WM2018-Vorschau: Gruppe A – Gastgeber Russland trifft auf Ägypten, Uruguay und Saudi-Arabien

6. Juni 2018 | Global News | BY Manuel Behlert

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Am 14. Juni beginnt die Weltmeisterschaft 2018 in Russland und auch in diesem Jahr kämpfen 32 Nationen um den begehrten WM-Titel. Das Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Russland und Saudi-Arabien soll der Auftakt zu einem großartigen Turnier werden, zudem kämpfen in der Gruppe A die Mannschaften von Ägypten und Uruguay um das Weiterkommen.

Als „Todesgruppe“ vermag man diese Konstellation sicher nicht zu beschreiben, allerdings erhöht die Machbarkeit dieser Gruppe A auch ein wenig die Erwartungen an die „Sbornaja“, die nicht als zweite Gastgebernation nach Südafrika im Jahr 2010 in der Gruppenphase scheitern will.

 

Der Spielplan der Gruppe A

14.6., 17 Uhr – Russland vs. Saudi-Arabien (Moskau)

15.6., 14 Uhr – Ägypten vs. Uruguay (Jekaterinburg)

19.6., 20 Uhr – Russland vs. Ägypten (St. Petersburg)

20.6., 17 Uhr – Uruguay vs. Saudi-Arabien (Rostov)

25.6., 16 Uhr – Saudi-Arabien vs. Ägypten (Wolgograd)

25.6., 16 Uhr – Uruguay vs. Russland (Samara)

 

Hier geht es zu den jeweiligen Vorschauen…

Uruguay, Ägypten, Saudi Arabien, Russland

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Uruguay: Reicht es zum Geheimfavoriten?

Betrachtet man die Abschlusstabelle der WM-Qualifikation in Südamerika und stellt fest, dass Uruguay nur hinter Brasilien platziert ist, gleichzeitig  Teams wie Argentinien, Kolumbien, Peru und Chile hinter sich ließ, dann weiß man in etwa über die Qualität dieser Mannschaft bescheid. Mit 31 Punkten aus 18 Spielen und starken 32 Toren qualifizierte sich diese Mannschaft für das Turnier, ein 2:2 in Brasilien durch Tore von Cavani und Suarez gehörte zu den Highlights. Der letzte große Erfolg Uruguays war das Halbfinale der WM 2010, einen ähnlichen Ausgang erhofft man sich auch von diesem Turnier.

Der endgültige Kader

TOR: Fernando Muslera (Galatasaray), Martin Silva (Vasco da Gama), Martin Campana (Independiente)

ABWEHR: Diego Godin, Jose Gimenez (Atletico Madrid), Sebastian Coates (Sporting), Guillermo Varela (Penarol), Maxi Pereira (FC Porto), Martin Caceres (Lazio), Gaston Silva (Independiente)

MITTELFELD: Nahitan Nandez (Boca Juniors), Lucas Torreira (Sampdoria), Matias Vecino (Inter), Rodrigo Bentancur (Juventus), Diego Laxalt (FC Genua), Carlos Sanchez (Monterrey), Giorgian de Arrascaeta (Cruzeiro), Cristian Rodriguez (Penarol)

ANGRIFF: Jonathan Urretaviscaya (Monterrey), Luis Suarez (FC Barcelona), Edinson Cavani (PSG), Cristhian Stuani (Girona), Maximiliano Gomez (Celta Vigo)

 

Der Trainer: Oscar Tabarez

Als eines der Urgesteine im Nationaltrainerbusiness gilt Oscar Tabarez, der seit 2006 Übungsleiter der Nationalmannschaft Uruguays ist. Bei seiner Amtsübernahme (die zweite in seiner Karriere, er trainierte Uruguay bereits 1988-1990) war er stolze 59 Jahre alt, doch bis heute gilt Tabarez im Land und im Verband als unumstritten, auch wenn er zwischenzeitlich einmal wackelte. Mit nunmehr 71 Jahren hat Tabarez bereits einiges erlebt, darunter zahlreiche große Turniere – mit mehr und auch mit weniger Erfolg.

(Photo by Adam Nurkiewicz/Getty Images)

Der 4. Platz bei der WM 2010 war ein herausragendes Resultat, das nur noch vom Gewinn der Copa America im Jahr darauf getoppt wurde. Doch nach wurden die Resultate etwas schlechter, obwohl das Personal weiterhin hochklassig war. Bei der Weltmeisterschaft 2014 auf dem „eigenen“ Kontinent scheiterte ein als sehr stark eingeschätztes Team aus Uruguay bereits im Achtelfinale, die Copa America 2015 endete im Viertelfinale, ehe 2016 sogar schon das Vorrundenaus resultierte. Tabarez stand kurz in der Kritik, der Verband entschied sich aber dafür ihn weiterarbeiten zu lassen – und das zahlte sich aufgrund der enorm souveränen Qualifikation letztlich auch aus.

Superstars im Fokus: Cavani und Suarez

Der Kader Uruguays ist auf einigen Positionen wirklich sehr gut besetzt, beeindruckend ist aber vor allem der Sturm mit Edinson Cavani (PSG) und Luis Suarez (FC Barcelona). Das 4-4-2 ist das bevorzugte System von Trainer Tabarez, was natürlich mit diesen beiden entscheidenden und zentralen Figuren zusammenhängt. Beide Spieler sind in der Lage aus wenig Raum viel zu machen, ein Tor zu erzielen, wenn niemand damit rechnet. Die individuelle Klasse im Sturmzentrum ist also extrem hoch, das System auf diese Spieler ausgerichtet. Hohe Bälle nach vorne sind durchaus ein nicht selten gewähltes Stilmittel, auch das Pressing wird vom Duo Cavani/Suarez diktiert.

(Photo by Buda Mendes/Getty Images)

Die Qualität dieses Duos bringt natürlich auch eine gewisse Abhängigkeit mit sich. Funktionieren beide Spieler nicht ideal, dann entstehen häufig Probleme, die restliche Mannschaft verfügt eben nicht über diese individuelle Qualität, Torgefahr ist in den meisten Fällen nur durch Standardsituationen zu kreieren. Sollte einer der beiden Stürmer fehlen, dann baut Trainer Tabarez das System um, setzt auf ein 4-1-4-1 oder ein 4-3-3 und versucht mehr Kreativität im Mittelfeldzentrum zu kreieren, die 8er-Positionen zu stärken. Dadurch erhält die Mannschaft Uruguays mehr Optionen aus der Tiefe des Spiels heraus, allerdings kommt auch eine gehörige Portion Durchschlagskraft  abhanden, was logisch erscheint, wenn ein Spieler mit 49 (Suarez) oder 52 (Cavani) Scorerpunkten in der abgelaufenen Saison fehlt.

Hochklassige Innenverteidigung, wenig Tempo

Ebenfalls individuell hervorragend besetzt ist Uruguay in der Innenverteidigung. Das Duo Gimenez/Godin, das auch auf Vereinsebene bei Atletico Madrid zusammenspielt, sorgt für die notwendige Stabilität. Godin ist der Chef in der Innenverteidigung, Gimenez fehlt womöglich noch ein letzter Schritt oder ein Funke Erfahrung um dieses Level konstant zu erreichen. Dagegen fallen die Außenverteidiger qualitativ etwas ab, wenngleich diese im 4-4-2-System nicht die wichtigsten Akteure sind, vielmehr für die Balance sorgen und gegnerische Angriffe unterbinden müssen. Bentancur und Vecino sind zwei Spieler, die im Mittelfeldzentrum ihre Arbeit zuverlässig verrichten, aber nicht dafür bekannt sind das Tempo häufig zu verschärfen. Godin/Gimenez und Cavani/Suarez geben die Kommandos, der Rest des Teams besteht, salopp formuliert, aus Zuarbeitern.

Und dennoch verfügt dieses Team über weitere, sehr interessante Talente, Beispielswiese Nahitan Nandez (22, Boca Juniors), der offensiv flexibel einsetzbar ist und eine wichtige Rolle einnehmen kann. Ein spannender Spieler fehlt allerdings leider: Federico Valverde, der über ein immenses Potenzial verfügt, es aber noch nicht in den endgültigen Kader geschafft hat. Allerdings ist die Real-Leihgabe, die zurzeit bei La Coruna spielt, auch erst 19 Jahre alt und hat seine Karriere erst noch vor sich. Ein weiterer, sehr talentierter Spieler ist der 21-jährige Angreifer Maximiliano Gomez, der bei Celta Vigo unter Vertrag steht und eine hervorragende Saison mit 18 Treffern hinter sich hat. Er wird aufgrund der Dominanz des Sturmduos aber nur auf Kurzeinsätze kommen.

Die Stärken der Mannschaft aus Uruguay liegen also vorwiegend in der individuellen Klasse im Sturm- und Abwehrzentrum. Auch enge Spiele können dadurch jederzeit entschieden werden, taktische/strategisch Mängel werden so mitunter kaschiert. Zudem kann auf den unwichtiger erscheinenden Positionen fast beliebig ausgetauscht werden, die Qualität der Ersatzspieler fällt nicht signifikant ab. Ebenfalls ein sehr interessanter Name ist Lucas Torreira, der im zentralen Mittelfeld zuhause ist und bei Sampdoria eine phasenweise überragende Saison spielte. Der 22-jährige wird nicht umsonst mit Topklubs in Verbindung gebracht.

Prognose: Simple Gruppe als Bonus

(Photo by Miguel ROJO / AFP)

Für Uruguay spricht auf jeden Fall zunächst einmal die verhältnismäßig machbare Gruppe. Russland, Saudi-Arabien und Ägypten sind machbare Gegner, der Gruppensieg sollte das Ziel der Südamerikaner sein. Doch was folgt dann? Eine Überraschung wie bei der Weltmeisterschaft 2010? Vermutlich eher nicht. Das System von Tabarez ist relativ eintönig, hebt zwar die Stärken hervor, kaschiert aber die Schwächen nicht in einem entsprechenden Ausmaß, zudem fehlt auf den Außenverteidigerpositionen die Qualität und die Alternativen von der Bank wie Gomez oder Nandez sind auf internationalem Parkett noch unerfahren, spielen ihr erstes großes Turnier. Diese Faktoren können mitentscheidend sein. Uruguay ist in der Lage jedem Gegner wehzutun, wird aber gegen die ganz großen Nationen in der Regel den Kürzeren ziehen, daher dürfte spätestens im Viertelfinale Endstation sein.

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Ägypten – Alles dreht sich um Salah

Die ägyptische Nationalmannschaft verfügt mit Liverpool-Star Mohamed Salah über einen der interessantesten Spieler dieses Turniers. Salah hat eine herausragende Saison hinter sich, aber die Nordafrikaner haben noch viele weitere Spieler mit einer hohen Qualität in den eigenen Reihen und rechnen sich durchaus gute Chancen auf das Weiterkommen aus. Ohne große Probleme setzten sich die Ägypter in ihrer Qualifikationsgruppe gegen Uganda, Ghana und die Republik Kongo durch. In 6 Spielen reichten 13 Punkte für einen souveränen Gruppensieg, lediglich das Auswärtsspiel in Uganda wurde verloren.

Der endgültige Kader

TOR: Essam El Hadary (Al Taawoun), Mohamed El-Shenawy, Sherif Ekramy (Al Ahly)

ABWEHR: Ahmed Fathy, Saad Samir, Ayman Ashraf (Al Ahly), Mahmoud Hamdi (Zamalek), Mohamed Abdel-Shafi (Al Fateh), Ahmed Hegazy, Ali Gabr (West Bromwich), Ahmed Elmohamady (Aston Villa),  Omar Gaber (Los Angeles FC)

MITTELFELD: Tarek Hamed (Zamalek), Abdallah Said (Kuopio PS), Sam Morsy (Wigan Athletic), Shikabala (Al Raed), Mohamed Elneny (Arsenal), Kahraba (Al Ittihad), Ramadan Sobhi (Stoke City), Amr Warda (Atromitos), Trezeguet (Kasimpasa)

ANGRIFF: Marwan Mohsen (Al Ahly), Mohamed Salah (Liverpool)

 

Der Trainer: Hector Cuper

(Photo by Robert Hradil/Getty Images)

Der 62-jährige Argentinier Hector Cuper ist seit 2015 Cheftrainer der ägyptischen Nationalmannschaft und ist sehr erfahren, wenn auch eher auf Vereinsebene. Der in Santa Fe geborene Cuper trainierte unter anderem den FC Valencia, stand mit dem Klub im Finale der Champions League, war außerdem für Inter Mailand, Real Betis oder die Nationalmannschaft Georgiens tätig. In Ägypten ist man mit ihm grundsätzlich sehr zufrieden, denn es gelingt ihm recht gut das Spiel auf Superstar Salah zuzuschneiden – und das ist nicht so einfach, wie es im ersten Moment klingt.

All eyes on Mohamed Salah

52 Pflichtspiele, 44 Tore und 12 Vorlagen. Schon die nackten Zahlen von Mohamed Salah klingen absolut beeindruckend. Doch Salah ist viel mehr als eine effiziente Scoringmaschine – sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft. Der Unterschied ist, dass er bei der WM nicht mit seinen kongenialen Partnern Roberto Firmino und Sadio Mané zusammenspielen kann. Dass Salah überhaupt an der WM 2018 teilnehmen kann kommt nach dem Verletzungsschock im Endspiel der Königsklasse vielleicht etwas überraschend, entsprechend interessant wird es zu sehen sein, wie schnell der Offensivstar wieder bei 100 % seines Leistungsvermögens sein wird.

Natürlich ist Ägypten abhängig von Salah und muss versuchen dessen Qualitäten so gewinnbringend wie möglich einzusetzen. Es sind seine Einzelaktionen, die die Defensive entlasten und es ist seine Ausstrahlung, die die gegnerische Defensive nervös macht. Salah spielt auf der rechten Offensivseite, die im Angriffsspiel natürlich im Fokus steht – und ist trotz seiner enormen Klasse auf Unterstützung angewiesen. Optionen für die Rechtsverteidigerposition hinter Salah sind Fathy und Elmohamady, die dem 25-jährigen einerseits den Rücken freihalten sollen, ihn andererseits aber auch entlasten müssen.

(Photo by Robert Hradil/Getty Images)

Mit 33 Toren in 57 Länderspielen zeigt Salah, dass seine Leistungen auch in der Nationalmannschaften alles andere als gewöhnlich sind. Ein Vorteil für die ägyptische Mannschaft ist außerdem, dass Salah vielschichtige Qualitäten hat. Er ist schnell, dribbelstark, kann durch eine Einzelaktion ebenso wie durch geschickte Kombinationen Chancen kreieren. Zwar ist er im Konterspiel stark, aber nicht zwangsläufig auf Räume angewiesen. Sein Abschluss ist präzise und auch aus der Distanz sehr gefährlich, zudem ist ein Mohamed Salah in Topform absolut fit und kann 90 Minuten hohes Tempo gehen. Wenn nötig auch mehr.

Umschaltmomente und ein dichtes Zentrum

Damit Salah mit seiner individuellen Klasse Spiele entscheiden kann, muss die Defensive einen guten Job erledigen. Mit Elmohamady und Hegazy stehen erfahrene Spieler im Aufgebot, auch im defensiven Mittelfeld sticht mit Mohamed Elneny vom FC Arsenal ein individuell starker Spieler hervor. Das Kollektiv wird aber entscheiden, die Nordafrikaner wollen das Zentrum schließen und nach Ballgewinnen Räume öffnen. Selbst wenn Salah nicht sofort ins Spiel eingebunden werden kann, wird er gegnerische Verteidiger binden und Räume für andere Spieler schaffen, beispielsweise Ramadan Sobhi, der durch seine Athletik besticht und ebenfalls im Dribbling für Furore sorgen kann.

Ansonsten besteht die Mannschaft aus einigen eher unkonstanten Spielern. Vieles wird von der taktischen Disziplin abhängen, Hector Cuper muss dafür in der Vorbereitung – die teilweise ohne Mohamed Salah stattfinden muss – den Grundstein legen. Es ist daher nicht ideal, dass der Liverpool-Angreifer zurzeit verletzt ist, die Abläufe können nicht perfekt einstudiert werden. Im Turnierverlauf darf Salah keinesfalls fehlen, denn ohne seine Klasse muss die ägyptische Mannschaft ihr Spiel umstellen und verfügt kaum mehr über nennenswerte, hervorstechende Elemente. Beeindruckend ist außerdem der 45-jährige Torhüter Essam Al-Hadary, der zwar nur noch selten spielt, aber als wichtiger Ansprechpartner für die jungen Spieler fungiert – und zudem der älteste Spieler werden kann, der bei einer WM-Endrunde zum Einsatz kommt.

Prognose: Vieles hängt vom Auftakt ab

Direkt am 1. Spieltag gegen den Topgegner Uruguay zu spielen kann sowohl ein Fluch als auch ein Segen sein. Das wird vom Ergebnis abhängen, denn bei einem Punktgewinn oder gar einem Sieg könnten die Weichen für das Achtelfinale bereits gestellt sein, bei einer Niederlage steht Ägypten bereits am 2. Spieltag unter Druck. Die medizinische Abteilung wird alles in ihrer Macht stehende versuchen, damit sich Superstar Salah schon am 1. Spieltag in seiner bestmöglichen Verfassung befindet. Wenn aber nichts außergewöhnliches geschieht, wird es schwer mehr als das Achtelfinale zu erreichen.

 

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Saudi-Arabien: Nicht der große Außenseiter

In vielen Gruppen bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Russland wäre Saudi-Arabien ein verhältnismäßig krasser Außenseiter – jedoch nicht in Gruppe A. Die Qualifikation gelang recht souverän, Saudi-Arabien konnte sich zunächst in einer Gruppe mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Palästina, Malaysia und Osttimor  als Erstplatzierter durchsetzen, ehe es in der entschiedenen Gruppenphase zu Platz 2 hinter Japan reichte. In der Vorbereitung zur Weltmeisterschaft verloren die Asiaten gegen Italien und Peru, die Turnierform muss noch erreicht werden.

Der endgültige Kader

TOR: Abdullah Al-Mayouf (Al Ahli), Yasser Al-Mosailem, Mohammed Al-Owais (Al Ahli Dschidda)

ABWEHR: Mohammed Al-Breik, Ali Al-Bulaihi, Yasser Al-Shahrani, Osama Hawsawi (Al Hilal Riad), Mansoor Al-Harbi,  Motaz Hawsawi (Al Ahli Dschidda), Omar Hawsawi (Al Nassr Riad)

MITTELFELD:  Salman Al-Faraj, Abdulmalek Al-Khaibari, Mohammed Kanno, Abdullah Otayf (Al Hilal Riad), Salem Al-Dawsari (FC Villarreal), Taisir Al-Jassim, Housain Al-Mogahwi (Al Ahli Dschidda), Abdullah Al-Khaibari (Al Shabab), Yahya Al-Sheri (Leganes), Hattan Bahebri (Al Shabab Riad)

ANGRIFF: Fahad Al-Muwallad (Levante), Mohammad Al-Salahwi (Al-Nassr Riad), Muhannad Assiri (Al Ahli Dschidda)

 

Der Trainer: Juan Antonio Pizzi

(Photo by David Rogers/Getty Images)

Bei Saudi-Arabien ist der Trainer der eigentliche Star. Juan Antonio Pizzi (49) trainierte zunächst einige Vereine in Südamerika, bevor er eine halbe Saison beim FC Valencia auf der Trainerbank saß. Nach einem Intermezzo beim Club Leon in Mexiko übernahm Pizzi die chilenische Nationalmannschaft, sammelte dort 1,58 Punkte im Schnitt, ehe er im November 2017 zu Saudi-Arabien wechselte. Siege gegen Algerien und Griechenland und ein Remis gegen die Ukraine waren bisher die besten Ergebnisse des Spaniers, der einen technisch anspruchsvollen Fußball etabliert hat.

System von van Marwijk weiterentwickelt

Pizzi hat das 4-3-3-System von Vorgänger Bert van Marwijk weiterentwickelt, sofern das in der Kürze der Zeit überhaupt möglich war. Die eigenen Vorstellungen dürften erst in der Vorbereitung auf das Turnier detailliert eingeübt werden, aber in den Testspielen wurde klar, was für eine Art Fußball Pizzi spielen will. Saudi-Arabien ist in der Lage den Ball auch einmal im Mittelfeld zu halten, das Spiel ruhig und koordiniert aufzubauen und aus Ballbesitzmomenten strukturiert nach vorne zu spielen. Das Passspiel ist dabei durchaus nicht schlecht anzusehen, Pizzi legt viel Wert auf saubere Flachpässe, aber auch schnelles, mitunter riskantes Direktspiel ist gerne gesehen.

Gerade bei der Weltmeisterschaft werden die Asiaten aber überwiegend defensiv agieren müssen, denn die individuelle Klasse im Team ist gering, kaum ein Spieler spielt in Europa. Die Ligen in Asien haben zwar aufgeholt, aber das grundsätzliche Niveau ist geringer als in den europäischen Topligen, zudem sind die Länderspielgegner in Asien im Schnitt schwächer. Das ist ein elementarer Faktor und wird zur Folge haben, dass der Spielstil etwas angepasst werden muss. Doch man muss sich nicht nur auf die Gegner einstellen, sondern kann auch auf eigene Qualitäten bauen, die zunächst van Marwijk und nun Pizzi implementiert haben.

Individuelle Qualitätsunterschiede kaschieren

Wirkliche Topstars stehen nicht im Kader der Pizzi-Elf, die Hawsafi-Connection in der Abwehr strahlt Robustheit aus, die Außenverteidiger sind athletisch und offensiv orientiert, das Mittelfeld vereint Ausdauer und Dynamik, in der Offensive geht die Durchschlagskraft allerdings etwas verloren. Die Defensive ist grundsätzlich stärker einzuschätzen als der Angriff, das Toreverhindern entsprechend auch eher die Kernkompetenz der Mannschaft. Der Altersdurchschnitt ist solide, die Mischung bei der Kaderzusammenstellung stimmt. Ein interessanter Spieler in der Offensive ist Fahad Al-Muwallad, der seit Januar auf Leihbasis für Levante spielt, aber in der spanischen Liga lediglich 26 Einsatzminuten sammeln konnte. Mit seinem Tempo könnte er für den ein oder anderen Überraschungsmoment sorgen.

(Photo by Fabrice COFFRINI / AFP)

Die individuelle Unterlegenheit ist in dieser Gruppe zwar vorhanden, aber nicht so deutlich wie theoretisch möglich. Also ist es auch einfacher, diese Unterlegenheit zu kaschieren. Mit einer guten und konzentrierten Turniervorbereitung, einer disziplinierten Leistung in der Gruppenphase und dem ein oder anderen taktischen Kniff kann also durchaus etwas möglich sein, zudem dürfte das ein oder andere überraschende technische Schmankerl zu sehen sein.

Prognose: Es reicht nicht für das Achtelfinale

Trotz einiger interessanter Ansätze, trotz eines guten Trainers mit einem klaren Plan und trotz der Aussicht auf punktuelle Aha-Momente wird es für Saudi-Arabien im Endeffekt nicht reichen um sich für die K.O.-Runde zu qualifizieren. Beim Auftakt gegen Gastgeber Russland erwartet die Asiaten eine frenetische Atmosphäre und ein hochmotivierter Gegner. Die Hoffnung besteht natürlich darin, dass der hohe Druck die Russen lähmt, aber in der Regel ist das Gegenteil der Fall. Saudi-Arabien muss nicht zwangsläufig alle drei Spiele verlieren, ist aber im Gesamtpaket die schwächste Mannschaft der Gruppe A.

 

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Russland: Gastgeber unter Erfolgsdruck

Der Druck, der auf dem Gastgeber Russland lastet, ist hoch. Kurz vor Turnierstart ist die „Sbornaja“ aber noch nicht wirklich stabil, zudem wurden in den vergangenen Jahren keine Pflichtspiele absolviert. Die Ansätze in den Testspielen waren mal mehr, mal weniger vorhanden, die Verletzungssorgen (unter anderem fehlt Kokorin) und die weiterhin existenten Probleme in der Innenverteidigung geben berechtigten Grund zur Sorge. Doch es gibt auch Dinge, die Mut machen. Und das sind gar nicht mal so wenige, insbesondere wenn man die jungen, wilden Offensivspieler betrachtet.

Der endgültige Kader

TOR: Igor Akinfeev (ZSKA), Vladimir Gabulov (Brügge), Andrei Lunev (Zenit)

ABWEHR: Vladimir Granat, Fedor Kudryashov (Rubin Kasan), Mario Fernandes, Sergei Ignashevich (ZSKA), Ilja Kutepov (Spartak Moskau), Igor Smolnikov (Zenit), Andrej Semenov (Grozny)

MITTELFELD: Aleksandr Golovin, Alan Dzagoev (ZSKA), Daler Kuzyaev, Alexander Erokhin, Yuri Zhirkov (Zenit), Alexander Samedov, Roman Zobnin (Spartak Moskau), Denis Cheryshev (Villarreal), Anton Miranchuk (Lok. Moskau), Yuri Gazinskiy (Krasnodar)

ANGRIFF: Artem Dzyuba (Arsenal Tula), Fedor Smolov (Krasnodar), Alexei Miranchuk (Lok. Moskau)

 

Der Trainer: Stanislav Cherchesov

(Photo by Ian Walton/Getty Images)

Der 54-jährige war in seiner aktiven Karriere ein durchaus guter Torhüter, absolvierte insgesamt 49 Länderspiele und war unter anderem für Dynamo Dresden und den FC Tirol Innsbruck aktiv. Auch als Trainer verbrachte er einige Jahre in Österreich, ehe es später nach Russland ging. Dort trainierte Cherchesov beispielsweise Amkar Perm und Dynamo Moskau, ehe es ihn nach einem Jahr bei Legia Warschau zur „Sbornaja“ zog. Bei der russischen Nationalmannschaft setzt Cherchesov überwiegend auf eine Dreierkette in der Defensive, auch um die fehlende individuelle Qualität im Abwehrzentrum zu kompensieren. Die Aufgabe der Heim-WM ist die größte in seiner bisherigen Karriere, ein ganzes Land schaut auf Cherchesov und seine Mannschaft und alle Beteiligten sind gewillt das Vertrauen, das die Anhänger in sie stecken, auch wieder zurückgeben zu können.

 

Eingespieltheit und Flexibilität

Vor Stammtorhüter Igor Akinfeev ist die Zeit der altehrwürdigen Berezutski-Brüder vorbei. Zwar wurde der ebenfalls mittlerweile „uralt“ erscheinende Ignashevich (38) nominiert, aber er wird in der Startelf der russischen Mannschaft keine große Rolle spielen. In der Dreier-Abwehrkette wird Cherchesov auf das eingespielte Kasan-Duo Granat und Kudryashov setzen, nach der Nicht-Nominierung von Roman Neustädter, der zuletzt ohnehin keine sehr große Rolle spielte, wird Spartak-Verteidiger Kutepov die verbleibende Position besetzen. Es wird von großer Bedeutung sein, dass die individuellen Fehler auf ein Minimum reduziert werden und man sich nicht dazu verleiten lässt, Dinge zu tun, die nicht dem eigenen Naturell entsprechen, beispielsweise den Spielaufbau flach und kreativ zu gestalten.

Für die aufbauenden Elemente ist nämlich vor allem Mittelfeldspieler Golovin zuständig, der als Verbindungspunkt zwischen dem Defensivzentrum und der agilen Offensive fungiert. Golovin ist eines der russischen Talente, das den Sprung in eine Topliga gehen könnte, bereits jetzt sind zahlreiche Teams am 22-jährigen interessiert, der über 40 Pflichtspiele für ZSKA Moskau absolvierte. Golovin ist zudem ein Spieler, der sehr abhängig von einer guten Harmonie im Mittelfeld ist. Mit Teamkollege Dzagoev, der über fantastische Anlagen verfügt, und Erokhin oder Kuzyaev kann diese Harmonie hergestellt werden. Allerdings können auch Zobnin oder die noch offensiveren Miranchuk-Brüder (hochtalentiert!) eingesetzt werden – Cherchesov kann seine Besetzung im Mittelfeld je nach Notwendigkeit problemlos verändern.

 

Schlüsselspieler Smolov und Dauerbrenner Zhirkov

Die beiden Spieler auf den Außenbahnen vor der Dreierkette sind enorm wichtig, da es die einzigen „Flügelspieler“ der russischen Elf sind. Auf der rechten Seite spielt entweder der eingebürgerte und in Brasilien geborene Mario Fernandes von ZSKA Moskau oder, sollte Cherchesov mehr Wert auf die Offensive legen, Alexander Samedov von Spartak Moskau. Beide verfügen über eine gute Physis, können die rechte Seite über die gesamte Spieldauer beackern und weite Wege gehen. Das Pendant auf der linken Seite dürfte nach der Nichtnominierung von Konstantin Rausch Dauerbrenner Yuri Zhirkov sein. Der mittlerweile 34-jährige vereint defensive und offensive Qualitäten, bringt zudem eine enorme Erfahrung mit und löst viele Situationen in der Defensive mit seinem guten Auge.

(Photo by Alexander NEMENOV / AFP)

Eine weiterer Schlüsselspieler, der viel Verantwortung übernehmen muss, ist Fedor Smolov. Der Mittelstürmer der Russen rückte vor allem nach der Verletzung von Kokorin in den Vordergrund und wird eine wichtige Rolle einnehmen. Smolov ist körperlich robust, kann sich sehr gut durchsetzen und wird in vielen Situationen durch lange Bälle schon früh in das Spiel eingebunden. Sein größter Vorteil ist die Mischung aus Robustheit und Geschwindigkeit, denn Smolov kann seinen wuchtigen Körper geschickt einsetzen und schnell beschleunigen, ist so eine der größten Waffen der „Sbornaja“. Insgesamt ist der russische Kader auf 3-4 Positionen sehr interessant, gerade in der Innenverteidigung fehlt es aber an Qualität. Vielleicht kommt die Weltmeisterschaft im eigenen Land aufgrund der jungen Spieler wie Miranchuk (beide 22), Golovin (22) und Zobnin (24), die allesamt noch Zeit benötigen um verlässlich Verantwortung übernehmen zu können, noch etwas zu früh.

Prognose: Es ist kompliziert

Wenige Tage vor der Weltmeisterschaft in Russland ist nur eines klar: Die russische Mannschaft steht vor einem ungewissen Turnier. Der Kader ist solide, vor allem in der Breite ausgewogen besetzt, aber in der Spitze fehlt es an individueller Klasse. Die Auslosung verlief glücklich für die Russen, dementsprechend kann sich der Gastgeber doch berechtigte Hoffnungen auf einen Achtelfinaleinzug machen. Realistisch betrachtet können aber weder Euphorie im Land noch eine Mannschaft, die sich getragen von den Fans in den viel zitierten Rausch spielt, dafür sorgen, dass Russland eine große Überraschung gelingt.

 

90Plus-Tabellenprognose
  1. Uruguay
  2. Russland
  3. Ägypten
  4. Saudi-Arabien

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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