Die AS Monaco und der Aufschwung unter dem neuen alten Trainer Leonardo Jardim

15. März 2019 | Global News | BY Manuel Behlert

Es war eine große Überraschung, als die AS Monaco am 27. Januar bekannt gab, dass Leonardo Jardim der neue Trainer bei den Monegassen wird. Denn erst Anfang Oktober trennte sich der Klub von eben jenem Leonardo Jardim. Die Rückholaktion war kurios und es gab nicht wenige Skeptiker, die Jardim nicht zutrauten die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Eine Mannschaft, die sich auch aufgrund seiner Fehler in dieser prekären Situation mitten im Abstiegskampf befand.

Der Sommer, der alles änderte

Leonardo Jardim hatte mit der AS Monaco unter Beweis gestellt, dass er immer wieder auf die Abgänge von wichtigen Spielern reagieren, der Mannschaft ein neues Gesicht verleihen kann. Die Strategie des Klubs sah vor diese Spieler durch spannende Talente zu ersetzen, die ihrerseits dann im Rampenlicht den nächsten Schritt machen können. Bernardo Silva, Benjamin Mendy, Kylian Mbappé, Thomas Lemar, Fabinho und Tiemoue Bakayoko sind nur einige Beispiele für Spieler, die den Klub für sehr viel Geld verließen. Dass es eine Transferphase geben würde, in der die hinzugekommenen Talente nicht sofort einschlagen werden, war klar. Dass im Sommer 2018 aber so viel schiefgehen würde, damit war nicht zu rechnen.

Der Kader der Monegassen war ohnehin schon sehr groß, für einen Topabgang wurden zwei oder mehrere Talente neu verpflichtet, diese Rechnung konnte irgendwann nicht mehr aufgehen. Weit mehr als 30 Spieler hatte man plötzlich im Kader, die Aufgabe für Leonardo Jardim wurde schwerer. Natürlich hatte Jardim einen Anteil an der Situation, aber auch Sportdirektor Michael Emenalo stand immer wieder im Zentrum der Kritik. Die Liste der externen Neuzugänge im Sommer 2018 war sehr lang, mit Sofiane Diop, Samuel Grandsir, Jonathan Panzo, Ronael Pierre-Gabriel, Pele, Benjamin Henrichs, Antonio Barreca, Jean-Audes Aholou, Aleksandr Golovin, Nacer Chadli und Willem Geubbels wurden 11 neue Spieler verpflichtet, die Mannschaft hatte ein ganz anderes Gesicht, viele Talente, die hofften, dass nun auf sie gebaut werden würde, mussten sich einem irren Konkurrenzkampf stellen.

Und das hatte Auswirkungen. Jeder Spieler hatte im Hinterkopf, dass bei einem Fehler gleich 2 Spieler zur Verfügung stehen, die auf seinen Platz schielen. Jardim, der seine Philosophie zumindest in den ersten Jahren sukzessive weiterentwickeln konnte und immer über Führungsspieler verfügte, die eine gewisse Hierarchie aufrecht erhielten, musste schnell feststellen, dass sich in dieser Mannschaft niemand fand, der sich nach vorne drängen und die Mannschaft führen will. Die Folge: Der Start misslang gewaltig. Bereits nach 8 Spielen mit nur 6 Punkten war man auf dem Abstiegsplatz angekommen, die Negativspirale wollte kein Ende nehmen. Verletzungen, Verunsicherung der Spieler, individuelle Fehler und viele Wechsel ohne ein klares Konzept zu haben taten ihr Übriges. Mitte Oktober, mit nur einem Ligasieg auf dem Konto und einer Mannschaft, der jegliche Homogenität auf und neben dem Platz zu. fehlen schien, trennte man sich von Trainer Leonardo Jardim.

Das kurze Henry-Intermezzo

Thierry Henry wurde installiert. Der ehemalige Weltklassestürmer sollte den Klub wieder in die Spur bringen, sollte dem Team positive Reize mit auf den Weg geben, für den viel zitierten „Trainereffekt“ sorgen. Doch die Aufgabe entpuppte sich schnell als deutlich schwieriger als zunächst angenommen. Für Henry war dieser Cheftrainerjob das erste Engagement auf diesem Niveau – und schnell wurde ihm klar, was für eine Mammutaufgabe das wird. 1 Punkt wurde aus den ersten 4 Spielen lediglich eingefahren, zwischenzeitlich verlor man gegen Brügge in der Champions League mit 0:4.

(Photo by VALERY HACHE / AFP)

Auch nach dem ersten Sieg unter Henry, dem 1:0 gegen Caen, änderte sich wenig, obwohl im Winter unter anderem mit Ballo-Touré, Naldo, Fabregas und Gelson Martins personell nachgelegt wurde. Die Mannschaft wirkte weiterhin verunsichert, die Resultate blieben mehr als nur durchwachsen, Monaco rutschte immer tiefer in den Abstiegskampf. Nach 20 Pflichtspielen war das Intermezzo mit Thierry Henry schon wieder vorbei, nicht einmal einen Punkt pro Spiel konnte er mit seiner Mannschaft im Schnitt einfahren, die Bilanz war alles andere als gut. Schnell kristallisierte sich heraus, dass Leonardo Jardim nicht nur zurückkommen soll, sondern auch will. Ende Januar nahm Jardim seine Arbeit auf – und die Dinge nahmen ihren Lauf.

Jardim legt die richtigen Hebel um

Und das, obwohl Jardim keinen Einfluss auf Wintertransfers hatte, da er selbst erst zum Ende der Wintertransferperiode kam. Die Mannschaft war noch immer verunsichert, ein klarer Plan fehlte. Leonardo Jardim tat genau das Richtige, nämlich das, was er bei seiner ersten Amtsübernahme in Monaco tat. Er legte den Fokus zunächst auf die Defensive. Sein mit der Zeit gefürchtetes Offensivsystem entwickelte sich aus einer guten, stabilen Defensive, die die Grundlage für den jahrelangen Erfolg des Teams war. Nachdem in den Wochen zuvor häufig die Formation geändert und herumexperimentiert wurde, legte sich Jardim sofort auf ein 4-2-3-1-System fest – und gewann prompt den Auftakt gegen den FC Toulouse mit 2:1. Dabei spielte die AS Monaco keinen wirklich guten Fußball, wirkte aber erstmals wieder mit einem klaren Plan ausgestattet, den man über 90 Minuten auch verfolgen konnte. Zudem brach man nach dem Gegentor nicht in alle Einzelteile, wie kurz zuvor beim Negativhöhepunkt, dem 1:5 zuhause gegen Straßburg.

Für Leonardo Jardim war wichtig, dass seine Impulse sofort fruchteten. Die Mannschaft verstand, was der Trainer von ihr wollte und sah, dass die Änderungen sinnvoll sind, weil das erste Spiel sofort gewonnen wurde. Der Trainer blieb dem 4-2-3-1 treu, die Mannschaft punktete auch gegen ein starkes Montpellier beim 2:2. Es folgte ein knappes 1:0 gegen den FC Nantes, ehe das Duell mit Olympique Lyon auf dem Programm stand, einem offensiv- und spielstarken Gegner, der als klarer Favorit nach Monaco fuhr. Jardim änderte wenig, die Offensive um Gelson Martins und Rony Lopes blühte weiter auf und Olympique Lyon musste sich mit 0:2 geschlagen geben. In den beiden folgenden Spielen gegen Angers und Bordeaux wurde jeweils ein Punkt eingefahren, die Monegassen liegen derzeit voll auf Kurs Klassenerhalt, haben sich bereits einen Vorsprung von 6 Punkten auf den ersten Abstiegsplatz herausgearbeitet.

Das konnte nur gelingen, weil man unter Leonardo Jardim wieder stabiler ist, weil Kontinuität herrscht. Der Portugiese drehte an den richtigen Stellschrauben, wusste um die prekäre Lage und sorgte dafür, dass die Mannschaft wieder Vertrauen in die eigene Stärke erhält. Am heutigen Freitagabend spielt die AS Monaco beim Tabellenzweiten in Lille. Dort kann sie zeigen, wie stabil sie bereits ist und wohin die Reise in dieser Saison noch gehen kann. Denn auch wenn ein Polster auf Platz 18 vorhanden ist: Noch immer befindet man sich im Abstiegskampf, noch immer kann ein erneuter Einbruch schwerwiegende Folgen haben. Der erste, große Schritt, nämlich eine Stabilisierung der Ergebnisse, ist mit sechs Spielen in Folge ohne Niederlage getan.

Aus den Fehlern lernen

Das vorrangige Ziel in Monaco ist der Klassenerhalt – und zwar schnellstmöglich. Danach muss man sich neue Ziele stecken, die Mannschaft schrittweise wieder in die Tabellenregionen führen, in denen man sich sieht. Dafür ist es wichtig, dass Leonardo Jardim aber auch Michael Emenalo, sofern der Klub an ihm festhält, aus ihren Fehlern lernen. Das bedeutet, dass der Kader zur kommenden Saison überarbeitet werden muss. Die finanzielle Lage des Klubs ermöglicht es weitere Spieler zu verpflichten, die zum Jardim-Konzept passen, viel wichtiger ist aber eine Reduzierung der Kadergröße. Derzeit stehen 34 Profis im Kader der AS Monaco, einige Spieler sind verliehen. Den Kader auf eine vernünftige Größe zu reduzieren, dabei wieder auf eine gute Mischung zwischen jungen, verheißungsvollen Talenten und erfahrenen Führungsspielern zu achten und den jardimschen Spielstil sukzessive wiederzuerlangen – das sind die nächsten, großen Ziele der AS Monaco. Um diese zu erreichen braucht es Zeit. Denn wie gesagt, erst der erste, aber wohl der wichtigste Schritt ist getan.

 (Photo by VALERY HACHE / AFP)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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