EM 2021 | Deutschland nach dem Ungarn-Spiel: Qualifiziert mit Fragezeichen

24. Juni 2021 | Trending | BY Manuel Behlert

Spotlight | Die deutsche Nationalmannschaft hat sich in der starken Gruppe F als Gruppenzweiter für die K.O.-Runde der EM 2021 qualifiziert. Dabei ließ die DFB-Elf Frankreich und Ungarn hinter sich. Soweit, so gut. Doch einige Fragen bleiben offen. 

  • Deutschland mit einem Sieg aus drei Gruppenspielen
  • Sowohl offensiv als auch defensiv Fragezeichen
  • Achtelfinale gegen England: Kein Favorit

Deutschland: Hauptsache Achtelfinale

Nach der Niederlage zum Auftakt gegen Frankreich befürchteten nicht wenige, dass Deutschland auch bei der EM 2021 frühzeitig ausscheiden könnte. Das Spiel gegen die Franzosen war nicht komplett schlecht, aber eben auch nicht besonders gut. Gegen Portugal folgte eine Leistungssteigerung, gegen Ungarn die erwartet harte Partie. Ein Nervenkrimi, an dem man zu einem großen Teil selbst Schuld war. Zweimal geriet die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw (61) in Rückstand, doch Kai Havertz (22) und Leon Goretzka (26) glichen jeweils aus.

Deutschland EM 2021

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Im Anschluss an die Gruppenphase steht unter dem Strich das Weiterkommen. Im Achtelfinale trifft die DFB-Elf nun im Wembley Stadium auf England. Nach nur einem Sieg aus drei Spielen und mit fünf Gegentoren im Gepäck. Noch ist nicht ganz klar, wo die Reise dieser Mannschaft hingeht und ob sie nun möglicherweise im Turnier angekommen ist. Klar ist nur, dass der untere Teil des Turnierbaums, in dem sich Deutschland befindet, der vermeintlich leichtere ist. Frankreich, Spanien, Italien, Belgien: Alle sind im oberen Bereich zu finden. Vielleicht wird das noch einmal zu einem Faktor.

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EM 2021: Die offenen Fragen für die DFB-Auswahl

Doch zunächst zurück zur Gruppenphase und zum Ungarn-Spiel. Gegen eine aufopferungsvoll kämpfende Mannschaft der Ungarn tat sich Deutschland lange schwer. Die Wingbacks, gegen Portugal noch hervorragend in Szene gesetzt, kamen aufgrund der tiefen Verteidigung fast überhaupt nicht hinter die Abwehrkette. Die Einbindung war also schwierig. Zudem spielte Deutschland zwar enorm dominant und hatte viel Ballbesitz, die Konterabsicherung funktionierte aber nicht. Das beste Beispiel war das Tor zum 0:1, als Ungarn bei der Flanke viel zu viel Platz gelassen wurde und Adam Szalai (33) im Strafraum völlig frei zum Kopfball kam. Die Kontrolle war vorhanden, allerdings fehlte die Kreativität. Viel Ballgeschiebe ohne Tempoverschärfungen war die Folge.

Und selbst nach dem 1:1 machte sich diese Mannschaft das Leben schwer. Nicht einmal 20 Sekunden nach dem Anstoß traf Ungarn bereits wieder zur Führung, weil die Defensive der deutschen Mannschaft schlief. Gegen Ungarn ist es natürlich nicht leicht, dieses Team trotzte auch Weltmeister Frankreich einen Punkt ab. Am Ende war es auch eine sehr gute Aktion des eingewechselten Jamal Musiala (18), der sich traute, in das Dribbling zu gehen und den Kopf oben hatte, die zum Ausgleich führte.

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Doch so ganz schlau wird man aus der deutschen Mannschaft noch nicht. Bieten sich ihr Räume, dann kann sie jeden Gegner vor große Probleme stellen. Gegen eine sehr gut organisierte Mannschaft, die gut auf das deutsche System eingestellt ist, ist das bisher noch nicht der Fall gewesen. Und die eigene Defensive schwankt zwischen einer enormen Aufmerksamkeit und unerklärlicher Passivität. Möglicherweise gibt das Ungarn-Spiel nun einen Schub.

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EM 2021: Deutschland trifft im Wembley auf England

Dieser ist auch nötig. Die Ungarn deckten einige Schwächen der deutschen Mannschaft gnadenlos auf. Im eigenen Ballbesitz schob Deutschland häufig weit nach vorne, wusste aber mit den drei Verteidigern nicht genau, wie die beiden Angreifer der Ungarn abgesichert werden sollen. Dem Gegner gelang es immer wieder, gefährliche Räume zu bespielen und mit wenig Aufwand in Richtung des letzten Drittels zu gelangen. Gegen England wird es sicherlich ein anderes Spiel, doch auch die Three Lions könnten ihre Schlüsse aus den bisherigen Auftritten der Löw-Elf ziehen, möglicherweise auch auf ein System mit drei Innenverteidigern bauen. Das ist durchaus denkbar, weil die Spiele gegen Frankreich und Ungarn zeigten, dass sich Deutschland bisher bei der EM 2021 schwer tat, wenn die gegnerische Defensive wusste, wie sie mit den hochstehenden Wingbacks umzugehen hat.

Erkenntnisse für die deutsche Mannschaft nach dem Ungarn-Spiel und vor allem nach der Gruppenphase insgesamt sind natürlich reichlich vorhanden. Es reicht nicht, ein Spiel mit Ballbesitz zu kontrollieren. Das Tempo muss variiert werden, die Offensive muss so fluide wie möglich agieren. Und Flanken sollten vor allem nur dann geschlagen werden, wenn die Strafraumbesetzung stimmt. Die zuweilen etwas merkwürdigen Halbfeldflanken ohne wirkliches Ziel sollten vermieden werden. Denn gerade ein Team wie England, das in der Offensive über viel Geschwindigkeit verfügt, sollte nicht mit einfachen Ballverlusten eingeladen werden. Aber es gibt auch positive Erkenntnisse, diese betreffen vor allem die Bank. Spieler wie Musiala, aber gegen Ungarn auch Goretzka, der sich für einen Startelfplatz empfohlen hat, können entscheidenden Schwung bringen. Lernt die deutsche Mannschaft aus den bisherigen drei Spielen und erreicht ihr Leistungsniveau gegen England, dann ist es gut vorstellbar, dass für sie die EM 2021 am Dienstag im Wembley Stadium noch nicht vorbei ist.

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Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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