FC Sevilla: Mit García Pimienta zurück nach oben?

20. August 2024 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Nach zwei Jahren im Tabellenmittelfeld strebt der FC Sevilla nun wieder nach höheren Zielen. Der Rekordsieger der Europa League beendete die letzten beiden Spielzeiten auf den Plätzen 12 und 14 und verpasste über den Liga-Weg damit jeweils die Qualifikation für das europäische Geschäft. Obwohl man 2022/23 den siebten Europa-League-Titel holen konnte, scheiterte das Team in der darauffolgenden Saison chancenlos in der Gruppenphase der Champions League. Zu wenig für die hohen Ansprüche der Andalusier.

Die Abwärtsspirale im Süden Spaniens begann mehr oder weniger mit der Entlassung von Julen Lopetegui, die nach dem Fehlstart in die Saison 2022/23 erfolgte. Nachdem der aktuelle Coach von West Ham United den spanischen Meister von 1946 drei Mal in Folge in die Top vier geführt hatte und 2020/21 mit 77 Punkten sogar einen neuen klubinternen Punkterekord aufstellen konnte, wurde er nach nur einem Sieg in wettbewerbsübergreifend zehn Spielen entlassen. Auf der Trainerbank folgten Jorge Sampaoli, Mendilibar, Diego Alonso und Quique Sánchez Flores, von denen keiner die Lage langfristig stabilisieren konnte. Eine kleine Ausnahme bildet hier Jose Luis Mendilibar, der 2023 die Europa League gewinnen konnte und kurzfristig bessere Resultate herausholte.



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Der neue Mann an der Seitenlinie

Kurz nach Ende der abgelaufenen Saison verpflichtete der FC Sevilla Xavier García Pimienta als neuen Cheftrainer, der einen Zweijahresvertrag in der andalusischen Hauptstadt unterzeichnete. Sein Spielstil, geprägt von der Philosophie des FC Barcelona, beinhaltet Ballbesitz- und Positionsspiel-Elemente sowie und hohes Pressing. Bei Las Palmas ließ er fast immer im 4-3-3-System spielen.

Bei den Kanariern übernahm der Katalane im Januar 2022 von Pepe Mel und führte sie in die Play-offs, in denen man am Erzrivalen CD Teneriffa scheiterte. In der darauffolgenden Spielzeit stieg Pimienta souverän als Zweitplatzierter auf, wobei seine Amarillos mit 29 Gegentreffern die stärkste Defensive der Liga stellten. Angekommen in der höchsten spanischen Spielklasse legte Las Palmas einen starken Saisonstart hin und war bis zum 27. Spieltag fast durchgehend auf einem einstelligen Tabellenplatz, ehe die Kicker von den Kanaren in eine schwere Krise gerieten und keines der letzten 13 Saisonspiele gewinnen konnten. Demzufolge rutschte man von Platz 9 am 27. Spieltag auf Platz 16 am Ende der Spielzeit ab.

Garcia Pimienta ist neuer Trainer des FC Sevilla

(Photo by PETER POWELL/AFP via Getty Images)

Altstars und Altlasten

Für Pimienta heißt das neue Kapitel nun also FC Sevilla. Im Zuge des Trainerwechsels wurde auch der Kader neu ausgerichtet. Die Leihen von Alejo Veliz, Hannibal Mejbri und Boubakary Soumaré liefen aus und Europameister Jesús Navas beendete seine Karriere. Die Leih-Rückkehrer Óscar Rodríguez, Thomas Delaney und Ludwig Augustinsson wurden endgültig abgegeben. Darüber hinaus verließen Marko Dmitrovic, Erik Lamela, Mariano, Sergio Ramos und Óliver Torres den Verein ablösefrei, Federico Gattoni, Adnan Januzaj und Rafa Mir wurden verliehen. Lediglich zwei Verkäufe brachten dem Klub Einnahmen: Luismi Cruz wechselte nach seiner Leihe fest für etwa 300 Tausend Euro zu CD Teneriffa, Starstürmer Youssef En-Nesyri zog es nach viereinhalb Jahren in Richtung Fenerbahce und spülte den Andalusiern damit etwa 20 Millionen Euro in die Kassen.

Kaderverjüngung mit klugen Low-Budget-Transfers

Dem gegenüber stehen sieben Neuzugänge, für die insgesamt gerade einmal acht Millionen Euro ausgegeben wurden. Der zentrale Mittelfeldspieler Lucien Agoumé wurde nach seiner Leihe für rund vier Millionen Euro fest verpflichtet und mit einem Vertrag bis 2028 ausgestattet. Der Franzose kam letzten Winter von Inter Mailand und avancierte gegen Ende der Saison zum Stammspieler im defensiven Mittelfeld.

Aus Russland kam der Linksaußen Chidera Ejuke, der in Deutschland durch seine Zeit bei Hertha BSC bekannt ist. Der Nigerianer verbrachte die letzte Saison auf Leihbasis beim belgischen Champions-League-Teilnehmer Royal Antwerpen und erzielte dort fünf Tore und sechs Vorlagen in 39 Spielen. Ejuke gilt als einer der größten Gewinner der Vorbereitung und wird bei den Fans von Sevilla besonders wegen seiner Fähigkeiten im 1-gegen-1 geschätzt.

Mit Gerard Fernández, besser bekannt als Peque, sicherte sich Sevilla einen der Shootingstars der abgelaufenen Zweitligasaison (in unserer Talente-Serie haben wir ihn vorgestellt). Der 21-jährige Angreifer erzielte für Racing Santander in 40 Ligaspielen 18 Tore und landete somit auf Platz zwei der besten Torschützen der Segunda División. Peque stammt aus der Nachwuchsakademie des FC Barcelona und spielt bevorzugt als zweite Spitze hinter einem echten Neuner. In der Vorbereitung traf der Neuzugang bereits gegen den FC Liverpool, als man an der Anfield Road mit 1:4 verlor.

Der FC Sevilla verstärkte zudem sein zentrales Mittelfeld mit Saúl Ñíguez, der leihweise von Atlético Madrid kam. Der 19-fache spanische Nationalspieler und zweifache Europa-League-Gewinner wagt in Andalusien einen Neuanfang.

Für das zentrale Mittelfeld wurde auch der Belgier Albert Sambi Lokonga vom FC Arsenal ausgeliehen. Sevilla verfügt zudem über eine Kaufoption, die dem Vernehmen nach bei circa 15 Millionen Euro liegt. Nach zwei Jahren bei Crystal Palace und Luton Town in der Premier League folgt für den 24-Jährigen nun die Leihe nach Sevilla, wo seine Ballfertigkeit und Technik im System von García Pimienta besser zur Geltung kommen könnten.

Der 27-jährige Nigerianer Kelechi Iheanacho, der sowohl als Flügelspieler als auch als Stürmer agieren kann, wechselte ablösefrei von Premier-League-Aufsteiger Leicester City zu Sevilla. Er soll in die Fußstapfen En-Nesyris treten. In der vergangenen Saison erzielte Iheanacho fünf Tore in 23 Ligaspielen und gilt als ballspielender Stürmer mit hervorragender Übersicht.

Der letzte Transfer der Nervionenses war die Verpflichtung von Backup-Keeper Álvaro Fernandez aus Huesca. Als Schlussmann des Vorjahres-17. der zweiten spanischen Liga blieb Fernandez in 42 Spielen 20-mal ohne Gegentor. Huesca kassierte in der gesamten Saison nur 33 Gegentreffer und verzeichnete somit die zweitwenigsten der Liga.

Lucien Agoume und Kelechi Iheanacho verstärken den FC Sevilla

(Photo by CRISTINA QUICLER / AFP) (Photo by CRISTINA QUICLER/AFP via Getty Images)

Der neue Weg von Sevilla

Der FC Sevilla hat also einen umfassenden Umbruch vollzogen und den Kader deutlich verjüngt. Die abgegangenen Spieler sind im Schnitt 29,9 Jahre alt, die Neuzugänge dagegen nur 25,5. Dabei wurden nicht nur ältere, sondern vor allem auch kostspielige Profis abgegeben. Und ein möglicher Verkauf von Loic Badé könnte auch nochmal etwas mehr Bewegung in den Markt bringen. Auf der Zugangsseite gilt das 18-jährige Mittelfeldtalent Jens Hjertø-Dahl aus Norwegen als heißer Kandidat.

Im ersten Spiel der neuen Saison – ausgerechnet bei Pimientas Ex-Klub Las Palmas – holte das „neue“ Sevilla ein 2:2-Unentschieden. Obwohl sich beide Mannschaften weitgehend neutralisierten, waren bereits viele Ideen des neuen Übungsleiters erkennbar, auch wenn selbstredend noch Raum für Verbesserungen besteht. Sehr interessant war dabei die neue Rolle von Olympiasieger Juanlu Sánchez. Der 22-Jährige ist normalerweise auf der rechten Abwehrseite zuhause, spielte gegen Pimientas Ex- Klub aber als offensiver Mittelfeldspieler – eine Position, die er in den Nachwuchsmannschaften der Weiß-Roten vorrangig bekleidete und auf der er in Las Palmas auch gleich mit einem Tor brillierte.

Mit dem neuen Trainer und dem zumindest in Anfängen umstrukturierten Kader ist dem FC Sevilla definitiv ein Sprung zuzutrauen. Mit dem Abstieg sollten die Andalusier in dieser Saison nichts mehr zu tun haben, wenn es gut läuft, geht der Blick sogar Richtung europäische Plätze. Auch wenn die Konkurrenz dort mit Real Sociedad, Athletic Club, Girona, Villarreal, Valencia und Real Betis natürlich enorm ist. Doch der volle Fokus auf die Liga, den besagte Klubs durch die Dreifachbelastung nicht haben, sowie die entfachte Euphorie könnten ihren Teil dazu beitragen, dass der Klub langfristig wieder an gute alte Zeiten unter Lopetegui anknüpfen kann.

Text von Justin Beyer

(Photo by CRISTINA QUICLER/AFP via Getty Images)


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