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Wäre Alonso die bessere Wahl für Real Madrid gewesen? – Q&A zur Ancelotti-Verlängerung

29. Dezember 2023 | Trending | BY Michael Bojkov

Real Madrid hat den Vertrag mit Trainer Carlo Ancelotti verlängert. Warum der Deal durchaus überraschend kommt und ob es bessere Alternativen für die Königlichen gegeben hätte: Wir beantworten die wichtigsten Fragen – inklusive einer Experteneinschätzung.

Ancelotti verlängert in Madrid

Am Freitagmittag berichtete das spanische Onlineportal Relevo exklusiv, wenig später folgte die offizielle Pressemitteilung von Real Madrid: Trainer Carlo Ancelotti (64) verlängert seinen im Sommer 2024 auslaufenden Vertrag um zwei Jahre. Damit ist der Italiener bis Juni 2026 an die Königlichen gebunden.



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Was ist das Ungewöhnliche an dieser Verlängerung?

Wir haben mit REAL TOTAL-Chefredakteur Nils Kern gesprochen, der den Zeitpunkt der Verlängerung als „ungewöhnlich“ bezeichnet. Weil Real Madrid bei Personalentscheidungen „gerne mal den Saisonverlauf abwartet“, so Kern. Hinzu kommt, dass Ancelotti seit geraumer Zeit als Nationaltrainer Brasiliens ins Spiel gebracht wird, Transfer-Insider Fabrizio Romano berichtete im Sommer gar, der Deal sei schon in trockenen Tüchern. Nun also doch die vorzeitige Vertragsverlängerung bei den Madrilenen. „Wohl auch, weil der brasilianische Verbandschef gehen musste“, vermutet Kern. Hintergrund: Anfang Dezember hat ein Gericht Ednaldo Rodrigues als Präsident des nationalen Verbandes CBF seines Amtes enthoben. Ihm wurden Unregelmäßigkeiten vorgeworfen, die zu seiner Wahl im vergangenen Jahr führten.

Wie fielen die Reaktionen auf Ancelottis Verlängerung aus?

Die Reaktionen auf Ancelottis Vertragsverlängerung waren vorwiegend positiv. „Keiner zweifelt daran, dass sich Ancelotti die Verlängerung verdient hat. Und bei den Spielern sowie restlichen Klubmitgliedern ist er ohnehin enorm beliebt, auch von Medien respektiert“, erklärt Kern. Dennoch kam die Mitteilung des Klubs für die meisten überraschend. Viele haben „mit einem Ende von Ancelottis Ära gerechnet und einem neuen Wind im Sommer“, so der Real-Experte.

Welche Alternativen hätte Real gehabt?

Der frische Wind im Sommer hätte Xabi Alonso (42) heißen können, der von diversen Medien schon zum designierten Ancelotti-Nachfolger gekürt wurde. Der ehemalige Mittelfeldspieler der Blancos hatte im Sommer seinen Vertrag in Leverkusen bis 2026 verlängert, was viele überrascht hatte. Aufgrund seines anhaltenden Erfolges mit Bayer 04 und der unklaren Trainersituation in Madrid wurde ein Wechsel zu den Königlichen dennoch schnell zum Thema. Einen vertraglichen Ausweg hätte es wohl ohnehin gegeben: Die Süddeutsche Zeitung berichtete im November von einer Ausstiegsklausel, von der Real 2024 hätte Gebrauch machen können. Neben Alonso wurden keine weiteren Namen konkret ins Spiel gebracht.

Wurde als Nachfolger für Carlo Ancelotti gehandelt: Real-Legende Xabi Alonso

Wurde als Nachfolger für Carlo Ancelotti gehandelt: Real-Legende Xabi Alonso. (Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Wäre Alonso die bessere Option gewesen?

Das ist natürlich subjektiv. Fest steht, dass die Vereinslegende als Trainer zwar zur unerfahreneren Sorte gehört, in Leverkusen aber herausragende Arbeit leistet. Alonso hat der Werkself in Windeseile seine eigene Handschrift verpasst und eine Mannschaft, der es seit Jahren an Konstanz mangelte, zum Titelfavoriten der Bundesliga geformt.

Um Einzelspieler zu verbessern und eine Mannschaft auf ein höheres taktisches Level zu hieven, ist Alonso zweifelsohne auch für die besten Klubs der Welt ein Kandidat. Aber: Ein Starensemble wie das von Real Madrid zu händeln, erfordert eine Reihe an Soft Skills, die sich Trainer oft erst mit der Berufserfahrung aneignen. Alonso ist ein Fußballlehrer mit Ausstrahlung und obendrein hätte ihm der Status als Vereinslegende mit Sicherheit einen Vertrauensvorschuss in der Kabine gebracht. Dennoch wäre eine Verpflichtung für Real wohl mit einem gewissen Restrisiko verbunden und Alonso im Zweifel nicht der erste junge Trainer gewesen, der an einer größeren Aufgabe scheitert. 

Außerdem darf nicht unterschlagen werden, dass Ancelotti in Madrid schlichtweg gute Arbeit leistet. „Er holt aktuell nicht nur das Maximum aus einer verletzungsgeplagten Mannschaft heraus, sondern sorgt auch für ein familiäres Gefüge, das es so lange nicht mehr gegeben hat“, argumentiert Kern. „Bestimmt, mit einem Alonso kann ein Team etwas flexibler, variabler sein. Aber Ancelotti managt sein Team hervorragend.“

Zudem hat Ancelotti nicht nur Einzelspieler wie Rodrygo (22) verbessert, sondern auch für Jude Bellingham (20) die optimale Rolle gefunden, dank der der Neuzugang sofort einschlug. Damit widerspricht der Italiener höchstpersönlich dem häufig bedienten Narrativ, er sei ein Trainer, der eine Mannschaft führen, ihr auf dem Platz jedoch nicht die nötigen Impulse geben könne.

Michael Bojkov

(Photo by Angel Martinez/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 im Team. Hat unter anderem das Champions-League-Finale 2024 und die darauffolgende Europameisterschaft vor Ort für 90PLUS begleitet.


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