FC Barcelona vs. Real Madrid – „El Clásico“ als Hoffnungsschimmer

24. Oktober 2020 | Vorschau | BY Christoph Albers

Vorschau | Der ganz große Glanz der vergangenen Tage ist etwas verblasst. Sowohl der FC Barcelona als auch Real Madrid haben mit einigen Problemen zu kämpfen und sind nicht mehr auf dem extrem hohen Niveau der letzten Jahre. Beide Teams befinden sich im Umbruch, können sich das Ausbleiben des sportlichen Erfolges aber nicht wirklich leisten. Dementsprechend ist der Druck enorm hoch, doch für beide ist „El Clásico“ auch eine große Chance sich selbst und dem eigenen Umfeld Auftrieb zu verleihen.

Anpfiff der Partie ist am Samstag, 16 Uhr, Live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).

  • Barça nach schwachem Saisonstart schon unter Druck, bei einer Niederlage verliert man den Anschluss an die Spitze
  • Real Madrid nach zwei Niederlagen am Stück in der Pflicht, kompaktes Zentrum als Schlüssel?
  • Barças linke Seite bzw. Real rechte Seite könnte zum Knackpunkt werden

FC Barcelona

Der FC Barcelona hat bekanntermaßen einen extrem unruhigen Sommer hinter sich und auch der Saisonstart trägt wenig zur Beruhigung der Situation bei. In den bisherigen vier Ligaspielen (die ersten beiden Spiele wurden nach hinten verschoben) holte die Mannschaft von Neu-Trainer Ronald Koeman (57) lediglich vier Punkte und steht damit schon jetzt mächtig unter Druck, schließlich beträgt der Rückstand auf die Tabellenspitze bereits vier Punkte (Real Sociedad hat allerdings zwei Spiele mehr).

Der 4:0-Sieg zum Auftakt gegen den FC Villarreal war das bisherige Saison-Highlight und weckte durchaus Hoffnungen, doch eine bestenfalls mittelmäßige Leistung gegen den FC Sevilla (1:1, xG: 1,06:1,26) und eine sehr schwache Leistung gegen den FC Getafe (0:2, xG: 0,63:1,71) machten diese sofort wieder zu Nichte. Der in der Höhe etwas schmeichelhafte 3:0-Sieg gegen Celta Vigo änderte daran nichts.

Doch nicht nur die Ergebnisse wecken Zweifel, auch die Art und Weise, wie Barça gespielt hat, trägt dazu bei. Koeman stellte auf eine 4-2-3-1-Grundordnung um, mit dem Ziel, dass seine besten Spieler in ihrer besten Position spielen. Frenkie de Jong (23) sollte in einer tieferen Rolle an seine Form aus Ajax-Zeiten anknüpfen, Sergio Busquets (32) sollte durch ihn mehr Sicherheit gewinnen und seine Stärke bei Pässen in die Tiefe ausspielen, Philippe Coutinho (28) sollte sich als „Zehner“ endlich frei entfalten und Lionel Messi (33) sollte tun, was ein Messi eben tut.

Griezmann bleibt das Sorgenkind – Barça stark über links

Ein sinnvoller Ansatz, der zumindest teilweise funktioniert hat. In der Tat präsentierte sich die Offensive mit Messi als „falschen Neuner“, Coutinho als „Zehner“ mit der Möglichkeit auszuweichen und Ansu Fati (17) mit der Erlaubnis immer wieder die Tiefe zu suchen, deutlich variabler und kreativer, doch in Sachen Effektivität ist immer noch viel Luft nach oben. Außerdem haben weder de Jong, noch Busquets bisher deutliche Fortschritte gemacht und Antoine Griezmann (29), der zumeist über die rechte Seite kam, scheint mehr denn je außen vor zu sein.

Dementsprechend ist es auch wenig überraschend, dass Barça knapp 42% seiner Angriffe über die starke linke Seite vorträgt, während es nur 31% über rechts und 28% durchs Zentrum sind. Dies liegt zum einen am starken Ansu Fati, der mit drei Toren und einem Assist einen echten Traumstart hinlegt hat, und zum anderen an Jordi Alba (31), der nach wie vor eine der wesentlichen Triebfedern in Barças Spiel ist. Er scheint auch rechtzeitig zum „Clásico“ wieder fit zu werden und direkt in die Startelf zu rutschen, sodass Sergiño Dest (19), der bereits gute Ansätze zeigte, zunächst wieder zuschauen muss.

Insgesamt wird erwartet, dass Koeman mehrheitlich auf die altbekannten Kräfte setzt – Griezmann eingeschlossen, der wohl wieder den Vorzug vor Trincão (20) und Pedri (17), der unter der Woche beim 5:1-Sieg gegen Ferencvaros in der Champions League, traf. Der Umbruch wird also noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ob es so für Real Madrid reicht, ist fraglich, doch auch die „Königlichen“ haben derzeit einige Schwierigkeiten.

(Photo by Alex Caparros/Getty Images)

Real Madrid

Nach zwei Pflichtspiel-Niederlagen in Folge hängt der Haussegen bei Real Madrid etwas schief. Am vergangenen Wochenende unterlagen die „Königlichen“, die sich alles andere als königlich präsentierten, dem Aufsteiger aus Cadiz mit 0:1 (xG: 1,14:1,77) und offenbarten dabei große defensive Mängel. Am Mittwoch bei der 2:3-Niederlage gegen ein stark ersatzgeschwächtes Team von Shakthar Donezk wurden diese sogar noch offensichtlicher. Zur Pause stand es bereits 0:3 und in der zweiten Hälfte hätten die Ukrainer gut und gerne noch zwei bis drei weitere Tore nachlegen können, der verbesserten Leistung Reals in der zweiten Halbzeit zum Trotz.

Nun könnte man versuchen diese Probleme mit der Abwesenheit von Kapitän Sergio Ramos (34) zu erklären, der gegen Donezk angeschlagen passen musste, doch das würde am Punkt vorbeigehen, schließlich war er gegen Cadiz zumindest bis zur Pause mit von der Partie. Das Problem der schwachen Restverteidigung begleitet Zinedine Zidane (48) nun schon seit einiger Zeit und er scheint einfach keine Lösung dafür zu finden. Wenn Real es nicht schafft diese Schwäche, mithilfe eines guten Gegenpressing und eines sicheren Passspiels zu überdecken, passiert das immer wieder. Am Samstag sollte es ihnen aber besser nicht passieren.

Und auch offensiv drückt der Schuh ein wenig. In den bisherigen fünf Ligaspielen erzielte Real erst sechs Tore, was sich angesichts von 10,29 herausgespielten Expected Goals vor allem durch eine eklatante Abschluss-Schwäche erklären lässt. Doch gegen Donezk schafften es die „Merengues“ kaum noch in den Strafraum, schlossen meist von außerhalb ab (wie beim 1:3 durch Modric) oder profitierten von krassen Aussetzern des Gegners (wie beim 2:3 durch Vinicius). Die Erklärung dafür dürfte in der Aufstellung liegen – ohne Karim Benzema (32) und Toni Kroos (30), die beide erst eingewechselt wurden, fand Real einfach keinen Schlüssel.

Chance Valverde, Risiko Nacho Fernandez

Die große Abhängigkeit der Mannschaft von wenigen Einzelspielern ist hier also ein ebenso großes Problem, wie beim FC Barcelona. Die vermeintlichen Alternativen, wie beispielsweise Luka Jovic (22), konnten nicht nachweisen, dass sie wirkliche Alternativen sind. Daher ist schwer davon auszugehen, dass Zidane am Samstag wieder auf seine bewährte Startelf setzen wird.

Die Madrider Sportmedien gehen davon aus, dass der Franzose seine Mannschaft wieder in einer Art 4-3-2-1-Grundordnung ins Spiel schicken wird, um das Zentrum zu schließen und die Pressing-Intensität zu erhöhen. Ein ganz wesentlicher Schlüssel dazu könnte erneut Federico Valverde (22) sein, der mit seiner Energie und seiner Mentalität eine Art „Gegengift“ zu Barças Spiel darstellt, ohne dabei auf Qualität am Ball zu verzichten.

Ansonsten ist vor allem darauf hinzuweisen, dass Real Madrid weiterhin auf die verletzten Dani Carvajal (28), Martin Ödegaard (21) und Eden Hazard (29) verzichten muss. Vor allem Carvajals Ausfall wiegt schwer, da Zidane offenbar wenig Vertrauen in seinen nominellen Backup, Alvaro Odriozola (24), hat. Gegen Donezk bot er Linksfuß Ferland Mendy (25) als Rechtsverteidiger auf und wurde enttäuscht. Daher wird angenommen, dass Nacho Fernandez den Zuschlag erhalten wird – wie schon gegen Cadiz. Die Ausfälle Hazards und Ödegaards könnten vor allem dann ins Gewicht fallen, wenn Real in Rückstand gerät, aufgrund der bereits erwähnten Alternativen, die derzeit kaum als solche erachtet werden.

(Photo by GABRIEL BOUYS/AFP via Getty Images)

Prognose

Beide Teams gehen mit einigen Problemen in diesen „Clásico“, sodass es sehr schwer fällt einen echten Favoriten zu benennen. Barça ist allgemein extrem heimstark, doch ohne Zuschauer und in diesem Duell zählt das sehr wenig (Barça gewann wettbewerbsübergreifend nur drei der letzten zehn Heimspiele gegen Real). Real Madrid wirkt in seiner gesamten Struktur etwas gefestigter, doch die jüngsten Auftritte lassen diesen Eindruck etwas verblassen, während Barça unter Koeman zumindest wieder an Zielstrebigkeit und Variabilität gewonnen hat.

Vermutlich erwartet uns ein extrem enges Spiel, in dem das erste Tor von ganz entscheidender Bedeutung sein könnte – insbesondere in Hinblick auf die Dynamiken, die beide Teams zuletzt erlebten. Alles in allem erscheint ein Remis ein nahe liegendes Resultat zu sein.

Mögliche Aufstellungen:

FC Barcelona: Neto – Sergi Roberto, Piqué, Lenglet, Jordi Alba – Sergio Busquets, Frenkie de Jong – Griezmann, Coutinho, Ansu Fati – Messi

Real Madrid: Courtois – Nacho Fernandez, Varane, Sergio Ramos, Ferland Mendy – Valverde, Casemiro, Kroos – Modric – Benzema, Vinicius Junior

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(Photo by GABRIEL BOUYS/AFP via Getty Images)

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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