WM2018-Vorschau: Gruppe B – Portugal, Spanien, Marokko, Iran

7. Juni 2018 | Global News | BY Julius Eid

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Am 14. Juni beginnt die Weltmeisterschaft 2018 in Russland und auch in diesem Jahr kämpfen 32 Nationen um den begehrten WM-Titel.  Gruppe B startet am Freitag, dem 15.6, in das Turnier. Die Partie Marokko gegen Iran um 17 Uhr ist allerdings nicht ansatzweise so spektakulär wie der Leckerbissen um 20 Uhr am selben Tag. Hier treffen die potenziellen Favoriten Portugal und Spanien aufeinander.

Die Gruppe bietet vor allem eine spannende Konstellation, und diese wird gleich am ersten Spieltag stattfinden. Das Duell zwischen Spanien und Portugal sollte zugleich auch über den Gruppensieg entscheiden. Mit dem Iran und Marokko stehen dem amtierenden Europameister und dem starken Spanien keine großen Gefahren ins Haus.

Der Spielplan der Gruppe B

15.6., 17 Uhr – Marokko vs. Iran (St. Petersburg)

15.6., 20 Uhr – Portugal vs. Spanien (Sotschi)

20.06., 14 Uhr – Portugal vs. Marokko (Sotschi)

20.06., 20 Uhr – Iran vs. Spanien (Kasan)

25.06., 20 Uhr – Spanien vs. Marokko (Kalininingrad)

25.06., 20 Uhr – Iran vs. Portugal (Saransk)

 

Unten geht es zu den jeweiligen Vorschauen…

 

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Portugal: Quo vadis, Europameister?

Der amtierende Europameister bestritt die Qualifikation für die WM routiniert, allerdings muss man herausstellen, dass die Qualifikationsgruppe Portugals auch nicht sonderlich gut besetzt war. Ungarn, die Faröer Inseln, Lettland und Andorra wurden souverän in Hin- und Rückspiel geschlagen, nur gegen die Schweiz, die den zweiten Platz der Gruppe belegten, gab es eine Niederlage im Hinspiel. Mit neun Siegen aus zehn Spielen und 32 (!) geschossenen Toren wusste vor allem die Offensive stets zu überzeugen. Als amtierender Europameister hofft man natürlich, den nächsten großen Titel einheimsen zu können.

Der endgültige Kader

TOR: Beto (Göztepe), Rui Patricio (Sporting CP), Anthony Lopes (Lyon)

ABWEHR: Bruno Alves (Rangers), Cedric Soares (Southampton), Jose Fonte (Dalian Yifang), Mario Rui (Neapel), Pepe (Besiktas), Raphael Guerreiro (Dortmund), Ruben Dias (Benfica), Ricardo Pereira (FC Porto)

MITTELFELD: Adrien Silva (Leicester), Joao Mario (West Ham), Manuel Fernandes (Lok. Moskau), Joao Moutinho (Monaco), William Carvalho, Bruno Fernandes (Sporting), Bernardo Silva (Man. City)

ANGRIFF: Ricardo Quaresma (Besiktas), Cristiano Ronaldo (Real Madrid), Goncalo Guedes (Valencia), Andre Silva (Milan), Gelson Martins (Sporting)

 

Der Trainer: Fernando Santos

Mit dem Sieg über Frankreich im Finale der EM 2016 hat sich Santos sein Denkmal in Portugal errichtet. Doch nun wartet eine neue Herausforderung auf den exzellenten Menschenkenner. Sein Umgang mit den Spielern wird immer wieder als eine seiner absoluten Stärken hervorgehoben, eine Fähigkeit, die gerade bei Nationalmannschaftstrainern sehr geschätzt wird. Doch nicht nur zwischenmenschlich hat Santos für Portugal eigentlich immer geliefert. 9 Siege in der WM-Qualifikation sind der neueste Beweis, dass der Coach Portugal zu einem unangenehmen Gegner geformt hat. Vor allem die Defensive wurde unter ihm stabilisiert und zu einer echten Kernkompetenz gemacht. Der 63-Jährige hatte zuvor als Trainer der griechischen Nationalmannschaft gearbeitet, seine Karriere als Vereinstrainer verbrachte er ebenfalls in Portugal und Griechenland. Mit einer starken Leistung seiner Mannschaft in diesem Turnier wird sein Name wohl endgültig in die Geschichte des fußballverrückten Landes eingehen.

Photo by Carlos Rodrigues / Getty Images Sport

 

„Defensiv stabil, offensiv manchmal einfallslos.“

Auch wenn am Ende der EM ein großer Triumph stand, musste die Mannschaft von Fernando Santos viel Kritik für den Fußball einstecken, der sie zu diesem Triumph führte. In einem damals noch fast klassischen 4-4-2 spielte Portugal oft unansehnlich, und konnte sich meist erst in der Verlängerung durchsetzen. Die mangelnde Anzahl an Siegen in der regulären Spielzeit sorgte für viel Spott. Bedingt waren diese Ergebnisse vor allem durch Anbindungsprobleme der Offensive, die selten sinnvoll in Szene gesetzt werden konnte. Dieses Problem versuchte Santos in den letzten Jahren zu beheben, in dem er eher in Richtung eines 4-2-2-2 ging. Die Besetzung des Kaders im Mittelfeld weist enorm viele Spieler auf, die in diesem System funktionieren können. Spieler, die sich auf den Achter- und Halbfeldpositionen wohlfühlen aber auch in der Lage sind, die außen zu überladen. Ein Prototyp ist hier Bernardo Silva, der wohl auf einer der offensiveren Halbfeldpositionen zum Einsatz kommen wird. Er ist in der Lage ein Spiel aus der Zentrale zu leiten, am Ball stark, bringt allerdings auch typische Attribute eines Außenspielers mit. Seine Schnelligkeit und Dribblingstärke ist hier herauszustellen.

Die Abwehr war 2016 klar der wichtigste Punkt für Portugals Titelgewinn. Das scheint logisch, bei vielen torarmen Spielen. Doch es steckt noch mehr dahinter. Die Innenverteidigung unter der Leitung des erfahrenen Pepe strahlt Souveränität und Robustheit aus und ist gemeinsam mit William Carvalho, der wohl den defensiven Part im zentralen Mittelfeld übernehmen wird, Kern der guten Defensivarbeit. In der gesamten Qualifikation wurden nur vier Gegentore kassiert. Die Außenverteidiger hingegen sind spielstarke, moderne Außenspieler. Hier sei beispielhaft Raphael Guerreiro vom BVB genannt. Sie schieben im Aufbauspiel früh vor. gemeinsam mit den Zentralspielern versuchen sie oft eine Spielfeldseite zu überlagern und dort den Aufbau zu erleichtern. Dennoch sind sie eher im Aufbau wichtig, also im zweiten Drittel. Eine extrem offensive Rolle, wie sie zum Beispiel Marcelo bei Real Madrid ausfüllt, wird ihnen meist nicht zu Teil. Hier liegt auch weiterhin das größte Problem der Portugiesen. Oft gelingt es nicht, im letzten Drittel eine Anbindung an den Strafraumstürmer Ronaldo herzustellen, Halbfeldflanken scheinen ein bevorzugtes Mittel zu sein um Torchancen zu kreieren. Wenn sich allerdings die zweifellos vorhandene Klasse des Mittelfelds in zielführendem Aufbauspiel manifestiert und die Abwehr weiter verlässlich ist, ist für Portugal einiges möglich.

 

Schlüsselspieler: Ronaldo, wer sonst?

Der fünffache und gerade amtierende Weltfußballer steht im Kader Portugals. Der Rekordtorschütze der Champions League hat diese gerade zum dritten Mal in Folge gewonnen und ist auch amtierender Europameister. So lange Ronaldo also im Kader steht wird es kein Vorbeikommen an ihm geben. Seine Position im Angriff ist als einzige unumstößlich gesetzt. Mit 15 Toren in der Qualifikation ist Ronaldo nicht nur der beste Torschütze Portugals, sondern nach Lewandowski auch der beste Europas. Gerade aufgrund der fehlenden Kreativität im Abschlussdrittel ist portugal immer wieder auf die individuelle Klasse des 33-jährigen angewiesen. Das im EM-Finale schon in der ersten Halbzeit verletzungsbedingt Schluss war, sollte weitere Motivation für „CR7“ liefern. Die WM ist zu dem der einzige große Wettbewerb den er bis jetzt nicht gewinnen konnte. Seine physische Präsenz und seine Kopfballstärke wird auch bei dem bevorzugtem Mittel der Halbraumflanken stark gefordert sein. Portugal an sich ist ein unangenehm zu bespielender Gegner, mit einem Ronaldo in Topform haben sie auch noch einen der besten Torjäger aller Zeiten im Team.

Photo by FRANCISCO LEONG / AFP

Prognose: Ab ins Viertelfinale

Auch wenn Portugal allgemeinhin nicht in die Gruppe der absoluten Topfavoriten gezählt wird, wurde eine beeindruckende Qualifikation gespielt. Das Team hat sich nach dem Turniersieg in Frankreich taktisch weiterentwickelt und gerade im Mittelfeld viele spannende Optionen. Entgegen kommt ihnen der vorgezeichnete Turnierweg. Ein Weiterkommen zumindest als Gruppenzweiter scheint sicher. Dann würde man auf den Gruppenersten der eher schwach besetzten Gruppe A treffen. Wohl Urugay. Hier ist ein Weiterkommen durchaus möglich, das Viertelfinale scheint machbar. Sollte Portugal am ersten Spieltag Spanien besiegen, könnte es sogar zum Gruppensieg und damit einem Duell mit Russland oder Ägypten reichen. Wenn dann in den KO-Runden Ronaldo aufblüht, ist sogar noch mehr möglich.

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Spanien: Zurück an die Spitze

Spaniens WM-Qualifikation lief noch beeindruckender als die Portugals. Mit 9 Siegen und einem Unentschieden qualifizierte man sich ungeschlagen für das Ticket nach Russland. Hinzu kommen 36 geschossene Tore bei nur 3 Gegentoren. Hauptkonkurrent Italien wurde in der Tabelle so souverän hinter sich gelassen. Die anderen Teilnehmer der Gruppe, Albanien, Israel, Mazedonien und Lichtenstein, mussten ausnahmslos teils herbe Niederlagen einstecken. Lichtenstein kassierte in Hin- sowie Rückspiel acht Gegentore und konnte kein einziges erzielen. Die Spanier präsentieren sich nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der WM 2014 wieder in absoluter Topform und zählen zu den größten Favoriten auf den Titel.

Der endgültige Kader

TOR: David de Gea (Manchester United), Kepa Arrizabalaga (Athletic Bilbao), Pepe Reina (SSC Neapel)

ABWEHR: Alvaro Odriozola (Real Sociedad), Jordi Alba, Gerard Pique (FC Barcelona), Nacho Fernandez, Sergio Ramos, Daniel Carvajal (Real Madrid), Cesar Azpilicueta (Chelsea), Nacho Monreal (Arsenal)

MITTELFELD: Thiago Alcantara (FC Bayern), Sergio Busquets, Andres Iniesta (Barcelona), Isco (Real Madrid), Saul Niguez, Koke (Atletico Madrid), David Silva (Manchester City)

ANGRIFF: Marco Asensio, Lucas Vazquez (Real Madrid), Diego Costa (Atletico Madrid), Iago Aspas (Celta Vigo), Rodrigo Moreno (FC Valencia)

 

Der Trainer: Julen Lopetegui

Nach der EM 2016 betrat Lopetegui als neuer Nationaltrainer Spaniens die Bühne. Nach einem Jahr als Vereinstrainer des FC Porto kehrte er zurück in die Arme des spanischen Verbandes. In diesem war er zuvor in zahlreichen Jugendnationalmannschaften tätig. Ein großer Vorteil bei der Integration von jungen Spielern, die er größtenteils schon lange persönlich kennt, in das stabile Grundkonstrukt der Spanier. Diesen Ansatz setzte Lopetegui bis jetzt großartig um und verschaffte der Mannschaft eine Form, die schon fast an die großen Erfolge von 2008-2012 erinnert. Spanische Fußballtugenden, gepflegtes Passspiel und eine attraktive Offensivleistung, das alles blüht unter Julen Lopetegui wieder in voller Strahlkraft. Eine Sache hat der Trainer allerdings noch nicht geschafft, seit er die Geschicke der „Furia Roja“ lenkt. Ein Spiel verlieren. Seit Amtsantritt sind die Spanier ungeschlagen. Lopetegui, dessen hervorragendste Leistung wohl die Vermischung der verschiedenen Charaktere und Spielergenerationen zu einer Einheit ist, wird hoffen, diese Serie lange aufrecht zu erhalten.

UPDATE: Spanien trennt sich von Lopetegui

http://ec2-35-159-50-186.eu-central-1.compute.amazonaws.com/spanien-feuert-trainer-lopetegui/

 

„Der Mix macht’s“

Einer der größten Vorteile des spanischen Teams ist sofort ersichtlich, wenn man sich den Kader anschaut. Auf nahezu jeder Position sind Spieler zu finden, die in der Lage sind auf dem Niveau „Weltklasse“ zu performen. Das beginnt schon im Tor. Dort steht nämlich niemand geringerer als David de Gea zur Verfügung. Von nicht wenigen als der beste Torhüter der Welt gehandelt, bietet sich dem 27-Jährigen nun endlich die ganz große Bühne um diese Ansprüche zu untermauern. Der Keeper konnte in den letzten fünf Jahren viermal als bester Spieler Manchester Uniteds eine spannende Ehrung annehmen. Mit einem lange verletzten Manuel Neuer scheint de Gea tatsächlich gute Chancen zu haben als bester Torhüter des Turniers aufzutreten. Definitiv haben wir es hier mit einem Torhüter zu tun, der seinem Team Spiele retten kann. Im zu erwartenden 4-3-3 System Lopeteguis bildet die Viererkette gemeinsam mit dem defensiv davor agierenden Sergio Busquets schon ein absolutes Prunkstück. Die vier Positionen in der Verteidigung sind allesamt fest besetzt. In der Zentrale führt an Sergio Ramos sowie Gerard Pique kein Weg vorbei, schon lange bilden diese beiden die Innenverteidigung der Spanier. Pique fungiert hier etwas ruhiger im Spielaufbau als Ramos und besticht mit großartiger Übersicht und dem Zusammenspiel mit Vereinskollege Busquets. Auch die Außenverteidiger kommen aus Madrid und Barcelona. Mit Dani Carvajal und Jordi Alba können hier zwei weitere Akteure aufgeboten werden die seit Jahren auf dem höchsten Niveau agieren. Schon auf diesen Positionen beginnt der kontrollierte Spielaufbau Spaniens. Wie es sich für eine spanische Mannschaft gehört wird viel Wert auf Ballbesitz gelegt. Durch überlegtes Passspiel soll ein kontrollierter Aufbau stattfinden und Ballverluste vermieden werden. Die Lust zum Risiko steigt dann im vorderen Drittel.

Wenn dieses erreicht ist, liegt es nicht nur an den beiden Achtern die Bälle sinnvoll und vor allem zielführend an die Offensivspieler zu verteilen, auch die beiden Außenstürmer spielen hier eine gewichtige Rolle. Sollten diese Positionen, wie häufiger geschehen, von Isco und David Silva besetzt sein, sind zwei weitere Spieler auf dem Feld, die ohne Frage auch das Potential hätten eine zentralere Position einzunehmen. Diese Klasse nutzen die beiden um immer wieder in eine Position hinter der Spitze zu fallen und selber Teil des Aufbauspiels zu werden. Mit Vazquez und Asensio hat Lopetegui zwei junge Alternativen von real Madrid auf der Bank, die eher klassische Außenspieler sind. Sollten sie spielen würde sich die taktische Ausrichtung dementsprechend ändern. Auch im Sturm kann der Trainer aus dem vollen schöpfen. Mit Rodrigo Moreno und Iago Aspas gibt es zwei aufstrebende Alternativen zu Diego Costa. Jeder dieser Spieler bringt individuelle Fähigkeiten mit, die ihn zum Matchwinner avancieren lassen könnten. In knappen Spielen könnte die Kopfballstärke und Robustheit von Costa weiterhelfen.

 

Schlüsselspieler: Andres Iniesta

Nach seinem Abschied vom FC Barcelona und dem Wechsel nach Japan wird Iniesta auch die spanische Nationalmannschaft verlassen. Allerdings erst nach der WM. Ein Interesse daran, mit einem Sieg abzutreten darf hier ruhigen Gewissens unterstellt werden. Der Spanier ist nicht nur eine lebende Legende sondern gerade in der Nationalmannschaft noch immer Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Dies bewies er nicht nur beim Testspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft, in dem er mehrfach sein grandioses Spielverständnis und seine Fähigkeit den perfekten Pass zu spielen unter Beweis stellte. Im System der Spanier nimmt Iniesta eine elementare Rolle ein und ist auf einer der halbpositionen Hauptverantwortlicher für die Verbindung in die Spitze. Und diese Aufgabe erfüllt er stets mit Bravour. Seine Fähigkeit, gerade im Zusammenspiel mit Barca-Vertrautem Sergio Busquets, das Tempo eines ganzen Spiels zu diktieren machen ihn weiterhin unersetzlich und zum Schlüsselspieler für das spanische Team.

Photo by Manuel Queimadelos Alonso
/ Getty Images Sport

Prognose: Alles ist möglich

Das erste Spiel der Gruppenphase gegen Portugal wird wohl entscheiden ob Spanien als 2. oder 1. in die KO-Phase einsteigt. Auch eggen die Portugiesen sollten die Spanier in ihrer Verfassung klarer Favorit sein, ähnlich gegen alle möglichen Gegner der Gruppe A. Als Tabellenerstem winkt Sergio Ramos eventuell ein Wiedersehen mit Mo Salah. Eine erste echte Härteprobe und eines der interessantesten Spiele der WM könnte im Viertelfinale warten. Gegen Frankreich wäre die Furia Roja das erste Mal wirklich gefordert. Bei diesem Kader sowie der letzten Leistungen ist das ziel der Spanier allerdings klar: Der nächste WM-Titel soll her. Und unmöglich scheint es dieses Jahr bei weitem nicht.

 

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Marokko: Die Atlas-Löwen als Underdogs

Überraschend souverän konnte sich Marokko in einer Qualifikationsgruppe mit Gabun, immerhin mit Superstar Aubameyang, Mali und der Elfenbeinküste als Gruppenerster für die Weltmeisterschaft qualifizieren. Drei Siege und drei Unentschieden in den sechs Qualifikationsspielen sorgten für eine ungeschlagene Qualifizierung. Und auch ein paar interessante Spieler sind in dem Kader der Afrikaner zu finden. Da die Gruppe mit Spanien und Portugal zwei deutlich stärkere Teams beherbergt, hilft wohl dennoch nur das Hoffen auf ein Wunder.

Der endgültige Kader

TOR: Munir Mohamedi (Numancia), Yassine Bounou (Girona), Ahmed Tagnaouti (Ittihad)

ABWEHR: Nabil Dirar (Fenerbahce), Romain Saiss (Wolverhampton), Achraf Hakimi (Real Madrid), Medhi Benatia (Juventus), Manuel da Costa (Basaksehir),  Hamza Mendyl (OSC Lille)

MITTELFELD: Youssef Ait Bennasser (SM Caen), Karim El Ahmadi, Sofyan Amrabat (Feyenoord), Amine Harit (Schalke 04), Mbark Boussoufa (Al-Jazira), Younes Belhanda (Galatasaray), Fajsal Facr (Getafe), Mehdi Carcela-Gonzalez (Lüttich), Hakim Ziyech (Ajax Amsterdam)

ANGRIFF: Nordin Amrabat (Leganes), Ayoub El Kaabi (Renaissance), Aziz Bouhaddouz (St. Pauli), Khalid Boutaib (Yeni Malatyaspor), Youssef En-Nesyri (FC Malaga)

 

Der Trainer: Herve Renard

Der franzose betritt zum ersten mal die Bühne einer Fußballweltmeisterschaft. Dennoch ist er als Nationaltrainer kein unbeschriebenes Blatt und kann gerade mit afrikanischen Nationalmannschaften schon einiges an Erfahrung und Erfolgen nachweisen. Mit Sambia und mit der Elfenbeinküste konnte der Coach schon einmal den African Cup of Nations gewinnen und auch mit Angola wusste er 2010 ansatzweise in diesem Turnier zu überzeugen und führte die Mannschaft überraschenderweise über die Gruppenphase hinaus. Afrikanische Mannschaften und der Turniermodus scheinen dem Franzosen also zu liegen. Sollte es irgendwie zu einem Überstehen der Gruppenphase kommen, wäre es schon die vierte afrikanische Nationalmannschaft in der Renard wohl für immer in Erinnerung bleiben wird.

Photo by KHALED DESOUKI / AFP

„Potenzial vorhanden“

Marokko hat nicht nur einen Trainer, der eine gewisse Reputation vorweisen kann. Schon in der Viererkette des 4-3-3-Systems der Afrikaner liest sich ein gut bekannter Name. Kapitän und gesetzter Innenverteidiger ist nämlich Medhi Benatia. Der Verteidiger von Juventus Turin, der in seiner Karriere auch schon bei Bayern München oder dem AS Rom mehr oder weniger überzeugen konnte, führt die Mannschaft unbestritten. Seine solide Verteidigungsarbeit und die Erfahrung auf Topniveau zu performen sind ein unerlässlicher Eckpfeiler der Defensive Marokkos. Aus dieser sticht noch ein  interessanter Spieler heraus. Der Rechtsverteidiger Nabil Dirar, im Moment bei Fenerbahce unter Vertrag, ist nicht nur routiniert in seiner Verteidigungsarbeit, sondern auch spielstark und hat einen Drang nach vorne. So unterstützt er immer wieder die Spieler auf den rechten Halbpositionen und überlädt diesen Teil des Spielfeldes. Überhaupt funktioniert Marokkos 4-3-3 meist unsymetrisch. Während die linke Seite meist zu Gunsten von mehr Präsenz in der Zentrale verwaist, wird die rechte Seite deutlich konsequenter besetzt und bespielt.

Das Prunkstück der Marokkaner ist definitiv das zentrale offensive Mittelfeld. Hier sind gleich mehrere hochinteressante und hochveranlagte Spieler vorzufinden. Unter anderem Amine Harit vom FC Schalke 04 und Younes Belhanda vom anderen Istanbuler Klub Galatasaray sind spielerisch enorm starke Offensivspieler, die dem geneigten Fußballfan nicht gänzlich unbekannt sein sollten. Belhanda neigt in diesem System von seiner leicht linken Halbposition zuweilen bis auf die zentrale Zehnerposition einzurücken, Harit wäre ein Spieler, der auch gerne und gut auf den Außen einsetzbar ist und mit Tempo und 1-gegen-1-Spiel lücken in die Verteidigung des Gegners reißen kann. Oft nicht zielbringend eingebunden ist allerdings der zentrale Stürmer. Weder der meist gesetzte Khalid Boutaib noch seine Ersatzmänner weisen wirklich internationale Klasse auf. Meist wird der Stürmer im Strafraum postiert und nimmt nicht am Spiel teil. Gegen Mannschaften wie Spanien und Portugal dürfte es deshalb nicht reichen.

 

Schlüsselspieler: Hakim Zyech

Ein weiterer Spieler der interessanten Halbpositionsspieler ist Hakim Zyech. Der Mann von Ajax Amsterdam hat gerade die Saison seines Lebens hinter sich, sammelte in 34 Eredivisie-Spielen 17 Assists und 9 Tore und damit starke 26 Scorerpoints. Oft war Zyech Amsterdams auffälligster Mann. Spielerisch ist er ähnlich wie Belhanda und Harit veranlagt und wird wohl halbrechts gesetzt sein. Dort auch immer wieder auf den Flügel ausweichen um seine Flankenqualitäten zum Vorschein zu bringen. Auch ist Zyech für einen Spieler auf dieser Position extrem torgefährlich, schoss alleine in 15 Spielen für Marokko 8 Tore. Zyech wird definitiv eines der zentralen Elemente im Spiel Marokkos sein und hat das Potenzial den Unterschied zu machen.

Photo by Dean Mouhtaropoulos / Getty Images Sport

Prognose: Gruppenproblem

Marokko hat interessante Ansätze im Kader, auf der Trainerbank und im eigenen Spiel, die Qualifikation für die WM ist definitiv verdient und vielleicht gelingt es ihnen sogar ein richtiges Showcase-match gegen den Iran hervorzuzaubern. Für ein Weiterkommen wird es alleine aufgrund der Gruppenkonstellation wohl kaum reichen. Spanien und Portugal sind klare Favoriten auf ein Weiterkommen und es müsste bei einem dieser beiden schon gehörig etwas schieflaufen, wenn Marokko sich einen dieser verplanten Plätze sichern kann. Wenn einer Mannschaft in dieser Gruppe allerdings eine große Überraschung zuzutrauen ist, dann den Atlas-Löwen. Mit Renards Turniererfahrung, Glück und ein paar Sahnetagen von Zyech, Belhanda und Co. ist noch nicht alles verloren.

 

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Iran:

Ungeschlagen konnte sich der Iran in seiner Qualifikationsgruppe der ersten Runde durchsetzen. 6 Siege und 2 Unentschieden hören sich genauso gut an wie 26 Tore zu 3 Gegentreffern. Ein besonders starkes Teilnehmerfeld war allerdings auch nicht das Problem der Iraner. Der Oman, Turkmenistan, Guam und Indien wurden dennoch souverän hinter sich gelassen. In der nächsten Qualifikationsrunde standen schon andere Kaliber mit in der Gruppe. Doch auch hier setzte das Team seinen Weg ungeschlagen fort. Unter anderem Südkorea wurde nur zweiter hinter den Iranern, die als erstes asiatisches Team für die WM qualifiziert waren. Ein Überstehen der Gruppenphase wäre für die Mannschaft von Carlos Queiroz ein absolutes Novum. Gelinde gesagt stehen die Chancen für ein solches Novum allerdings auch alles andere als gut.

Der endgültige Kader

TOR: Alireza Beinravand (Persepolis), Rashid Mazaheri (Zob Ahan), Amir Abedzadeh (CS Maritimo)

ABWEHR: Morteza Pouraliganji (Al Sadd), Pejman Montazeri, Roozbeh Cheshmi, Majid Hosseini (Esteghlal), Mohammed Khanzadeh (Padideh), Ramin Rezaeian (Oostende), Milad Mohammadi (Grozny)

MITTELFELD: Saeid Ezatolahi (Amkar Perm), Omid Ebrahimi (Esteghlal), Ehsan Hajsafi (Piräus), Ashkan Dejagah (Nottingham Forest), Vahid Amiri (Persepolis), Masoud Shojaei (AEK Athen), Mehdi Torabi (Saipa FC)

ANGRIFF: Mehdi Taremi (Al Gharafa), Sam Ghoddos (Östersund), Alireza Jahanbakhsh (AZ Alkmaar), Sardar Azmoun (Rubin Kasan), Karim Ansarifard (Piräus), Reza Ghoochannejhad (Heerenveen)

 

Der Trainer: Carlos Queiroz

Zumindest auf der Trainerbank befindet sich ein bekannter Name, für alle die es hauptsächlich mit europäischem Fußball halten. Seit 2011 werden die Iraner von dem Portugiesen Carlos Queiroz trainiert. Bekannt wurde Trainer vor Allem als langjähriger Assistent von Sir Alex Ferguson an der Seitenlinie von Manchester United. Zwischenzeitlich durfte er sich dann selber als Trainer von Real Madrid unter Beweis stellen, da dies nur bedingt klappte zog es ihn wieder zurück zu seinem großen Befürworter nach Manchester. Bis 2008 stand Queiroz immerhin 297 Mal an Fergusons Seite. Seine erste Station als Nationaltrainer dauerte 2 Jahre an. er trainierte die portugiesische Elf. Danach zog es ihn in den Iran. Seit seinem Amtsantritt kann er mit seiner Mannschaft einen starken Punkteschnitt von 2,1 aufweisen.

Photo by ATTA KENARE / AFP

„Defensive ist alles“

Die Stärke des Irans liegt insbesondere in der Defensive. Wie schon in der Kaderübersicht deutlich wird, kann hier, wie im gesamten Team, nicht auf die individuelle Weltklasse eines bestimmten Spielers gesetzt werden. Spieler dieser Klasse hat der Iran schlichtweg nicht. Der Erfolg des Irans in Asien ist also vor allem auf eine kompakte Mannschaftsleistung, bevorzugt im 4-1-4-1, zurückzuführen. Schon im März warnte der Trainer vor der Schwäche der heimischen Liga und forderte die Einstellung des Ligabetriebes bis zur Weltmeisterschaft, damit er sich taktisch besser mit seinem Team vorbereiten könne. Im Defensivspiel der Iraner wird eine hohe Flexibilität der Spieler vorausgesetzt, immer wieder werden verschiedene taktische Elemente schnell verändert. Das einzige Ziel dieser Änderungen? Defensiv die richtige Antwort zu haben. Wird mit Manndeckung vielversprechend begonnen, stellt der Gegner vielleicht um. Hierauf sollen die Mannen des Iran jederzeit reagieren können, vielleicht auf Raumdeckung umstellen. Dieses taktische Konzept zu vermitteln ist Queiroz Aufgabe. Im heimischen Ligabetrieb werden die Spieler taktisch nicht auf europäischem Niveau geschult, es bleibt also mehr am Nationaltrainer hängen als in anderen Ländern.

Im Offensivspiel hingegen sollte man von den Iranern nichts Innovatives erwarten. Ganz im Stile einer Defensivmannschaft wird hier auf schnelle Konter durch lange Bälle auf die Außen oder direkt in die Spitze gesetzt. Gepflegtes Aufbauspiel ist nur ganz selten zu bewundern. Aufgrund der limitierten technischen Fähigkeiten der meisten Spieler ist dies allerdings nur verständlich. Wenn es um die Verwertung der Konter geht wird es unter anderem auf ihn ankommen: Sardar Azmoun. Der Stürmer von Rubin Kazan konnte seit seinem Debüt für den Iran eigentlich immer überzeugen. Mit 23 Jahren steht er schon bei 32 Länderspielen, in denen er immerhin 23 Tore erzielte. Diese starke Statistik unterstreicht seine Rolle im Team. Für den Iran wird esam wichtigsten sein, ob das taktische Konzept auch gegen Mannschaften der Klasse Spaniens und Portugal standhalten kann.

 

Schlüsselspieler: Alireza Jahanbakhsh

Wie schon bei den Gruppenkollegen aus Marokko schafft es an diese Stelle ein spannender Offensivspieler aus der Eredivisie. Jahanbakhsh hat ähnlich wie Zyech eine grandiose Saison hinter sich und sticht dessen Werte noch einmal locker aus. Umso beachtenswerter, da er nicht für Ajax Amsterdam sondern für AZ Alkmaar aufläuft. Der 24-Jährige Rechtsaußen hat in 33 Spielen 21 Mal getroffen und 12 Assists beigesteuert, kommt also auf eine Torbeteiligung pro Spiel, ein wahnsinniger Wert. Nun wird der Iraner immer wieder mit einem Wechsel zu größeren Vereinen in Verbindung gebracht und hat das potenzial ein wirklich großer iranischer Fußballstar zu werden. In dem auf Konter ausgerichteten System ist seine Schnelligkeit sowie Torgefahr unverzichtbar. Soll der Iran die kleinste Chance haben ein Weiterkommen zu erreichen: Es kommt auf Jahanbakhsh an.

Photo by Dean Mouhtaropoulos / Getty Images Sport

Prognose: Eigentlich unmöglich

Trotz aller taktischen Bemühungen von Carlos Queiroz lässt sich ein Problem der Iraner nicht leugnen. Es fehlen schlichtweg Spieler mit internationalem Format. Es scheint unrealistisch, dass in einer Gruppe mit Spanien und Portugal diszipliniertes Verteidigen im Verbund ausreicht um überhaupt Punkte zu sammeln. Zudem gilt der Iran vielleicht als beste Mannschaft Asiens zur Zeit, mit Marokko kommt allerdings eines der stärksten afrikanischen Teams auf die Iraner zu. Am wahrscheinlichsten ist wohl der letzte Tabellenplatz.

 

90Plus-Tabellenprognose
  1. Spanien
  2. Portugal
  3. Marokko
  4. Iran

Julius Eid

Seit 2018 bei 90PLUS, seit Riquelme Fußballfan. Gerade die emotionale Seite des Sports und Fan-Themen sind Julius‘ Steckenpferd. Alleine deshalb gilt: Klopp vor Guardiola.


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