Die große Premier League Vorschau (4/5): Liverpool, Leicester, Watford, Cardiff

9. August 2018 | Vorschau | BY Chris McCarthy

Kaum ist die Weltmeisterschaft vorbei, startet die Premier League in die Saison 2018/2019. Ehe Manchester United und Leicester City am Freitag die neue Spielzeit eröffnen dürfen, nehmen wir alle 20 Teams unter die Lupe. Ist Manchester City weiterhin das Maß aller Dinge? Wer qualifiziert sich für die Champions League und wer kämpft um das nackte Überleben?

Teil 1: Manchester City, FC Arsenal, Crystal Palace & Huddersfield Town

Teil 2: ManUtd, Burnley, Bournemouth, Southampton

Teil 3: Tottenham, Everton, West Ham, Wolverhampton

Teil 4: Liverpool, Leicester, Watford, Cardiff

Teil 5: Chelsea, Newcastle, Brighton, Fulham

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Liverpool FC

(Letzte Saison 4. Platz)

Erfolgsdruck?

Denkt man an die abgelaufene Saison des FC Liverpool, so kommt einem direkt der beeindruckende Lauf in der Champions League in den Sinn. Unterstützt von einem Mohamed Salah in Weltklasse-Form überrollte die Mannschaft von Jürgen Klopp regelrecht seine Gegner, allen voran das bis dato unaufhaltsame Manchester City, und scheiterte erst im Finale an Real Madrid.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Warum wir das in einer Premier League Vorschau erwähnen? Nun es verdeutlicht extrem die Identität der Reds. Die Mannschaft überzeugt vor allem durch Intensität, Pressing, überbrückt oft das Mittelfeld und verlässt sich vorne auf die hohe individuelle Klasse von Sadio Mané, Roberto Firmino und vor allem Mohamed Salah (34 Saisontore 2017/2018!).

Ganz nebenbei wird dadurch die durch Rekordverpflichtung von Virgil Van Dijk verbesserte, aber immer noch nicht ganz überzeugende, Defensive entlastet. Befindet sich die Mannschaft in einem Lauf, gerade offensiv, so ist sie schwer zu stoppen und kann beinahe jeden Gegner überrollen. Glücklicherweise fand solch ein Lauf genau während der heißen Phase der Champions League statt. In der Liga genügte es „nur“ zu Platz vier, was auch vollkommen in Ordnung war, denn diese kraftintensive und, mit Verlaub, nicht sehr facettenreiche Spielweise ist schwer konstant auf einem ganz hohen Level zu halten. Gerade nach „englischen Wochen“ fehlte dem vergleichsweise noch etwas dünnen Kader oftmals die Kraft, dieses Spiel aufzufahren.

Nach dem spendierfreudigen Sommer sollte sich das geändert haben. Liverpool legte den Fokus auf eine hochwertige Verbesserung der ersten Elf, wodurch der Kader automatisch qualitativ in der Breite zunimmt. Alisson Becker, dank Chelsea mit 62,5 Millionen Euro nur noch der zweitteuerste Torhüter der Welt, soll ein für alle Mal die Torwartposition von einer Schwäche in eine Stärke verwandeln. Xherdan Shaqiri (26; 15 Millionen Euro; Stoke City) verleiht der Offensive eine weitere spannende Alternative und entlastet das formidable Trio Salah, Firmino und Mané (letzte Saison insgesamt 59 Tore und 27 Assists).

Fabinho (24; 45 Millionen Euro, AS Monaco), der defensiv für mehr Entlastung sorgt, und Naby Keïta (23; 60 Millionen Euro; RB Leipzig) sorgen für mehr Stabilität, aber vor allem stark verbesserte Spielstruktur und einen schwerer auszurechnenden Spielaufbau. Da man sich nicht darauf verlassen sollte, dass die Torfabrik, insbesondere Mohamed Salah, die Leistungen der abgelaufenen Spielzeit in dieser Form wiederholen kann, könnte sich das neu formierte und nicht mehr so eindimensionale Mittelfeld als „Game Changer“ erweisen.

Nach Investitionen von ca. 430 Millionen Euro in zweieinhalb Jahren steht Klopp nämlich selbst nach dem Verkauf von Philippe Coutinho für 125 Millionen Euro, allmählich unter Druck, Pokale, oder zumindest einen Lauf auf die Meisterschaft zu liefern.

Prognose

Solange die Mannschaft des FC Liverpool einen Lauf hat, kann sie jeden Gegner der Welt überwinden. Alleine durch eine intensive Spielweise ist das über eine volle Saison jedoch nicht aufrechtzuerhalten. Gelingt Klopp eine facettenreichere Spielstruktur, und dafür wurde die Grundlage im Sommer geschaffen, muss er Liverpool zum  City-Verfolger Nummer eins machen.  

Im Fokus: Naby Keïta

Die Reds offenbarten nämlich auch in den vergangenen Jahren durchaus taktische und spielerische Defizite im Mittelfeld. Oftmals versuchte Klopp diese Schwächen zu kaschieren, indem er seinen Gegner überrannte, stark presste und effektiv konterte. Gegen die Gegner, die tief standen und somit die Schnelligkeit und Konterstärke Liverpools neutralisierten, tat man sich, auch aufgrund der Probleme im Spielaufbau, oft schwer, hochkarätige Torchancen zu kreieren.

Seine Technik, Pass- und Ballsicherheit sollten das schlagartig verändern, der Schaltzentrale mehr Struktur verleihen und den Spielaufbau facettenreicher gestalten.  Neben der Offensive ist Keïta auch durch sein exzellentes Timing beim Herausrücken, seiner Zweikampfstärke und seinem außergewöhnlichen Riecher für den gegnerischen Pass, eine enorme Bereicherung und Entlastung für die Defensive.

Auf dem Papier ist Naby Keïta der perfekte Neuzugang für den FC Liverpool.

(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Newcomer: Curtis Jones

Curtis Jones, so Jürgen Klopp, sei ein „echter Scouser“. Der vielseitige, passsichere und kreative Mittelfeldspieler wurde in Liverpool geboren und durchlief folglich auch die Jugendakademie der Reds.

Unter der Leitung von Steven Gerrard, mit dem Jones‘ außergewöhnliche Schussstärke übrigens verglichen wird, entwickelte sich der 17-Jährige nun zu einem Kandidaten für den Profi-Kader von Jürgen Klopp und sorgte in der Vorbereitung durch starke Leistungen für Aufsehen.

In Liverpool möchte man behutsam mit dem Talent umgehen, ihn über die U-23 weiter formen. Letzte Saison saß Jones bereits beim Merseyside Derby auf der Bank und es ist gut möglich, dass er noch diese Saison zu seinem heiß ersehnten Profi-Debüt für seinen Heimatverein kommt.

Leicester City

(Letzte Saison 9. Platz)

Das Gerüst steht

Wie schon 2016/2017, als Craig Shakespeare Meistertrainer Claudio Ranieri ablöste, brauchte Leicester auch 2017/2018 einen Wechsel an der Seitenlinie, um wieder in Fahrt zu kommen. Claude Puel sorgte nach seiner Einstellung letzten Oktober dafür, dass die Abstiegsangst nicht zur Realität wurde. Doch nur ein halbes Jahr später, landete Leicester wieder in einem Trott und beendete die Saison mit sechs sieglosen Spielen Folge. Nicht wenige erwarteten einen erneuten Trainerwechsel, doch Claude Puel blieb im Amt und soll dafür sorgen, dass der Sensationsmeister von 2016 endlich wieder eine sorgenfreie Saison erlebt.

(Photo by David Rogers/Getty Images)

Um dies zu bewerkstelligen, hat Puel sehr viel Arbeit vor sich. Die größte Baustelle befindet sich im Angriff. Die Foxes erteilten dem seit zwei Jahren wechselwilligen Riyad Mahrez die Freigabe und verkauften ihn für knapp 70 Millionen an Manchester City. Puel muss nun einen Weg finden, seine 23 Torbeteiligungen adäquat zu ersetzen, was mit einem Transfer alleine nicht zu kompensieren ist. Hier wird Leicester versuchen, die Offensivlast gleich auf mehrere Schultern zu verteilen. Neuzugang Rachid Ghezzal (26; 14 Millionen Euro, AS Monaco) übernimmt dabei die positionsgetreue Vertretung, während die talentierten Demarai Gray und Fousseni Diabaté (je 22) endlich zu mehr Einsatzchancen kommen werden. Darüber hinaus hofft man im King Power Stadium, dass Sommer-Einkauf James Maddison (21; 25 Millionen Euro; Norwich) sein hohes Potential umsetzt und als offensiver Taktgeber fungiert. Mit dem weiterhin torhungrigen Jamie Vardy (20 Saisontreffer), dem hochtalentierten, allerdings bisher enttäuschenden Kelechi Iheanacho und auch Shinji Okazaki stehen mehr als brauchbare Vollstrecker bereit.

Defensiv schien man gut aufgestellt zu sein. Danny Ward (25; 14 Millionen Euro; Liverpool) kommt als Absicherung für Torhüter Kasper Schmeichel, womöglich aber auch aus Sorge vor einem Abgang des Dänen. Rechtsverteidiger Ricardo Pereira (24; 22 Millionen Euro), den Puel noch aus seiner Zeit bei Nizza kennt, und Schnäppchen Jonny Evans (30; 4 Millionen Euro, West Bromwich) sollten mit Top-Innenverteidiger Harry Maguire die wackelige Abwehr hinter dem stark aufspielenden Abräumer Wilfried Ndidi stabilisieren. Der offensive Umbau wäre aufgrund des stabilen Gerüsts dahinter wohl machbar gewesen.

Einen Tag vor Transferschluss beginnt das Fundament plötzlich zu bröckeln. Nach einer starken Debüt-Saison in Leicester und einer fantastischen Weltmeisterschaft mit England ist Maguire plötzlich auf dem Radar von Manchester United. Nach der Absage von Jerome Boateng sind die Red Devils gewillt, den Engländer zum teuersten Abwehrspieler der Welt zu machen. Trotz der willkommenen Finanzspritze, und obwohl mit Çağlar Söyüncü (22; SC Freiburg) und Filip Benković (21; Dynamo Zagreb) gleich zwei talentierte Verteidiger im Gegenzug kommen, wäre das ein überaus riskantes Manöver der Foxes. Wes Morgan, mittlerweile 34, wäre sowohl in der Defensive als auch als Führungsspieler deutlich mehr gefordert, als erwartet.

Prognose

Das so stabile Fundament der Foxes droht gewaltig zu bröckeln. Nach Mahrez auch Maguire mit talentierten, aber noch jungen und ungeschliffenen Nachfolger zu ersetzen, wäre überaus fahrlässig. Es bleibt außerdem abzuwarten, ob Puel nach dem schwachen Saisonausklang der richtige Mann ist, ein neues Gerüst in Leicester zu formen. Nach potentiellen Startschwierigkeiten bahnt sich ein eher folgenloser Flirt mit der Abstiegszone an.

Im Fokus: Kelechi Iheanacho

Nicht nur wir deklarierten vor zwölf Monaten den 30-Millionen-Euro Wechsel von Kelechi Iheanacho zu Leicester City als einen der besten Transfers des Sommers. Auch wir wurden enttäuscht.

Der talentierte Nigerianer wirkte gehemmt, konnte sich weder unter Shakespeare noch unter Puel für die Startelf empfehlen und fiel in ein Loch. Erst gegen Ende der Spielzeit würde Puel Iheanacho wieder berücksichtigen. In den letzten elf Partien der Saison ließ der Angreifer dann mit drei Toren und drei Assists auch endlich seine Torgefahr wieder aufblitzen.

Nimmt er den Schwung mit, könnte er nach längere Anlaufzeit endlich sein großes Potential in Leicester erfüllen und zugleich den Abgang von Mahrez etwas auffangen. Auch Manchester City, wo Iheanacho gegenüber Gabriel Jesus das Nachsehen hatte, traut ihm den Durchbruch trotz des Verkaufs zweifelsohne zu. Die Cityzens ließen nicht umsonst eine 56 Millionen Euro teure Rückkaufoption in seinen Vertrag verankern. 

Newcomer: James Maddison

25 Millionen Euro für einen Zweitligaspieler. Leicester City scheint große Stücke auf James Maddison zu halten und hofft, dass der Zehner im King Power Stadium als neue Offensivhoffnung in die großen Fußstapfen von Riyad Mahrez tritt.

Betrachtet man sich seine herausragende Zweitligasaison mit Norwich (14 Tore und 8 Assists) und die eindrucksvolle Vorbereitung mit seinem neuen Arbeitgeber, könnte sich das Investment lohnen. Maddison deutete im Sommer bereits an, mit seiner herausragenden Technik und seinem außergewöhnlichem Spielverständnis der neue Fixpunkt der Offensive zu werden.

Der Luxus, in Jamie Vardy einen spielintelligenten Stürmer zu haben, der seine kreativen Geistesblitze effektiv in Tore umwandeln kann, sollte die Anpassung an die Premier League vereinfachen.

(Photo by Gareth Copley/Getty Images)

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Watford FC

(Letzte Saison 14. Platz)

In der Mitte liegt die Kraft

Am Anfang der Saison 2017/2018 schien Watford eine der Überraschungsmannschaften zu werden. Die Hornets spielten dynamischen, mutigen und offensivlustigen Fußball. Grund dafür war sicherlich der Einfluss des neuen Trainers, Marco Silva. Dann kam allerdings der FC Everton! Nach der Entlassung von Ronald Koemann versuchten sich die Toffees den Portugiesen abzuwerben, obwohl dieser nur wenige Wochen im Amt war. Watford blieb allerdings konsequent, doch der Schaden war bereits angerichtet. Mannschaft und Trainer kamen nicht mehr auf einen Nenner, der hoffnungsvolle Saisonstart geriet in Vergessenheit und der heftige Flirt zwischen Everton und Silva führte nach nur einem Sieg in elf Spielen letztendlich zu seiner Entlassung.

Javi Gracia übernahm und erhielt trotz eher durchwachsener Resultate das Vertrauen, Watford 2018/2019 eine sorgenfreie Saison zu ermöglichen. Nicht gerade selbstverständlich für einen Klub, der in sechs Jahren neun Trainer verschliss. Seine Jobsicherheit ist mit dem für Watford-Verhältnisse eher zurückhaltenden Transfersommer nicht gerade gestiegen.

(Photo by Stephen Pond/Getty Images)

Ben Foster (35; West Bromwich) soll die Torhüterposition, bisher in den wackeligen Händen von Heurelho Gomes, stabilisieren. Die bei Kontern so anfällige Verteidigung wurde weitgesehend ignoriert, lediglich Adam Masina (24; 5 Millionen Euro, Bologna) und Marc Navarro (22; 2 Millionen Euro; Espanyol) kommen als weitere Alternativen für die Außenverteidigerpositionen. Im Mittelfeld wirkt die antizipierte Rückkehr des langzeitverletzten Nathaniel Chalobah wie ein Neuzugang. Der Engländer begann die vergangene Saison stark, spielte sich sogar in den Kreis der Nationalmannschaft. Chalobah wird zusammen mit dem besten Spieler der vergangenen Saison, Abdoulaye Doucoure ein dynamisches und zweikampfstarkes zentrales Mittelfeld im von Gracia bevorzugten 4-4-2 bilden.

Obwohl die 40 Millionen, die Everton auf den Tisch legte, unmöglich abzulehnen waren und Richarlison nach der Hinrunde in ein Loch fiel, wiegt der Abgang des Brasilianers natürlich schwer. Gerard Deulofeu, der in der Rückrunde als Barcelona-Leihgabe gute Ansätze zeigte, wurde für 14 Millionen Euro fest verpflichtet und der anfällige, aber talentierte Roberto Pereyra sollen neben dem dynamischen Will Hughes am ehesten für kreative Momente von den Halb-Außen sorgen. Watford wäre dennoch gut beraten gerade in der Offensive etwas nachzulegen. Troy Deeney und Andre Gray sind keine Stürmertypen, die ihre eigenen Chancen kreieren.

Prognose

Zaubert Watford vor Transferschluss nicht noch einen offensiven Kracher aus dem Hut, könnte es gerade im Spiel nach vorne eine lange Saison werden. Das zentrale Mittelfeld gibt Grund zum Optimismus, doch Chalobah und Doucoure müssen fit bleiben, damit die Hornets nicht plötzlich ganz tief in den Abstiegssumpf rutschen. 

Im Fokus: Abdoulaye Doucoure

Abdoulaye Doucoure war 2017/2018 wirklich in jeder Hinsicht der mit Abstand wichtigste Spieler der Hornets, überragte durch pure Dynamik, herausragender defensiver Antizipation und unermüdlicher Laufarbeit. Die Zahlen bestätigen den Eindruck. Das personifizierte Schweizer Taschenmesser schoss die meisten Tore (7), gewann die meisten Zweikämpfe, fing die meisten Pässe ab, spielte die meisten Pässe und Key-Pässe.

Darüber hinaus beeindruckte das Energiebündel durch eine beachtliche Ausdauer und Konstanz. Doucoure fehlte lediglich in einem Spiel, und das aufgrund einer Gelb-Sperre.

Watford kann von Glück reden, dass Doucouré trotz durchaus vorhandenem Interesse an seiner Person seinen Vertrag bis 2023 verlängerte. 2018/2019 könnte ihn die Mannschaft mehr brauchen, als je zu vor.

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

Newcomer: Ken Sema

Mit bald 25 Jahren geht Ken Sema nicht mehr als Talent durch. Doch in den europäischen Top-Ligen ist der Schwede ein absoluter Newcomer. Im Sommer entschied sich der Flügelspieler, erstmals Slandinavien zu verlassen, wechselte für 2,25 Millionen Euro von Östersunds FK zum FC Watford.

In der Vorbereitung deutete Sema nun an, ein wichtiger Spieler für die Hornets werden zu können. Seine Schnelligkeit, Dribbelstärke und Power auf dem Flügel beleben die statische Offensive mit Elementen, die nach dem Abgang von Richarlison schmerzlich vermisst werden.

Cardiff City

(Aufsteiger – 2.)

Kurze Rückkehr?

Fünf Jahre nach ihrer Debüt-Saison kehren die Bluebirds, die nach einem zwischenzeitlichen Flirt mit der Lieblingsfarbe Rot des Besitzers Vincent Tan, nun auch endlich wieder blau sind, in die Premier League zurück. Der Vater des Erfolgs ist Trainer-Routinier Neil Warnock. 18 Monate nachdem der 69-Jährige Cardiff auf dem vorletzten Platz der Championship übernahm, feierte er etwas überraschend den achten Aufstieg seiner langen Trainer-Karriere, oder wie er ihn nennt, den größten Erfolg seiner Laufbahn. Toppen könnte Warnock das wohl nur noch durch den Klassenerhalt, etwas was ihm in der Premier League bisher noch nie gelang.

(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Neben dem qualitativ schlechtesten Kader der Liga, sorgt vor allem der Spielstil Cardiffs für Zweifel an einem längeren Verbleib in der ersten Liga. Der in der Championship noch so erfolgreiche Ansatz, sich auf die starke Defensive zu verlassen und mit sehr wenig, aber dafür effektivem Ballbesitz zum Torabschluss zu kommen, wird im englischen Fußballoberhaus mit großer Wahrscheinlichkeit auf seine Grenzen stoßen. Dazu fehlt es in der Umsetzung auf einem ganz anderen Niveau voraussichtlich an Qualität und Erfahrung. Große Namen, die die Liga womöglich schon kennen, kamen diesen Sommer jedenfalls nicht dazu, das wäre nicht Warnocks Stil.

Viel mehr fokussiert sich der pragmatische Engländer darauf, charakterstarke und formbare Spieler aus den unteren Ligen zu einer eigeschworenen Einheit zu verschmelzen. Die besten Beispiele dafür sind Nathaniel Mendez-Laing, der ablösefrei aus der dritten Liga kam und an zwölf Toren direkt beteiligt war und Junior Hoilett. Warnock holte den damals vereinslosen Kanadier im Oktober 2016 quasi von der Straße. Hoilett dankte ihm in der Aufstiegssaison mit 9 Toren und 11 Assists.

Auch diesen Sommer tätigte Cardiff keine spektakulären Transfers. Alle Neuzugänge stammen aus der Championship. Josh Murphy (23; 12 Millionen Euro; Norwich) und Bobby Reid (25; 12 Millionen Euro; Bristol), der abgelaufene Saison übrigens stolze 19 Treffer erzielte und 7 weitere vorbereitete, sollen die Offensive um Stürmer Kenneth Zohor beleben. Greg Cunningham (27; 4 Millionen Euro; Preston) bietet der Verteidigung um Abwehrchef Sol Bamba eine weitere Alternative auf links.

Als Kleber zwischen der kompakten Defensive und der direkten Offensive fungieren Anführer Aron Gunnarsson, der einzige Überlebende des letzten Gastspiels in der Premier League und Taktgeber Joe Ralls.

Prognose

Betrachtet man sich den Kader der Waliser, fällt es schwer, gute Argumente für den Klassenerhalt zu finden. Beflügelt von der Euphorie des Aufstiegs und der führenden Hand eines Trainer-Routiniers neigen solche Teams erfahrungsgemäß über sich hinaus zu wachsen. Doch selbst das, wird wohl nicht genügen um den Abstieg zu vermeiden…

Im Fokus: Sol Bamba

Besser wie Virgil Van Dijk und sehr ähnlich zu Franz Beckenbauer. Die Rede ist „natürlich“ von Cardiff-Innenverteidiger Sol Bamba…wer?

Der Ivorer war eine typische Warnock-Verpflichtung. Bei Leeds nicht mehr gewollt, löste Bamba im August 2016 seinen Vertrag auf. Nur wenige Tage nachdem Warnock im Oktober bei Cardiff eingestellt wurde, zog er den Innenverteidiger an Land. Es zahlte sich aus! Bamba entwickelte sich zum absoluten Führungsspieler, rettete durch Last-Minute-Grätschen, resolutes Zweikampfverhalten und dominantes Kopfballspiel quasi im Alleingang einige Punkte.

Prompt ließ sich Warnock zu einigen interessanten Vergleichen hinreißen. „Er glaubt manchmal, er wäre Beckenbauer, aber heute trennte er sich rechtzeitig vom Ball“ oder auch „Van Dijk ist mit dem Ball besser, aber ich denke nicht, dass er ein besserer Verteidiger als Sol Bamba ist“

Wir werden es bald selbst erleben…

(Photo by Nigel Roddis/Getty Images)

Newcomer: Bobby Reid

Bobby Reid, den zentralen Mittelfeldspieler aus der Jugend von Bristol City, hatte eigentlich niemand großartig auf der Rechnung, bis er den Sturm für sich entdeckte!

2017/2018 wurde Reid nach einem Doppelpack am ersten Spieltag immer offensiver eingesetzt, agierte zum Teil als Mittelstürmer, aber meist als hängende Spitze. Der laufstarke und instinktive Engländer explodierte regelrecht, erzielte sage und schreibe 19 Saisontore, dazu ein weiteres im Pokal gegen Manchester City und bereitete sieben weitere Treffer vor.

In neu gefundener Rolle war es für Reid im Sommer nun an der Zeit, die Chance zu nutzen und bei Cardiff City den Weg in die Premier League zu wagen. Waren die 19 Saisontore für Reid, dem in einer Profi-Saison zuvor nie mehr als drei gelangen, eine Ausnahme, oder folgt jetzt der endgültige Durchbruch?

Teil 5, mit Chelsea, Newcastle, Brighton, Fulham, morgen!

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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