Italien vs. Spanien: Besteht Italien auch den nächsten Härtetest?

6. Juli 2021 | Vorschau | BY Victor Catalina

Vorschau | Im ersten Halbfinale der EURO 2020 trifft Italien auf Spanien. Die Mannschaft von Roberto Mancini lieferte gegen Belgien die nächste überzeugende Vorstellung ab – und kann nun den letzten Schritt ins erste Finale seit 2012 machen. Spanien hingegen muss noch an einigen Stellschrauben drehen.

Anpfiff der Partie ist am Dienstag, 21:00 Uhr, live im Ersten und bei MagentaTV.

  • Italien: Auch gegen Belgien souverän – Problemzone Linksverteidigung
  • Spanien: Zwölf Tore, aber noch nicht titelreif
  • Letztes Duell ging an Italien: 2:0 bei der EM 2016

Italien: Mancinis Mannschaft besteht auch gegen Belgien – wer ersetzt Spinazzola?

Sie werden immer besser. Nach dem 3:0-Auftaktsieg gegen die Türkei noch als Geheimfavorit gehandelt, dürfte Italien spätestens mit dem 2:1 in der Allianz Arena gegen Belgien zum Topfavoriten aufgestiegen sein. Im wohl hochklassigsten Spiel dieser Europameisterschaft behielt die Mannschaft von Roberto Mancini (56) die Oberhand, ging vor der Pause 2:0 in Führung und ließ sich auch duch Romelu Lukakus (28) verwandelten Foulelfmeter nicht aus der Ruhe bringen. Belgien kam, wenn, dann über Einzelaktionen von Lukaku, Kevin De Bruyne (30) oder des äußerst auffälligen 19-jährigen Jérémy Doku.

Aber den überzeugenderen Auftritt als Kollektiv lieferte die Squadra Azzurra. Die drei Mittelfeldspieler Jorginho (29), Marco Verratti (28) und Nicolò Barella (24) hatten zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf das Spiel und diktierten das Tempo hervorragend. Zudem zeigten sie sich auch kreativ und torgefährlich. Verratti setzte nach dem Fehlpass von Jan Vertonghen (34) aggressiv nach, Barella behauptete sich gegen drei Belgier und traf mit einem wuchtigen Abschluss zum 0:1.  

 

 

 

Unterstützung bekam das Mittelfeld immer wieder von einem der konstantesten Spieler dieses Turniers: Lorenzo Insigne (30). Der Neapolitaner agierte geschickt im linken Halbraum, von wo aus er auch seinen Lauf zum 0:2 startete oder in der zweiten Halbzeit einen genialen Chip auf Leonardo Spinazzola (28) spielte, dessen Direktabnahme knapp vorbeiging.

Genau hier liegt allerdings die Achillesferse des Teams. Weil Spinazzola sich zehn Minuten vor Schluss an eben jener Stelle einen Sehnenriss zuzog und für rund sechs Monate ausfallen wird. Es ist ein herber Verlust für Italien vor dem Duell gegen Spanien. Romas Linksverteidiger gehörte zu den besten Spielern des Turniers. Im Eröffnungsspiel gegen die Türkei (3:0) sowie im Achtelfinale gegen Österreich (2:1 n.V.) wurde Spinazzola zum Star of the Match gewählt und kurbelte nicht nur das italienische Offensivspiel an, sondern ließ auch in der Verteidigung wenig zu. Nach einer Stunde verhinderte Spinazzola auf der Linie den sicheren Ausgleich durch Romelu Lukaku. Viele Optionen hat Mancini auf dieser Position nicht, lediglich Emerson Palmieri (26), der bei Chelsea unter Thomas Tuchel (47) ebenfalls nur Reservist ist. Dass Mancini ausgerechnet jetzt das erfolgreiche 4-3-3 umstellt, erscheint unwahrscheinlich. Italien muss Spinazzolas Ausfall im Kollektiv kompensieren. Zuzutrauen ist es ihnen allemal.

Alle Spiele und Ergebnisse der EM

Spanien: Zwölf Tore, aber vor dem Duell gegen Italien noch nicht ausgereift

Erstmals seit 2012 steht Spanien wieder im Halbfinale eines großen Turniers, erzielte auf dem Weg dorthin zwölf Tore, genauso viele wie bei den Titelgewinnen 2008 und 2012, als vorne unter anderem noch David Villa, David Silva, Fernando Torres oder auch Cesc Fàbregas wirbelten. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass zehn dieser zwölf Tore in den Spielen gegen die Slowakei (5:0) und Kroatien (5:3 n.V.) fielen.

In den anderen drei Partien traf die Furia Roja entweder einmal – oder wie beim 0:0 gegen Schweden: gar nicht. Noch dazu haben sie die Angewohnheit, relativ großzügig mit ihren Chancen umzugehen. Beim 1:1 gegen Polen traf Gerard Moreno (29) vom Punkt nur den Pfosten. Wenige Tage später parierte Martin Dúbravka (32) gegen Álvaro Morata (28). Im Viertelfinale münzte Spanien zehn Schüsse aufs Tor und einen xG von 2,94 in lediglich einen Treffer um.

Bildquelle: imago

Im direkten Vergleich wirkt die Mannschaft nicht so geschlossen und durchschlagskräftig wie Italien. Man merkt, dass der Findungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Die Hereinnahme des nach COVID-19 wiedergenesenen Sergio Busquets machte einen Unterschied, er gab seinen Mitspielern wesentlich mehr Sicherheit. Doch mit bereits 32 Jahren dürfte auch er bestenfalls mittelfristig noch ein Teil der Nationalmannschaft sein. Mit Spielern wie Eric García (20), Pau Torres (24), Rodri (25), Marcos Llorente (26), Ferrán Torres (21), Pedri (18) oder dem verletzten Ansu Fati (18) steht Luis Enrique (51) ein großes Reservoir an Talent zur Verfügung, das es in den kommenden Jahren auszuschöpfen gilt. Dann dürfte sich zu den Ergebnissen auch wieder das von Spanien gewohnte, souveräne Spiel einstellen.

Mehr News und Stories rund um den internationalen Fußball

Prognose

Mit Ausnahme des 2:1 gegen Österreich entschied Italien bislang jede Partie in 90 Minuten. Auch die belgische Achse aus Romelu Lukaku und Kevin De Bruyne wussten sie weitestgehend aus dem Spiel zu nehmen. Dazu kommt der Vorteil, dass Spanien zuletzt zweimal über die komplette Distanz gehen musste, gegen die Schweiz sogar bis ins Elfmeterschießen. Bei der vergangenen Europameisterschaft in Frankreich eliminierten die Italiener Spanien 2:0. So in etwa dürfte auch die Partie am Dienstagabend ablaufen. Ein enges Spiel auf hohem Niveau, wenngleich nicht so temporeich wie gegen Belgien. Am Ende aber ist es sehr wahrscheinlich, dass Italien Spanien besiegt, seine Siegesserie auf 14 erweitert und ins Finale einzieht.  

 

 

 

Mögliche Aufstellungen:

Italien: Donnarumma – Di Lorenzo, Bonucci, Chiellini, Emerson – Barella, Jorginho, Verratti – Chiesa, Immobile, Insigne

Spanien: Unai Simón – Azpilicueta, Laporte, Pau Torres, Jordi Alba – Koke, Busquets, Pedri – Ferrán Torres, Morata, Sarabia

Matteo Ciambelli/Insidefoto/imago

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


Ähnliche Artikel