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VfB Stuttgart | Weinzierl, Dietrich & co.: Es sind zahlreiche Zukunftsfragen zu beantworten

17. Februar 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Der VfB Stuttgart befindet sich nach der 1:3-Niederlage vor heimischer Kulisse gegen RB Leipzig weiterhin in einer handfesten Krise, kämpft derzeit nur um den Klassenerhalt. Markus Weinzierl, in dieser Saison bereits der 2. Trainer bei den Schwaben, muss allmählich um seinen Job bangen. Doch er ist nicht der einzige Verantwortliche, der kritisch hinterfragt werden muss.

Weinzierl folgt auf Korkut – ohne großen Effekt

Nachdem sich der VfB Stuttgart nach einem enttäuschenden Saisonauftakt von Tayfun Korkut trennte und Markus Weinzierl als neuen Trainer verpflichtete, sollte alles besser werden. Der Kader, der in der vergangenen Rückrunde überzeugte, wurde im Sommer überarbeitet und sollte eigentlich noch mehr hergeben, zudem wurde die Trennung von Korkut frühzeitig vollzogen, Weinzierl hatte vor der Winterpause noch einige Spiele Zeit um Kleinigkeiten zu verändern und im Anschluss in der Vorbereitung auf die Rückrunde seine Vorstellungen intensiv einzuüben.

5 Spiele sind in dieser Rückrunde bereits absolviert und die Bilanz von Markus Weinzierl und dem VfB Stuttgart könnte verheerender kaum sein. 1 Punkt, 4 Niederlagen, 15 Gegentore, der VfB hat riesengroße Probleme in allen Bereichen und seit Mitte Dezember kein Fußballspiel mehr gewinnen können. Der Effekt des Trainerwechsels ist im Prinzip nicht vorhanden, die Probleme, die unter Korkut bestanden, bestehen weiterhin. Zusätzlich herrscht auch noch Unruhe im Hintergrund, die die Gesamtsituation bei den Schwaben noch problematischer erscheinen lässt.

Hitzlsperger für Reschke – Fans fordern Dietrich-Abgang

Unter der Woche zog der VfB Stuttgart allerdings doch personelle Konsequenzen, trennte sich von Sportvorstand Michael Reschke. Reschke, der in diesem Amt nicht gerade den allerbesten Eindruck hinterließ und dessen Transfers nicht in der Art und Weise einschlugen, wie man es sich beim VfB erhofft hatte, wurde durch Thomas Hitzlsperger ersetzt. Und der demonstrierte gleich seine Rückendeckung für Markus Weinzierl.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Ein anderer Verantwortlicher wird seitens der Fans derzeit aber mehrfach aufgefordert sein Amt niederzulegen: Präsident Wolfgang Dietrich. Die Anhänger der Schwaben drücken ihren Unmut hinsichtlich der Personalie Dietrich mit Spruchbändern aus, „Dietrich raus“-Rufe hallen regelmäßig durch das Stadion. Der Präsident brüstet sich zwar mit „Erfolgen“ wie der Modernisierung von Trainingsgelände und Nachwuchsleistungszentrum, aber sportlich steuert der VfB Stuttgart auf den zweiten Abstieg binnen drei Jahren zu, wenn sich nicht langsam etwas ändert. Und das, nachdem 2017 bei der Ausgliederung der Profiabteilung mit den Worten „Ja zum Erfolg“ geworben wurde.

Intern gilt Dietrich als stur, als eine Person, die unbedingt ihren eigenen Willen bekommen will. Als Jan Schindelmeister 2017 durch Michael Reschke ersetzt wurde, war klar, dass Reschke „Dietrichs Mann“ war. Zwar übernahm Dietrich zuletzt auch die Verantwortung für die Personalie Reschke, aber sein ohnehin schon nicht besonders gutes Bild litt durch die Trennung vom Sportvorstand erneut, der Plan ist gescheitert. Trotzdem, so sagt Dietrich selbst, ist ein Rücktritt keine Option. Und das wird weiter für Unruhe sorgen und die VfB-Fans erneut auf den Plan rufen.

Jobgarantie für Weinzierl – Die nächsten Wochen sind entscheidend

Auch nach der Niederlage gegen Leipzig wird man in Stuttgart an Markus Weinzierl festhalten, das bestätigte Hitzlsperger nach dem Spiel noch einmal. Doch wer solche Aussagen von Funktionären aus dem Fußballbereich kennt, der weiß, dass diese meist nur bis zur nächsten oder übernächsten Woche bestand haben. Der Umgang mit der Krise und mit dem Trainer ist die erste und vielleicht auch gleich eine entscheidende Bewährungsprobe für Thomas Hitzlsperger. Denn klar ist: Auch wenn Hitzlsperger hinter Weinzierl steht, ist eine Entlassung bei einer Fortführung der Negativspirale irgendwann unausweichlich.

(Photo by Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images)

Für den VfB Stuttgart werden die kommenden Wochen entscheidend sein. Und das Programm hat es in sich. Neben dem überlebenswichtigen direkten Duell mit Hannover 96 in 2 Wochen stehen an den kommenden Spieltagen Duelle mit Werder Bremen, Borussia Dortmund, der TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt auf dem Programm. In der derzeitigen Verfassung und vor allem mit der derzeitigen Abwehrschwäche ist der VfB für diese Mannschaften ein gefundenes Fressen. Weinzierl muss also so schnell wie möglich Lösungen finden und gegensteuern, sonst ist spätestens nach dem Spiel gegen Hannover eine Situation erreicht, an der man die Reißleine ziehen muss.

Wer kann Weinzierl ersetzen?

Sollte das geschehen, stellt sich die nächste Frage: Wer kann Markus Weinzierl ersetzen und der Mannschaft die nötigen Impulse geben, die es im Abstiegskampf braucht? Markus Gisdol wird als ein möglicher Kandidat gehandelt und dieser verfügt in der Tat über Erfahrung im Abstiegskampf, kennt die Situation, die gerade in Stuttgart vorherrscht aus Hoffenheim und Hamburg. Seit etwas mehr als einem Jahr ist Gisdol nun ohne Job, zuletzt wurde er auch mit Hannover 96 in Verbindung gebracht, ehe die Niedersachsen sich für Thomas Doll entschieden.

Allerdings: Bei seinen bisherigen Stationen hatte Gisdol wiederkehrende Probleme in der Defensive, bekam die Abwehr sowohl in Hoffenheim als auch in Hamburg nicht konstant stabilisiert. Und gerade hier hat der VfB die größten Probleme. Trotzdem ist Gisdol für den Fall, dass man in Stuttgart reagiert, eine der logischeren Lösungen. Einen radikalen Spielstilwechsel wird man in einer solchen Situation ohne Vorbereitung kaum konsequent durchziehen können, vielmehr muss an kleinen Stellschrauben gedreht, die Mannschaft aufgebaut und zu kleinteiligen Erfolgserlebnissen geführt werden. Doch die Trainerfrage ist zumindest zum jetzigen Zeitpunkt Zukunftsmusik.

Die Probleme müssen nacheinander angegangen werden

Beim VfB Stuttgart sind einige Probleme entstanden, man kann aber nicht alle auf einmal lösen, dafür ist die Situation zu kompliziert, die Lage zu prekär. Priorität genießt erst einmal die sportliche Situation. Die Mannschaft benötigt Punkte, Erfolgserlebnisse, auf denen man aufbauen kann. Gegen RB spielte der VfB über weite Strecken ganz ordentlich, wirkte nicht unbedingt wie eine Mannschaft die komplett verunsichert ist. Dennoch steht man am Ende mit 0 Punkten da und befindet sich weiter auf dem Relegationsplatz. Das Ziel kann, mit welchem Trainer auch immer, nur der Klassenerhalt sein und dafür muss alles getan werden, was nötig ist.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Darüber hinaus muss man aber auch die Gesamtgemengelage im Auge behalten. Bleibt Präsident Dietrich langfristig wird es aller Voraussicht nach unruhig bleiben, eine Basis, mit der man über einen längeren Zeitraum erfolgreich zusammenarbeiten kann, entstünde wohl eher nicht. Nachdem man sich auf einem guten Weg wähnte ist der Verein erneut an einem Punkt angekommen, an dem sich alle Entscheidungsträger hinterfragen müssen. Der VfB Stuttgart spielt nach dem Aufstieg im 2. Jahr in der Bundesliga, hat zahlreiche Spieler ausgewechselt, 2 Trainer und einen Sportvorstand entlassen.

Ein Verein mit den Möglichkeiten, die der VfB zweifelsohne hat, muss das Ziel haben dauerhaft ein Anwärter für die obere Tabellenhälfte zu sein. Möglicherweise war die Erwartungshaltung nach der guten Rückrunde zu groß, man wollte zu früh hoch hinaus. Das darf aber dennoch nicht zur Folge haben, dass es nun an mehreren Fronten „brennt“. Ein Verein mit einer stabilen sportlichen Leitung, der ein klares Konzept hat und in sich stimmig ist, kann eine solche Situation, eine solch schwierige Saison deutlich souveräner und zielführender moderieren, wahrscheinlich auch entsprechend früher gegensteuern. Das war in Stuttgart nicht der Fall und dafür müssen sich alle verantworten. Es ist durchaus denkbar, dass es bis zum Sommer und im Sommer erneut personelle Veränderungen geben wird. Für den VfB bleibt zu hoffen, dass man schnellstmöglich eine Basis schaffen kann, mit der man über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich arbeiten kann. Sowohl auf dem Feld als auch im Hintergrund. Die nächste Monate werden entscheidend sein.

 (Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)


Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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