EM 2021 | Burak Yilmaz: Der König von Ay-Yildizlilar

16. Juni 2021 | Trending | BY Sarom Siebenhaar

Spotlight | Burak Yilmaz erreicht im Spätherbst seiner Karriere noch einmal ungeahnte Höhen. Der Angreifer ist Kapitän der türkischen Nationalmannschaft, frisch gebackener französischer Meister und bis heute einer von nur zwei Profis, der für alle vier „großen“ türkischen Klubs gespielt hat.

Burak Yilmaz als legitimer Nachfolger von Sükür

Burak Yilmaz (35) wird in der Türkei auch als „Kral“ von Ay-Yildizlilar bezeichnet. Zu Deutsch: Burak ist der König der türkischen Nationalmannschaft. Ein Titel, den einst Nationalheld Hakan Sükür (49) inne hatte. „Burak verdient den Spitznamen, er ist im Moment der König der Nationalelf“, erklärte Sükür in einem Interview mit der BILD.  „Wer der wahre König des türkischen Fußballs ist, darüber lässt sich allerdings streiten“, ergänzte er.

 

Vom historischen Standing her wird Sükür wohl für sehr lange Zeit unangefochten an der Spitze der türkischen Nationalmannschaft stehen. Dennoch hat sich Burak den Titel des „Kral“ durchaus verdient und ist der legitime Nachfolger von Sükür. Schon von der Statur und dem Spielstil her erinnert Yilmaz stark an seinen Vorgänger. Dennoch ist Burak vor allem in der Türkei nicht unumstritten. Denn gemeinsam mit Sergen Yalcin (48) ist Yilmaz der einzige Profi, der für jedes der vier großen türkischen Teams (Besiktas, Fenerbahce, Galatasaray, Trabzonspor) aufgelaufen ist.

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In seinem Heimatland hat er deshalb auch bei vielen den Ruf eines Söldners inne. Gegenüber Canal+ betonte Burak, dass er diese Meinung durchaus nachvollziehen könne. „In der Türkei ist der Fußball der Lebensrhythmus der Menschen. Wenn Ihr Team gewinnt, sind Sie glücklich, wenn es verliert, haben Sie eine schlechte Woche“, erklärte er. „Ich verstehe den Hass einiger Fans, wenn ich von einem Verein zum anderen wechsle. Ich respektiere ihren Unmut“, betonte Burak. Seine Karriere begann der groß gewachsene Angreifer bei Antalyaspor. Dort machte Yilmaz mit guten Leistungen auf sich aufmerksam und wechselte 2006 im Alter von 20 Jahren zu Besiktas Istanbul. „Ich bin seit meiner Kindheit ein Besiktas-Fan“, sagte Yilmaz einmal im türkischen Fernsehen.

Der Söldner Burak Yilmaz?

Damals war Jean Tigana (65) Trainer bei Besiktas, den Burak noch heute als Vaterfigur beschreibt. Gemeinsam mit Co-Trainer Guy Stéphan (64) hatten beide großen Einfluss auf die Entwicklung des Angreifers. „Tigana ist wie ein Vater für mich. Guy Stephan auch“, sagte Burak gegenüber Canal+. „Ich war 20 Jahre alt, als sie mich ausgebildet haben. Sie haben mir wirklich sehr geholfen. Ich kann sie nie vergessen“, ergänzte er. „Sie sind wertvoll und wichtig für mich. Sie sind wirklich meine Väter“, betonte Yilmaz. Zwei Jahre nach seinem Wechsel zu Besiktas heuerte Yilmaz allerdings bei der Konkurrenz aus Fenerbahce an. Seine Aussage damals lautete: „Fener ist wie eine Moschee über der Türkei.“

Burak (Trabzonspor) beim Jubel

Photo: Seskim / Imago

Für Fenerbahce kam er allerdings auf wenig Einsatzzeiten und wurde zwischenzeitlich zu Eskisehirspor verliehen, ehe es ihn 2010 zu Trabzonspor verschlug. Dort schaffte Burak endlich seinen Durchbruch und ließ erste Anzeichen eines „Kral“ erkennen. „Ich würde für Trabzonspor sterben“, lautete damals sein martialisches Motto. Es folgten zwei starke Jahre, in denen er jeweils Torschützenkönig der Süper Lig wurde. 2011/2012 erzielte er für Trabzonspor insgesamt 32 Treffer in 30 Ligapartien. Das brachte ihm schließlich einen Transfer zum damaligen Branchenprimus Galatasaray Istanbul ein.

Dort holte sich Burak in seiner Debütsaison 12/13 mit 24 Treffern erneut den Titel des Torschützenkönigs. Seine Aussage damals: „Jetzt spiele ich nur noch in Galatasaray.“ In der Tat verbrachte Burak bei Gala seine bis dato längste Zeit. Insgesamt vier Jahre schnürte er die Schuhe für Sarı-Kırmızılılar. Bis zu seinem Wechsel 2016 nach China erzielte der Angreifer immer mindestens 15 Saisontore. Seine Qualitäten blieben auch internationalen Top-Teams nicht verborgen. „Ich hatte mehrere Möglichkeiten, nach Frankreich zu kommen, aber auch nach Italien, England oder sogar Russland“, offenbarte Burak. Allerdings habe er „es immer vorgezogen, in meinem Land zu bleiben.“

Der Schritt nach Europa im Spätherbst seiner Karriere

Mit 34 Jahren folgte schließlich der erste Wechsel ins Ausland. Nach einer kurzen Rückkehr zu Trabzonspor und Besiktas schlug Burak 2020 seine Zelte beim OSC Lille auf. Dass es erst so spät passierte, bereut Burak indes nicht. „Natürlich fragt man sich ab und zu: ‚Was wäre passiert, wenn man mit 25 nach Europa gekommen wäre'“, so Burak. „Aber ich bereue nichts“, beteuerte er. Mit Lille folgte schließlich eine überragende Saison, in der man das große Paris Saint-Germain in die Schranken wies. Yilmaz stellte seine Torjägerqualitäten abermals eindrucksvoll unter Beweis, steuerte 16 Treffer zum Ligatitel bei.

Burak (Lille) bejubelt Treffer

Photo: FedericoPestellini/Panoramic / Imago

Wenn man sich das Spiel des Angreifers zu Gemüte führt, fällt vor allem die enorme Intensität seines Spiels auf. „Die Stärke eines Fußballers ist sein Spiel auf dem Platz. Die Tore, die er schießt, die entscheidenden Pässe, die er spielt, sein Kampfgeist“, sagte Burak einmal über seinen Spielstil. Yilmaz ist ein sehr robuster und dennoch agiler Spieler. Mit seinen 1,88m ist er sowohl in der Luft als auch am Boden durchsetzungsfähig. „Ich möchte ein Vorbild sein, mit der Leistung und Leidenschaft, die ich zeige“, erklärte er in der ARD.

Fehlstart in die EM, weiter Chancen auf das Achtelfinale

Das bekamen in der Vergangenheit auch einige Weltklasseverteidiger zu spüren. In der Nationalmannschaft der Türkei ist er unangefochtener Stammspieler und Kapitän. Allerdings betonte Yilmaz, dass es ihn zwar mit Stolz erfüllt, die Binde tragen zu dürfen. „Aber eigentlich gibt es bei der Nationalelf keinen Kapitän. Wir sind alle besondere Spieler, wir alle sind Auserwählte“, sagte er vor der EM 2021 in der ARD.

Bei der EM möchte Yilmaz mit der Türkei für Furore sorgen. Für die Türkei kommt Burak bislang auf 69 Pflichtspiele, in denen er 29-mal netzte. Im Idealfall sollen vor allem bei der EM noch ein paar Einsätze und Treffer dazu kommen. In Gruppe A trifft die Türkei neben Italien auf die Schweiz und Wales. Das Auftaktspiel ging am Ende mit 0:3 gegen starke Italiener verloren. Durch das Unentschieden zwischen der Schweiz und Wales (1:1) ist aber weiterhin alles drin für Ay-Yildizlilar. Wenn die Türkei das Achtelfinale erreichen möchte, wird es einmal mehr auch auf ihren König, „Kral“ Burak, ankommen.

Photo: VI ANP Sport / Gerrit van Keulen IV / Imago

Sarom Siebenhaar

Die Oranje-Connection entfachte seine Leidenschaft für den HSV. Durch zahlreiche Tiefen schmecken die vereinzelten Höhen umso süßer. Schätzt attraktiven Offensivfußball genauso wie kämpferische Höchstleistungen. Internationaler Top-Fußball findet sich nicht nur in den Big Five. Seit 2021 bei 90PLUS.


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