PL | Es geht schon wieder los, Fehlerbestrafung und der Van-Dijk-Effekt

12. August 2019 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

7 Awards | Die Premier League ist zurück und „es geht schon wieder los“…Was damit gemeint ist und was uns am ersten Spieltag der Saison 2019/2020 sonst noch so beschäftigte:

„Es geht schon wieder los“- Award: Der Titelkampf

Letzte Saison lieferten sich Manchester City und der FC Liverpool ein einzigartiges Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel. Die Cityzens und die Reds schenkten sich nichts. Letztendlich machte ein einziger Zähler, besser gesagt einige Millimeter den Unterschied.

2019/2020 scheinen der Meister und der Vizemeister genau dort weiter zu machen, wo sie letzte Spielzeit aufhörten. Keine 15 Stunden nachdem der FC Liverpool Aufsteiger Norwich mit 4:1 nach Hause schickte, setzte Manchester City gegen West Ham noch einen drauf und fertigte die Hammers mit 5:0 ab.

Es ist noch früh und beide Offensiven erhielten jeweils tatkräftige Unterstützung der desolaten Defensiven der Gegner, doch das ständige Duell der beiden Titelanwärter geht schon wieder los…zumindest für den Moment.

„Fehlerbestrafung“ – Award: Chelsea

„Fehler werden dazu führen, dass du Fußballspiele verlieren wirst“, sagte ein sichtlich angeschlagener Frank Lampard nach der 0:4 Auftaktniederlage des FC Chelsea bei Manchester United im Gespräch mit der BBC. Damit traf der Trainer den Nagel auf den Kopf, denn Fehler produzierten die Blues wie am Fließband.

Leihrückkehrer Kurt Zouma beispielsweise wirkte gerade zu Beginn der Partie völlig von der Rolle, überfordert und unsicher. Sein plump verschuldeter Elfmeter in der 17. Minute führte Manchester United auf die Siegerstraße. Fehler wurden allerdings auch offensiv gemacht. Ross Barkley, der junge Mason Mount und Tammy Abraham entschieden sich in aussichtsreichen Situationen oftmals falsch oder versagten beim Abschluss. Bei konsequenterer Nutzung der Gelegenheiten, und diese waren in Halbzeit eins durchaus vorhanden, geht Chelsea mit einem 1:1, vielleicht sogar mit einer Führung in die Pause.

In der zweiten Hälfte wurde das Angriffsspiel der Londoner noch ungenauer und die Defensive Uniteds immer stärker. Die Hausherren verließen sich fortan aufs Kontern und Chelsea lief ins offene Messer.

Fehlende Abstimmung im Defensivverbund und unzählige Stellungsfehler, etwa durch Emerson, Azpilicueta oder gar Kanté, ließen die Red Devils nach Belieben kontern. Der 4:0-Endstand ist leistungstechnisch zwar etwas zu hoch, aber schlussendlich nur die konsequente Bestrafung der vielen Fehler. Frank Lampard hat viel Arbeit vor sich.

(Photo by Toru Hanai/Getty Images)

„Der Van-Dijk-Effekt“ – Award: Harry Magurie

90 Millionen Euro ließ sich Manchester United die Verpflichtung von Harry Maguire diesen Sommer kosten. Schnell wurden Parallelen zu Virgil Van Dijk gezogen. Im Januar 2018 wurde die Ablösesumme für den Niederländer, stolze 85 Millionen Euro, zunächst belächelt, ehe sein Einfluss auf Viererkette und Mannschaft die Reds auf ein neues Level hievte.

Maguire wird das mit Manchester United wahrscheinlich nicht gelingen, was keine Kritik an ihm ist. Den Red Devils scheint derzeit schlichtweg mehr zu fehlen, als damals dem FC Liverpool. Dass der Engländer allerdings zumindest die Defensive transformieren könnte, demonstrierte er beim 4:0-Auftaktsieg gegen Chelsea. Die blitzschnellen Konter der jungen Solskjaer-Elf werden zwar die Schlagzeilen dominieren, aber es waren Maguire und Co., die den Sieg überhaupt möglich machten.

Nach anfänglichen Unsicherheiten im Defensivbereich wurde Maguire immer sicherer, ruhiger und vor allem präsenter. Der Innenverteidiger spielte fortan eine starke Partie, leitete unaufgeregt sogar den ein oder anderen Gegenangriff ein.

Wichtiger noch, ähnlich wie Van Dijk in Liverpool machte er alleine durch sein Dasein und sein Organisationstalent seine Mitspieler nicht nur selbstbewusster sondern sogar besser. Das traf vor allem auf Victor Lindelöf zu, der seit seiner Ankunft vor zwei Jahren ständig in der Kritik stand und neben Maguire unglaublich souverän wirkte.

„Große Fußstapfen“ – Award: Christian Eriksen 

Am Samstag bereitete sich Mauricio Pochettino scheinbar schon mal auf die Zeit nach Christian Eriksen vor. Der Vertrag des Dänen läuft 2020 aus, eine Verlängerung hat er abgelehnt. Folglich werden sich die Spurs wohl noch diesen Sommer von ihrem Spielmacher trennen müssen. Mit Giovani Lo Celso wurde der Nachfolger bereits verpflichtet. 

So talentiert der Neuzugang von Betis Sevilla auch ist, er tritt in große Fußstapfen. Das demonstrierte Eriksen nach seiner Einwechslung beim Stand von 0:1 gegen Aufsteiger Aston Villa. Erst mit seinen kreativen Impulsen begann das zuvor kränkelnde Offensivspiel der Spurs zu fließen. In der Folge kreierte Tottenham deutlich mehr Torchancen. Villa geriet zunehmend unter Druck. Neuzugang Ndombélé glich schließlich aus, ehe Harry Kane mit einem Doppelpack den Sieg klar machte.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Tottenham sind in der Causa Eriksen zweifelsohne die Hände gebunden, ein Verkauf zu diesem Zeitpunkt ist finanziell die richtige Entscheidung. Doch der Regisseur wird der Mannschaft ohne Frage fehlen. Wie sehr, das wird die Entwicklung von Tanguy Ndombélé und Giovani Lo Celso entscheiden.

„Weiße Auswärtsweste“ – Award: FC Arsenal

Letztes Jahr kosteten den FC Arsenal, statistisch gesehen zumindest, genau zwei erhebliche Schwächen eine Platzierung innerhalb der Top-Four: Die Abwehrschwäche und die Auswärtsschwäche. Die Tatsache, dass die Nordlondoner 2018/2019 lediglich einmal auswärts zu Null spielten, spricht Bände.

2019/2020 sollte diese Marke zu knacken sein, denn die erste weiße Auswärtsweste wurde bereits am ersten Spieltag beim 1:0 über Newcastle geholt. Dabei musste Arsenal ohne Dreiviertel der Stamm-Viererkette auskommen. Die Neuzugänge Kieran Tierney (Leistenverletzung) und David Luiz (Trainingsrückstand) sowie Rechtsverteidiger Hector Bellerin (Kreuzbandriss) standen allesamt nicht in der Startelf.

Trotzdem gelang den Gunners um die starken Maitland-Niles, Sokratis und Leihrückkerer Calum Chambers eine sehr reife, souveräne und resolute Leistung im Defensivverbund. Pierre-Emerick Aubameyang erledigte mit seinem Siegtor den Rest.

„Sich treu geblieben…und dafür bezahlt“ – Award: Norwich

In der zweiten Liga sorgte Norwich City mit attraktivem Onetouch-Football, Pressing und viel Ballbesitz für Furore. Dabei standen Trainer Daniel Farke, und das ist nicht despektierlich gemeint, nicht unbedingt die außergewöhnlichsten Fußballer zur Verfügung, wenngleich sie alle sehr ballsicher und clever sind. In der Championship genügte das in Kombination mit dem modernen, gesamttaktischen und flexiblen Konzept des Trainers.

In der Premier League befindet sich allerdings nicht nur die Taktik, sondern vor allem die individuelle Klasse auf einem ganz anderen Level. Das bekamen die Canaries beim 1:4 an der Anfield Road deutlich zu spüren.

Farke hielt sein Wort, beherzigte auch in der Beletage des englischen Fußballs die Spielweise, die letztendlich zum Aufstieg führte. Norwich ging beim Champions-League-Sieger mutig zu Werke, presste und spielte nicht nur frech sondern ansehnlich nach vorne. Liverpool wurde dadurch sogar das ein oder andere Mal in die Bredouille gebracht.  

Insgesamt fehlte es allerdings an besagter Klasse. Im Abschluss, vor allem aber in der Defensive, denn diese machte es denn Reds bei allen vier Gegentoren in der ersten Halbzeit viel zu einfach.  

Es ist aller Ehren wert, dass sich Farke und Norwich treu bleiben wollen. Letztendlich entspricht das der Identität der Mannschaft. Gegen die Topteams der Liga wird der sympathische Aufsteiger jedoch oftmals Lehrgeld zahlen müssen. Können Farke und Co. mit den Rückschlägen umgehen? 

(Photo by Stephen Pond/Getty Images)

„Ein Mann für alle Ligen“ – Award: Billy Sharp

9 Tore in 16 Viertligaspielen, 104 Tore in 172 Drittligaspielen, 114 Tore in 322 Zweitligaspielen und kein einziger Treffer in nur zwei Einsätzen in der Premier League. Die Rede ist von Billy Sharp, 33 Jahre, Kapitän, Stürmer, Nummer zehn und Vereinslegende beim interessanten Aufsteiger Sheffield United.

Über seinen hohen Status in der Mannschaft von Chris Wilder wurde sich medial und bei den 19 anderen Fan-Lagern der Liga vor Saisonbeginn etwas lustig gemacht. Sharp sei, gerade in seinem Alter, maximal ein Zweitliga-Spieler.

Am ersten Spieltag belehrte er die Kritiker eines Besseren. Nach seiner Einwechslung in der 82. Minute beim AFC Bournemouth, sicherte er dem Aufsteiger mit seinem aller ersten Premier-League-Treffer sechs Minuten später ein Unentschieden.

Sharp ist nicht der begnadetste Fußballer, aber aus vielen Gründen ein wichtiger Mann für die Blades. Und wer kann schon von sich behaupten, in den ersten vier Spielklassen der Fußballinsel getroffen zu haben?

Bonus-Award: Video Assistent Referee

Beim Rückblick auf den Spieltag dürfen ein paar Worte zur Einführung des Video Assistant Referees nicht fehlen.

Die Meinungen auf der Insel sind nach dem Debüt des technischen Hilfsmittels gespalten. VAR wurde am ersten Spieltag sehr oft eingesetzt. Nicht immer war es notwendig, da nicht unbedingt eine klare Fehlentscheidung vorlag, aber die Entscheidungen, die daraus resultierten, waren jedes mal richtig.

Es mag gewöhnungsbedürftig sein, es mag Feinjustierung benötigen, aber insgesamt reduzierte VAR die Fehlentscheidungen und brachte keine neuen hervor. Somit war es ein gelungenes Debüt.

Chris McCarthy

(Main Photo IAN KINGTON/AFP/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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