, weshalb sich hier durchaus ein anderer Ansatz gewählt werden könnte.
Die „Rojiblancos“ spielen für gewöhnlich aus einem 4-4-2-System und hätten demnach eine Unterzahl im Mittelfeldzentrum, sodass Real sich hier womöglich eine Überlegenheit erspielen könnten. Allerdings schafft es die Mannschaft von Diego Simeone stets sehr gut das Zentrum zu verdichten. Es wird also spannend zu sehen sein, welcher Ansatz hier gewählt wird.
Personell ist die Situation im Vergleich zum Mittwoch unverändert. Benzema, Bale, Hazard und Asensio werden allesamt verletzt ausfallen. Alle anderen Spieler stehen zur Verfügung.
Atlético Madrid
Im Gegensatz zum souveränen Final-Einzug Reals, brauchte Atlético etwas Drama auf dem Weg ins Supercup-Finale. Zwar gingen die „Colchoneros“ in der 46. Spielminute durch ein Tor des starken Koke, der auch erst zur Pause eingewechselt wurde, in Führung, doch Messi und Griezmann stellten die Partie mit einem Doppelschlag kurz darauf auf den Kopf. Torschütze Koke musste wenig später verletzungsbedingt ausgewechselt werden, bevor Alvaro Morata per Eflmeter ausgleichen konnte, ehe Angel Correa dem Wahnsinn mit seinem Tor zum 3:2 in der 86. Spielminute die Krone aufsetzte.
Mit Glück und VAR
Zu diesem turbulenten Spielverlauf kommt auch noch dazu, dass Barça durch den VAR gleich zwei Tore aberkannt wurden und, dass die Katalanen auch sonst allzu verschwenderisch mit ihren Möglichkeiten umgingen. Zudem sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass auch die Elfmeter-Entscheidung zu Gunsten Atléticos eher glücklich war.
Insgesamt kann man also von einem durchaus schmeichelhaften Sieg sprechen, wobei man auch hier die Moral der Mannschaft herausheben muss.
Taktisch gesehen, war allerdings wenig Überraschendes dabei. Simeone stellte seine Mannschaft, wie gewohnt, in einem 4-4-2-System auf, wobei er sich für eine relativ offensive Variante entschied, mit Correa auf der rechten Außenbahn anstelle von Koke. Der ohnehin formstarke Argentinier zahlte das Vertrauen mit dem Siegtreffer mehr als zurück. Ansonsten war vieles wie immer, situativ gutes, aggressives Pressing, kombiniert mit Phasen in denen die Mannschaft bereitwillig tief zurückfällt und aus der Kompaktheit verteidigt. Offensiv waren wie immer schnelles Umschaltspiel und Standardsituationen die Mittel der Wahl.
Klassisch Atlético
Diese Ausrichtung darf man sicherlich auch am Sonntag erwarten, wobei die entscheidende Frage, wie bereits aufgezeigt, sein dürfte, wie Zidane seine Mannschaft aufstellt.
Bei Atlético sind nicht allzu viele Veränderungen zu erwarten. Koke fällt definitiv aus und ist damit kein Kandidat, während Innenverteidiger José Giménez, der gegen Barça verletzt fehlte, womöglich in die Mannschaft zurückkehren könnte. Er würde, falls es reicht, anstelle von Stefan in die Innenverteidigung rücken. Lemar und Diego Costa fehlen unterdessen weiterhin verletzungsbedingt.
Prognose
Stadtderbys und Finalspiele sind erfahrungsgemäß schwer zu prognostizieren. Dies gilt insbesondere, wenn diese beiden Teams aufeinandertreffen, da die Duell stets sehr eng und intensiv sind und meist durch Kleinigkeiten entschieden werden. Da es in diesem Fall aber einen Sieger geben muss, dürfte Real Madrid leicht zu favorisieren sein. Die „Königlichen“ hatten in der Vergangenheit (nicht zuletzt in zwei Champions League Endspielen) meist die Nase vorn, wenn es hart auf hart kam.
Dazu kommt, dass Real deutlich souveräner auftrat, sie in ihrem Spiel nicht so an die Grenzen gehen mussten wie Atlético und zudem einen Tag länger Pause hatten. Die Chancen stehen also gut, dass der Tabellendritte und Pokal-Halbfinalist der Vorsaison den spanischen Supercup holt. Ein Resultat, das dem Irrsinn dieses Turniers entsprechen würde.
Mögliche Aufstellungen
Real Madrid: Courtois – Carvajal, Varane, Sergio Ramos, Mendy – Valverde, Casemiro, Kroos – Modric, Isco – Jovic
Atlético Madrid: Oblak – Trippier, Savic, Felipe, Renan Lodi – Correa, Thomas, Herrera, Saúl – João Félix, Morata
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(Photo by Francois Nel/Getty Images)
Christoph Albers
Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.